Archiv der Kategorie: Simulation

WASSER PHASE II: SITZUNG AM 10.MÄRZ 2024– BERICHT

Letzte Änderung: 11.März 2024

Moderator: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big-wasser@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas WASSER PHASE II: SITZUNG AM 10.MÄRZ 2024– ANKÜNDIGUNG, PROGRAMM UND BERICHT .

BERICHT von der Sitzung am 10.März 2024

ZUSAMMENFASSUNG

Der BiG-WASSER Workshop am 10.März 2024 begann im Teil 1 mit einem Überblick über den aktuellen Sachstand und die Vorgehensweise, und im Teil 2 wurden konkrete Beispiele gezeigt, wie im Stile einer Alltagstheorie und einer neuartigen Software einzelne Teile des Problems begrifflich analysiert und dann zugleich automatisch in Simulationen verwandelt werden können. Alle benutzten Simulationen sind öffentlich zugänglich über die Adresse: https://oksimo.com/public_theories. Umfassende Erklärung zu allem finden sich außerdem auf der Seite MODELL (THEORIE) Nr.1.

SACHSTAND

Die Recherchen seit Mai 2023 haben mittlerweile einen ersten Gesamtüberblick über den Gegenstandsbereich ermöglicht, so dass es jetzt möglich ist, die Analyse schrittweise zu verfeinern.

Eine wichtige Erkenntnis besteht in der Unterscheidung des lokalen Wassersystems, das dort beginnt, wo die Niederschläge auf den Boden des MKK auftreffen, und des globalen Wassersystems, das dafür verantwortlich, ob, wie viel und wann es Niederschläge gibt, immer begleitet durch den Faktor Temperatur und Wolken-Windverhältnisse.

Zentraler Punkt: Ohne Niederschläge gibt es überhaupt kein Wasser auf dem Festland (von den seltenen Fällen abgesehen, dass es aus früheren Zeiten Wassereinschlüsse in den Bodenschichten gibt, die nicht abfließen konnten).

Insoweit der Gegenstandsbereich sich geklärt hat, stellt sich die Frage, was wollen wir Bürger zum Thema genau wissen? Sofern wir die Auffassung teilen, dass Wasser grundlegend ist für alles Leben im MKK (und nicht nur dort) — und darüber hinaus für viele andere Zusammenhänge — und wir zugleich wissen, dass Änderungen in der Versorgungslage mit Wasser vielerlei Veränderungen in unserem alltäglichen Leben sowohl einzeln wie kommunal wie auch für den ganzen MKK bedeuten könnten, wäre es klug, sich rechtzeitig zu informieren, was auf uns zukommt, vor allem auch, in welchen Zeiträumen. Da davon auszugehen ist, dass die gewählten Vertreter der Bürger in den Parlamenten diese Aufgabe nicht allein werden bewältigen können, sondern nur mit einer starken Unterstützung aller Bürger, wird es wichtig sein, dass alle Bürger rechtzeitig und hinreichend informiert sind.

Damit stellen sich zwei Fragen:

  1. Mit welchen begrifflichen Mitteln kann man die Sachverhalte so darstellen, dass sie für alle verständlich sind, überprüfbar, und so verfasst sind, dass man mit ihnen belastbare Prognosen erstellen kann für das, womit wir zu rechnen haben?
  2. Wie kann man die begriffliche Analyse möglichst 1-zu-1 und ohne Mehraufwand in ein Simulationsprogramm verwandeln, das für alle völlig transparent bleibt und das die notwendigen Berechnungen vornehmen kann?

Von Prof. Dr. Gerd Doeben-Henisch wurde in den letzten ca. 20 Jahren das konzeptuelle Format einer Alltagswissenschaft entwickelt, die alle Anforderungen einer wissenschaftlichen Theorie erfüllt, dazu parallel auch das Format einer Simulationssoftware, die Alltagstheorien direkt, 1-zu-1 abbilden kann. Das BiG-WASSER Projekt ist ein Test, ob und wieweit sich beide Werkzeuge für das Problem tatsächlich nutzen lassen.

Der Umfang des Projektes verbietet es, alles auf einmal anzugehen. Im nachfolgenden Schaubild liegt der Fokus auf dem lokalen Wassersystem. Und hier sind von den vielen wichtigen Faktoren einige wenige herausgegriffen, die aber alle eine tragende Rolle haben. Schon mit diesen Faktoren kann man grundlegende Zusammenhänge verdeutlichen. Zugleich zeigt die Arbeit mit diesen Faktoren, dass für die viele bislang wenig bis gar keine Daten verfügbar sind und dass vor allem die Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren auch wenig bis gar nicht erfasst sind. Dies stellt nicht nur für die Bürger ein Problem dar, sondern auch für die gewählten Vertreter in den Parlamenten, da diese rechtlich die Verantwortung für das Wohlergehen der Bürger tragen. Ein Interesse für umfassende und richtige Daten sollte daher bei jedem vorhanden sein.

Obwohl die Modellbildung samt den weiteren notwendigen Recherchen noch ziemlich am Anfang steht, kann man schon jetzt einige kritische Punkte identifizieren:

  1. Die Einwohnerzahlen samt deren mögliche Entwicklung spielen eine fundamentale Rolle. In dem Maße, wie die verfügbare Menge an Wasser abnehmen sollte (aktuell ist davon auszugehen), kann eine Kommune nicht mehr so ohne weiteres beliebig wachsen.
  2. Am Beispiel des Wasserbedarfs von Schöneck wird dies schon deutlich: die eigenen Brunnen reichen deutlich nicht aus, um die Einwohner von Schöneck zu versorgen. Dies gelingt nur durch Bereitstellung von zusätzlichem Wasser aus dem Wasser-Netz der MKK Wasserwerke. Ferner sollte man wissen, dass die Einwohner von Niederdorfelden an der gleichen Versorgung wie Schöneck hängen, da Niederdorfelden über keine eigene Wassererzeugung verfügt. Der Fehlbedarf von Schöneck + Niederdorfelden gemessen am Grad der Eigenversorgung ist erheblich.
  3. Was die noch vorhandenen Brunnen in Schöneck angeht, so sind diese natürlich abhängig vom Grundwasserspiegel, der laut Landesamt Hessen seit 20 Jahren um 27% gesunken ist, und zwar stetig. Dazu kommt dass diese Brunnen deutliche Schwachstellen aufweisen: Hellerborn Brunnen ist baufällig; der Wolfsbrunnen liegt in einem Gebiet, das nicht (!) als Wasserschutzgebiet ausgewiesen ist (Schadstoffbedroht); der Brunnen Oberdorffelden kämpft seit Jahren mit z.T. erheblichen Nitratbelastungen.
  4. Glücklicherweise bekommt Schöneck (und Niederdorffelden) das fehlende Wasser aus dem Wasser-Netz der MKK Wasserwerke. Doch muss man wissen, dass dieses Wasser-Netz in der Zeit 2009 – 2020 durchschnittlich zu 40% auf externe Lieferungen angewiesen war, d.h. das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke ist nicht autark. 2021 musste z.B. einer der Zulieferer, die OVAG, erhebliche Kürzungen vornehmen, weil die OVAG selbst nicht mehr genug Wasser hatte. Auch muss man im Blick haben, dass die Nutzung von Oberflächenwasser — z.B. in Form einer Talsperre — in den letzten Jahren gezeigt hat, dass diese sehr schnell an ihre Grenzen kommen können.
  5. Wie aus privaten Recherchen bekannt ist, müssen wir davon ausgehen, dass es im MKK über 5.000 private Brunnen gibt; einzelne mit Brunnentiefen bis zu 80 oder gar im Einzelfall bis zu 200 m. Diese Brunnen werden nicht kontrolliert. Der normale private Brunnen darf pro Jahr 3.600 m3 Wasser fördern. Angenommen jeder Brunnnen würde diese Kapazität tatsächlich ausnutzen, dann wären dies 18 Mio m3 Wasser im Jahr aus dem Grundwasserkörper des MKK; das wäre das 4.7-fache der Menge, die das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke im Jahr 2020 gefördert hat. Abgesehen von dem großen Gefährdungspotential, welches von unkontrollierten Brunnen ausgeht, sollte man den Faktor private Brunnen möglicherweise aktiv in das Lagebild Wasser im MKK einbeziehen.
FAZIT WASSER-VORSORGE

Aus Sicht einer Gemeinde wie Schöneck (im Duett mit Niederdorfelden) ist es auf den ersten Blick beruhigend, dass die eigenen Brunnen mit ihrer Begrenztheit und Gefährdetheit über das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke ausgeglichen werden können. Die Abhängigkeit des Wasser-Netzes der MKK Wasserwerke von externen Lieferanten zu ca. 40% lässt aber aufmerken (dazu die unkontrollierten privaten Brunnen). Da externe Lieferanten ja auch auf dem gleichen Planeten leben, auch in Deutschland, auch in Hessen, und hier bekannt ist, dass der Zustand des globalen Wassersystems seit Jahren erheblichen Änderungen unterliegt, die auch den externen Lieferanten zusetzen, sollte der Fremdbezug mit 40% Anlass sein, sehr kritische zu prüfen, wie es denn mit der Zuverlässigkeit dieses Fremdbezugs bestellt ist. Das Beispiel OVAG ist real.

Bürger im Gespräch (BiG) Themengruppe WASSER

Wir werden weiterhin versuchen, im Gespräch mit allen Beteiligten — auch mit unseren gewählten Vertretern in den Parlamenten — die künftige Verfügbarkeit von genügend Wasser zu klären und wir werden dazu moderne Werkzeuge benutzen wie Alltagswissenschaft und entsprechende Simulationswerkzeuge.

BiG-WASSER: Bericht von der Sitzung am 28.Jan24

Letzte Änderung: 6.Febr 2024, 08:15h CET

Moderator: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big-wasser@oksimo.org

–!! Der folgende Text bildet eine erweiterte Fassung der Präsentation vom 28.Jan 2024 !!–

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas BiG-WASSER SITZUNG 28.Jan 2024.

Die Sitzung des BiG-Teams WASSER am So 28.Jan 2024 markiert den Start einer neuen Phase, was man im Bild auch an der roten Linie erkennen kann: die rote Linie zeigt an, dass ab dem 28.Jan 2024 auch die neue oksimo Software zum Einsatz kommt, die Tobias Schmitt und Gerd Doeben-Henisch seit 2019 entwickeln.

Programm der Sitzung

  1. Stand der Recherche Mai 23 – Jan 24
  2. Formulierung der zentralen Frage für die Bürger
  3. Wie lässt sich eine Antwort generieren?
  4. Zauberwort ‚Simulation‘
  5. Drei Beispiele: Einwohnerzahl – Brunnenkapazität – Pro-Kopf Verbrauch im Laufe der Jahre
  6. Der ‚Regen‘ als ‚Tropf‘ an dem wir hängen …

Stand der Recherche Mai 23 – Jan 24

  1. Recherchen für Schöneck zeigen: die Versorgung mit Trinkwasser von außerhalb von Schöneck wurde ab Januar 2021 eingeschränkt.
  2. Zum Ausgleich wurden zwei ‚Ersatzbrunnen‘ (Wolfsbrunnen, Hellaborn) aktiviert.
  3. Brunnen werden gespeist vom Grundwasser. Dessen Pegel fällt in ganz Hessen seit 20 Jahren kontinuierlich.
  4. Zur Warnung für die Bürger wurde 2022 eine Wasserampel eingeführt. Diese ist aber nicht sehr aussagekräftig.
  5. Die Recherchen bisher haben gezeigt, dass es notwendig ist, die wichtigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Daten soweit heraus zu arbeiten, dass wichtige Querbeziehungen erkennbar werden, z.B. Wasserbedarf und Wasserangebot (Bildung eines Modells).
  6. Zusätzlich muss ermittelt werden, welche Veränderungen hier möglich sind (schnell, langsam, in welchem Umfang, …) .

Erwünschte Serviceleistungen für Bürger und Gemeindeleitung

  1. Auskunft rund um die Uhr für jeden darüber, ob es einen Trend für die Wasserversorgung der Bürger gibt, inwieweit sich das Wasserangebot ändert und in welchem Umfang.
  2. Wieweit müssen die Bürger selbst ihr Verhalten ändern? Wie?
  3. Müssen für die Bürger von der Gemeinde Maßnahmen ergriffen werde? Welche?

Voraussagen eines Trends – Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?

Wenn man Voraussagen über mögliche Ereignisse in der Zukunft machen möchte, muss man in der Lage sein, mögliche künftige Situationen und ganze Folgen von Situationen voraus sagen können.

Diese möglichen Situationen in der Zukunft existieren — solange sie noch nicht eingetreten sind — ausschließlich im Denken bzw. in Form von Texten, die solche möglichen Situationen beschreiben. Außerdem benötigt man einen Ausgangspunkt als möglichen Referenzpunkt, von dem aus man versucht, Betrachtungen über die Zukunft anzustellen.

Ein solcher Ausgangspunkt ist entweder rein fiktiv, bloß gedacht, oder aber eine reale, empirische Situation, über die sich alle Beteiligten verständigen können (z.B. ein Zimmer in einer Wohnung).

Zu einer Ausgangslage gehört es auch, dass man in der Situation oder als Teil dieser Situation irgendwelche Größen voneinander unterscheiden kann (z.B. Schränke, Tische, Stühle, …). Voraussetzung dafür ist, dass zwei verschiedene Größen erkennbare Eigenschaften besitzen, anhand deren man sie unterscheiden kann (z.B. Form, Farbe, Größe, …).

