Alle Beiträge von Gerd Doeben-Henisch

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Dynamische Wissensformen

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
19.Juni 2021 – 19.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

Bisher

In vorausgehenden Beiträgen sind Überlegungen angestellt worden, wie sich die Vielfalt einer Kommune in den verfassungsmäßigen politischen Organen widerspiegeln kann. Nach grundsätzlichen Feststellungen zu den kommunalen politischen Strukturen und ihren Bürgern wurden die Möglichkeiten der Bürger, auf die gewählten politischen Vertreter Einfluss zu nehmen, etwas näher betrachtet. Es deutete sich an, dass die politischen Vertreter selbst aufgrund struktureller Gegebenheiten nicht über die Kompetenzen und Möglichkeiten verfügen können, die sie für die Ausübung ihrer Rollen brauchen. Eine befriedigende Kooperation mit den wählenden Bürgern ist aber auch nicht in Sicht. Es wurde dann ansatzweise analysiert, welche helfenden Strukturen es denn bräuchte, damit die Breite des Wissens, der Erfahrungen, und der Ziele, die in den Bürgern präsent sein könnte, so verfügbar sein könnte, dass alle gemeinsam damit denken, bewerten und entscheiden könnten. Es deuteten sich die Umrisse einer Struktur von kooperierenden Bürgergruppen an, die sich über eine gemeinsame Plattform in ihrem Wissen koordinieren können, und die zugleich minimal in den lokalen politischen Parteien verankert sind, so, dass eine aktive Kommunikation zwischen dem allgemeinen, überparteilichen Bürgerdiskurs einerseits und dem lokalen politischen Geschehen andererseits real besteht. Letztlich gibt es nur ein Erfolgsrezept, das auch im Deutschen Parteiengesetz gleich zu Beginn festgehalten wird: Die Bürger brauchen die verfassungsgemäßen politischen Strukturen und diese brauchen möglichst umfassend die Bürger! Eines allein geht nicht!!!

In diesem Text geht es darum, die helfenden Strukturen etwas näher zu analysieren.

DYNAMISCHES WISSEN

Statisches Wissen

In der bisherigen Kulturform wird Wissen vorzugsweise als etwas Statisches angesehen. Typische Formen von statischem Wissen sind Texte als Notizen, Briefe, Emails, Artikel, Bücher, Zeitungen usw., oftmals gesammelt in Enzyklopädien (z.B. Wikipedia) und dann in speziellen Bibliotheken. Dazu gehören aber auch allerlei Artefakte wie Gebäude, Maschinen, Werkzeuge, Kunstwerke usw. die in realisierter Form Erfahrungen, Wissen, Emotionen usw. manifestieren, oder auch in dynamischen Formen wie Tanzen, Theater, Filme usw.

Gehirn als Dauerprozess

Tatsächlich sind alle diese statischen und dynamischen Formen Manifestationen von inneren Prozessen des Gehirns, das sich in ständiger Wechselwirkung mit sich selbst, dem umgebenden Körper und der umgebenden Außenwelt befindet, in der sich andere Körper mit Gehirnen aufhalten. Diese unterschiedlichen Manifestationen des Gehirns verändern sich kontinuierlich in Abhängigkeit vom eigenen Erleben und Lernen, beeinflusst von der Umgebung und hier von anderen Menschen, auf unterschiedliche Weise.

Adaptive Wissensformen

Texte sind Momentaufnahmen eines Gehirnprozesses, fixierte Bilder einer Welt, auch von Abläufen, aber als Text sind diese Momentaufnahmen statisch.

Größere Texte, deren Entstehung viel Zeit braucht (Wochen, Monate, Jahre …) verändern sich während ihrer Entstehung, aber als veröffentlichte Texte sind sie dann doch wieder abgeschlossen, statisch. Die Welt jedoch, die den Autor umgibt, ja, der Autor selbst, verändert sich weiter.

Die Geschicke berühmter Lexika oder Enzyklopädien in zunehmender Konkurrenz zu Wikipedia zeigt, dass ein öffentlicher Text, bei dem viele mitwirken können, auf Dauer an Umfang und Qualität nicht zu schlagen ist.

Die grundlegende Botschaft ist daher die, dass eine dynamische Welt, die aus einer Vielzahl von gleichzeitig ablaufenden Prozessen besteht — die Akteure eingeschlossen –, auch in einer Form repräsentiert werden muss, die es den handelnden Akteuren erlaubt, kontextsensitive Pläne und Handlungen in hinreichender Qualität hervorbringen zu können.

Wenn die Weltbilder in den Köpfen der Handelnden unfertig, unzuverlässig, zu grob, zu falsch usw. sind, dann wird das Handeln zur Glückssache.

Prozessstrukturen

Neben dem Aspekt der Adaptivität von Wissen gibt es aber auch noch den Aspekt des Prozesshaften. Damit ist gemeint, dass es nicht reicht, nur einzelne Ereignisse zu beschreiben oder zu erinnern, sondern auch typische Abfolgen von Zuständen sowohl von solchen, die man beobachtet hat wie auch von solchen, die man sich gedacht hat, quasi als einen virtuellen Prozess, von dem man annimmt, dass er vielleicht zu einem realen Prozess werden könnte.

Für die Gestaltung einer möglichen Zukunft, die als solche unbekannt ist, gibt es aber keine andere Möglichkeit, als von gegebenen Ausgangslagen mittels geeigneter Veränderungsmaßnahmen die jeweiligen Situation so umzugestalten, dass dann — so die Erwartung –, irgendwann in dieser Folge von Umgestaltungen, eine Situation entsteht, die das Bild einer gewünschten Zukunft als wesentlichen Teil enthält.

Prozessorientiertes Beschreiben

BILD: Ein Mensch kann nur im Miteinander mit anderen Menschen voll Mensch sein. In einer lebenden Interaktion verschränken sich die Gehirne der Beteiligten zu einer gemeinsamen Sicht, aus der heraus gemeinsames Handeln entstehen kann. Ob ‚gut‘ oder ’schlecht‘, das entscheidet jeweils nur die Zukunft, die keiner kennt; ‚Zukunft‘ ist kein normales Objekt, das man einfach so wahrnehmen und bearbeiten kann. ‚Zukunft‘ ist eine radikale Unbekannte, die zu gestalten grundsätzlich Unwägbarkeiten und Risiken beinhaltet. Wer ‚Sicherheiten‘ vorgaukelt zeigt gerade damit, dass er den wahren Charakter von Zukunft nicht verstanden hat.

Wie die Erfahrung zeigt — vor allem im Bereich des Projektmanagements — erfordert die Erstellung einer angemessenen Beschreibung eines Prozesses, der menschliche Akteure, ja gesellschaftliche Strukturen als aktive Faktoren umfasst, dass diese Beschreibung selbst in Form eines Prozesses stattfindet, in dem alle diese beteiligten Faktoren in die Erstellung der Beschreibung eingebunden sind. Anders formuliert, die Selbstbeschreibung eines selbstorganisierten (‚autopoietischen‘) Prozesses erfordert sowohl (i) eine Beteiligung aller konstitutiven Elemente des Prozesses, erfordert (ii) eine Form der Darstellung, die allen Beteiligten zugänglich ist, und erfordert (iii) dass die Darstellung nach Bedarf immer wieder abgeändert werden darf. Ferner (iv) bedarf es Bewertungskriterien, die vor Beginn des Prozesses explizit formuliert werden müssen. Eine spätere Modifikation muss aber möglich sein.

Der symbolische Kern einer solchen Beschreibung sind also Texte, die Abfolgen von Zuständen beschreiben sowie explizite Ziele formulieren, die implizit Bewertungen darstellen.

Der dynamische Kontext dieser Texte wird durch eine Gruppe von Experten gebildet, die diese Texte in gemeinsamer Kommunikation erstellen, dadurch testen, dass sie den Prozess simulieren und spielen, der im Text beschrieben wird, und solange abändern, bis für sie die Texte den intendierten Prozess hinreichend gut repräsentieren. Die Bewertung ist aufgrund der eingangs formulierten Ziele implizit gewährleistet.

Da diese Beschreibungen in allen Phasen Texte einer — oder mehrerer — Normalsprachen sind, können diese — analog den Texten von Wikipedia — als Prozessbeschreibungen öffentlich zugänglich gespeichert werden.

Jeder, der diese Texte liest, kann sie direkt ausprobieren — alleine oder mit anderen — und kann sie nach Bedarf auch sofort ändern. Dadurch entsteht automatisch eine neue Version. Es gibt keine ‚Black Box‘ mehr, es gibt keine Ausgrenzung mehr nur allein, weil man eine bestimmte Programmiersprache nicht kennt; Normalsprache können alle!

Sofern in diesen Texten Prozesse mit Bezug zur realen Welt beschrieben werden, besteht im Prinzip die Möglichkeit, diese Prozess-Beschreibung miteinander zu vernetzen: verschiedene Beschreibungen zu Prozessen in einem Stadtteil, einer Stadt, einer Region können bloß durch einen ‚Knopfdruck‘ miteinander vereint werden, so dass man sie als neue Einheit simulieren und spielen kann. Man kann dann unmittelbar sehen, ob diese Beschreibungen miteinander ‚harmonieren‘ oder ob sie noch inkompatibel sind. Auch kann man so leichter sowohl ‚Lücken‚ entdecken wie auch interessante ‚Synergieeffekte‚ bzw. potentielle ‚Konflikte‚.

Aufgrund solcher ‚Vereinigungen‘ von Beschreibungen sowie durch Simulationen und Spiele können alle Teilnehmer — oder auch eventuelle ‚Zuschauer‘ — schneller und differenzierter ‚Lernen‚, wo die aktuellen Beschreibungen noch Optimierungspotential besitzen. Die Beschreibungen dann abzuändern ist einfach.

