Archiv der Kategorie: Karl Popper

ANWENDUNG – LEHRE

(4.November 2022 – 2.Februar 2023)

KONTEXT

Diese LEHR-Anwendung ist Teil des Themas Anwendungen.

Zum Konzept ‚Citizen Science für Nachhaltigkeit‘

Nach 5 Semestern Vorlauf unter dem Titel ‚Kommunalplanung & Gamification. Labor für mehr Bürgerbeteiligung‘ hat das Dozenten-Team Gerd Doeben-Henisch, Hans-Jürgen Schmitz und Tobias Schmitt von der Frankfurt University of Applied Sciences (FUAS) im Wintersemester 2022/23 die Lehrveranstaltung umbenannt in ‚Citizen Science für Nachhaltige Entwicklung‘. Dies erfolgte unter dem Einfluss einer intensiven Beschäftigung mit dem Thema ‚Nachhaltigkeit‘ und dem Wechselspiel mit der gesellschaftlichen Situation unter besonderer Berücksichtigung einer zunehmenden Digitalisierung gepaart mit einem stärker werdenden Einfluß von ‚Maschineller Intelligenz‘.[0]

Anwendungsperspektive

(Letzte Änderung: 2.Februar 2023)

Das Modul ‚Citizen Science für Nachhaltigkeit‘ versucht, aktuelle Strömungen der Weltgesellschaft aufzugreifen, und sie für eine Lehrveranstaltung nutzbar zu machen.

Für eine erste Orientierung sind die folgenden Begriffe von zentraler Bedeutung: ‚Nachhaltigkeit‘, ‚Empirische Theorie‘, ‚Nachhaltige Empirische Theorie‘, ‚Spiel‘ sowie ‚Citizen Science‘ (Bürgerwissenschaft).

Diese Themen werden in experimenteller Weise auf regionale Szenarien projiziert.

Nachhaltigkeit

Der Begriff der ‚Nachhaltigkeit‘ hat nicht zuletzt durch eine Serie von Konferenzen der Vereinten Nationen eine größere Bekanntheit bekommen. Am Beginn dieser Konferenzserie steht der — mittlerweile berühmte — ‚Brundtland Report‘ von 1987.[1] Im Brundtland Report hat eine internationale Kommission unter Leitung der damaligen Ministerpräsidentin Brundtland von Norwegen herausgearbeitet, unter welchen Bedingungen die Menschheit besser erkennen kann, wie eine mögliche zukünftige Welt aussehen müsste, die für alle Menschen lebenswert ist. Ein zentraler Punkt war darin, dass für die Klärung einer ‚Zukunft für alle‘ tatsächlich auch ‚alle Menschen‘ (die Bürger, Citizens) einbezogen werden müssen, da das vielfältige Wissen in der kleinen Schar der ‚institutionellen Experten‘ nicht ausreichend abgebildet wird. Hier liegt auch die Wurzel der Bedeutung des Begriffs ‚Diversity‘ (Vielfalt).[2]

Neben der ‚Diversity‘ (Vielfalt) erfordert ein ’nachhaltiges Denken‘ aber auch die Schlüsselkompetenz, auf der Basis des aktuellen Wissens ‚Voraussagen‘ (‚Prognosen‘) generieren zu können, anhand deren die Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Stück weit in die ‚Zukunft‘ ‚voraus denken‘ können. Eine ‚mögliche Zukunft‘ existiert ja nicht als ein ‚Gegenstand‘, sondern nur in ‚unserem Denken‘ als ‚Möglichkeit‘. Denkerische Möglichkeiten sind mehr oder weniger vage, d.h. die ‚voraus gedachte Zukunft‘ muss durch den Gang der Ereignisse ‚bestätigt werden‘. ‚Vorausgesagte’/ ‚prognostizierte’/ ‚erhoffte‘ Zukunft ist daher immer mit einer gewissen ‚Unsicherheit‘ verknüpft.

(Nachhaltige) Empirische Theorie

Wenn man sich die Frage stellt, wie genau man sich das ‚Generieren einer Voraussage‘ vorzustellen hat, dann wird man auf das Konzept der modernen ‚Wissenschaft‘ verwiesen, das historisch in der Entwicklung der ‚empirischen Wissenschaft‘ gründet. Neben der ‚empirischen Wissenschaft‘ selbst, die in Europa grob im 16.Jahrhundert begann, gibt es auch von Anfang an eine philosophische Beschäftigung mit dem Thema, das gegen Ende des 19.Jahrhunderts, Anfang des 20.Jahrhunderts unter der Bezeichnung ‚Wissenschafts-Philosophie‘ bekannt wurde (in Deutschland auch gerne ‚Wissenschaftstheorie‘ genannt).