Wichtig ist auch, ob sich diese Größen mit ihren Eigenschaften im Laufe der Zeit verändern können (eine Kanne mit Kaffee kann leer werden; Blumen in einem Topf können wachsen; aus dem Wasserhahn kann Wasser fließen, …).

Genauso interessant sind mögliche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Größen (z.B. Ein Mensch braucht Wasser zum Trinken).

Alle diese aufgezählten Elemente werden benötigt, um Voraussagen machen zu können. Wie kann man solche Voraussagen ganz praktisch generieren?

Theorie und Simulation

Die Aufgabe, anhand einer gegebenen Situation unter Berücksichtigung bekannter möglicher Veränderungen und Wechselwirkungen transparente und und hinreichend begründbare Voraussagen erstellen zu können, gehört offiziell zum Aktionsbereich der empirischen Wissenschaften. Im Idealfall erarbeiten diese zu einer Aufgabenstellung eine empirische Theorie (ET). Eine empirische Theorie ist letztlich ein Text, der mögliche Startsituationen festlegt, dazu formuliert, welche Arten von Veränderungen angenommen werden, und benutzt dann einen logischen Folgerungsbegriff, um zu zeigen, welche Folgerungen (= Voraussagen) man mit all dem zusammen bekommen kann. In speziellen Fällen funktioniert dies auch sehr gut.

Moderne formale Theorien haben allerdings auch Nachteile.

  1. So benötigen sie standardmäßig eine formale Sprache (inklusive Mathematik), um den Text ihrer Theorie erstellen zu können. Diese Sprache beherrschen gewöhnlich nur Spezialisten.
  2. Formale Sprachen haben zudem die unschöne Eigenschaft, dass sie keinerlei Bezug zur empirischen Realität aufweisen. Diesen Bezug muss man jedesmal mühsam durch geeignete Interpretationen herstellen. Seit Beginn der modernen empirischen Wissenschaft ist es nicht gelungen, dieses Problem der nachträglichen Bedeutungszuordnung befriedigend zu lösen.
  3. Ein weiterer Nachteil resultiert aus der Verwendung eines formalen logischen Folgerungsbegriffs. Dieser Folgerungsbegriff setzt voraus, dass alle wichtigen Aussagen schon vorhanden sind (Annahme einer geschlossenen Welt). In einer sich ständig ändernden Welt, in der die menschlichen Akteure zudem ständig dazu lernen können, erscheint diese Annahme etwas ‚wirklichkeitsfremd‘.

Es liegt nahe, angesichts dieser Nachteile ein ‚Re-Design‘ des Konzepts einer empirischen Theorie zu versuchen. Eine Version eines solchen Re-Designs geht wie folgt:

  1. Es wird keine spezielle Sprache benutzt sondern immer nur eine Alltagssprache, die alle Beteiligten beherrschen (welche Alltagssprache, ist egal). Nach Bedarf kann man diese Alltagssprache — wie gewohnt — aber durch eine mathematische Sprache ergänzen.
  2. Der logische Folgerungsbegriff wird durch einen offenen alltagsnahen Folgerungsbegriff ersetzt: jede Form von Veränderung bzw. Wechselwirkung kann einbezogen werden, auch ad hoc, falls es die Situation bzw. das erlernte Wissen nahe legen. Durch diese Öffnung ist die Beschränkung auf eine ‚geschlossene Welt‘ aufgehoben. Außerdem bilden die dazu notwendigen Verfahren keine ‚geschlossene (black) Box‘ sondern sind vollständig transparent einsehbar. Je nach Ausgangssituation und verfügbaren Regeln können sich die Prognosen daher ändern.

Das obige Schaubild zeigt alle notwendigen Komponenten einer alltagsnahen empirischen Theorie (ET). Gegeben muss eine Startsituation S sein. Dazu verschiedene Regeln R, die entweder mögliche Veränderungen oder mögliche Wechselwirkungen beschreiben. Der Folgerungsbegriff ⊢ wird hier durch einen Simulator realisiert, der die passenden Regeln auf die gegebene Situation S anwendet und dadurch eine Nachfolgesituation S‘ erzeugt. M.a.W. das, was in einer Theorie üblicherweise Folgerung heißt, das ist in einer alltagsnahen empirischen Theorie einfach eine Simulation, die beliebig viele Runden umfassen kann. Dies ist möglich, weil der Simulator (als Folgerungsbegriff) beliebig oft die jeweilige Folgerunssituation S‘ wieder zu einer neuen Ausgangssituation machen kann, aus der heraus eine weitere Nachfolgesituation S“ erzeugt wird.

Dieses Konzept einer alltagsnahen empirischen Theorie ET kann jeder menschliche Akteur ohne Zuhilfenahme eines Computer nur mit Papier und Bleistift ausführen. Sobald die Texte aber größer werden, immer mehr Regeln zum Einsatz kommen, da wird die Methode ‚Papier und Bleistift‘ mühsam bis hin zu undurchführbar, allein wegen der schieren Menge der zu bewältigenden Elemente.

Was liegt näher als nach Unterstützung durch eine Software zu suchen, die das Arbeiten mit solch einer alltagsnahen empirischen Theorie direkt unterstützt. Da es solch eine Software bis 2019 nicht gab, haben wir (Tobias & Gerd) sie uns genau so gebaut, wie wir sie brauchten. Wir übernahmen den Namen oksimo, der aus einem anderen Softwareprojekt stammte, das Gerd Doeben-Henisch in der Vergangenheit durchgeführt hatte (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Oksimo), das er damals aber aus Mangel an Ressourcen wieder einstellen musste. Die neue Version, nun erstmalig mit einer Grafischen Benutzerschnittstelle (GUI = Graphical User Interface), wurde ab 8.Januar 2024 zugänglich gemacht.

Simulationsbeispiele mit echten Daten

Im Folgenden werden nun drei einfache Simulationsbeispiele vorgestellt, die mit echten Daten aus unseren Recherchen zum Wasser aus Phase 1 arbeiten. Diese Beispiele sind beides: sowohl echte Theorien wie auch echte Simulationen.

Beispiel Brunnen: Welche Kapazität und welche Veränderung ist möglich?

Siehe Beschreibung des Demo-Beispiels: Brunnenkapazität im Verlauf von Jahren (Letzte Änderung: 23.Jan 2024)

Beispiel Einwohnerzahl: Wie viele Einwohner gibt es und wie können sich diese verändern?

Siehe Beschreibung des Demo-Beispiels: Einwohnerentwicklung im Verlauf von Jahren (Letzte Änderung: 23.Jan 2024)

Beispiel Wechselwirkung zwischen Brunnenkapazität und Einwohnerzahl

Siehe das Demo-Beispiel: Das Mergen (=Vereinigen) von einer (zuvor vereinigten) Theorie mit einer Theorie, die nur aus einer Veränderungsregel besteht. (Letzte Änderung: 30.Jan 2024) Es gibt jetzt auch eine Simulation, bei der alle drei Brunnen von Schöneck berücksichtigt werden: Pro-Kopf Verbrauch bei drei Brunnen in Schöneck.

Weitere Beispiele: Wer mehr Beispiele sehen möchte, dem sei die Seite mit oksimo Beispielen empfohlen. Dort werden alle Beispiele aufgelistet, die (i) im Blog https://sw-de.oksimo.org erklärt werden und (ii) deren Simulation man selber auf der Seite https://oksimo.com/public_theories starten kann.

Ergebnisse

  1. Das Zusammenspiel von Brunnenkapazität und Einwohnerzahl zeigt im Verlauf der Zeit (hier gemessen in Jahren), dass der maximale Pro-Kopf Verbrauch sinken kann.
  2. Im Beispiel wurden zwar reale Ausgangsgrößen benutzt, aber die Annahmen zu möglichen Veränderungen sind z.T. spekulativ. Dies liegt daran, dass der BiG-Themengruppe WASSER bislang noch nicht genug empirischen Daten vorliegen, die eine genauere Abschätzung möglich machen!
  3. Die verfügbaren empirischen Daten für Grundwasserneubildung in Hessen zeigen, dass der Grundwasserspiegel seit 20 Jahren kontinuierlich fällt.
  4. Die Einwohnerzahl von Schöneck von 2022 auf 2023 um 6% gestiegen. War dies immer so? Wie geht es weiter?
  5. Die Kapazität des Brunnens Hellerborn wird nicht zu-, sondern abnehmen. Wichtige Parameter (z.B. baufälliger Zustand, Gefährdung durch Einträge in den Boden, Verminderung des Grundwasserpegels) deuten eher in Richtung Abnahme. Die tendenzielle Abnahme der Brunnenkapazität betrifft aber alle drei Brunnen!
  6. Insofern ist das einfache Szenario des Theoriebeispiels MTT-brunnen-einw-pro-Kopf trotz mangelnder Präzision von der Grundaussage her richtig. Das verfügbare Wasser aus diesem Brunnen wird abnehmen (siehe auch: Pro-Kopf Verbrauch bei drei Brunnen in Schöneck). Offen ist die Frage: wie viel und in welchem Zeitraum.

Gegenstandsbereich

Der Ausgangspunkt des Wasserprojektes des BiG-Teams WASSER waren die lokalen Gegebenheiten in Schöneck und Umgebung. Mit der Herausarbeitung der Kausalkette (rückwärts) vom Wasser aus dem Wasserhahn zu den Brunnen, von dort zum Grundwasser und von dort letztlich zur Menge der Niederschläge wurde dann die Tür aufgestoßen zur globalen Wassermaschine (siehe Schaubild).

BILD : Das lokale Wassergeschehen, das auf die Verfügbarkeit von Wasser angewiesen ist, hängt über die Niederschläge unmittelbar am globalen Wassergeschehen. Denn nur über die Prozesse der globalen Wassermaschine entsteht überhaupt Wasser auf dem Festland, das über die Wasserverdunstung der Ozeane entsteht. Vegetation auf dem Festland kann dazu beitragen, dass das Wasser von den Ozeanen irgendwie gespeichert oder recycled wird, aber das Festland als solches kann kein eigenes Wasser produzieren.

Sobald man den lokalen Bereich verlässt und sich dem globalen Geschehen öffnet, explodiert die Komplexität der Phänomene; nichts ist mehr ‚einfach‘. Alles hängt irgendwie mit allem zusammen. Es braucht viel Wissen und entsprechend viel Zeit, sich mit diesem Wissen vertraut zu machen. Der aktuelle Stand der Recherche ist wie folgt:

  1. Für einen ersten Eindruck zum gesamten Wasserkreislauf helfen [7,6].
  2. Für einen tieferen Einblick in jene Vorgänge, wie das Erdsystem Wasser für das Festland verfügbar macht, empfiehlt sich [1,1b]
  3. Für einen sehr tiefen Einblick in jene globale Maschinerie (auch dann lokal), die das reale Wettergeschehen (und auch das mittelfristige Klima) bestimmt, helfen [2-4].
  4. Für einen tieferen Einblick in die Rolle von Treibhausgasen für das Erdklima und seine Auswirkungen empfiehlt sich [5]. Anmerkungen: Viele wichtige Aspekte wie z.B. Wasser und Wälder, sowie Biodiversität werden nur am Rande erwähnt, ohne die innere Dynamik dieser Phänomene zu erklären, geschweige denn ihre zentrale Rolle für das Leben auf diesem Planeten sichtbar zu machen.
  5. Einen evolutiven und systemischen Gesamtblick versucht [6] aufzuspannen. Wieweit dieser Gesamtblick hinreichend Detailtiefe aufweist ist noch unklar. Das Thema Wasser wird auf jeden Fall aus vielen verschiedenen Perspektiven behandelt.

Für den gepanten Bürger-Service

Für den angezielten Bürger-Service einer ständig verfügbaren Wasser-Verfügbarkeits-Voraussage reichen für einen Nahbereich von ca. 1-2 Jahren im Kern die lokalen Daten von Hessen aus. Für jede längerfristige Voraussage aber muss man den Zustand und die Entwicklung der globalen Wassermaschine in den Voraussage-Mechanismus einbeziehen. Ob es überhaupt Niederschläge geben wird, wie viele, und bei welchen Temperaturen, das entscheidet sich regional in enger Ankopplung an das globale Geschehen.

Vorgehensmodell zur Erarbeitung einer Simulation zur Wasserversorgung Schöneck in der Zeit Okt 23 bis Juni 24

Der hier angezeigte Zeitraum Okt 23 – Juni 24 gibt nicht den vollen Zeitraum für dieses Projekt wieder. Es ist nur der Planungszeitraum der Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ Phase 2. Intendiert ist natürlich eine Phase 3 von November 24 – Juni 25, und länger falls möglich. Generell dürfte das Projekt sicher 1-2 Jahre dauern, bis es offiziell genutzt werden kann. Danach bieten sich dann viele Möglichkeiten die öffentliche Simulation in vielfacher Weise für andere Themen und Nutzungen zu erweitern.