DAS OKSIMO PARADIGMA

Alles, was in diesem Text als Vision einer optimalen kontextsensitiven selbstbestimmten Beschreibung aufgezählt worden ist, ist entweder schon im Rahmen des oksimo Paradigmas realisiert oder wird noch bis Frühjahr 2022 realisiert werden.

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Kognitive Supportstrukturen für Bürgerbeteiligung

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
16.Juni 2021 – 18.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Letzte Änderung: 18.Juni 2021

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

KOGNITIVE SUPPORTSTRUKTUR FÜR BÜRGERBETEILIGUNG

Im vorausgehenden Post zum grundlegenden Verhältnis von Bürgerbeteiligung und Politische Parteien war herausgearbeitet worden, dass eine einzelne Fraktion in einer Gemeindevertretung rein aufgrund ihres quantitativ extrem kleinen Anteils an der Gesamtbevölkerung einer Kommune grundsätzlich nicht in der Lage ist, die Breite und Vielfalt der Bürger zu repräsentieren. Dazu kommt, dass die Komplexität der Themen selbst samt ihrer Vernetzung und ihrer oft langen zeitlichen Erstreckung die verfügbaren kognitiven Kapazitäten bei weitem überschreitet.

Eine einfache Lösung für diese Problemstellung gibt es nicht.

Erkennbare Anforderungen

Grundsätzlich müssten die folgenden Anforderungen einigermaßen erfüllt werden, um sich einer verbesserten Situation anzunähern:

  1. Ergänzend zu den gewählten Fraktionen der politischen Parteien in den Bürgervertretungen müsste es eine helfende Struktur [HS] geben, die über mehr Kompetenz verfügt.
  2. Diese helfende Struktur HS müsste in der Lage sein, wichtige Themen zu identifizieren, und sie müsste abklären können, ob und inwieweit die identifizierten Themen global-lokal den Prozess einer Kommune in einer errechneten Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflussen können. Ferner wäre es wichtig, daraus begründete Handlungsempfehlungen ableiten zu können.
  3. Diese helfende Struktur müsste einen gesellschaftlich-kulturellen und politischen Zusammenhang mit den gewählten Bürgervertretungen herstellen..

Politische Parteien als Ort des Diskurses?

Wenn die handelnden politischen Fraktionen als solche kognitiv zu begrenzt sind, sie aber dennoch die offiziell gewählten Vertreter bleiben, dann fragt sich, wo eine helfende Struktur herkommen kann, die nicht identisch ist mit der Fraktion, aber dennoch mit dieser in engem Zusammenhang steht?

Eine Antwort liegt im Konzept der politischen Partei! [1] Eine politische Partei ist laut Parteiengesetz [PartG] [2] auf jeden Fall mehr als nur eine Fraktion. Letztlich ist die Partei als Vereinigung von Bürgern nicht nur der Erstellung von Wahllisten und der Entsendung von gewählten Listenvertretern vorgelagert, sondern eine Partei umfasst viele Aufgaben, die über das Aufstellen von Wahllisten weit hinausgehen. So heißt es im PartG §1 des Parteiengesetzes, dass „Parteien … an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens [mitwirken].“ Dazu gehört ausdrücklich auch, „die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben [zu] fördern …“.

Von daher wäre es naheliegend, die Idee einer helfenden Struktur innerhalb der bestehenden Parteien zu verorten.

Bei großen Parteien gibt es helfende Strukturen, die partielle Angebote an alle Mitglieder bereit stellen. Doch diese erscheinen im Gesamtzusammenhang des Wählerverhaltens möglicherweise als zu begrenzt.

Ein anderer Aspekt ist das reale Interesse der Bürger an der Zusammenarbeit mit den politischen Parteien. So gab es bei den Kommunalwahlen in Hessen 2016 nur eine Wahlbeteiligung von 48% [3], bei den Landtagswahlen in Hessen 2018 eine Wahlbeteiligung von 67.3% [4], und bei der Bundestagswahl in Deutschland 2017 eine Wahlbeteiligung von 76.2% [5]. Die geringe Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen ist auffällig. Ungefähr die Hälfte aller wahlberechtigten Bürger haben nicht gewählt! Dies kann man als Indikator für ein mögliches geringer Interesse und/ oder auch geringes Vertrauen in die kommunal vertretenen Wählergruppen und Parteien werten.

Diese Zahlen werden ergänzt durch die alltägliche Beobachtungen, dass die Position von Parteien sehr klischeehaft wahrgenommen werden und dass die Bereitschaft von Fraktionen unterschiedlicher politischer Gruppierungen, sachlich, offen, konstruktiv mit Vertretern anderer politischer Gruppierungen zusammen zu arbeiten, nur schwach ausgeprägt ist.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wie die politischen Parteien ihrem Auftrag von mehr informierter Bürgerbeteiligung nachkommen können, wenn ihre öffentliche Position im kommunalen Bereich der Gesellschaft so schwach ist. Die drängenden Probleme unserer Gesellschaft sind real, sie verlangen unmittelbar höchste Aufmerksamkeit. Was kann getan werden?

Partei-Übergreifende Hilfe Strukturen?

BILD 1: Skizze für eine Partei-Übergreifende Hilfestruktur

Schaut man zunächst nur ‚rein sachlich‘ auf die Problemstellung, dann kann man die allgemeinen Forderungen vom Beginn u.a. wie folgt zu einem Minimalen Unterstützungs-Katalog [MUK] erweitern:

  1. Es muss Gruppen von Bürgern geben, die sich zu dieser übergreifenden Fragestellung zusammen finden
  2. Diese Gruppen von Bürgern müssen gemeinsam sowohl die Sachanforderungen der bekannten Themen (z.T. ‚global‘) wie auch ihre eigene Ausgangslage (‚lokal‘) hinreichend zutreffend beschreiben.
  3. Diese Beschreibungen sollten Wechselwirkungen unter den Themen wie auch die möglichen Auswirkungen in der Zukunft erkennbar machen.
  4. Die Bürger müssen versuchsweise eine Bewertung dieser erkennbaren Auswirkungen vornehmen.
  5. Alle diese Beschreibungen, Ausblicke und Bewertungen sollten möglichst allen öffentlich zugänglich sein.
  6. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, diese Darstellungen zu kommentieren und Alternativen auszuprobieren.
  7. Es muss die grundsätzliche Möglichkeit geben, die verschiedenen Beschreibungen verschiedener Sachlagen jederzeit ohne zusätzlichen Aufwand miteinander zu einer größeren Beschreibung zu vereinigen und diese Gesamtheit direkt zu simulieren.
  8. Auf Wunsch muss jede solche Darstellung mittels künstlicher Intelligenz innerhalb der potentiellen Varianten auf mögliche günstige Fälle hin abgesucht werden können (‚Optimierende KI‚).
  9. Auf Wunsch muss jede solche Darstellung mittels künstlicher Intelligenz in ihren Ausgangsannahmen kreativ variiert werden können (‚Kreative KI‚).
  10. Alle erarbeiteten Simulation sollten auch in Form von interaktiven Spielen für menschliche Spieler benutzbar sein.
  11. Alle erarbeiteten Simulation sollten in Form von interaktiven Spielen nicht nur mit menschlichen Spielern benutzbar sein, sondern auch mit künstlichen Akteuren. Letztere können als ‚Freunde‘, als ‚Trainer‘, oder als ‚Opponenten‘ auftreten.
  12. Eine geprüfte Auswahl solcher Simulationen sollte auch für Zertifizierungszwecke im Rahmen einer Ausbildung genutzt werden können (‚sich selbst organisierendes Lernen‚/ ‚autopoietic learning‚).

Auch wenn man diesen minimalen Unterstützungskatalog sicher noch erweitern und verfeinern könnte, wird doch sichtbar, dass es für eine Umsetzung dieses Forderungs-Katalogs nicht ausreicht, nur eine einzige kleine Gruppe zu bilden. Vielmehr braucht es möglichst viele solcher lokal verankerten Gruppen, die auf geeignete Weise miteinander vernetzt sind.

Ferner wird klar, dass es eine gemeinsame Plattform braucht, auf der sowohl die Beschreibungen selbst verfügbar sind wie auch die Möglichkeit zu verteilten Simulationen und Spielen angeboten wird.

Neben der rein organisatorischen Struktur, die dafür benötigt wird, muss diese Support-Struktur die kognitiven Aspekte des kommunizierten Wissens wie auch die normativen Aspekte berücksichtigen und unterstützen. Diese Aspekte sollen in einem weiteren Post diskutiert werden

ANMERKUNGEN

[1] Politische Partei, Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Partei

[2] Parteiengesetz, Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Parteiengesetz_(Deutschland) (Als PDF-Text: https://www.gesetze-im-internet.de/partg/PartG.pdf )

[3] Kommunalwahlen in Hessen 2016: https://www.statistischebibliothek.de/mir/servlets/MCRFileNodeServlet/HEHeft_derivate_00005694/BVII3-2_5j16.pdf

[4] Landtagswahlen in Hessen 2018: https://www.statistischebibliothek.de/mir/servlets/MCRFileNodeServlet/HEHeft_derivate_00008307/BVII2-4_5j18_a.pdf

[5] Bundestagswahl 2017: https://bundeswahlleiter.de/dam/jcr/e0d2b01f-32ff-40f0-ba9f-50b5f761bb22/btw17_heft4.pdf

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Bürgerbeteiligung und Politische Parteien

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
13.Juni 2021 – 3. Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

BÜRGERBETEILIGUNG und POLITISCHE PARTEIEN

Politische Grundstrukturen

In der deutschen Verfassung ist festgelegt, dass die Bürger in vereinbarten Zeiträumen per Wahl Mitglieder einer anerkannten Partei für ein Vertretungsgremien (in Kommunen, im Landkreis, im Bundesland, im Bund …) wählen können. Es wird angenommen, dass die gewählten politischen Vertreter ‚den Willen des Wählers‘ angemessen in ihrem politischen Handeln vertreten. Die gewählten Vertreter wiederum können in den entsprechenden Handlungsgremien (Gemeindevertretung, Kreistag, Landtag, Bundestag) dann Maßnahmen zur Gestaltung der jeweiligen Gestaltungsbereiche (Kommune, Landkreis, Land, Bund) im Rahmen der geltenden Gesetze beschließen. Zur Unterstützung des politisch motivierten Handelns gibt es auf allen Ebenen Verwaltungseinheiten, die bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützen.