Von den vielen Namen, die hier zu nennen wären, gilt Karl Popper (1902 – 1994) als einer der populärsten Vertreter, wenngleich er von dem ‚Main Stream‘ in Wissenschaftsphilosophie deutlich abweicht. Besonders interessant ist sein ‚Spätwerk‘.[3],[4]. Einige Analysen zu Popper von Gerd Doeben-Henisch und dem Konzept einer empirischen Theorie finden sich in [5a-e].

Im Kern leistet eine empirische Theorie genau das, was man von ihr erwartet: Wenn eine Gruppe von Experten (Bürgern (Citizens)) in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Raumgebiet Beobachtungen (Messungen) vorgenommen haben, dann kann es passieren, dass sie in der Menge der Beobachtungen typische Muster (Beziehungen) identifizieren können, die sich als ‚Veränderungen‘ interpretieren lassen. Wenn solche entdeckten ‚Veränderungs-Muster‘ stabil genug sind, kann man mit diesen ‚Voraussagen’/ ‚Prognosen generieren. Diese Voraussagen müssen nach einem bestimmten transparenten Schema erfolgen. Bis zu einem gewissen Grad kann man solche Veränderungs-Muster dann auch auf die erfolgten Prognosen selbst wieder anwenden. Eine solche wiederholte Anwendung von Veränderungs-Mustern nennt man dann eine ‚Simulation.‘

Im Kontext der Nachhaltigkeit ist solch eine empirische Theorie von unschätzbarem Wert, befähigt sie doch die Bürger, zumindest eine dunkle Ahnung von der herannahenden Zukunft zu gewinnen. Allerdings, was eine empirische Theorie nicht leisten kann: sie sagt den Bürgern nicht, welche der vielen erkennbaren Möglichkeiten nun ‚erstrebenswert‘ ist und welche nicht. An dieser Stelle sind die Bürger herausgefordert, miteinander zu klären, welche der erkennbaren prognostizierten möglichen Zukünfte für sie ‚erstrebenswert‘ sind.[6]

Diese Kombination von ‚empirischer Theorie‘ und zusätzlicher Qualifikation von ‚erstrebenswerten Prognosen‘ soll hier ‚Nachhaltige Empirische Theorie‘ genannt werden.

Spiel(en) als Modell einer nachhaltigen Empirischen Theorie

Wer den Überlegungen zu ‚Nachhaltigkeit‘ und ‚Empirischer Theorie‘ soweit gefolgt ist, und wer jemals in seinem Leben ‚gespielt‘ hat, der wird sofort verstehen, dass ‚ein Spiel spielen‘ nichts anderes ist, als eine ’nachhaltige empirische Theorie‘ beispielhaft zu praktizieren. Dies sei hier kurz verdeutlicht. (Siehe auch: [11])

  1. Als Ausgangslage (IST-Situation) dienen einer empirischen Theorie empirische Daten aus einem empirischen Szenario. Im Fall eines Spiels kann dies auch ein reales Szenario sein (Übungsplatz, Fußballplatz,…), es kann aber auch ein ‚Spielbrett‘ mit ‚Spielmaterial‘ sein, oder eine Menge von Karten, oder …
  2. Als Veränderungsregel dienen in einer empirischen Theorie ‚Gesetze‚, die sprachliche Beschreibungen von Formen von Veränderungen darstellen, die bei der Erforschung von realen Szenarien gefunden wurden. Im Spiel sind dies die Spielregeln, die festlegen, wie man eine vorgegebene Spielsituation verändern darf.
  3. Die ‚Anwendung von Gesetzen‘ im Rahmen einer empirischen Theorie wird durch spezielle ‚Anwendungsvorschriften geregelt, zu der auch ein ‚logisches Folgerungsverfahren‚ gehört. Im Rahmen eines Spiels wird die Anwendung der Spielregeln im Spiel in einer Spielanleitung geregelt. Diese legt fest, wann man welche Regel wie anwenden darf, um eine aktuelle Spielsituation verändern zu dürfen.
  4. Während im Fall einer empirischen Theorie der ‚zeitliche Ablauf‘ durch die ‚empirische Realität‘ selbst geregelt ist (die empirische Welt verändert sich unabhängig von der Theorie von alleine), muss im Fall eines Spiels ein zeitlicher Ablauf künstlich hergestellt werden. Normalerweise geschieht dies durch Spielrunden, in denen alle beteiligten Akteure (die Spieler) durch Befolgung der Spielregeln im Sinne der Spielanleitung geordnet handeln. Aufgrund der Anwendung der Spielregeln wird eine neue Anordnung von Spielmaterial auf dem Spielbrett erzeugt. Dadurch entsteht eine ‚Folge von aufeinander folgenden Spielsituationen, die den Spielverlauf verkörpern. Ein Spielverlauf entspricht im Kontext einer Theorie einer Simulation (= eine wiederholte Anwendung der Gesetze).
  5. Während in einer normalen empirischen Theorie nur ‚mögliche Prognosen‘ generiert werden können ohne ‚Bewertungen‘, können Bürger mit Hilfe von möglichen Prognosen versuchen, diese zu bewerten im Sinne von ‚eher vermeiden‘ oder ‚eher anstreben‘. In dem Moment, wo Bürger eine solche ‚Klassifikation‘ von ‚möglichen prognostizierten Zukünften‘ vornehmen, versuchen sie, sich für ein nachhaltiges Verhalten zu entscheiden. In einem ‚Spiel‘ liegt genau das vor: Neben Startsituation, Spielregeln und Spielanleitung sind bestimmte ‚mögliche Zukünfte‘ als ‚Gewinnsituation‘ ausgezeichnet. Insofern eignet sich das Spielformat hervorragend zur Simulation von Nachhaltigkeitskonzepten.