Das Ziel ist es, mit Hilfe dieses Vorgehensmodells systematisch

  1. Alle verfügbaren Daten für die Simulation aufzubereiten und nutzbar zu machen.
  2. Zusammen mit den Wasserwerken und anderen Behörden sollen die Daten validiert und auch im Rahmen der Simulation getestet werden.
  3. In allen Phasen sollen die erarbeiteten Theorien/ Simulation für alle Bürger öffentlich zugänglich sein.
  4. Für interessierte Bürger sollen auch Workshops angeboten werden, in denen sie lernen können, ihre eigenen Theorien/ Simulationen zu schreiben.
  5. Regelmäßig sollen öffentliche Veranstaltungen für alle Bürger stattfinden, in denen die aktuellen Simulationen vorgestellt und diskutiert werden.
  6. …. vieles mehr 🙂 …

ANMERKUNGEN

[1] Victor Gorshkov , V.V. Gorshkov , A.M. Makariev, Biotic Regulation of the Environment. Key Issues of Global Changes. Springer, 2000

[1b] Fernsehbeitrag: arte.de, 8.Dez 2023, Die fliegenden Flüsse des Amazonas – Zum Film heißt es: Die Wolkenansammlungen über dem Regenwald des Amazonas enthalten riesige Wassermassen, mehr als der Amazonas selbst. Wenn diese „fliegenden Flüsse“ auf die Anden treffen, werden sie in Richtung Süden gedrängt und regnen über den Städten Südamerikas ab. Seit mehr als 20 Jahren erforscht Professor Antonio D. Nobre das Geheimnis dieser Wasserströme in der Atmosphäre. URL: https://www.arte.tv . Anmerkung: Noble benutzt die Theorie von [1]!

[2] DWD: Klimawandel – ein Überblick. Klimaänderungen können auf natürliche sowie auf menschliche Einflüsse zurückgeführt werden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich die oberflächennahen Luftschichten der Kontinente und Ozeane der Erde deutlich erwärmt. Der Klimawandel zeigt sich in den letzten Jahrzehnten unter anderem in der Zunahme von heißen Temperaturextremen, dem stetigen Anstieg des Meeresspiegels und der mancherorts veränderten Häufigkeit von extremen Niederschlägen. Anthropogene Aktivitäten sind hierfür die Hauptursache.

[3] DWD, 31.01.2024, Meilenstein in der Klima- und Wetterforschung. Wetter- und Klimamodell ICON als Open-Source veröffentlicht

[4] DWD, Deutscher Klimaatlas . Bereich Hessen.

[5] IPCC, 2021, Climate Change 2021: The Physical Science Basis, the Working Group I contribution to the Sixth Assessment Report on 6 August 2021 during the 14th Session of Working Group I and 54th Session of the IPCC. Full Report HERE.

[6] Pierre L. IbischHeike MolitorAlexander ConradHeike WalkVanja Spoo (geb. Mihotovic)Juliane Geyer, 2022, Der Mensch im globalen Ökosystem. Eine Einführung in die nachhaltige Entwicklung. 2. Auflage. Zusammenfassung: Als Begriff ist Nachhaltigkeit heute in aller Munde, doch mit der Umsetzung nachhaltiger Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen tun wir uns nach wie vor schwer. Dieses Buch ist gedacht als Überblick über relevante Diskurse – aber auch und vor allem als Denkangebot mit neuen Vorschlägen für die Verteidigung und weitere Ausgestaltung des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung. Es widmet sich der Position der Menschheit im globalen Welt(öko)system und versteht Nachhaltigkeit disziplinübergreifend. Die Problemanalyse steht dabei ebenso im Zentrum wie Lösungsansätze und die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung.
Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) widmet sich dem Thema der Nachhaltigkeit in Lehre, Forschung, Transfer und Betrieb umfassend und in seiner ganzen Komplexität. Sie war die erste deutsche Hochschule, die ein ausgewiesenes Profil der nachhaltigen Entwicklung in einem breiten Beteiligungsprozess mit den Hochschulangestellten und Studierenden umgesetzt hat und gilt als eine der Leuchtturmhochschulen in Deutschland.
Dieses Lehrbuch ist aus einer fachbereichsübergreifenden Grundvorlesung zur nachhaltigen Entwicklung an der HNEE entstanden. Auf ihrer Grundlage haben die Herausgeber*innen das Buch konzipiert und es mit weiteren Kolleg*innen ausgestaltet.

[6] Kurt Lechner, Hans-Peter Lühr, Ulrich V.E.Zanke (Hrsg.), Taschenbuch der Wasserwirtschaft. Grundlagen – Maßnahmen – Planung, 10.Aufl., 2021, Springer Verlag

[7] Hamburger Bildungsserver, Der globale Wasserkreislauf, https://bildungsserver.hamburg.de/themenschwerpunkte/klimawandel-und-klimafolgen/wasserkreislauf-global-254514

WASSER PHASE II: SITZUNG AM 28.Jan 2024– ANKÜNDIGUNG, PROGRAMM UND BERICHT

Letzte Änderung: 6.Febr 2024

Moderator: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big-wasser@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas BiG WASSER PHASE II

Ankündigung für 28.Jan 2024 und Programmvorschlag

Bericht von der Sitzung am 28.Jan 24

(Letzte Änderung: 6. Febr 2024)

Weiteres Vorgehen

Vorgehensmodell zur Erarbeitung einer Simulation zur Wasserversorgung Schöneck in der Zeit Okt 23 bis Juni 24

Der hier angezeigte Zeitraum Okt 23 – Juni 24 gibt nicht den vollen Zeitraum für dieses Projekt wieder. Es ist nur der Planungszeitraum der Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ Phase 2. Intendiert ist natürlich eine Phase 3 von November 24 – Juni 25, und länger falls möglich. Generell dürfte das Projekt sicher 1-2 Jahre dauern, bis es offiziell genutzt werden kann. Danach bieten sich dann viele Möglichkeiten die öffentliche Simulation in vielfacher Weise für andere Themen und Nutzungen zu erweitern.

Das Ziel ist es, mit Hilfe dieses Vorgehensmodells systematisch

  1. Alle verfügbaren Daten für die Simulation aufzubereiten und nutzbar zu machen.
  2. Zusammen mit den Wasserwerken und anderen Behörden sollen die Daten validiert und auch im Rahmen der Simulation getestet werden.
  3. In allen Phasen sollen die erarbeiteten Theorien/ Simulation für alle Bürger öffentlich zugänglich sein.
  4. Für interessierte Bürger sollen auch Workshops angeboten werden, in denen sie lernen können, ihre eigenen Theorien/ Simulationen zu schreiben.
  5. Regelmäßig sollen öffentliche Veranstaltungen für alle Bürger stattfinden, in denen die aktuellen Simulationen vorgestellt und diskutiert werden.
  6. …. vieles mehr 🙂 …

WALD-WERKSTATT – 26.März 2023

(Letzte Änderung: 7.April 2023, 15:00h)

KONTEXT

Der folgende Text ist Teil der Reihe ‚Bürger im Gespräch‘, in der Gemeinde Schöneck.

WALD-WERKSTATT – 26.März 2023

Der folgende Text ist ein Bericht von der Veranstaltung am 26.März 2023 verbunden mit Hinweisen auf Fragen, die sich daraus für die Zukunft des Waldes in der Gemeinde stellen. Ferner werden einige Ideen notiert, welche Aktionen sich aus den bisherigen Erkenntnissen nahelegen. Der Text ist eine Co-Produktion von Gerd Doeben-Henisch und Yvonne Heil.

Die Idee der Reihe

Zu Beginn erläuterte Gerd Doeben-Henisch kurz die Idee der Reihe „Bürger im Gespräch (BiG)“. Es geht nicht um eine ‚punktuelle Veranstaltung‘, nicht um rein punktuelle Themen, sondern wir möchten auf Dauer einen Gesprächsraum aufbauen, in dem nach und nach all jene Themen zur Sprache kommen können, die die meisten Bürger direkt betreffen. Gerd Doeben-Henisch gehört zwar zum Ortsverband der Grünen in Schöneck, ist dort auch im Vorstand, aber diese Gesprächsreihe ist gedacht als ‚überparteilich‘, da hier jeder Bürger mitsprechen können soll. Es geht nicht um eine bestimmte Partei sondern eben um jene Themen, die alle betreffen. Dazu wird es auch gehören, dass wir als Bürger die Bürger in der Gemeindevertretung oder im Ortsvorstand oder eben auch die Bürgermeisterin und Mitglieder der Verwaltung zum Gespräch mal direkt einladen, weil Bürger eben Fragen haben.

Kurzrückblick auf den 5.März 2023

In der Sitzung am 5.März 2023 hatten wir mit dem Thema Wald begonnen. Die meisten, die dabei waren, wussten nicht viel vom Wald, geschweige denn von ‚dem Wald zwischen Büdesheim und Kilianstädten‘. Als Yvonne Heil dann in ihrem Vortrag ein ganzes Panorama von ‚Wald‘ aus Sicht einer engagierten Naturschützerin in den Raum zauberte, da waren dann doch alle sehr beeindruckt.

Als Wissenschaftler hatte Gerd Doeben-Henisch ursprünglich die Idee, dass im Anschluss an die Sitzung vom 5.März 2023 eine Art ‚Simulation‘ zum Wald vorbereitet wird, mit der sich dann alle in der folgenden ‚Wald-Werkstatt‘ nochmals, eher auf spielerische Weise, mit dem Thema auseinander setzen können. Aber der Vortrag von Yvonne Heil hatte eine solche Breite und Vielfalt des Waldes aufgezeigt, dass es letztlich nicht möglich war, in der verfügbaren Zeit eine brauchbare Simulation bereit zu stellen. Aufgeschoben heißt jetzt aber nicht aufgehoben; es soll versucht werden, dies in absehbarer Zukunft doch hinzubekommen.

Allerdings, schaut man sich an, was andere Wissenschaftler bislang zum Thema Wald an Simulationen vorgestellt haben, dann kann man erkennen, dass auch alle anderen mit der Vielfalt des Waldes ein Problem haben. Das renommierte Thünen-Institut (das aus der Sicht der Holzwirtschaft arbeitet)(siehe: [1,2]) hat eine großangelegte Studie und Simulation zum gesamten Deutschen Wald versucht, und ist dabei auf vielfältige sowohl methodische wie auch empirische Probleme gestoßen. Man kann aus diesen Veröffentlichungen herauslesen, dass die aktuelle Datenlage und die Einfachheit der verfügbaren Modelle bislang eine wirklich erschöpfende und differenzierte Betrachtung noch nicht zulässt.

Dies bedeutet für die Bürger in Schöneck, Sie müssen die Sache mit ihrem Wald selbst in die Hand nehmen und sich kundig machen, was ‚ihr Wald‘ braucht. Einfach ist dies sicher nicht, aber vielleicht lohnend.

Bei der Überlegung, was bei Ausfall der Simulationsidee in der Kürze der Zeit als Option übrig bleibt an Möglichkeiten, um das Thema eher ’spielerisch‘ nochmals aufzugreifen, hatte dann Yvonne Heil eine Idee, die dann umgesetzt wurde.

Gelegenheit für Teilnehmer, Fragen zu stellen:

  1. Was ist ‚Simulation‘? [3]

PUB QUIZ FÜR WALDLER

Yvonne Heil griff eine Idee auf, die in Englischen Pubs sehr verbreitet ist: das Pub quiz. [4] In einem Pub werden Gruppen gebildet, die dann versuchen, Fragen zu beantworten. Es gibt Punkte für die Antworten, und am Schluss Gewinner. Oft wird das Quiz noch mit Geldeinsatz versehen oder mit alkoholischen Getränken ‚angereichert‘. Im Detail können die Formate stark variieren.

Im vorliegenden Fall wurden 3er-Gruppen gebildet, Yvonne Heil blendete über den Beamer Fragen ein und am Ende (nach 10 Fragen) konnten die Teams ihre Antworten vorstellen; anschließend gab es die richtigen Antworten, entweder direkt oder — bei komplexen Fragen — erst ein Schritt mit multiplen Möglichkeiten (‚multiple choice‘) und dann erst die Antwort.

Schon die Gruppenbildung lockerte die Stimmung sehr auf und es ging dann mit den Fragen und Antworten sehr lebhaft weiter.

Hier die 10 Fragen

Größenverhältnisse

  1. Frage
  • Wieviel Prozent der Landfläche der
    Bundesrepublik Deutschland bedeckt Wald?
  • Wieviel Prozent der Gemeindefläche
    Schöneck bedeckt Wald?

Abkürzungsdschungel

  1. Frage

Für was steht die Abkürzung
1) FFH

2) WBI

3) BWI

FFH

a) Forst-für-Horste
b) Flora-Fauna-Habitat
c) försterliche Fachhochschule
d) Fürst Freiherr zu Hochwalde

WKI

a) Wohltemperiertes Klavier
b) Erster Weltkrieg (Weltkrieg I)
c) Wilhelm-Klauditz-Institut
d) IATA-Code für Hwange Town Airport (Simbabwe)

BWI

a) Buchenwaldinvestition
b) Borkenkäfer-Wirtschaftlichkeits-Index
c) Brandwarnidikator
d) Bundeswaldinventur

Verantwortungsträger

  1. Frage
  • Wer ist Eigentümer des Schönecker Waldes?
  • Welche Eigentumsformen kennen wir?

Försterlatein

  1. Frage

1) Was ist eine Umtriebszeit?
2) Was verstehen wir unter Kluppe?
3) Was bedeutet Sukzession?
4) Was ist ein Zwiesel?