Qualitative Anforderungen und Grenzen

Die politische Grundstruktur soll als Rahmen dienen, damit die Bürger eines Landes auf ein geordnetes Verfahren zurückgreifen können, mit dem sie ihre unterschiedlichen Interessen und ihr unterschiedliches Wissen so organisieren können, dass eine gemeinsame demokratische und nachhaltige Zukunft im Grundsatz möglich ist.

Vom einzelnen Bürger ist bekannt, dass sein individuelles Handeln von seinen inneren Zuständen abhängig ist, die wiederum zwar nicht vollständig, aber zu einem großen Teil, von seiner Lebenswelt beeinflusst werden. Diese Lebenswelt ist ein hybrides System aus objektiv gegebenen gesellschaftlichen Tatbeständen und kulturellen Normen, die in den inneren Zuständen der gesellschaftlichen Akteure verankert sind und wo Inneres und Äußeres grundsätzlich miteinander in Wechselwirkung stehen..

Die verankerten politischen Strukturen müssen also daran gemessen werden, ob, wie und wieweit sie geeignet sind, das Wissen und die Interessen der Bürger so zu unterstützen, dass eine demokratische nachhaltige Zukunft für alle möglich ist.

Die letzten Jahrzehnte zeigen immer mehr, dass die großen Herausforderungen der Gegenwart sich sowohl global wie auch lokal manifestieren (z.B. Klima, Biodiversität, Bevölkerungsentwicklung, Rohstoffe, Trinkwasser, Energieversorgung, Ernährung und Landwirtschaft, Land Grapping (mit Wasser Grapping), Müll (mit Plastik), Migrationsströme, ausgrenzende Weltanschauungen, Technologieentwicklung (insbesondere die Digitalisierung), Pandemien, organisierte Kriminalität, ….) und dass ihre Komplexität alle bestehenden politischen Systeme kontinuierlich überfordert.

Auf der Ebene der Kommunen repräsentieren die gewählten politischen Vertreter einen Anteil von ca. 0.3% (oder, je nach Größe, weit weniger, 0.007%, 0.001% …) aller Bürger. Die einzige Gestaltungsmöglichkeit der Bürger sind laut Verfassung die Wahlen (alle ca. 4-6 Jahre). Die geringe Zahl an gewählten politischen Vertretern ist in keiner Weise kognitiv in der Lage, weder die komplexen Anforderungen einer Kommune angemessen verstehen noch angemessen entscheiden zu können. Die heute üblichen politischen Konkurrenzen zwischen gewählten Parteien engt die Entscheidungskompetenzen weiter ein. Die Kenntnis der eigenen Verwaltung in großen Kommunen scheint bei den gewählten politischen Vertretern weitgehend unzulänglich zu sein. Die Verwaltungen selbst erwecken den Eindruck, dass sie in ihrer Verfasstheit kaum den zu leistenden Aufgaben entsprechen können. Dazu kommt, dass die zeitliche Dimension vieler zu lösenden Aufgaben von 10, 20 und mehr Jahren die in Legislaturperioden agierenden gewählten politischen Vertreter — und damit oft auch den von ihnen abhängigen Verwaltungen — überfordern.

Planfeststellungsverfahren

Zur Frage, ob und wie man Bürger auch zwischen den Wahlen einbeziehen kann oder einbeziehen muss, gibt es ein interessantes Beispiel, das sogenannten Planfeststellungsverfahren [1]. Für den Bereich von raumverändernden Maßnahmen wird festgelegt, auf welche Weise u.a. die Bürger Einsprüche zu einem Maßnahmenentwurf vorbringen können.

Charakteristisch ist hierbei, dass die Bürger erst einbezogen werden, wenn die grundlegenden Überlegungen zuvor schon abgeschlossen sind, ohne dass es eine nennenswerte Zusammenwirkung (Kollaboration) zwischen den handelnden politischen Vertretern und den Bürgern gegeben hat.

Das Verfahren selbst ist meistens extrem langwierig und die Vergangenheit legt den Eindruck nahe, dass diese Verfahren tendenziell eher partikuläre Interessen befördern als begründete Gesamtsichten. Dies verweist auf das grundlegende Problem, dass bei jeder Entscheidung das aktuell verfügbare Wissen und die aktuell gegebene Interessenlage entscheidend ist, dass dieses aktuelle Wissen ohne entsprechendes Training aber gerade nicht über jene prozessuralen [3] Gesamtsichten verfügen kann, die notwendig wären, um real nachhaltige Entscheidungen treffen zu können.

Bürgerentscheid

Seit 2005 gibt es in jedem Bundesland auch das Instrument des Bürgerentscheids [2]. In diesem Verfahren können Bürger mit entsprechender Beteiligung über einen Sachverhalt mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ abstimmen. Die gewählten politischen Vertreter können einen Gegenvorschlag aufstellen. Wird der Bürgerentscheid positiv entschieden gilt er formal als gleichwertig mit einer Entscheidung von gewählten politischen Vertretern.

Das Verfahren des Bürgerentscheids deutet an, dass den Bürgern als dem eigentlichen Souverän grundsätzlich das Recht zugestanden wird, eine eigene rechtskräftige Entscheidung parallel zu den gewählten politischen Vertretern fällen zu dürfen. Dies ist im Rahmen einer Demokratie und der herrschenden Komplexität in allen Entscheidungsbereichen ein positives Signal.

Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass das Verfahren des Bürgerentscheids als solches das grundlegenden Problem einer nachhaltigen Entscheidung nicht automatisch löst. Im Lichte des Wissens um die konkreten Herausforderungen, nachhaltige Entscheidungen unter Berücksichtigung der zeitlichen Horizonte wie auch der starken Wechselwirkungen zwischen vielen Themen zu treffen, scheint das Verfahren des Bürgerentscheids ein weitgehend unbefriedigendes Instrument zu sein. Es kann zwar punktuell im Prinzip mehr Kompetenzen aufrufen als jene, über die die kleine Gruppe der gewählten politischen Vertreter verfügt, aber die kontinuierliche wechselseitige Behandlung von Problemen erscheint hier auch nicht gegeben (abgesehen auch von dem extrem hohen logistischen Aufwand, der den Bürgern in solch einem Verfahren abverlangt wird).

Bürger als Partner?

Angesichts der inhärenten Grenzen im Entscheiden der politischen Vertreter einerseits wie auch der Bürger im Bürgerentscheid andererseits stellt sich die Frage, warum sich nicht die politischen Vertreter auf ihre eigentliche Rolle besinnen, die daraus resultiert, dass die Bürger ihre Auftraggeber sind und als Bürger den primären Kompetenzpool bilden. Statt also die Bürger eher als ‚Feinde‘ zu behandeln, die ihre ‚Arbeit stören oder gar bedrohen‘, würde sich ein kollaboratives, partnerschaftliches Modell empfehlen, in dem die Bürger frei und offen, idealerweise parteiübergreifend, ihre Kompetenzen in nachhaltiger Weise organisieren, und zwar so, dass die gewählten politischen Vertreter darauf kontinuierlich zurückgreifen und sich selbst aktiv an den Orientierungsprozessen beteiligen können, so dass auf nachhaltige Weise damit die verfügbaren Kompetenzen optimal genutzt werden.

Nachhaltiges Wissen

Die sehr gute Kollaboration auf praktischer Ebene alleine garantiert aber auch noch keinen Erfolg, da konkretes Handeln immer abhängig ist von den verfügbaren kognitiven Prozess-Modellen in den Köpfen der Handelnden, und zwar nicht nur in den Köpfen der einzelnen, sondern in den Köpfen aller Beteiligten! Bekanntermaßen kann solch ein gemeinsam geteiltes Prozesswissen nur durch eine kontinuierliche Kommunikation zwischen allen Beteiligten zustande kommen, in der die Prozesse selbst thematisiert werden. Und alles spricht dafür, dass es ferner nicht ausreicht, dass Prozesswissen nur aktuell, punktuell in der jeweiligen Gruppe existiert, sondern es muss auch in einer permanenten Form vorliegen, die speicherbar ist, nachlesbar, hörbar, visuell anschaulich, als simulierter Prozess, als spielbarer Prozess, als interaktiv gestaltbarer Prozess, als evaluierbarer Prozess, und dies alles ausschließlich in der Alltagssprache der Handelnden, um nur die wichtigsten Anforderungen zu benennen.

Oksimo Paradigma

Ein solches multimodales Prozesswissen ist das Ergebnis, wenn Menschen das oksimo Paradigma anwenden. Dies ist möglich, weil das oksimo Paradigma das Ergebnis solcher Reflexionen ist, wie sie im vorausgehenden Text am Beispiel von mehr Bürgerbeteiligung vorgestellt wurden.

DISKUSSION

Hier werden in loser Folge einzelne Beiträge aufgelistet, die sich im Umfeld des Themas ‚Bürgerbeteiligung und politische Parteien‘ bewegen.

  1. Anmerkungen zu Wolfgang Schäuble „Das Prinzip der Repräsentation“, FAZ Nr.149, 1.Juli 2021, S.6 (Letzte Änderung: 3.Juli 2021)

ANMERKUNGEN

[1] Planfeststellungsverfahren, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Planfeststellung

[2] Bürgerentscheid, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerentscheid

[3] Mit ‚prozessural‘ ist gemeint, dass die Gesamtsicht mit Sachverhalten zu tun hat, die Prozesse darstellen, und dass das Herstellen der Gesamtsicht ebenso an einen Prozess geknüpft ist, weil alle Beteiligten selbst laufende Prozesse darstellen. Es gibt in diesem Zusammenhang keine absolut festen Punkte, sondern nur intermediäre Zustände innerhalb der beteiligten, miteinander verschränkten Prozessen.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht des Akteurs – Freiheit

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
7.Juni 2021 – 7.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht des Akteurs im oksimo.org Blog.