Umtriebszeit

a) Jahreszeit, in der sich das Wild gerne im Wald aufhält
b) Zeit, die das Wasser braucht, um in der Baumkrone verdunsten können
c) Lebenszeit von baumbewohnenden Käferarten
d) Zeit von Baumpflanzung bis zum Einschlag durch Holznutzung

Kluppe

a) Messinstrument zur Vermessung von Baumstämmen
b) Pilzart, wächst bevorzugt an Douglasien
c) altertümliche Beinbekleidung von Waldbewohnern
d) Sturmschäden, die in den Wintermonaten entstehen

Sukzession

a) natürlicher Prozess, bei dem Absterben und Heranwachsen nebeneinander passieren
b) natürlicher Prozess, bei dem während des Heranwachsens eine Naturkatastrophe passiert
c) künstlicher Prozess, bei dem Harvestereinsatz, Kahlschlag und Abtransport kalkuliert werden
d) künstlicher Prozess, bei dem eine KI zur Waldplanung eingesetzt wird

Zwiesel

a) Kreuzung von Zebra und Esel
b) Kommunikationsform von Buchenverbänden
c) Edelholz, welches einem Fermentationsprozess unterlegen war
d) wertmindernde Aufgabelung am Hauptstamm eines Nutzbaumes

Faunisten sind gefragt [5]

  1. Frage
  • Welches Tier ist trotz seines Namens ein
    Waldbewohner und was macht es 2023 so bedeutsam?
  • Ungefähre Größe in cm

a) Waldohreule, 2023 erstmals im Zirkus, 40 cm

b) Weinbergschnecke, Verbringungsverbot
(EuGH 1/2023), 2 cm

c) Gartenschläfer, Tier des Jahres2023, 15 cm

d) Strandkrabbe, große Population im März 2023
im Kellerwald gesichtet, 7 cm

Bauen, Wohnen, Leben

  1. Frage
  • Welche Baumart wird vom Schwarzspecht
    bevorzugt, um seine Höhle zu bauen?
  • In welcher Höhe müssen wir suchen?
  • Nenne drei weitere Spechtarten….

Gibt´s im Wald auch Bäume?

  1. Frage
  • Was versteht man unter Pionierbaumarten,
    wo trifft man sie an?
  • Wie alt kann eine Rotbuche werden?
  • Wo findet man Flatterulmen?

Naturschutzelemente

  1. Frage
  • Was bedeutet es, wenn ein H einen Baum kennzeichnet?
  • Nenne mindst. drei Kriterien, die ihn als
    solchen definieren.

Ein mit H gekennzeichneter Baum steht für

  1. Habitatbaum
  2. Harvester
  3. Hainbuche
  4. Heliumaustritt

Waldnutzung

Frage 9:

  • Was ist ein Plenterwald?
  • Was ist ein Altersklassenwald?

Plenterwald

a) Forst mit Einzelbaumentnahme
b) Forst ohne Baumentnahme
c) Forst mit massiver Baumentnahme
d) Forst ohne Einsatz von Pestiziden

Altersklassenwald

a) alle Bäume haben das gleiche Alter
b) alle Bäume haben verschiedenes Alter
c) Bäume einer Baumart müssen in Gruppen stehen
d) erst ab einem bestimmten Baumalter werden
Gruppierungen als Wald bezeichnet

Für die ganz Schlauen…

Frage 10:

  • Was ist ein Malakologe?
  1. Schneckenforscher
  2. Flechtenforscher
  3. Lehmforscher
  4. Strömungsforscher

War schon der Prozess der Antwortsuche in den Gruppen sehr lebhaft, führte dann die Phase der Bekanntmachung der richtigen Antworten und die Punktevergabe zu einem weiteren sehr intensiven und zugleich lockerem Gespräch.

Die richtigen Antworten werden an dieser Stelle nicht veröffentlicht, damit jeder die Chance hat, das ‚Abenteuer der Fragen‘ selbst durchleben zu können 🙂

Blitzfeedback – und Fragen, die sich stellen

Am Ende des anregenden und informativen Pub Quiz wurde nach einer spontanen Reaktion gefragt, wie das Ganze so gewirkt hat. Es gab einige Antworten, die — zusammenfassend — alle drei bisherige Veranstaltungen lobten, sie als informativ und anregend bezeichneten, und zugleich auch Vorschläge machten, wie das Ganze weiter gehen sollte. Ein Tenor war: das müsste noch viel mehr Bürgern in Schöneck bekannt gemacht werden, auch durch andere Veranstaltungsformate. Außerdem wurde das Thema Wald so vielfältig erlebt, dass vorgeschlagen wurde, noch weitere Veranstaltungen dazu zu machen, auch direkt im Wald. Auch eine Teilnehmerin, die das erste Mal dabei war, fand die Veranstaltung — auch ohne Kenntnis der vorausgehenden — sehr interessant, informativ und kurzweilig. Ein anderer Aspekt war die ‚Konkretheit‘ die man anhand des Themas und der Art der Veranstaltung erleben konnte. Demokratie ist nicht abstrakt, weit weg, sondern Demokratie findet dann doch konkret statt durch das Tun der Bürger, die miteinander reden und dann auch konkret handeln können. Das sich ‚Einmischen‘ zeigt dann auch ein wenig die ‚Komplexität‘, die in den Sachen liegt und hilft möglicherweise auch, die Komplexität von politischen Abläufe zu verstehen. Ein Mitglied der Bürgervertretung machte darauf aufmerksam, dass es bei den bisherigen Gesprächen mit dem Dienstleister für die Gemeinde (Hessen-Forst) meistens an genügend Kompetenzen auf Seiten des Gemeindevorstands und der Gemeindevertretungen gefehlt hat, neue Akzente zu setzen. Die Frage ist, wie man dies verbessern könnte. Bisher scheint das Thema ‚Ökonomie‘ das Thema ‚Ökologie‘ stark zu überlagern, dies obgleich der jährliche Nettoertrag nur bei ca. 20.000€ liegt. Es fragt sich, ob man den ‚Waldwirtschaftsplan‘ bzw. die alle 10 Jahre (!) stattfindende ‚Forsteinrichtung‘ nicht einvernehmlich ein wenig anders akzentuieren könnte.(Siehe [6],[7]) Ein anderer machte darauf aufmerksam, dass heute die ‚Interessen am Wald‘ so vielfältig geworden sind (… lange Liste von Beispielen …), dass man sich schwer tut, zu sehen, wie man dies alles ‚unter einen Hut‘ bringen kann.

Wie weiter?

Abschließend wurde nochmals die Frage gestellt, wie machen wir weiter? Im nachfolgenden Schaubild werden grob die verschiedenen Faktoren beleuchtet, die eine Rolle spielen.

Einmal die Bürger, die im Gespräch verschiedenen Themen aufgreifen, die viele betreffen. Dies tun sie unter Einbeziehung des verfügbaren Weltwissens, aber auch mit der Intention, ihre gewählten Vertreter (Gemeindevertretung, Ortsvorstand, Bürgermeisterin) ins Gespräch einzubeziehen, um durch mehr Gemeinsamkeit die Synergien im politischen Handeln zu verbessern.

In diesem Zusammenhang ergeben sich aus der Sitzung am 26.März 2023 eine Reihe von Anregungen, die hier angedeutete werden sollen.

Mögliche Folgeaktionen zum Thema Wald

Entsprechend dem Gesamtkonzept der Initiative ‚Bürger im Gespräch‘ besteht die Idee darin, dass jedes Thema, was in der Reihe mal vorgestellt worden ist, anschließend nicht von der Tagesordnung verschwindet, sondern (i) in Form von vielen einzeln Aktionen weiter entwickelt wird und (ii) mittel- und langfristig ein öffentliches ‚Daten- und Simulationsmodell‘ des Themas aufgebaut werden wird. In dem Maße, wie (i) und (ii) stattfinden, ergeben sich auch neue interessante Möglichkeiten, zu besonderen Anlässen (iii) ‚Veranstaltungen für die ganze Bevölkerung‘ zu organisieren.[8]

Einzelne Aktionen

  1. Waldführungen mit Kundigen des Naturschutzes
  2. Waldführung mit dem Förster
  3. Waldführung mit dem Jäger
  4. Gespräche mit den Mitgliedern der Gemeindevertretung über ‚Waldwirtschaftsplan‘ und ‚Forsteinrichtung‘

Erste Liste von Fragen zur Nachhaltigkeit, die Bürger gerne an die Mitglieder der Gemeindevertretung stellen würden:

  1. Wie viel Holz können wir entnehmen, um nachhaltig zu wirtschaften?
  2. Wie hoch ist die Vorratshaltung im Schönecker Wald?
  3. Welche Maßnahmen werden aktuell zur Stabilisierung des FFH-Schutzgebietes unternommen?[9]
  4. Wieviele Habitatbäume gibt es hier/ im Schönecker Wald?
  5. Ist klimaangepasstes Waldmanagement umsetzbar?
  6. Wie sieht die forstwirtschaftliche Nutzung für die nächste 50 Jahre aus?
  7. Wie hoch ist der Ertrag aus den geschlagenen Bäumen? Was ist unser Wald, holzwirtschaftlich betrachtet, wert?

Mittelfristige Ziele

Aufbau einer Datenbank und von Simulationen zum Thema Wald unter Einbeziehung eines Geo-Informations-Systems (GIS) in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung

Alle zusammen

Bürgerveranstaltungen im Gemeindezentrum zu Themen des Waldes auf anregend, informative aber spielerische Weise.

PS: Blind obwohl man sieht?

Zu diesem Punkt gab es als Anhang ein paar Tage hier einen Text, der jetzt in den Philosophieblog ‚PHILOSOPHIE JETZT. Auf der Suche nach dem Neuen Menschenbild‘ migriert wurde. (Siehe: https://www.cognitiveagent.org/2023/04/07/koennen-wir-blind-sein-obwohl-wir-sehen/ )

ANMERKUNGEN

wkp := Wikipedia (de: Deutsch, en: Englisch)

[1] Elsasser P, Altenbrunn K, Köthke M, Lorenz M, Meyerhoff J (2020) Regionalisierte Bewertung der Waldleistungen in Deutschland. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn062592.pdf

[2] Kerstin Altenbrunn, Peter Elsasser, 2021, Technische Dokumentation zum Modell ReWaLe (Regionalisierung des ökonomischen Wertes von Waldleistungen), Braunschweig : Johann Heinrich von Thünen-Institut, URL: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/247278/1/1776316282.pdf

[3] Gerd Doeben-Henisch, Antwort auf die Frage: Was ist Simulation?: In der allgemeinen Fassung von Simulation hat man (i) eine ‚Ausgangslage‘ mit bestimmten Eigenschaften (z.B. Einwohnerzahl in Schöneck in 2023), dann (ii) verfügt man über ein ‚Wissen über mögliche Veränderungen‘ (z.B. Geburtenrate, Sterberate, Zuzug und Wegzug, …), und (iii) man weiß wie man das ‚Veränderungswissen‘ auf die angenommene Ausgangslage ‚anwenden‘ kann (dies nennt man in der Logik ‚folgern‘). Mit (i) – (iii) kann man dann das Veränderungswissen wiederholt auf die Ausgangslage und danach auf die ‚veränderte Ausgangslage‘ anwenden, so dass eine ganze Reihe von Situationen entsteht, die dann jeweils spätere Zeitpunkte des Zustands widerspiegeln (z.B. die Einwohner von Schöneck in 2033). Dabei ist es sinnvoll, zwischen ‚einfachen‘ Simulationen zu unterscheiden, wo die Sachlage umfassend beschreibbar, klar und abgrenzbar ist (wie z.B. bei den meisten Maschinen und Gebäuden) und jenen Simulationen, in denen viele veränderliche Größen auftreten, die prinzipiell nicht erschöpfend erfasst werden können (wie z.B. im Fall des Waldes).

[4] Für ‚pub quiz‘ siehe wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Pub_quiz#Jackpots

[5] Siehe ‚Fauna‘ in wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Fauna , Zitat: „Fauna (auch Tierwelt) bezeichnet die Gesamtheit aller natürlich vorkommenden Tiere in einem Gebiet oder im engeren Sinne alle Tierarten in diesem Gebiet.[1] Die Erforschung der Fauna ist die Aufgabe der Faunistik, die zugehörige Wissenschaft ist die Biogeographie. Wird der gesamte Planet Erde betrachtet, umfasst die Fauna sämtliche Tierarten, beispielsweise in der Paläontologie, wo man etwa von einer „Fauna der Kreidezeit“ spricht.“

[6]  Bewirtschaftungsplan (Maßnahmenplan) für das FFH-Gebiet „Wald zwischen Kilianstädten und Büdesheim“ ab 2013: https://natureg.hessen.de/resources/recherche/Schutzgebiete/RPDA/M_PLAN/4174.pdf

[7] Zu ‚Forsteinrichtung‘ siehe wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Forsteinrichtung, Zitat: „Die Forsteinrichtung (früher auch  Taxation  beziehungsweise  Forsttaxation  oder  Forstabschätzung  genannt) dient in der Forstwirtschaft der Betriebsregelung und ist damit ein Führungs- und Planungsinstrument für den Forstbetrieb. Sie beinhaltet die Erfassung des Waldzustandes, die mittelfristige Planung und die damit verbundene Kontrolle der Nachhaltigkeit im Betrieb. Darüber hinaus wird im Sinne eines Controllings der Vollzug im abgelaufenen Planungszeitraum den zugrundeliegenden Zielvorgaben gegenübergestellt.“

[8] Bei allem sollte man aber nicht aus den Augen verlieren, dass alle Aktiven im Kontext der Initiative ‚Bürger im Gespräch‘ Ehrenamtliche sind!

[9] Für ‚FFH Schutzgebiet‚ siehe wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/FFH-Gebiet. Zitat: „Ein FFH-Gebiet (Abkürzung für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet) ist ein Schutzgebiet in Natur- und Landschaftsschutz, das dem Schutz von Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) bzw. Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie dient. FFH-Gebiete bilden gemeinsam mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das Netzwerk Natura 2000.“

OKSIMO PARADIGMA und DEMOKRATIE – Wie belastbar ist die Demokratie – Vorländer, FAZ, 9.Aug.2021, S.6

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
10.Aug 2021 – 12.Aug 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenknotens DEMOKRATIE innerhalb des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

POSITION VON VORLÄNDER

Die Position von Prof. Dr. Hans Vorländer — u.a. Direktor, Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden — soll hier in kurzen Thesen angeleuchtet werden. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, die speziell den möglichen Zusammenhang mit dem oksimo Paradigma thematisieren.

Hermeneutik: Wenn eine Person A den Text von anderen Personen liest, dann wird die Person A diesen Text immer (es gibt kein Entkommen) im Lichte ihrer aktuellen Wissensvoraussetzungen lesen. Diese resultieren aus einer individuellen Lerngeschichte und dieses Wissen kann sich kontinuierlich weiter ändern, z.B. schon durch die Lektüre und die aktive Auseinandersetzung mit dem Text. Wer also wissen will, was der Autor (hier Herr Vorländer) selbst geschrieben hat, muss diesen Text selbst lesen. Sollten Sie dies tun, wundern Sie sich bitte nicht, wenn Sie diesen Text ganz anders verstehen sollten wie der Autor in diesem Blog … es gibt nicht zwei Gehirne auf dieser Welt, die ‚gleich‘ sind. Diese Verschiedenheit ist unser Glück; gäbe es sie nicht, würden wir aufgrund von Monotonie in einer sich ständig rasant ändernden Welt alsbald schlicht untergehen …

ARTIKEL VORLÄNDER

(1) Der Grundtenor des Artikels von Hans Vorländer ist — und dies in Übereinstimmung mit dem schwedischen Forschungsinstitut Varieties of Democracies [V-Dem][1] –, dass die liberalen Demokratien unter einem starken Druck stehen, den man sehr wohl als besorgniserregend einstufen kann.

(2) Jenseits der nackten Zahlen, die das V-Dem vorlegt, nach denen es 1990 weltweit nur 41 Staaten gab, die man als liberaler Demokratien bezeichnen könnte, und dass seit 1990 sich diese Zahl auf nur noch 32 reduziert hat — also alle ca. 3 Jahre eine liberale Demokratie weniger –, sind die konkreten Umstände, unter denen heute liberale Demokratien existieren, sehr wohl ein möglicher Weckruf für alle, die mit dem Konzept der liberalen Demokratie wichtige Wertvorstellungen verknüpfen.

(3) Den Unterschied zwischen einer liberalen Demokratie und einer bloßen Wahl-Demokratie sieht Vorländer im Vorhandensein und Funktionieren von Elementen wie z.B. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit von Justiz und Medien, Freiheit der Meinungsäußerung, diskriminierungsfreie Umgang mit Minderheiten, Anerkennung soziokultureller Vielfalt, Schutz von Grund- und Menschenrechten, und fairer politischer Wettbewerb.

(4) Aber selbst in den noch liberalen Demokratien geraten diese Elemente — und noch weitere — zunehmend unter Druck und es ist eine offene Frage, wie resilient (widerstandsfähig) liberale Demokratien sind, um diesen Druck zu überstehen.

(5) Mit Blick auf Prof. Przeworski von der New York University [2] stellt er — fast beruhigend — fest, dass sich bislang kein festes Muster erkennen lässt, wann und wie Demokratien sich auflösen und zerfallen; es gibt allerdings viele einzelne Faktoren, deren Funktionsuntüchtigkeit einen möglichen Niedergang begünstigen könnten.

(6) Krisen sind besondere gesellschaftliche Zustände (z.B. Bankenkrise, Finanzkrise, Migrationskrise, Eurokrise, Stabilisierungsmechanismen des Internationalen Währungsfonds, Corona Pandemie, Flutkatastrophen, …), in denen staatliches Handeln gefordert ist und wo es das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen stärken kann. Die Art und Weise der Kommunikation mit den Bürgern spielt dabei eine wichtige Rolle.

(7) Spätestens die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass es viel Missmut und Kritik gegeben hat. Die Tendenz zum Unterlaufen der üblichen demokratischen Verfahren durch Rückgriff auf anonyme Expertenrunden war einer der kritischen Punkte in der aktuellen Corona Pandeemie. Dazu wurden zahlreiche extremistische Strömungen sichtbar, die nicht erst seit Corona existieren, sondern schon viele Jahre Europaweit und in den USA unüberhörbar von sich reden machen. Für solche eher extremistische Gruppierungen, die Demokratien grundsätzlich in Frage stellen, sind Krisen — wie z.B. Corona oder Flutkatastrophen — und die unglückliche Handhabung demokratischer Verfahren eine willkommene Gelegenheit sich in Szene zu setzen.

(8) Doch darf man sich durch die Einmischung radikaler Gruppierungen nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass auch normale Bürger berechtigte Sorgen haben, Zweifel hegen, ja sogar wütend sind auf die Art und Weise, wie politische Repräsentanten und Institutionen agieren.

(9) Diese Kritik hat schon seit Jahren zu einer wachsenden Entfremdung zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen, ihren Parlamenten, ja sogar zu den Parteien geführt, die doch eigentlich die unmittelbare Verbindung von Bürgern und demokratischen politischen Institutionen ermöglichen sollten. So hat der Parlamentarismus und die politischen Parteien am meisten an Anerkennung und Akzeptanz verloren. Bürger fühlen sich immer weniger durch die Parteien vertreten. Es gibt deutliche Zeichen von Entfremdung in der gefühlten Distanz zwischen Regierenden und Regierten. Viele bislang üblichen sozialen Infrastrukturen zur Vermittlung zwischen Bürger und Politikern sind heute deutlich geschwächt oder ganz weg.

(10) Doch gibt es neben den politischen Parteien nicht Nichts; es gibt das neue Phänomen von ‚Bewegungen‘, die außerhalb der Parteien ihre Interessen zu vertreten suchen. Diese Bewegungen mit oft starken Führungsfiguren deuten einen Wandel der liberalen Demokratien an, wenngleich bislang in konstitutionellen Bahnen. Damit einhergehend meint Vorländer die Tendenz zu einer Hyperpersonalisierung zu erkennen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieses Phänomen der vielen neuen Bewegungen parallel auftritt zur neuen Allgegenwart des Internets mit all seinen vielfältigen sozialen Medien (Twitter, messenger Dienste, …). Empörungen, Erregungen, und Stimmungen wirken direkter und können schneller und stärker die Meinungen beeinflussen. Diese Meinungen spielen sich außerhalb der Institutionen ab; es fehlen vermittelnde Räume. Am Beispiel des Trumpismus (aber nicht nur da) kann man sehen, wie der direkte Zusammenschluss zwischen populistischen Strömungen und ihrer Führer gesucht wird, um damit die kritisierten demokratischen Institutionen einfach zu umgehen.

GEDANKEN ZUM ARTIKEL

  1. Die obigen Punkte bilden nur einen Ausschnitt aus dem breiten Bild, das Hans Vorländer zeichnet, ein Ausschnitt dessen Auswahl und Zuschnitt auf den Autor dieses Diskurses zurückgeht (siehe den einleitenden Punkt ‚Hermeneutik‘).
  2. Für die weiterführenden Überlegungen soll auch — mit einem Seitenblick — der interessante Beitrag von Wolfgang Schäuble nicht unberücksichtigt bleiben.
  3. Aus der Sicht des oksimo Paradigmas richtet sich der Fokus der Überlegungen auf die Akteure in diesem Feld der liberalen Demokratie, auf jene, die staatliche Institutionen vertreten, politische Gremien, die politischen Parteien, und jene, die allgemein als Bürger gelten, die in diesem Staat leben, z.T. auch wählen dürfen, aber zwischen den Wahlen nahezu keine ’normalen‘ Mitwirkungsmöglichkeiten haben.
  4. In einer liberalen Demokratie ist die staatliche Gewalt an die gewählten Parlamente delegiert, die von unterschiedlichen Institutionen unterstützt werden. Idealerweise sollen die Parlamente die Aufgaben der Gesellschaft mit Blick auf die Zukunft und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Land erkennen und in möglichst optimaler Weise, speziell auch nachhaltig, zukunftsfähig machen. Jede Gegenwart ist ein Ausschnitt aus der möglichen Zukunft von Gestern. Wurde gestern mit Blick auf die mögliche Zukunft schlecht gehandelt, dann ist die aktuelle Gegenwart das Ergebnis solcher Versäumnisse.
  5. Für die Frage nach einer nachhaltigen Zukunft für eine liberale Demokratie sind daher weniger Einzelereignisse interessant, weniger Ausnahmesituationen, weniger individuelle Skandale, sondern eher der alltägliche Prozess, in dem alle involviert sind, und der geeignet ist, alle Bürger in ihrer Vielfalt auf nachhaltige Weise für eine entsprechend nachhaltige Zukunft vorzubereiten, zu befähigen, und zu begeistern. Womit sich die Frage stellt, wie denn das Format des alltäglichen Prozesses in einer liberalen Demokratie beschaffen sein sollte, damit eine nachhaltige Zukunft zumindest wahrscheinlich sein könnte, wenngleich ohne eine 100%-tige Garantie, dass es auch tatsächlich gelingt.
  6. Hans Vorländer lässt in seinem Beitrag viele Aspekte aufblitzen. Hier möchte ich nur zwei Aspekte herausgreifen, die aus Sicht des oksimo Paradigmas von besonderem Interesse sind: das ist einmal (i) die große Entfremdung der Bürger von den politischen Parteien (und umgekehrt!), und zum anderen (ii) die unübersehbare Entstehung und Erstarkung von außerparlamentarischen Bewegungen aller Art.
  7. Würden die politischen Parteien diese Bewegungen aufgreifen, würden die Parlamente eine neue, intensive Kommunikation mit diesen Bewegungen suchen, dann könnten diese neuen dynamischen Bewegungen möglicherweise zu einer Verlebendigung der bestehenden Parteien und Parlamente führen; vielleicht. Bislang überwiegt aber der Eindruck einer bestehenden und zunehmenden Entfremdung zwischen neuen Bewegungen und etablierten Parteien und Parlamenten. Würde es bei diesen Tendenzen bleiben, wäre ein ernster Konflikt zwischen gegebenen konstitutionellen Formen der Demokratie und einem wachsenden Teil der Bevölkerung vorgezeichnet.
  8. Fragt man sich, woher denn diese wachsende Entfremdung komme, dann gibt es mindestens zwei Faktoren, die sich abzeichnen: (i) Die reale Kommunikation zwischen Bevölkerung und etablierten Parteien und Parlamenten ist real schwach, gestört, und wird aktuell eher schwächer; (ii) Die inhaltlichen Anschauungen der verschiedenen Gruppen divergieren vielfach sehr stark. Dies wird durch die Aufsplitterung der Öffentlichkeit in immer mehr Teilöffentlichkeiten mit jeweils immer weniger innerer Pluralität begünstigt. Es entstehen kognitive Weltbilder weitgehend unabhängig voneinander. Da diese Weltbilder für jede Gruppe eine gruppenspezifische Handlungsbasis bieten, stehen sich zunehmend Weltbilder als Alltagsvorstellungen gegenüber, die immer weniger kompatibel sind; zusätzlich scheinen die ‚Inhaber dieser spezifischen Weltbilder‘ immer weniger fähig und willens zu sein, ihre eigenen Weltbilder irgendwie in Frage zu stellen. Das Ergebnis sind Verteufelungen der anderen, eine immer stärkere Bereitschaft zu Gewaltaktionen, weil man die Fähigkeit verloren hat, über Weltbilder zu reden, so dass man diese im gemeinsamen Diskurs unterschiedlich beleuchtet, anders bewertet, und möglicherweise modifiziert.
  9. Die Erstarrung im Umgang mit kognitiven Bildern der Welt ist eine Form von ‚Systemstörung‘: es ist eine grundlegenden Eigenschaft von biologischen Systemen auf der Erde, dass sie mehr als 3 Mrd.Jahre auf diesem Planeten nur überlebt haben, weil sie extrem anpassungsfähig waren, wandlungsfähig, grundlegend lernfähig. Besonders der homo sapiens verfügt über sehr außerordentliche Fähigkeiten, zu lernen und sich durch Kommunikation mit anderen zu koordinieren. Jedoch gehört es zur Eigenheit hochentwickelter lernender Systeme, dass sie nicht deterministisch sind: sie können, aber sie müssen nicht. Das ist ihr Geheimnis. Wenn sie sich aber ihrem realen Lernen grundsätzlich verweigern durch starres Festhalten an nur wenigen Aspekten ihrer dynamischen Umwelt, dann schreiben sie ihren Untergang fest. In einer dynamischen Welt kann kein statisches System auf Dauer überleben.
  10. Was in dieser Situation hilfreich wäre, das wären neue Formen einer gruppenübergreifenden Kommunikation, die nicht nur die unterschiedlichen Anschauungen sichtbar macht, sondern zusätzlich auch grundlegende Strukturen von Weltbildern.
  11. Das oksimo Paradigma wendet sich generell an Gruppen, und zwar beliebige Gruppen von Menschen (Bürgern). Jeder einzelne gilt als ein Experte; vorab wird kein Unterschied gemacht. Für die Kommunikation ist nur die eigene Sprache notwendig (Deutsch, Englisch, …). Von allen Beteiligten wird erwartet, dass sie in der Lage sind, sich zu einigen, welche Aspekte in einer bestimmten Situation sie als real gegeben annehmen. Ferner wird erwartet, dass sie in der Lage sind, jene Situation in der Zukunft zu beschreiben, die sie aktuell anstreben wollen. Und dann besteht die gemeinsame Kommunikation darin, zu beschreiben, wie man in einzelnen Schritten von der aktuellen Situation zur zukünftigen Situation kommen kann. Man kann diesen Prozess auch so sehen, dass alle zusammen eine Art Drehbuch schreiben mit einzelnen Szenen (Situationen), mit den beteiligten Akteuren und den gewählten Aktionen, die unterschiedliche viel weitere Ressourcen benötigen (Zeit, Geld, Material, Wechselwirkung mit anderen, …). Zusätzlich bietet oksimo die Möglichkeit, das Drehbuch jederzeit auch als Simulation ablaufen zu lassen, oder gar während der Simulation eine aktive Rolle als Spieler zu übernehmen; einfach die bis dahin gegebenen Regeln anwenden oder ad hoc neue Regeln zu generieren, indem man das Drehbuch abändert. Simulation und Spielen bietet eine sehr intensive Form, sich mit den Ideen des Drehbuchs und den anderen auseinander zu setzen. Mit oksimo kann man zusätzlich auch Künstliche Intelligenz [KI] einsetzen. Diese ist aber nur insoweit interessant, als die menschlichen Akteure selbst Ziele und Konzepte haben, denen sie folgen wollen.
  12. In der Theorie könnte eine für alle verfügbare oksimo Umgebung also nicht nur grundlegend zu einer verbesserten Verständigung unter allen Bürgern beitragen (falls diese überhaupt lernen wollen!), es könnte mit der Zeit auch das Wissen um die Welt dramatisch verbessert werden, und zwar für alle, jederzeit, auch für die Politiker. Die heute vielfach zu beobachtenden ‚Sololäufe‘ jenseits einer demokratischen Öffentlichkeit wären dann weder notwendig noch langfristig möglich.