AUS SICHT DES AKTEURS – FREIHEIT

Wenn man aus der Vision der ‚großen Menschheit‘ hinabtaucht auf die Kontinente, Länder, lokalen Regionen, zu den konkreten Orten des Lebens, dann trifft man dort auf die ‚Grundelemente jeder menchlichen Populationen‘, dann trifft man auf den einzelnen Menschen, jenes biologische System von der Lebensform ‚homo sapiens‘, das im Laufe der biologischen Evolution seit ca. 3.6 Mrd Jahren eine Rolle eingenommen hat, die deutlich abweicht von dem, was alle anderen biologischen Lebensformen auf dem Planet Erde bislang gezeigt haben.

Biologische Zelle

Von jeder einzelnen biologischen Zelle weiß man, dass sie sowohl im Prozess des ‚alltäglichen Lebens‘ wie auch im Prozess der ‚Vererbung‘ die ‚Struktur des Erbmaterials‘ ‚ändern‘ kann, so dass Nachfolger einer Zelle sowohl leicht veränderte ‚Strukturen‘ aufweisen können wie auch ein leicht verändertes ‚Verhalten‘. Diesem Veränderungsphänomen kann man verschiedene Namen geben. Welcher wäre passend?

Radikal Innovativ

Eine einzelne Zelle, Verbände von vielen Zellen, komplexe Organismen solcher Zellen, repräsentieren letztlich sogenannte Input-Output-Systeme, deren beobachtbares Verhalten man durch eine beschreibende Verhaltensfunktion annähern kann. Schon bei der allereinfachsten Zelle wird deutlich, dass dies nicht deterministisch sind, dass sie sich an verändernde Bedingungen ihrer Umgebung anpassen können (man kann es ‚lernen‘ nennen), und dass diese biologischen Zellen über die Zeitachs betrachtet (die Abfolge ihrer Nachkommen) radikal innovativ (kreativ) sind.

Freiheit als Grundlage

Obwohl dert Begriff der ‚Freiheit‘ erst in den letzten Jahrtausenden von sogenannter ‚menschlicher Kultur‘ gprägt wurde, kann — oder muss? — man sagen, dass sich schon in diesem ‚Grundverhalten aller biologischen Zellen‘ ein Gesamtverhalten zeigt, das der Kernidee von ‚Freiheit‘ entspricht: in einer gegebenen Situation ist das System in seinem Verhalten nicht vollständig bestimmbar, was sich unter Einbeziehung der beobachtbaren Nachfolger noch deutlicher zeigt. Die genetische Struktur einer Zelle, die einerseits wie ein ‚Gedächtnis‘ wirkt, andererseits wie eine ‚Entscheidungsinstanz‘, entfaltete im Laufe der biologischen Evolution eine Dynamik, für die es im gesamten bekannten Universum bis heute keine Parallele gibt (die Vision der extraterrestrischen Lebensformen ist bislang eine Gedankenkonstruktion menschlicher Gehirne).

Emergenz

Da die komplexe Dynamik biologischer Zellen auf die impliziten Eigenschaften ihres ‚Baumaterials‘ zurück zu führen ist, auf die grundlegend physikalisch-chemischen Eigenschaften der jeweiligen Umgebungen, muss man bislang davon ausgehen, dass diese charakteristischen Verhaltenseigenschaften biologoscher Lebensformen auf Verhaltensebene etwas ‚aufscheinen‘ lassen, was die ‚Bestandteile‘ dieser Lebensformen ‚für sich genommen‘ nicht zeigen! Dies ist der Kern der Bedeutung des Begriffs ‚Emergenz‘: die Gesamtheit zeigt Eigenschaften, die die Einzelteile alleine für sich nicht erkennen lassen. Dies deutet darauf hin, dass es Eigenschaften der physikalisch-chemischen Bauelemente geben muss, die diesen Bauelementen ‚inhärent‘ sind und die nur in bestimmten Konstellationen ihre Wechselwirkungen zeigen (in der modernen Quantenphysik ist dies eine durchgehende Grundeinsicht zum ‚Wesen der Materie‘).

Offenbarung <— Emergenz + Freiheit

Insofern deutet sich an, dass ‚Emergenz‘ und ‚Freiheit‘ komplementäre Begriffe sind, die schon in der bekannten Materie als immanente Eigenschaften angelegt sind. Materie gibt es nur als emergentes, von Freiheit geprägtes Etwas, das sich in einem fortschreitenden Prozess von Wechselwirkungen zeigt, sichtbar macht, ‚offenbart‘: den Prozess des Universums kann man, so gesehen, als eine fortschreitende ‚Offenbarung‘ bezeichnen, bevor irgendeine Religion einen solchen Begriff in den Mund genommen hatte. Offenbarung ist eine Grundeigenschaft jedes realen physikalischen Systems, das auf Freiheit beruht und sich in den vielfältigen Phänomenen von Emergenzen manifestiert.

Komplexität

Verfolgt man die ‚Spur des Lebens‘ durch die tausende von Millionen Jahre auf dem Planet Erde, ist ein Phänomen unübersehbar: die wachsende Komplexität!

Gab es zu Beginn nur einzelne Zellen — immerhin über mehr als 2 Mrd hinweg– bildeten sich dann langsam ‚Verbände von Zellen‘, dann erste Organismen, und dann immer mehr komplexe Organismen, bis hin zu einem homo sapiens Exemplar, das ca. 36 Billionen (10^12) Körperzellen umfasst. Eine unfassbar große Zahl (dazu kommen an die 200 Billionen — oder gar mehr — weitere Zellen, die einen menschlichen Körper — vorwiegend im Darm — ‚besiedeln‘, und dabei z.T.wichtige, lebenserhaltende Funktionen wahrnehmen). Jede einzelne dieser Zellen ist ‚autonom‘, sie ‚entscheidet‘ selbst aufgrund ihrer inneren Prozesse, die aber auf ‚Signale der Umgebung‘ reagieren können. Zellen in einem Körper stehen kontinuierlich in einer ‚kommunikativen Wechselwirkung‘ mit anderen Zellen. Wenn man sieht, wie schwer sich Gesellschaften von vielen Tausend oder gar vielen Millionen von Menschen tun, ihr Handeln gemeinsam abzustimmen, umso mehr kann man ahnen, was es heisst, dass 36 Tausend mal eine Million Zellen vollständig koordniniert, bis hin zu einem Millisekundentakt, miteinander arbeiten können, und dies über Jahre, Jahrzehnte hinweg. Die moderne Wissenschaft ist bislang nicht in der Lage, diese Komplexität in irgendeinem Modell erschöpfend nachzubilden, obgleich riesige Fortschritte erzielt wurden, sonst könnte ich auf diese Weise gar nicht über das Phänomen schreiben.

Invarianz von Freiheit

Obwohl die Spur des Lebens immer neue, überraschende Eigenschaften aufblitzen lässt, immer vielfältiger, komplexer, scheint das Phänomen von Freiheit generell ‚invariant‘ zu sein gegenüber Komplexität: die grundlegenden Bausteine der Materie, Moleküle, erinzelne Zellen, eine Vielzahl von Zellen: sie alle zeigen grundsätzlich das Phänomen von ‚Freiheit‘ (und ‚Emergenz‘). Im Fall des homo sapiens mit seinen reichen körperlichen und Gehirnbasierten Eigenschaften mag man im ersten Moment etwas ‚geblendet‘ sein von dieser Vielfalt, von diesem Reichtum an Details, doch die Grundfigur des ‚jeweils anders Könnens‘ unter Berücksichtiung von ‚erinnerbaren Wahrnehmungen‘, zusätzlich ‚moduliert‘ von aktuellen inneren Zuständen ist dennoch die gleiche. Wie können grundsätzlich gegen das Bisherige Stellung beziehen, es abändern.

Kastration von Freiheit

Der homo sapiens alleine wie auch in Wechselwirkung mit anderen (soziale und kulturelle Dimension) kann seine grundlegende Freiheit abert auch dazu verwenden, um ‚andere‘ (Pflanzen, Tiere, Menschen…) zu behindern, zu quälen, ‚Klein zu halten‘, zu zerstören. Die Freiheit des einen kann dazu missbraucht werden, die Freiheit des anderen körperlich, materiell, psychisch … einzuengen bis dazu hin, sie zu zerstören.

Während Menschen im gelungenen Miteinander seit Jahrtausenden zeigen konnten, was positiv möglich ist, wenn man ‚zusammen wirkt‘, haben wir Menschen aber zugleich auch schon immer — bis heute — gezeigt,wie zerstörerisch, negativ, unproduktiv, und fatasielos wir handeln können. Der Kampf der Geschlechter, die Unterdückung von Frauen durch Männer, von Kindern und Jugendlichen durch Ältere, von ‚Arm gemachten‘ durch ‚Reich gewordene‘ erscheint fast wie eine humane Konstante, und ist doch nicht erzwungen.

Bildung

Während die grundlegende Freiheit in jedem steckt, können wir heute wissen, dass die ‚positive Nutzung‘ unserer Freiheit nicht nur von materiellen Bedingungen des Handelns abhängig ist, sondern auch — und vor allem! — von der Verfügbarkeit des ‚geeigneten Wissens‘. Alle Freiheit, alle Motivation nützt nichts, wenn ein Mensch nicht über das ‚geeignete Wissen (Erfahrung)‘ verfügt, an dem er sein Verhalten orientieren kann.