ANMERKUNGEN

[1] Homepage: Varieties of Democracies [V-Dem], https://www.v-dem.net/en/

[2] Adam Przeworski (Professor of Politics, New York University): https://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Przeworskihttps://as.nyu.edu/content; Private Webseite: https://as.nyu.edu/content/nyu-as/as/faculty/adam-przeworski.html

Drehbuch Fallbeispiel A, Teil 1

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
12.Juli 2021 – 12.Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil der Übersicht zur Standardversion-Drehbuch im Themenfeld Oksimo Roadmap Übersicht des oksimo.org Blogs.

FALLBEISPIEL A

Ablauf

  1. Man schreibt einen Text zur Startsituation S1 und einen Text zur Vision V1.
  2. Dann schreibt man nacheinander die verschiedenen Normalsituationen N1 – N7.
  3. Beim Übergang von einer Situation (S1 oder Ni) zu einer Nachfolgesituation Ni+1 fasst oksimo automatisch alle bisherigen Ausdrücke zusammen und zeigt sie an.
  4. Will man einzelne Ausdrücke von der bisherigen Situation für die nächste Situation eliminieren, muss man sie mit einem ‚*‘-Zeichen markieren.
  5. Gewünschte neue Elemente muss man in einem neuen Absatz hinzufügen.
  6. Für jedes Paar von Situationen kann eine Veränderungsregel R automatisch generiert werden:
    1. Für den Wenn-Teil werden alle Elemente der vorausgehenden Situation ohne die neuen Elemente übernommen.
    2. Die Wahrscheinlichkeit wird standardmäßig auf 1.0 gesetzt.
    3. Für den Eplus-Teil werden alle Elemente aus dem Abschnitt mit den neuen Elementen übernommen.
    4. Für den Eminus-Teil werden alle Elemente übernommen, die mit ‚*‘ markiert sind.
  7. Nach der automatischen Generierung einer Veränderungsregel wird diese angezeigt und kann individuell editiert werden.
  8. In der Standard-Einstellung werden alle Wenn-Teile von Regeln überprüft, ob eine vorausgehende Regel eine Teilmengenbeziehung zu einer nachfolgenden Regel enthält. Falls dies der Fall ist, wird dies angezeigt.
  9. Der Text des Drehbuchs kann beliebig oft weiter editiert werden (1) – (5).
  10. Auf Wunsch kann nach der Regelgenerierung eine Simulation durchgeführt werden, um (i) die Korrektheit und Vollständigkeit der Simulation zu testen sowie, um die Erreichung des Ziels zu evaluieren.

Orientierung

Dadurch, dass das Drehbuch als fortlaufender zusammenhängender Text angezeigt wird und bearbeitet werden kann, ist eine Orientierung normalerweise recht einfach.

Für komplexe Texte kann man sich als zusätzliche Hilfe einen Graphen anzeigen lassen, dessen Knoten die Namen von Situationen sind und dessen Kanten die jeweiligen Veränderungsregeln repräsentieren. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn das Drehbuch aufgrund von Optionen mehr als einen Handlungsstrang (mehrere Pfade) zulässt. Im Textmodus lässt sich dies nicht gut darstellen.

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Dynamische Wissensformen

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
19.Juni 2021 – 19.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

Bisher

In vorausgehenden Beiträgen sind Überlegungen angestellt worden, wie sich die Vielfalt einer Kommune in den verfassungsmäßigen politischen Organen widerspiegeln kann. Nach grundsätzlichen Feststellungen zu den kommunalen politischen Strukturen und ihren Bürgern wurden die Möglichkeiten der Bürger, auf die gewählten politischen Vertreter Einfluss zu nehmen, etwas näher betrachtet. Es deutete sich an, dass die politischen Vertreter selbst aufgrund struktureller Gegebenheiten nicht über die Kompetenzen und Möglichkeiten verfügen können, die sie für die Ausübung ihrer Rollen brauchen. Eine befriedigende Kooperation mit den wählenden Bürgern ist aber auch nicht in Sicht. Es wurde dann ansatzweise analysiert, welche helfenden Strukturen es denn bräuchte, damit die Breite des Wissens, der Erfahrungen, und der Ziele, die in den Bürgern präsent sein könnte, so verfügbar sein könnte, dass alle gemeinsam damit denken, bewerten und entscheiden könnten. Es deuteten sich die Umrisse einer Struktur von kooperierenden Bürgergruppen an, die sich über eine gemeinsame Plattform in ihrem Wissen koordinieren können, und die zugleich minimal in den lokalen politischen Parteien verankert sind, so, dass eine aktive Kommunikation zwischen dem allgemeinen, überparteilichen Bürgerdiskurs einerseits und dem lokalen politischen Geschehen andererseits real besteht. Letztlich gibt es nur ein Erfolgsrezept, das auch im Deutschen Parteiengesetz gleich zu Beginn festgehalten wird: Die Bürger brauchen die verfassungsgemäßen politischen Strukturen und diese brauchen möglichst umfassend die Bürger! Eines allein geht nicht!!!

In diesem Text geht es darum, die helfenden Strukturen etwas näher zu analysieren.

DYNAMISCHES WISSEN

Statisches Wissen

In der bisherigen Kulturform wird Wissen vorzugsweise als etwas Statisches angesehen. Typische Formen von statischem Wissen sind Texte als Notizen, Briefe, Emails, Artikel, Bücher, Zeitungen usw., oftmals gesammelt in Enzyklopädien (z.B. Wikipedia) und dann in speziellen Bibliotheken. Dazu gehören aber auch allerlei Artefakte wie Gebäude, Maschinen, Werkzeuge, Kunstwerke usw. die in realisierter Form Erfahrungen, Wissen, Emotionen usw. manifestieren, oder auch in dynamischen Formen wie Tanzen, Theater, Filme usw.

Gehirn als Dauerprozess

Tatsächlich sind alle diese statischen und dynamischen Formen Manifestationen von inneren Prozessen des Gehirns, das sich in ständiger Wechselwirkung mit sich selbst, dem umgebenden Körper und der umgebenden Außenwelt befindet, in der sich andere Körper mit Gehirnen aufhalten. Diese unterschiedlichen Manifestationen des Gehirns verändern sich kontinuierlich in Abhängigkeit vom eigenen Erleben und Lernen, beeinflusst von der Umgebung und hier von anderen Menschen, auf unterschiedliche Weise.

Adaptive Wissensformen

Texte sind Momentaufnahmen eines Gehirnprozesses, fixierte Bilder einer Welt, auch von Abläufen, aber als Text sind diese Momentaufnahmen statisch.

Größere Texte, deren Entstehung viel Zeit braucht (Wochen, Monate, Jahre …) verändern sich während ihrer Entstehung, aber als veröffentlichte Texte sind sie dann doch wieder abgeschlossen, statisch. Die Welt jedoch, die den Autor umgibt, ja, der Autor selbst, verändert sich weiter.

Die Geschicke berühmter Lexika oder Enzyklopädien in zunehmender Konkurrenz zu Wikipedia zeigt, dass ein öffentlicher Text, bei dem viele mitwirken können, auf Dauer an Umfang und Qualität nicht zu schlagen ist.

Die grundlegende Botschaft ist daher die, dass eine dynamische Welt, die aus einer Vielzahl von gleichzeitig ablaufenden Prozessen besteht — die Akteure eingeschlossen –, auch in einer Form repräsentiert werden muss, die es den handelnden Akteuren erlaubt, kontextsensitive Pläne und Handlungen in hinreichender Qualität hervorbringen zu können.

Wenn die Weltbilder in den Köpfen der Handelnden unfertig, unzuverlässig, zu grob, zu falsch usw. sind, dann wird das Handeln zur Glückssache.

Prozessstrukturen

Neben dem Aspekt der Adaptivität von Wissen gibt es aber auch noch den Aspekt des Prozesshaften. Damit ist gemeint, dass es nicht reicht, nur einzelne Ereignisse zu beschreiben oder zu erinnern, sondern auch typische Abfolgen von Zuständen sowohl von solchen, die man beobachtet hat wie auch von solchen, die man sich gedacht hat, quasi als einen virtuellen Prozess, von dem man annimmt, dass er vielleicht zu einem realen Prozess werden könnte.

Für die Gestaltung einer möglichen Zukunft, die als solche unbekannt ist, gibt es aber keine andere Möglichkeit, als von gegebenen Ausgangslagen mittels geeigneter Veränderungsmaßnahmen die jeweiligen Situation so umzugestalten, dass dann — so die Erwartung –, irgendwann in dieser Folge von Umgestaltungen, eine Situation entsteht, die das Bild einer gewünschten Zukunft als wesentlichen Teil enthält.

Prozessorientiertes Beschreiben

BILD: Ein Mensch kann nur im Miteinander mit anderen Menschen voll Mensch sein. In einer lebenden Interaktion verschränken sich die Gehirne der Beteiligten zu einer gemeinsamen Sicht, aus der heraus gemeinsames Handeln entstehen kann. Ob ‚gut‘ oder ’schlecht‘, das entscheidet jeweils nur die Zukunft, die keiner kennt; ‚Zukunft‘ ist kein normales Objekt, das man einfach so wahrnehmen und bearbeiten kann. ‚Zukunft‘ ist eine radikale Unbekannte, die zu gestalten grundsätzlich Unwägbarkeiten und Risiken beinhaltet. Wer ‚Sicherheiten‘ vorgaukelt zeigt gerade damit, dass er den wahren Charakter von Zukunft nicht verstanden hat.

Wie die Erfahrung zeigt — vor allem im Bereich des Projektmanagements — erfordert die Erstellung einer angemessenen Beschreibung eines Prozesses, der menschliche Akteure, ja gesellschaftliche Strukturen als aktive Faktoren umfasst, dass diese Beschreibung selbst in Form eines Prozesses stattfindet, in dem alle diese beteiligten Faktoren in die Erstellung der Beschreibung eingebunden sind. Anders formuliert, die Selbstbeschreibung eines selbstorganisierten (‚autopoietischen‘) Prozesses erfordert sowohl (i) eine Beteiligung aller konstitutiven Elemente des Prozesses, erfordert (ii) eine Form der Darstellung, die allen Beteiligten zugänglich ist, und erfordert (iii) dass die Darstellung nach Bedarf immer wieder abgeändert werden darf. Ferner (iv) bedarf es Bewertungskriterien, die vor Beginn des Prozesses explizit formuliert werden müssen. Eine spätere Modifikation muss aber möglich sein.

Der symbolische Kern einer solchen Beschreibung sind also Texte, die Abfolgen von Zuständen beschreiben sowie explizite Ziele formulieren, die implizit Bewertungen darstellen.

Der dynamische Kontext dieser Texte wird durch eine Gruppe von Experten gebildet, die diese Texte in gemeinsamer Kommunikation erstellen, dadurch testen, dass sie den Prozess simulieren und spielen, der im Text beschrieben wird, und solange abändern, bis für sie die Texte den intendierten Prozess hinreichend gut repräsentieren. Die Bewertung ist aufgrund der eingangs formulierten Ziele implizit gewährleistet.

Da diese Beschreibungen in allen Phasen Texte einer — oder mehrerer — Normalsprachen sind, können diese — analog den Texten von Wikipedia — als Prozessbeschreibungen öffentlich zugänglich gespeichert werden.

Jeder, der diese Texte liest, kann sie direkt ausprobieren — alleine oder mit anderen — und kann sie nach Bedarf auch sofort ändern. Dadurch entsteht automatisch eine neue Version. Es gibt keine ‚Black Box‘ mehr, es gibt keine Ausgrenzung mehr nur allein, weil man eine bestimmte Programmiersprache nicht kennt; Normalsprache können alle!

Sofern in diesen Texten Prozesse mit Bezug zur realen Welt beschrieben werden, besteht im Prinzip die Möglichkeit, diese Prozess-Beschreibung miteinander zu vernetzen: verschiedene Beschreibungen zu Prozessen in einem Stadtteil, einer Stadt, einer Region können bloß durch einen ‚Knopfdruck‘ miteinander vereint werden, so dass man sie als neue Einheit simulieren und spielen kann. Man kann dann unmittelbar sehen, ob diese Beschreibungen miteinander ‚harmonieren‘ oder ob sie noch inkompatibel sind. Auch kann man so leichter sowohl ‚Lücken‚ entdecken wie auch interessante ‚Synergieeffekte‚ bzw. potentielle ‚Konflikte‚.

Aufgrund solcher ‚Vereinigungen‘ von Beschreibungen sowie durch Simulationen und Spiele können alle Teilnehmer — oder auch eventuelle ‚Zuschauer‘ — schneller und differenzierter ‚Lernen‚, wo die aktuellen Beschreibungen noch Optimierungspotential besitzen. Die Beschreibungen dann abzuändern ist einfach.

DAS OKSIMO PARADIGMA

Alles, was in diesem Text als Vision einer optimalen kontextsensitiven selbstbestimmten Beschreibung aufgezählt worden ist, ist entweder schon im Rahmen des oksimo Paradigmas realisiert oder wird noch bis Frühjahr 2022 realisiert werden.

DAS OKSIMO PARADIGMA und Projektmanagement – Einführung

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
26.Mai 2021 – 26.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (im Gespräch mit Michael Hefter)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenfeldes Das Oksimo Paradigma und Projektmanagement des oksimo.org Blogs.

PROJEKTMANAGEMENT – ERSTE ANNÄHERUNGEN

Die nachfolgenden Überlegungen bilden einen Reflex auf intensive Gespräche, die der Autor mit Prof. Dr. Michael Hefter von der Frankfurt University of Applied Sciences geführt hat und noch führt. Es geht um den Versuch, den Prozess des Projektmanagements aus dem Blickwinkel des oksimo Paradigmas zu beleuchten. Diese ersten Texte stellen noch keine vollständige Theorie dar sondern bilden unterschiedliche Annäherungen an das Phänomen.

Aufgabenstellung

Wie in der vorausgeschickten ersten Idee formuliert wird, geht es beim Projektmanagement primär darum, verfügbare Ressourcen für ein bestimmtes Ziel in einem vorgegebenen Zeitrahmen so zu analysieren und zu planen, dass die Ressourcen möglichst optimal genutzt und möglichst nachhaltig eingesetzt werden können.

Akteure

Ein Projektmanagement Prozess setzt Akteure voraus, die handeln. Typischerweise werden folgenden Rollen angenommen:

  1. Es gibt Auftraggeber (’stakeholder‘) die mit einer Problemstellung und mit einem Ziel kommen.
  2. Es gibt Experten, die die Aufgabenstellung so analysieren müssen, dass sich daraus ein Plan ergibt, der sich entsprechend den Zielen umsetzen lässt.
  3. Schließlich braucht es auch noch die Realisierer, die die Pläne entsprechend in reale Produkte oder Dienstleistungen umsetzen.

Sprache

Was in den Akteuren vor sich geht, ist direkt nicht zugänglich. Allerdings wird im allgemeinen angenommen, dass alle Akteure hinreichend gut kommunizieren können. Dazu gehören gesprochene und geschrieben Sprachen, Dokumente und zusätzliche Artefakte. Für die folgende Diskussion wird — ohne Beschränkung der Allgemeinheit — angenommen, dass es nur eine Sprache gibt (eine Alltagssprache) und dass alle wesentlichen sprachlichen Mitteilungen als Texte fixiert wurden. Insbesondere werden folgende Texte als verfügbar beim Beginn des Projektmanagement-Prozesses [PMP] angenommen:

Dokumente

  1. Ein Problemdokument, das eine gegebene Situation beschreibt, die optimiert werden soll.
  2. Ein Visionsdokument (Ziel), das einen Zustand beschreibt, der aktuell noch nicht gegeben ist, der aber nach Einschätzung aller Beteiligten grundsätzlich möglich ist und der als neue gegebene Situation realisiert werden soll.

Transformationen

Es gehört dann zur weiteren Aufgabe eines Projektmanagement-Prozesses, dass herausgearbeitet wird, durch welche konkreten Maßnahmen/ Aktionen der aktuelle Problem-Zustand in den anvisierten Visions-Zustand transformiert werden kann. Hier wird angenommen, dass jede Maßnahme einen gegebenen Zustand S voraussetzt und nach Ausführung einen Nachfolgezustand S‘ herbeigeführt hat. Maßnahmen benötigen Zeit und unterschiedliche viele Ressourcen. Jede Maßnahme im Kontext eines Projektmanagement-Prozesses kann man insofern auch als eine Veränderungsregel (oder einfach Regel) auffassen, die auf eine gegebene Situation angewendet wird und die eine Nachfolgesituation generiert. Alle beschriebenen Maßnahmen zusammen sollen hier daher als Regel-Dokument aufgefasst werden (oder auch: Maßnahmen-Katalog).

Erfahrung, Wissen, Rückkopplung

Aufgrund der Vielfalt und Komplexität von realen Situationen sind jene Maßnahmen, die gefunden werden müssen, um einen gewünschten Transformationsprozess zu ermöglichen, meistens nicht ‚einfach so‘ zu finden. Es bedarf dazu großer Erfahrung, umfassenden Wissens und — meistens — auch unterschiedliche Experimente, um herauszufinden, welche Maßnahme das gewünschte Ziel am besten ermöglicht. Zugleich kann es passieren, dass man beim Versuch, geeignete Maßnahmen zu finden, sowohl die Formulierung des Problem-Dokuments wie auch des Visions-Dokuments modifizieren muss. Man muss also den gesamten Projektmanagement-Prozess als ein durchgängig rückgekoppeltes System annehmen, bei dem die Ausgangslage (Problem und Vision) den Prozess beeinflusst und der Prozess sehr wohl auch auf die Ausgangslage zurückwirken kann.

Prozess-Variablen

In dieser Betrachtungsweise bilden die drei Dokumente Problem [P]-, Vision [V]- und Regel [R]-Dokument Variablen, die durch ‚Versuch und Irrtum‘ gefunden und optimiert werden müssen, bis das gewünschte Ergebnis — fixiert im Visions-Dokument — hinreichend gut – laut Plan — erreicht werden kann bzw. dann — in der Realisierung — erreicht wurde.

Akteure und Dokumente

Was in diesen Überlegungen bislang fehlt das sind genauere Angaben darüber, was die Akteure genau machen: welche Rolle spielen sie? Die angenommenen P-V-R-Dokumente sind ja statische Artefakte, die für die beteiligten Akteure sowohl Input-Größen darstellen wie auch Output-Größen. Welche Bedeutung der einzelne Akteur solch einem Dokument zuordnet, ist ausschließlich an seine Sprachkompetenz gebunden. Wie jeder weiß, kann das gleiche Wort in verschiedenen Sprachteilnehmern ganz Unterschiedliches bedeuten, selbst wenn es sich bei dem Text um einen sogenannten Standard handelt. Standards haben nur für diejenigen Akteure eine einigermaßen klare Bedeutung, die über ein entsprechendes Spezialwissen verfügen, das oft nur nach jahrelangem Training verfügbar ist. Und selbst dann ist nicht garantiert, ob zwei Experten tatsächlich das gleiche meinen, solange es nicht in der praktischen Umsetzung überprüft werden kann. Durchgängig besteht also als Basis-Anforderung, dass alle Dokumente von allen gekannt und verstanden werden müssen.

Bedeutungs-Absicherung

Ein kollaboratives Erstellen von P-V-Dokumenten liefert aber nur schwache Indizien für ein gemeinsames Verstehen.

Der Rückbezug eines P-Dokuments auf eine gemeinsam geteilte reale Situation stellt hingegen das in der Alltagspraxis mögliche stärkste Indiz zur Verfügung.

Ein V-Dokument enthält hingegen notgedrungen Elemente, von denen man nur annimmt (glaubt), dass es einmal real werden kann. Eine vollständige Überprüfung ist daher vor einer vollständigen Realisierung nicht möglich. Es gibt also Deutungsspielräume, an denen sich gegensätzliche Einschätzungen entfalten können.

Maßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog (Regeln aus dem Regel-Dokument) enthalten meistens viele dynamische Elemente, die spezielle Randbedingungen voraussetzen, so dass deren Wirkung in Form einer Nachfolge-Situation S‘ kaum vollständig abschätzbar sind. Erst Recht dann nicht, wenn die Wirkung mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten verknüpft sind.

Optimaler Pfad

Durch die möglicherweise simultane und auch sequentielle Anwendung von Maßnahmen (Regeln) entsteht also eine Sequenz (Serie, Folge, ..) von Situationen <S1, S2, …, Sn>, deren Verlauf mit zunehmender Länge immer unsicherer wird. Hier wird eine solche mögliche Sequenz ein Pfad genannt, und die Realisierung eines Pfades mit Hilfe eines Simulators wird als Simulation aufgefasst. Da jede Situation Parameter enthalten kann, die mehr als eine Option zulassen, reicht in der Praxis die Untersuchung eines einzelnen möglichen Pfades kaum aus, um den optimalen Pfad zu finden. Eine manuelle Wiederholung von Simulationen so oft, bis alle Möglichkeiten abgedeckt sind, wird aus reinen Zeitgründen auch kaum möglich sein.

Evaluations-Algorithmen (Level 1)

Dieses praktische Dilemma einer manuellen Suche nach dem optimalen Pfad führt zur Überlegung, den durch P-V-R-Dokumente definierten Raum möglicher Pfade durch standardisierte Such-Bewertungs-Algorithmen (manche nennen dies KI) absuchen zu lassen, um jene Teilräume zu entdecken, die im Sinne des V-Kriteriums als optimal gelten. Diese Möglichkeit soll hier Level-1-Evaluation genannt werden.

Kreativ-Algorithmen (Level 0)

Im Lichte einer modernen Kultur-Theorie kann man noch einen Schritt weitergehen, und sich fragen, ob nicht die grundlegenden Annahmen aller Beteiligten, die in den P- und V-Dokumenten ihren Niederschlag gefunden haben, nicht vielleicht schon im Ansatz sub-optimal sind. Für diesen Fall wäre es hilfreich, wenn alle Beteiligten in einen kreativen Diskurs verwickelt werden könnten, der zu alternativen P- und V-Dokumenten führen würde, die ganz andere Maßnahmen zur Folge haben könnten.

Analog liese sich solch ein kreativer Diskurs auch für die Formulierung der Maßnahmen vorstellen. Diese Art der Erweiterung bzw. Veränderung des Möglichkeitsraumes wäre aber strukturell von einer anderen Art als die oben angesprochene Level-1-Evaluation. Die Verfügbarkeit eines kreativen Diskursraumes soll hier Level-0-Erweiterung genannt werden.

Level 0 und Level 1

Level-0-Erweiterung wie auch Level-1-Evaluation sind voneinander unabhängig, können aber in Kombination das Lösungspotential von Projektmanagement Prozessen erheblich steigern.

Oksimo Paradigma und Projektmanagement

Es dürfte jetzt nicht überraschen, dass das hier geschilderte Format von Projektmanagement Prozessen genau dem entspricht, was mit dem oksimo Paradigma möglich sein soll (und in der Tat, schon jetzt bietet das oksimo Paradigma weitere Anwendungsmöglichkeiten, die in diesem Text nicht erwähnt wurden.).

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Simulationen ‚mergen‘

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
11.Mai 2021-11.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch, gerd@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Wie geht das? im oksimo.org Blog.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Simulationen ‚mergen‘

Simulationen wurden ja jetzt schon einige vorgestellt, immer im Kontext von oksimo Programmbeispielen. So gab es ein einfaches Beispiel eines Tagesablaufs mit dem Akteur ‚Gerd‘ und ein fast identisches Beispiel mit dem Akteur ‚Ada‘, allerdings auf Englisch.

Man kann an dieser Stelle die Frage stellen, was passiert, wenn man beide Simulationen zu einer einzigen vereint? Zur Erinnerung, die beiden Tagesabläufe sahen wie folgt aus (zugegebenermaßen sehr einfach):

BILD: Einfacher Tagesablauf mit Akteur ‚Gerd‘ auf Deutsch
BILD: Einfacher Tagesablauf mit Akteurin ‚Ada‘ auf Englisch

Man kann unschwer erkennen, dass diese beiden Beispiele strukturell und inhaltlich sehr ähnlich sind, nur die benutzten Sprache unterscheiden sich. Was würde passieren, wenn man beide Simulationen vereinigen (‚mergen‘) würde? Bevor wir den Fall diskutieren, schauen wir einfach an, was passiert, wenn man mit oksimo zwei Simulationen vereinigt (‚merged‘):

MERGING zeit1 und time1 …

Benutze Version: Oksimo v0.11.4133f

Enter a Number [1-13] for Menu Option

11

List of your saved simulations:

zeit1-SIM1


time1-SIM1

Enter the name of the wanted simulation:

zeit1-SIM1

Enter the name of another simulation or leave empty to save:

time1-SIM1

Enter the name of another simulation or leave empty to save:

Enter name for combined simulation:

zeit1-time1-1

Saved!