Ein solches Wissen muss von vielen über Jahre, Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, mühsam gesammelt, geprüft, geordnet werden, muss weiter vermitelt (Lehre, Lernen) werden, und muss beständig weiter entwickelt werden. Alle menschlichen Gesellchaften, die in der Vergangenheit ‚Erfolg‘ hatten, waren dies zuletzt nur, weil ihr System der Wissensakkumulation und Wissensweitervermittlung in einer breit angelegten Form von Bildung in den Köpfen aller Beteiligten ‚lebendig‘ sein konnte. Das Erblühen einer zukunftsfähigen Bildung erfordert die Beteiligung von letztlich allen und benötigt Generationen, um eine ganze Gesellschaft zu druchdringen. Wenn man irgendwann merkt, dass ds Bildungsystem ’schlecht‘ ist, ist es in der Regel zu spät; der große ‚Tanker Bildung‘ ist dann schon soweit von seinerm Kurs abgekommen, fass es 30 – 50 Jahre mindestens dauern wird, bis er wieder auf Kurs ist.

Kultur

Das Thema Bildung verweist auf den größeren Zusammenhang, in dem Bildung stattfindet oder eben nicht. Eine Gesellschaft mit einer schlecht angepassten Kultur benebelt sich selbst und bewegt sich gemeinsam auf einen Abgrund zu. Dass eine ‚Mehrheit‘ dies gut findet, dass einzelne Gruppierung durch ‚Lautstärke‘ ihr mangelnde Orientiertheit vergessen machen wollen, kann den gemeinsamen Untergang nicht aufhalten. Dass ist die Kehrseite von Freiheit: Man könnte A, man kann aber auch B …

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen – Ein minimales Modell

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
3.Juni 2021 – 4.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Letzte Korrekturen: 4.Juni 2021

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

Kommunen – Ein minimales Modell (*)

Wenn man das Thema Kommunen eingrenzen und so konkretisieren will, dass man gezielt handeln kann, dann stellt sich die Frage nach einem passenden begrifflichen Rahmen; man kann solch einen begrifflichen Rahmen auch als Strukturmodell sehen oder einfach als ein Modell.

Als überall gegenwärtigen äußeren Rahmen kann man das Konzept einer Gesellschaft voraussetzen, deren Mitglieder — die Bürger — sich mental über ein vielschichtiges Konzept von Kultur definieren. Will man das äußerlich beobachtbare Verhalten der Bürger verstehen, dann muss man diese handlungswirksame mentale Struktur verstehen, die sich in kontinuierlicher Wechselwirkung mit der jeweiligen Umgebung befinden.

Will man genauer, konkreter verstehen, was es heißt, als Bürger (als kultureller Akteur) in einer Gesellschaft, im engeren Bereich einer Kommune zu handeln, dann kann man die elaborierten Konzepte des Projektmanagements — oder noch allgemeiner eines systemtheoretischen Prozessmanagements — quasi als Referenzpunkt wählen, um abzuschätzen, was notwendig ist, um erfolgreiche Prozesse zu ermöglichen oder — im negativen Fall — genau dies zu erschweren bzw. sogar zu verhindern.

Zwischen diesen beiden Polen — einem komplexen dynamischen Kulturbegriff und Gesellschaftsbegriff einerseits und einem konkreten Handlungsbezogenen und Entscheidungsbezogenen Projektmanagement andererseits — öffnet sich der Raum kommunaler Politik, in dem in einer räumlich und juristisch definierten Kommune gewählte Vertreter von Bürgern versuchen, den Lebensraum der Bürger mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Neben den juristisch vorgegebenen Strukturen und Abläufen gibt es ein offenes Feld möglicher Aktivitäten von den Bürgern, die direkt oder indirekt das explizit politische Verhalten der gewählten Vertreter*innen und der nachgeordneten Institutionen beeinflussen können.

Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass auf dem Boden der aktuell gültigen demokratischen Verfassung die Hoheit des politischen Handelns strikt bei den gewählten Vertretern einer Kommune — entsprechend auch im Landkreis, im Regierungsbezirk, im Land und dann im Bund — liegt. Dies bedeutet, tatsächlich politisch direkt können die Bürger nur im Turnus der offiziellen Wahlen Einfluss nehmen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die gewählten Vertreter den Willen ihrer Wähler angemessen umsetzen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, das können politisch verbindlich immer nur die Wahlen zeigen: Wiederwahl oder Abwahl.

Bei näherer Betrachtung der vielfältigen komplexen Themen, die wöchentlich, ja nahezu täglich, in einer Kommune anfallen, die zu ihrer angemessenen Behandlung eigentlich viel Erfahrung und Wissen benötigen, die durch ihre zeitliche lang gestreckten Wirkungen (und Wechselwirkungen) eine sehr aufwendige Analyse und Nachprüfung nach vielen Seiten erfordern, kann man in Frage stellen, ob die kleine Schar der gewählten Vertretern diese Aufgaben alleine überhaupt angemessen leisten können. Beliebig viele konkrete Beispiele aus realen Kommunen können zeigen, dass dem tatsächlich so ist: die aktuell installierten Mechanismen kommunaler Politik erweisen sich als unzulänglich, umso mehr, als die Welt in ihrem Gesamtprozess komplexer und dynamischer wird. [1] Die sich verstärkenden Phänomene von Demokratieverdrossenheit und Radikalisierungen sind kein Zufall, und man kann sie nicht dadurch ‚heilen‘, dass man sie immer wieder nur durch ‚Worte‘ zu beschwören versucht. Wenn kommunale Politik es nicht schaffen wird, sich konkret und qualitativ anfassbarer, partizipativer zu machen, dann wird sie sich selbst abschaffen. Sie braucht keine expliziten Feinde; sie selbst ist ihr eigener Feind.

EINSTIEG: WIE?

BILD: Extrem vereinfachtes Bild der politischen Struktur in einer nicht zu großen Kommune. Es reicht aber für einen Start.

Schon eine Kommune mit ca. 10.000 – 15.000 Einwohner hat eine Komplexität, die kaum noch angemessen in einem einzigen Bild zu beschreiben ist. An dieser Stelle soll auch keine erschöpfende (statische) Beschreibung bereit gestellt werden. Es geh vielmehr um die praktische Frage, ob es im Bereich Kommune konkrete Prozesse gibt, die man mit dem oksimo Paradigma gewinnbringend beschreiben könnte.

Als leitende Perspektive bei der Suche nach einer Antwort soll dabei die Perspektive von Bürgern angenommen werden, die sich dem Phänomen ihrer Kommune, der darin ablaufenden Prozesse, verstehend nähern wollen, und dies nicht alleine, sondern zusammen mit anderen.

Eine Beschreibung innerhalb des oksimo Paradigmas stellt letztlich die Erarbeitung einer Minitheorie von jenem Prozess dar, innerhalb dessen Gemeinde stattfindet: (i) zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt es einen bestimmten objektiv beschreibbaren Zustand der Gemeinde (Bürger, Objekte, Konstellationen der Objekte und Bürger, …), (ii) Es gibt möglicherweise eine Vielzahl von Zielen, die die Bürger in ihrem Kopf haben, und schließlich (iii) eine Vielzahl von Veränderungen, die beständig stattfinden, ab und zu, zufällig oder regelmäßig, mit klar erkennbaren Ursachen oder eher unbekannt, usw.

Versucht man den Prozess, innerhalb dessen Gemeinde stattfindet, von seiner erwartbaren, gewünschten oder schwer bestimmbaren Zukunft her zu verstehen, und dies im Lichte von verfügbaren Bewertungen, dann kann dies Anhaltspunkte dafür liefern, welche Momente am Prozess man sich mal näher anschauen sollte, um klar unerwünschte Zukunftsszenarien zu vermeiden.

Ein solches von möglichen gewünschten und unerwünschten Zukunftsvorstellungen her motivierte Erarbeiten einer Prozessbeschreibung hätte den Vorteil einer gewissen Fokussierung, und man müsste die kaum überschaubare Komplexität einer Gegenwart erst nach und nach, und zwar nur nach Bedarf, analysieren.

Ob man der Nachfrage zum Bau eines neuen Rechenzentrums in der Kommune nachgeben sollte, oder der Erschließung eines neuen Baugebiets ohne spezielle Auflagen, oder ob die vorhandene Verkehrsinfrastruktur ausreicht, oder ob die Trinkwasserversorgung … oder … oder … Ob man solche — meist komplexen und finanziell aufwendigen — Fragestellungen angehen soll, und, falls ja, wie, das hängt letztlich von der Verfügbarkeit einer transparenten und evaluierten Zukunftsplanung ab. Wenn die Zukunftsplanung vage, unklar ist, dann ist es eigentlich egal, was man tut. Die Wirkung eines überdimensionierten Rechenzentrums in einer kleinen Gemeinde ist so lange egal, so lange keine bekannten und als nachhaltig eingestuften Ziele bekannt sind und eine klare Ursachenkette von einem Ereignis oder einer Maßnahme aufzeigbar ist.

Ausgehend von diesen Überlegungen sollen schrittweise Fallbeispiele von solchen Prozessbeschreibungen mit klar definierten Zielen und Bewertungen exemplarisch erarbeitet werden.

ANMERKUNGEN

[*] Viele entscheidende Impulse für die hier ausgeführten Gedanken verdanke ich dem viel zu früh verstorbenen Manfred Faßler (+ 17.4.2021), mit dem ich jahrelang die Gelegenheit hatte, in vielen, meist vielstündigen Diskussionen, diese Themen zu erörtern.

[1] Hier spielt natürlich auch die Verfasstheit und die personelle Ausstattung der jeweiligen Verwaltungen eine nicht unerhebliche Rolle. Im Jahr 2021 herrscht der Eindruck vor, dass die aktuellen Verwaltungen bundesweit den Anforderungen hinterher hinklen. Die interessanten Fragen sind: (1) Warum ist das so? (2) Was könnte/ müsste man tun, um dies zu verbessern?