Jetzt rufen wir mit Option 10 diese geladene und ‚vereinigte (‚gemergte‘) Simulation zeit1-time1-1 auf:

10

Here you can load a previously saved simulation and rerun it. Add prefix dev for detailed developer-mode.

List of your saved simulations:

zeit1-time1-1

Enter the name of the wanted simulation:

zeit1-time1-1

Enter maximum number of simulation rounds

15

Protokoll einer gemergten Simulation mit 15 Runden.

BILD: Folge der Zustände nach Vereinigung der beiden Simulationen.

Dadurch, dass zwei verschiedene Sprachen benutzt wurden kann man noch einigermaßen erkennen, wie sich die Vereinigung von zwei verschiedenen Simulationen auswirkt. Welchen praktischen Nutzen dies hat, muss man sehen. Gut vorstellbar, dass unterschiedliche Analysen im gleichen Stadtteil oder in der gleichen Kommune sehr interessant werden könnten, speziell dann, wenn es mehr alternative Handlungssituationen geben würde mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Startkonfiguration

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
25.April-29.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch, gerd@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Wie geht das? im oksimo.org Blog.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Startkonfiguration

VIDEO: Dies ist ein neueres Video, das aus der Anwendersicht einen Überblick über das Arbeiten mit oksimo gibt. Der unten stehende Text mit dem Bild schildert das oksimo Paradigma aus einer mehr theoretischen Perspektive. Achtung: beim Abspielen des Videos bitte auf die Option ‚Bild-im-Bild‘ achten. Damit können Sie das Video vergrößert anschauen.

Die Grundidee, wie man in eine universelle Prozessplanung einsteigen kann, findet sich in dem nachfolgenden Schaubild.

Bild: Übersicht zum Prozess einer Prozessplanung durch eine Gruppe von Experten, die normale Sprache benutzen und ausgehend von einer gegebenen Situation S in Gedanken eine mögliche Situation SV konzipieren, die als eine erstrebenswerte Zielsituation dienen soll. Um die noch nicht-reale Situation V verwirklichen zu können, müssen die Experten eine Reihe von Ereignissen bzw. Handlungen, Maßnahmen ersinnen und real umsetzen. Solche Maßnahmen kann man generell im Format einer Veränderungsregel X formulieren. Das Herstellen einer Nachfolgesituation S‘ aus einer gegebenen Situation S kann man auch als (logisches) Ableiten verstehen. Mehrfach angewendet im Format einer Simulation können dadurch Folgen von abgeleiteten Situationen entstehen, deren jeweils letztes Element SN mit der angestrebten Zielsituation SV verglichen werden kann. Die Übereinstimmung kann zwischen 0 und 100% liegen.

DIE EXPERTENGRUPPE

Die Idee der universellen Prozessplanung geht davon aus, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die zusammen ein Stück Zukunft planen möchten. Grundsätzlich gilt jedes Mitglied der Gruppe als ein Experte.

MENSCHLICHER EXPERTE

Von jedem menschlichen Experten wird hier als Arbeitshypothese angenommen, dass er über folgende ‚Grundeigenschaften verfügt [1]:

  1. Es gibt ein Gehirn als zentrales Organ der Informationsverarbeitung und der Handlungsermöglichung.
  2. Das Gehirn ermöglicht Entscheidungen zwischen Alternativen
  3. Im Gehirn kann sich Wissen über die Welt aufbauen eng verknüpft mit einer Sprachfähigkeit, so dass Teile dieses Wissens symbolisch repräsentiert werden können.
  4. Im Gehirn gibt es eine Vielzahl von Bedürfnissen, Emotionen und Stimmungen, die mit allen anderen Teilen wechselwirken können; sie können sich u.a. auf den Entscheidungsprozess auswirken.
  5. Im Gehirn können sich auch Präferenzen (Werte) ausbilden, die dazu führen, dass im Entscheidungsfall eine bestimmte Option einer anderen vorgezogen wird.

KOMMUNIKATION UNTER MENSCHEN (EXPERTEN)

Wenn die Gehirne verschiedener Experten ihr Wissen miteinander austauschen und ihr Handeln koordinieren wollen, dann müssen diese Gehirne eine symbolisch vermittelte Kommunikation untereinander realisieren.

minimale Komponenten für eine Planung

Als minimale Elemente einer Planung werden die folgenden Elemente angenommen:

Aktuelle Situation S

Die Experten können einen Text S erstellen, indem sie eine gemeinsam geteilte Situation SEMP beschreiben. Der Text heißt dann einfach aktuelle Situationsbeschreibung S und hat aufgrund des den Experten innewohnenden Sprachverständnisses einen kognitiven Bezug zu der als real (empirisch) angenommenen Situation SEMP . Anders formuliert: die Experten verfügen über die Fähigkeit mittels ihrer Sprachfähigkeit ein kognitiv gegebenes Bild SCOG einer empirischen Situation SEMP in einen Text S abzubilden EXP: SEMP x SCOG —> S, der von allen Beteiligten als zutreffen entschieden werden kann: EXP: SEMP x SCOG x S —> [0,1].

Zukünftige Situation V

Die Experten können auch einen Text V erstellen, in dem eine mögliche Situation SV (eine Vision) beschrieben wird. Mögliche Situation sind gedankliche (kognitive) Konstrukte in den Gehirnen, die in Sprache abgebildet werden. Ob es jemals eine reale Situation SEMP geben wird, deren Beschreibung S mit der Beschreibung SV einer gedachten möglichen Situation übereinstimmt, ist letztlich erst dann entscheidbar, wenn eine solche passende empirische Situation tatsächlich eingetreten ist. Dennoch kann eine Vision V dazu benutzt werden, um eine gegebene Situation S, die in irgendeinem Sinne als unzulänglich aufgefasst wird, in eine bestimmte Richtung hin zu verändern. Tatsache ist, dass wir Menschen ohne eine Vision nicht in der Lage sind, irgendetwas gezielt planen zu können.[2a,b],[6]

Veränderungsregeln X

Wird die Vision einer zukünftigen Situation V als erklärtes Handlungsziel SV benutzt, dann müssen die beteiligten Experten einen Weg finden, wie man von der aktuellen Situation S zur gewünschten Situation SV kommen kann. Dies gelingt nur dadurch, dass man die gegebene aktuelle Situation S so weitgehend abändert, dass die Situation S hinreichend weit mit der gewünschten Situation SV übereinstimmt.

Veränderungen können zustand kommen, weil es Gesetzmäßigkeiten in der erfahrbaren Welt gibt, die von sich aus zu Veränderungen führen [3], oder weil Menschen gezielt Veränderungen herbei führen.[4]

Veränderungen, die von einer gegebenen Situation S zu einer durch Veränderung entstandenen Nachfolgesituation S‘ führen, kann man generell im Format einer Veränderungsregel X formulieren:

  1. Gegeben ist eine aktuelle Situation S
  2. Wenn C Eigenschaften beschreibt, die in der Situation S vorkommen,
  3. Dann soll mit der Wahrscheinlichkeit p folgendes passieren:
  4. Aus der Situation S sollen bestimmte Eigenschaften Eminus entfernt werden und
  5. In zu der Situation S sollen bestimmte Eigenschaften Eplus hinzugefügt werden.
  6. Zusammengefasst: S‘p = S – Eminus + Eplus oder kürzer: X(S) = S‘
Als Ableitung |–X

Man kann auch den Standpunkt des logischen Folgerns einnehmen. Dann lässt sich die Erzeugung einer Nachfolgesituation S‘ aus einer gegebenen Situation S mit Hilfe einer Veränderungsregel X auch als Ableitung verstehen [5]:

S |–X S‘

Simulation(en) |–Σ,X

Ableitungen mit Veränderungsregeln führen generell zu einer neuen Nachfolgesituation S‘. Wenn diese schon die erwünschte Zielsituation SV ist, kann der Prozess beendet werden. Falls nicht, liegt es nahe, die Ableitung zu wiederholen. Es kann also eine n-malig Iteration stattfinden, bis die angezielte Situation SV zu 100% erreicht wird oder wenigstens bis zu einem Wert 100%-θ, wobei θ einen vereinbarten Schwellwert darstellt. Ableitungen mit n-fachen Iterationen werden hier als Simulationen bezeichnet, geschrieben:

S |–Σ,X S‘

Evaluation

Möchte man den Verlauf oder das Ergebnis eines Veränderungsprozesses irgendwie bewerten/ evaluieren, dann gibt es im Rahmen des vorliegenden Paradigmas die Möglichkeit, die angezielte Vision als Bewertungsmaßstab zu benutzen. Dies bedeutet, dass die Experten, alles, was ihnen für die Zukunft wichtig ist, in ihre Vision hineinschreiben müssen: Wenn es, wie im Beispiel ‚Gerd ist hungrig‚ nur darum geht, den Hunger zu stillen, dann reicht es, als Vision zu schreiben, dass gelten soll ‚Gerd ist nicht hungrig.‘ Wenn man mehr will, dann müsste man Sätze hineinschreiben wie z.B. ‚Gerd isst nur vegetarisch‘, ‚Das Essen darf nicht mehr als 15€ kosten‘, usw.

Diese Evaluation findet automatisch bei jedem Simulationszyklus statt. Die Evaluation hat die Struktur:

MATCH: SN x SV—> [0,1]

KOMMENTARE und QUELLEN

(Letzte Änderung: 1.Mai 2021)

[1] Zum Thema Menschenbild gibt es tausende von Artikeln und Büchern. Von einem irgendwie einheitlichen Bild kann keine Rede sein. Will man in einer solchen Situation nicht hilflos hin und her pendeln zwischen reiner ‚Kontextfreiheit‘ und ‚Zitatenbergen‘ bleibt nur, jene Annahmen als Arbeitshypothesen kenntlich zu machen, deren man sich bedient, so dass jeder, der meint, es besser zu wissen, sich direkt auf die zu kritisierende Stelle beziehen kann um so sein alternatives, ergänzendes Wissen zu thematisieren.

[2a] Im Alltag ist die Rolle von Visionen und von Kreativität oft ambivalent: einerseits kann man immer wieder erleben, dass kreatives Verhalten etwas Schönes hervorbringt, etwas sehr Nützliches, oder — im Fall von Firmen — genau das Produkt/ die Dienstleistung ermöglicht, die dann zum großen Umsatzrenner werden. Zu Beginn kann man aber oft nicht wissen, ob die neue Idee, die Vision genau das ermöglichen wird, was man sich erhofft. Dies impliziert Unsicherheiten und vielfach Ängste. Klar ist nur, dass das biologische Leben auf der Erde ohne eine Kreativität auf voller Breite bis heute nicht überlebt hätte. Die Umstände der Erdentwicklung waren mehrmals geeignet, das Leben auszulöschen.

[2 b] Warum Experten eine bestimmte Vision V formulieren, hängt ganz von ihren inneren Zuständen ab. Sie können für eine bestimmte Vision V sein, ohne dass sie möglicherweise klar formulieren können, warum eigentlich (‚Wir wollen das so‘); oder sie nennen explizite Umstände (‚Die Klimaveränderung erfordert diese Maßnahme‘), oder sie berufen sich auf irgendwelche Konventionen (‚Das tut man hier so‘), usw.

[3] Wenn es regnet bekommen die Pflanzen genug Wasser, um weiter wachsen zu können.

[4] Wenn es trocken ist, dann musst du die Pflanzen wässern.

[5] Hierbei ist zu beachten, dass ‚X‘ auch eine Menge von Veränderungsregeln bezeichnen kann und die Ableitung von S‘ das Ergebnis der Anwendung aller Regeln aus X repräsentiert. Liegt tatsächlich mehr als eine Veränderungsregel vor — also |X| > 1 –, dann wird diese Menge von Regeln per Zufall serialisiert und die Regeln werden nacheinander angewendet, d.h. das Ergebnis der ersten Ableitung wird zum Ausgangspunkt für die nachfolgende Ableitung.

[6] Weitere Fallstudien zeigen, dass der Faktor Vision [V] weit komplexer ist, als ursprünglich gedacht. Dies wird aber nur sichtbar, weil die Anwendung von oksimo auf immer mehr Alltagssituationen die innere Dynamik von Abläufen ganz neu sichtbar macht. So kann und muss man an der Grundsituation des Alltags zwischen jenen Faktoren unterscheiden, die eher unveränderlich sind und jenen, die sich eher ändern. Relativ dazu gibt es Visionen/ Ziele, die zusammenhängend sind (wo also alle Aspekte gleichzeitig auftreten), oder verteilt in der Zeit (jemand hat mehrere Ziele, die er erfüllen möchte, jedes Ziel steht für sich, aber sie alle zusammen bilden einen Zielkomplex, der die Person leitet. Ferner gibt es auch bei den Zielen eher kurzfristige Ziele oder eher längerfristige. Ferner ist zu beachten, dass Ziele während eines Prozesses wechseln können: im Versuch, ein Ziel V zu erreichen mit den Teilzielen V1, …, Vn können sich die Verhältnisse oder die Anschauungen dergestalt ändern, dass man u.U. einige Teilziele ändert zu Vi*. Dies alles führt dazu, dass man davon ausgehen muss, dass Visionen/ Ziele innerhalb eines Prozesses sich ändern können wie der objektive Zustand selbst! Dies bedeutet, dass es auch Veränderungsregeln für Visionen/ Ziele geben müsste! Menschliche Akteure sind selbst-reflexive, lernende Systeme.