OKSIMO BEFEHLE – Share (Teilen)

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
1.Juni 2021 – 1.Juni 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas Oksimo Befehle im oksimo.org Blog.

Befehl: Share (Teilen)

BILD: Benutzer ‚gdh‘ teilt Elemente einer oksimo Prozessbeschreibung (5 Fälle) und Benutzer ‚gdh-tst‘ benutzt die geteilten Dokumente für die eigene Arbeit.

Benutzer ‚gdh‘ teilt (Share)

Der Benutzer gdh aktiviert den Menüpunkt 12 is SHARE und bekommt das Untermenü

1 share VISION
2 share STATE
3 share RULE
4 share RULE DOCUMENT
5 share SIMULATION

Im Bild wird angezeigt, wie die verschiedenen Optionen ausgeführt werden. Je nachdem, WAS geteilt werden soll, erfolgt nach der Auswahl eines Elements aus der Liste die Frage, für welchen Benutzer dieses Element bereit gestellt werden soll. Im Beispiel ist es immer der Benutzer gdh-tst.

Benutzer ‚gdh-tst‘ benutzt die geteilten Dokumente

Der empfangende Benutzer benutzt ganz normal das Menü. So wird im Bild oben angezeigt, wie er mit Menüpunkt 7 is RULE DOCUMENT nachschauen kann, welche Regel-Dokumente es gibt. Dort kann er das geteilte Regel-Dokument hungerAllgemein1-SIM1_from_gdh mit all seinen Elementen sehen. Entsprechend kann er mit Menüpunkt 8 is NEW SIMULATION mit den geteilten Elementen eine ganz neue Simulation starten oder — am einfachsten — Benutzer gdh-tst kann eine komplette Simulation hungerAllgemein1-SIM1_from_gdh mit dem Menüpunkt 10 is LOAD SIMULATION direkt laden und starten (Achtung: in diesem Beispiel hat das Regel-Dokument den gleichen Namen wie die Simulation; dies geht, wie man sieht, ist aber verwirrend).

Zusammenfassung

Aus diesen Beispielen kann man ersehen, dass das Teilen von Dokumenten sehr einfach ist: ein Benutzer gibt etwas frei für einen bestimmten anderen Benutzer und dieser kann diese geteilten Dokumente dann benutzen.

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG – Zeit & Erinnerung

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
31.Mai 2021 – 31.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas die strukturellen Eigenschaften der oksimo Sprache im oksimo.org Blog.

STRUKTURELLE EIGENSCHAFTEN VON OKSIMO – Zeit & Erinnerung

In einem vorausgehenden Post wurde schon einiges Grundsätzliches zur Zeit gesagt, wie wir Zeit erleben und wie wir Zeit sichtbar machen können.

Die Grundidee dort ist, dass wir Menschen Zeit anhand von Veränderungen und im Vergleich von Veränderungen wahrnehmen können. Dies lässt sich im Rahmen des oksimo Paradigmas leicht darstellen, da die Basis der Prozessbeschreibung innerhalb des oksimo Paradigmas die Konstruktion einer Abfolge von Zustandsbeschreibungen ist, wo jeweils die Nachfolgesituation S‘ zu einer aktuellen Situation S sich in mindestens einer Eigenschaft unterscheidet.

In diesem Post geht es um den Aspekt, dass man sich im normalen Alltag auf verschiedene Weise unterschiedliche Aspekte merken kann, in dem man sich eine Notiz macht, oder man bestimmte Ereignisse protokolliert oder man Messwerte sammelt und dergleichen mehr.

Auf der Basis solcher Merkzettel, Notizen, Tagebücher, Berichte, Datenprotokolle usw. kann man dann weiterführende Überlegungen anstellen.

Ein berühmtes Beispiel, wie man durch richtige Notizen zu einem neuen Verständnis der Sternbewegungen gekommen ist, ist die Geschichte zur Entstehung des Heliozentrisches Weltbildes [3]. Neben neuen alternativen Konzepten, wie man das Ganze neu denken könne, waren es vor allem die Jahrzehntelangen Beobachtungen der Sternenbewegungen, die zunächst Tycho Brahe ( 1546 — 1601) [1] anstellte und dann in Weiterführung Johannes Kepler ( 1571jul. — 1630greg.) [2]. Diese Aufzeichnungen boten dem menschlichen Denken die Möglichkeit, vergangene Ereignisse fest zu halten um sich dann mit Hilfe dieser Aufzeichnungen mögliche Zusammenhänge bewusst zu machen.

In dem folgenden einfachen Beispiel soll demonstriert werden, wie man im oksimo Paradigma bestimmte Ereignisse notieren kann, um dann später eine Entscheidung zu fällen, die sich von diesen Notizen abhängig macht.

Im gewählten Beispiel ist der Ausgangspunkt ein einfacher Würfel, der entweder ‚1‘ oder ‚2‘ oder gar nichts würfelt. Ein Beobachter achtet nur darauf, ob eine ‚1‘ gewürfelt wird, und, falls ja, wird das Auftreten einer ‚1‘ gezählt. Im Beispiel heißt dies zu Beginn „Notiz zu 1: 0“. Und jedes mal, wenn ein ‚1‘-Ereignis beobachtet wird, wird die Notiz ‚hochgezählt‘: „Notiz zu 1: 0“, „Notiz zu 1: 1“, … Bei Erreichung der Notiz „Notiz zu 1: 2“ wird gestoppt und von Spieler A wird gesagt, er habe gewonnen „GEWONNEN A“.

So einfach dieses Beispiel ist, es zeigt, wie man im Prinzip beliebige Ereignisse notieren kann, von denen man dann andere Ereignisse abhängig machen kann. Dies ist eine rudimentäre Form von erfahrungsabhängigem Verhalten.

In der Darstellung wird hier zwischen zwei Darstellungsformen unterschieden: Im Bild 1 wird gezeigt, wie man nur die möglichen Zustände darstellt, die im Prozess vorkommen können/ sollen.

Im Bild 2 werden die Zustände ergänzt um die Darstellung der benutzten Veränderungs-Regeln. Hat man Veränderungsregeln formuliert, dann reicht ein Startzustand aus, um den ganzen Prozesse generieren zu können.

BILD 1: Übersicht über den Prozess, der beschrieben werden soll. Es werden nur die Zustände angezeigt. In einem anderen Bild werden diese Zustände um die Regeln ergänzt, die die Zustände ausgehend von einem Anfangszustand erzeugen.

BILD 2: Die zuvor skizzierten Zustände hier ergänzt um Regeln, die diese Zustände möglich machen.

PROTOKOLL EINER SIMULATION

VIDEO

VIDEO: Erläutert das Thema Zeit und Erinnern. Beim Anschauen beachten: mit Bild-im-Bild kann man die Größe des Bildes frei wählen!

QUELLENNACHWEISE

[1] Tycho Brahe, Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Tycho_Brahe

[2] Johannes Kepler, Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler

[3] Heliozentrisches Weltbild, Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Heliozentrisches_Weltbild

DAS OKSIMO PARADIGMA und Projektmanagement – Einführung

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
26.Mai 2021 – 26.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (im Gespräch mit Michael Hefter)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenfeldes Das Oksimo Paradigma und Projektmanagement des oksimo.org Blogs.

PROJEKTMANAGEMENT – ERSTE ANNÄHERUNGEN

Die nachfolgenden Überlegungen bilden einen Reflex auf intensive Gespräche, die der Autor mit Prof. Dr. Michael Hefter von der Frankfurt University of Applied Sciences geführt hat und noch führt. Es geht um den Versuch, den Prozess des Projektmanagements aus dem Blickwinkel des oksimo Paradigmas zu beleuchten. Diese ersten Texte stellen noch keine vollständige Theorie dar sondern bilden unterschiedliche Annäherungen an das Phänomen.

Aufgabenstellung

Wie in der vorausgeschickten ersten Idee formuliert wird, geht es beim Projektmanagement primär darum, verfügbare Ressourcen für ein bestimmtes Ziel in einem vorgegebenen Zeitrahmen so zu analysieren und zu planen, dass die Ressourcen möglichst optimal genutzt und möglichst nachhaltig eingesetzt werden können.

Akteure

Ein Projektmanagement Prozess setzt Akteure voraus, die handeln. Typischerweise werden folgenden Rollen angenommen:

  1. Es gibt Auftraggeber (’stakeholder‘) die mit einer Problemstellung und mit einem Ziel kommen.
  2. Es gibt Experten, die die Aufgabenstellung so analysieren müssen, dass sich daraus ein Plan ergibt, der sich entsprechend den Zielen umsetzen lässt.
  3. Schließlich braucht es auch noch die Realisierer, die die Pläne entsprechend in reale Produkte oder Dienstleistungen umsetzen.

Sprache

Was in den Akteuren vor sich geht, ist direkt nicht zugänglich. Allerdings wird im allgemeinen angenommen, dass alle Akteure hinreichend gut kommunizieren können. Dazu gehören gesprochene und geschrieben Sprachen, Dokumente und zusätzliche Artefakte. Für die folgende Diskussion wird — ohne Beschränkung der Allgemeinheit — angenommen, dass es nur eine Sprache gibt (eine Alltagssprache) und dass alle wesentlichen sprachlichen Mitteilungen als Texte fixiert wurden. Insbesondere werden folgende Texte als verfügbar beim Beginn des Projektmanagement-Prozesses [PMP] angenommen:

Dokumente

  1. Ein Problemdokument, das eine gegebene Situation beschreibt, die optimiert werden soll.
  2. Ein Visionsdokument (Ziel), das einen Zustand beschreibt, der aktuell noch nicht gegeben ist, der aber nach Einschätzung aller Beteiligten grundsätzlich möglich ist und der als neue gegebene Situation realisiert werden soll.

Transformationen

Es gehört dann zur weiteren Aufgabe eines Projektmanagement-Prozesses, dass herausgearbeitet wird, durch welche konkreten Maßnahmen/ Aktionen der aktuelle Problem-Zustand in den anvisierten Visions-Zustand transformiert werden kann. Hier wird angenommen, dass jede Maßnahme einen gegebenen Zustand S voraussetzt und nach Ausführung einen Nachfolgezustand S‘ herbeigeführt hat. Maßnahmen benötigen Zeit und unterschiedliche viele Ressourcen. Jede Maßnahme im Kontext eines Projektmanagement-Prozesses kann man insofern auch als eine Veränderungsregel (oder einfach Regel) auffassen, die auf eine gegebene Situation angewendet wird und die eine Nachfolgesituation generiert. Alle beschriebenen Maßnahmen zusammen sollen hier daher als Regel-Dokument aufgefasst werden (oder auch: Maßnahmen-Katalog).

Erfahrung, Wissen, Rückkopplung

Aufgrund der Vielfalt und Komplexität von realen Situationen sind jene Maßnahmen, die gefunden werden müssen, um einen gewünschten Transformationsprozess zu ermöglichen, meistens nicht ‚einfach so‘ zu finden. Es bedarf dazu großer Erfahrung, umfassenden Wissens und — meistens — auch unterschiedliche Experimente, um herauszufinden, welche Maßnahme das gewünschte Ziel am besten ermöglicht. Zugleich kann es passieren, dass man beim Versuch, geeignete Maßnahmen zu finden, sowohl die Formulierung des Problem-Dokuments wie auch des Visions-Dokuments modifizieren muss. Man muss also den gesamten Projektmanagement-Prozess als ein durchgängig rückgekoppeltes System annehmen, bei dem die Ausgangslage (Problem und Vision) den Prozess beeinflusst und der Prozess sehr wohl auch auf die Ausgangslage zurückwirken kann.

Prozess-Variablen

In dieser Betrachtungsweise bilden die drei Dokumente Problem [P]-, Vision [V]- und Regel [R]-Dokument Variablen, die durch ‚Versuch und Irrtum‘ gefunden und optimiert werden müssen, bis das gewünschte Ergebnis — fixiert im Visions-Dokument — hinreichend gut – laut Plan — erreicht werden kann bzw. dann — in der Realisierung — erreicht wurde.

Akteure und Dokumente

Was in diesen Überlegungen bislang fehlt das sind genauere Angaben darüber, was die Akteure genau machen: welche Rolle spielen sie? Die angenommenen P-V-R-Dokumente sind ja statische Artefakte, die für die beteiligten Akteure sowohl Input-Größen darstellen wie auch Output-Größen. Welche Bedeutung der einzelne Akteur solch einem Dokument zuordnet, ist ausschließlich an seine Sprachkompetenz gebunden. Wie jeder weiß, kann das gleiche Wort in verschiedenen Sprachteilnehmern ganz Unterschiedliches bedeuten, selbst wenn es sich bei dem Text um einen sogenannten Standard handelt. Standards haben nur für diejenigen Akteure eine einigermaßen klare Bedeutung, die über ein entsprechendes Spezialwissen verfügen, das oft nur nach jahrelangem Training verfügbar ist. Und selbst dann ist nicht garantiert, ob zwei Experten tatsächlich das gleiche meinen, solange es nicht in der praktischen Umsetzung überprüft werden kann. Durchgängig besteht also als Basis-Anforderung, dass alle Dokumente von allen gekannt und verstanden werden müssen.

Bedeutungs-Absicherung

Ein kollaboratives Erstellen von P-V-Dokumenten liefert aber nur schwache Indizien für ein gemeinsames Verstehen.

Der Rückbezug eines P-Dokuments auf eine gemeinsam geteilte reale Situation stellt hingegen das in der Alltagspraxis mögliche stärkste Indiz zur Verfügung.

Ein V-Dokument enthält hingegen notgedrungen Elemente, von denen man nur annimmt (glaubt), dass es einmal real werden kann. Eine vollständige Überprüfung ist daher vor einer vollständigen Realisierung nicht möglich. Es gibt also Deutungsspielräume, an denen sich gegensätzliche Einschätzungen entfalten können.

Maßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog (Regeln aus dem Regel-Dokument) enthalten meistens viele dynamische Elemente, die spezielle Randbedingungen voraussetzen, so dass deren Wirkung in Form einer Nachfolge-Situation S‘ kaum vollständig abschätzbar sind. Erst Recht dann nicht, wenn die Wirkung mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten verknüpft sind.

Optimaler Pfad

Durch die möglicherweise simultane und auch sequentielle Anwendung von Maßnahmen (Regeln) entsteht also eine Sequenz (Serie, Folge, ..) von Situationen <S1, S2, …, Sn>, deren Verlauf mit zunehmender Länge immer unsicherer wird. Hier wird eine solche mögliche Sequenz ein Pfad genannt, und die Realisierung eines Pfades mit Hilfe eines Simulators wird als Simulation aufgefasst. Da jede Situation Parameter enthalten kann, die mehr als eine Option zulassen, reicht in der Praxis die Untersuchung eines einzelnen möglichen Pfades kaum aus, um den optimalen Pfad zu finden. Eine manuelle Wiederholung von Simulationen so oft, bis alle Möglichkeiten abgedeckt sind, wird aus reinen Zeitgründen auch kaum möglich sein.

Evaluations-Algorithmen (Level 1)

Dieses praktische Dilemma einer manuellen Suche nach dem optimalen Pfad führt zur Überlegung, den durch P-V-R-Dokumente definierten Raum möglicher Pfade durch standardisierte Such-Bewertungs-Algorithmen (manche nennen dies KI) absuchen zu lassen, um jene Teilräume zu entdecken, die im Sinne des V-Kriteriums als optimal gelten. Diese Möglichkeit soll hier Level-1-Evaluation genannt werden.

Kreativ-Algorithmen (Level 0)

Im Lichte einer modernen Kultur-Theorie kann man noch einen Schritt weitergehen, und sich fragen, ob nicht die grundlegenden Annahmen aller Beteiligten, die in den P- und V-Dokumenten ihren Niederschlag gefunden haben, nicht vielleicht schon im Ansatz sub-optimal sind. Für diesen Fall wäre es hilfreich, wenn alle Beteiligten in einen kreativen Diskurs verwickelt werden könnten, der zu alternativen P- und V-Dokumenten führen würde, die ganz andere Maßnahmen zur Folge haben könnten.

Analog liese sich solch ein kreativer Diskurs auch für die Formulierung der Maßnahmen vorstellen. Diese Art der Erweiterung bzw. Veränderung des Möglichkeitsraumes wäre aber strukturell von einer anderen Art als die oben angesprochene Level-1-Evaluation. Die Verfügbarkeit eines kreativen Diskursraumes soll hier Level-0-Erweiterung genannt werden.

Level 0 und Level 1

Level-0-Erweiterung wie auch Level-1-Evaluation sind voneinander unabhängig, können aber in Kombination das Lösungspotential von Projektmanagement Prozessen erheblich steigern.

Oksimo Paradigma und Projektmanagement

Es dürfte jetzt nicht überraschen, dass das hier geschilderte Format von Projektmanagement Prozessen genau dem entspricht, was mit dem oksimo Paradigma möglich sein soll (und in der Tat, schon jetzt bietet das oksimo Paradigma weitere Anwendungsmöglichkeiten, die in diesem Text nicht erwähnt wurden.).

DAS OKSIMO PARADIGMA und Kultur

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
24.Mai 2021 – 25.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Letzte Änderungen (Korrekturen): 26.Mai 2021

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenfeldes BEGRIFFLICHER RAHMEN ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

IDEE

In der praktischen Anwendung des oksimo Paradigmas wird ein komplexer begrifflicher Rahmen vorausgesetzt. Ein Aspekt dieses begrifflichen Rahmens ist der Begriff der Kultur. Hier sollen einige grundlegenden Aspekte dieses Begriffs erläutert werden, soweit sie für ds Verständnis des oksimo Pradigmas relevant sind. Diese Überlegungen zum Begriff der Kultur ersetzen keine umfassende, systematische Abhandlung zu diesem Begriff.

Kultur?

Kurz zu sagen, was Kultur ist, ist schwierig, da jeder, der sich hierzu äußern möchte, zu diesem Zeitpunkt Teil einer Kultur ist. Was er immer ER=(er/sie/x) sagen möchte, ER wird dies tun geprägt von dieser Kultur, weil ER garnicht anders kann.

Die einzige Möglichkeit, solche kulturelle Vorprägungen in ihren — möglicherweise einseitigen und möglicherweise schädlichen — Wirkungen zu neutralisieren, besteht darin, diese Vorprägungen als persönliche Voraussetzungen methodisch soweit transparent zu machen, als es einem persönlich gelingt. Meistens braucht man dazu andere Personen, die eine andere kulturelle Prägung besitzen (deswegen ist Diversität von grundlegender Bedeutung), so dass im aktiven Miteinander möglicherweise Unterschiede sichtbar werden, anhand deren man indirekt auf die eigene Besonderheit aufmerksam werden kann. Man selbst ist ohne solche Differenzerfahrung meistens ‚blind‘, weil man an sich selbst so ‚gewöhnt‘ ist, dass einem die eigenen Besonderheiten einfach nicht mehr auffallen, auch wenn man will.

Wenn im Folgenden also von ‚Kultur‘ gesprochen wird, dann notgedrungen aus der Sicht des Autors dieses Textes. Sollte ein Leser das Gefühl haben, dass hier eine Sicht zutage tritt, die von der eigenen Position abweichend ist, dann wäre eine entsprechende Mitteilung an den Autor willkommen. Denn, wie festgestellt, nur in der Erfahrung einer Differenz kann individuelles Erkennen seinen eigenen Standpunkt indirekt, ansatzweise erkennen, um daraus — möglicherweise — Schlüsse zu ziehen, die die eigene Position verändern können.

Kultur heisst ‚Viele‘

Kultur wird hier angenommen als eine Sache, die aus dem ‚Miteinander‚ von Menschen resultiert und die sich in solch einem Miteinander ‚realisiert‘. Eine Ansammlung von Menschen, die weder kooperieren noch kommunizieren ist von daher kultufrei, kulturneutral. Menschen ohne Kultur sind aber eine reine Fiktion. Das schlichte Überleben war schon immer nur möglich in einem Minimum von Miteinander; wer sich diesem Miteinander ‚entzog‘ bzw. dazu ‚unfähig‘ war, war eine unmittelbare Bedrohung für den Rest. Sobald die Anzahl der Mitglieder menschlicher Gruppen zunahm und die Techniken des Überlebens leistungsfähiger wurden, veränderte sich die Wahrnehmung von dem, was Lebensnotwendig ist; veränderten sich die Einschätzungen; veränderten sich die Praktiken bis dahin, dass es in modernen technologischen Gesellschaften mit ‚unübersehbar vielen‘ Mitgliedern schwer bis unmöglich wird, einen ‚Sinn für das Lebensnotwendige‘ zu erhalten. Zu jedem Zeitpunkt gibt es mehr, als der einzelne zum Überleben im engeren Sinne benötigt, und auch die Zuordnung von vorhandenen Produkten und Dienstleistungen zu ihren Urhebern, zu ihren Möglichkeitsbedingungen verschwimmt in vielen Fällen bis zur Unkenntlichkeit. Übrig bleibt das Eingebettetsein in eine Vielheit, mit der der einzelne sprachlich und handlungsmäßig in Verbindung steht.

Kultur ist ’subjektiv verankert‘

Kultur ist von daher — ganz ähnlich der Alltagssprache — kein Gegenstand an sich, sondern eine Vielzahl von Ereignissen und Artefakten, die von Menschen ausgehen und auf Menschen zurückwirken können. Der objekthafte Aspekt von Ereignissen und Artefakten ist im Kontext von Kultur — ähnlich den Lauten oder Schriftzeichen einer Alltagssprache — ‚für sich gesehen‘ unedfiniert, aber im Bewusstsein, im Wissen, in der Erfahrung, in der Praxis von Menschen sind diese objekthaften Aspekte eingebettet in eine Vielzahl von internen Beziehungen — z.T. bewusst, meistens aber, aktuell oder strukturell — unbewusst, durch die sie ihre kulturelle Bedeutung bekommen. Etwas, was wie ein ’normaler Stein‘ aussieht kann im Kontext der Kultur einer Gruppe von Menschen nahezu alles bedeuten. So kann eine bestimmte Form der Verwendung des Steines möglicherweise mit dem Tod bestraft werden, weil dies in dieser Kultur so gesehen wird.

Kultur und Sprache

Auch wenn Kultur mehr ist als Sprache, gibt es keine Kultur ohne Sprache. Sprache ist das primäre Medium, indem sich ein ‚Miteinander‘ ‚aufbauen‘ kann, das zu einem gemeinsamen ‚Verständnis‚ und zu gemeinsamen ‚Handeln‚ führen kann. Da Sprache kein festes Objekt ist, das man vorzeigen kann, sondern aus einer Vielzahl von Sprachmanifestationen besteht, die von einzelnen Menschen ausgehen, die in unterschiedlichen Kontexten stattfinden, ist das ‚Erlernen‚ von Sprache ein kontinuierlicher Prozess der Aneignung, der grundlegend hypothetisch ist: Wenn jemand einen ‚Ausdruck‘ X benutzt, ist es immer eine Frage, ob damit die ‚Sache‚ Y gemeint ist, die in der aktuellen Wahrnehmung ‚verfügbar‚ ist oder ob es nur um ein gedanklich Mögliches geht, das aus Erinnerungen erwächst oder aus gedanklichen Operationen. Diese prinzipielle Unsicherheit resultiert aus dem inneren Charakter jeglicher Bedeutungszuordnung, die durch reale Kontexte zwar abgemildert, aber nie vollständig aufgehoben werden kann.

Manifeste Regeln

Das Verhalten (inklusive der sprachlichen Kommunikation) von Menschen ist grundsätzlich regelhaft. Zwar ist der Mensch grundlegend frei unterschiedliche Verhaltensweisen zu wählen, im Miteinander aber ist es wichtig, dass man sich auf Dauer und in wichtigen Abläufen so verhält, dass der andere eine Erwartung ausbilden kann, was man in bestimmten Situationen tun wird. Solche verläßlichen Verhaltensweisen ermöglichen letztlich jede Art von Planung. Die Übernahme von Regeln stellt per se keine Aufhebung von Freiheit dar, da man sich ja mit dem anderen verabreden kann, bestimmte Verhaltensweisen wieder zu ändern. Dass solche Veränderungen Konflikte hervorrufen können, stellt die grundsätzliche Freiheit nicht in Frage. Sie macht allerdings deutlich, dass vereinbarte Regeln nicht neutral sind, sondern Teil eines umfassenderen Kontextes, der mit einer Vielfalt von Interessen, Emotionen, Werten usw. verknüpft sein kann. Ein Recht auf Wassernutzung z.B. das von großen Konzernen gegen den Willen der Bewohner eines Gebietes einseitig beansprucht wird, ist eines von vielen Beispielen.

Regeln, Rollen, Verfahren …

Im Alltag verfolgen wir nicht eine Regel alleine, sondern ganz viele. Und diese Regeln sind nicht unstrukturiert, sondern auf vielfache Weise gruppiert. Nahezu jede Situation, in der Menschen etwas miteinander tun (sich treffen, einkaufen, Behörden, Lernen, Sport, …), ist mit Regeln verknüpft. Dazu kommt z.B. dass es typische Rollen gibt, die Personen einnehmen; das Befolgen von für diese Rollen typische Regeln (Schaffner, Polizist, Arzt, Notar, …) wird erwartet und ist meistens sogar durch entsprechende Texte fixiert. Weiterhin haben Menschen tendenziell mehr als eine Rolle: {Bürgerin, Frau, Mutter, soziale Netze, Verein, Unternehmerin, ….}, {Bürger, Mann, Freund, Schachclub Vorsitzender, Lehrer, Parteimitglied, …}. Diese Rollen koexistieren miteinander und ergeben ein gewisses kulturelles Erscheinungsbild eines Menschen. Zugleich prägen diese Rollen das Selbstverständnis eines Menschen, stecken Erfahrungsräume ab, usw. Man kann solche Rollen auch als Protokolle verstehen, die komplexe Verhaltensweisen definieren. Auf einer nächsten Stufe finden sich Institutionen, in denen viele Menschen nach einem Protokoll der Institution ihre Rollen definieren und sowohl einzeln wie auch als Mitglieder der Institution praktizieren.

Kultur als ‚Betriebssystem‘ einer Gesellschaft?

Macht man sich bewusst, dass Menschen als einzelne wie auch als spezifische Gruppe in einer Gesellschaft eine Vielzahl von Regeln, Rollen und übergeordneten Verfahren befolgen, dann kann man schon die Frage stellen, ob nicht die Gesamtheit dieser Regeln nicht nur das charakterisieren, was wir Kultur nennen, sondern dass dann auch die Kultur letztlich das Betriebssystem repräsentiert, durch das festgelegt wird, wie eine Gesellschaft funktioniert.

Kultur ermöglicht somit ein Erwartungsmanagement, das in geordnete Abläufe (Prozesse) münden kann, Kultur bietet aber auch in ihrer manifesten Realität einen Referenzpunkt, um neue Erfahrungen, neue Überlegungen im Vergleich zum Bekannten zu reflektieren, zu bewerten, abzuschätzen und eventuell dann kontrolliert auszuprobieren. Ohne einen klaren Referenzpunkt ist es schwer bis unmöglich, Neues zu identifizieren, um es gezielt auszuprobieren. Um Überleben zu können, braucht aber jede Gesellschaft eine Kultur (ein Betriebssystem), das an seinen Rändern kontrollierte Experimente ermöglicht! Ein solches Verhalten, aus kontrollierten Experimenten neue — hoffentlich brauchbare — Erkenntnisse zu gewinnen, nennt man auch Lernen.

OKSIMO EINFACHE BEISPIELE – Ein Würfel (mit Video)

OKSIMO – UNIVERSELLE PROZESS PLANUNG
Veröffentlicht: 22.Mai 2021 – 22.Mai 2021
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch; Email: gerd@oksimo.org

KONTEXT

Dieses Fallbeispiel gehört zur Sektion Einfache Beispiele des Blogs oksimo.org.

Beispiel: Ein Würfel mit ‚1‘ oder ‚2‘

BILD: Grafische Darstellung des Würfels und seine vier Regeln

Das obige Bild gibt eine schematische Übersicht über die verschiedenen Zustände des Würfels. In der Ausgangslage ist er einfach da. Dann kann man entweder eine ‚1‘ oder eine ‚2‘ würfeln. Ist dieses geschehen, dann wird der Würfel wieder in die Ausgangslage versetzt.

Die Besonderheit in diesem Beispiel ist, dass die ‚Verzweigung‘ in die Optionen ‚1‘ oder ‚2‘ exklusiv erfolgen soll: entweder ‚1‘ oder ‚2‘, nicht beide gleichzeitig. Dies kann man leicht realisieren. Interessant ist aber auch, dass man in Oksimo auch den nicht-exklusiven Fall erzeugen kann. Dann können alle Kombinationen auftreten: {1, 2, 1-2, 2-1}.

In den beigefügten Simulationsprotokollen (jede Simulation ist anders!) kann man sich ein direktes Bild von den Verläufen machen.

VIDEO ZUM BEISPIEL

Achtung: Dieses Video spielt nur ab im Modus ‚Bild-im-Bild‘. Dies erlaubt eine stufenlose Vergrößerung