Citizen Science (Bürgerwissenschaft)

Bleibt noch kurz zu erläutern, warum der Begriff ‚Citizen Science (Bürgerwissenschaft)‘ in diesem Kontext benutzt wird. Wie schon die Erläuterungen zum Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ anklingen lassen, ist Nachhaltigkeit nur einlösbar, wenn ‚alle‘ Bürger mit ihren Erfahrungen und Wünschen beteiligt werden. Diese Beteiligung muss zusätzlich verknüpft sein mit der Anforderung, aus dem Wissen der Gegenwart ‚begründete Prognosen‘ ‚generieren zu können‘. Dies führt zum Konzept der empirischen Wissenschaft, das um die Dimension ‚Bewertung‘ ergänzt wird. Diese Kombination legt nahe, den Begriff der ‚Bürgerwissenschaft (Citizen Science)‘ neu zu prägen.

Von diesem umfassenden Konzept einer modernen Bürgerwissenschaft muss man jenes Konzept von Citizen Science abgrenzen, in dem die etablierten wissenschaftlichen Disziplinen sich der ‚Bürger‘ bedienen, um ihre Daten besser sammeln zu können.[7],[8]

Anwendung in einem Semesterkonzept

Es fragt sich, wie sich die zuvor eingeführten Konzepte ‚Nachhaltigkeit‘, ‚Empirische Theorie‘, ‚Nachhaltige Empirische Theorie‘, ‚Spiel‘ sowie ‚Citizen Science‘ (Bürgerwissenschaft) im Rahmen eines interdisziplinären Semesterprojekts praktisch nutzen lassen.[10]

Möglicher Semesteraufbau

Ein Semesteraufbau kann etwa wie folgt aussehen (Angenommen werden 8 Sitzungen mit jeweils zwei Doppelstunden):

  1. Bekanntwerden mit einem Thema (Sitzung 1)
  2. Vertraut werden mit dem Konzept ‚Theorie im Spielformat(Sitzung 2-3)
  3. Anwendung des Konzepts Spiel auf das eigene Thema (Sitzung 4-6)
  4. Testen des eigenen Spielentwurfs mit Hilfe anderer Teams (Sitzung 7)
  5. Bericht von den Ergebnissen mit Dokumentation des Spiels (Sitzung 8)

Überlegungen für eine mögliche Ausführung

In einem Kurs zur Nachhaltigkeit, in dem Teams lernen sollen, wie sie gemeinsam ein Thema nachhaltig angehen können, kommt es nicht darauf an, einen umfassenden Wissensstand zu entwickeln — was aufgrund der begrenzten Ressource Zeit praktisch nicht möglich ist — , sondern zu üben, wie ein Thema im Sinne der Nachhaltigkeit für einen nachhaltigen Handlungsprozess ‚aufgearbeitet‘ werden kann.

Dazu muss man sich klar machen, dass für ein nachhaltiges Verhalten folgende Schlüsselaufgaben gelöst werden müssen:

  1. Das Team muss sich einigen, in welchem räumlichen Bereich (Global, Kontinental, …) und für welchen Zeitraum es das vorgegebene Thema bearbeiten möchte.
  2. Das Team muss sich einigen, welche Ausgangslage (Startsituation) es für seine Analyse annehmen will.
  3. Das Team, muss sich einigen, welche Zielsituation es am Ende der gesetzten Zeitspanne ansetzen möchte.
  4. Das Team muss sich einigen, welche Art von Veränderungen es für seine Analyse akzeptiert.
  5. Das Team muss plausibel machen können, wie die angenommenen Veränderungen die Ausgangslage schrittweise in die Zielsituation überführt/ transformieren.

…. und Umsetzung in ein Spiel

Für die Umsetzung von aktuellem Wissen in ein Spiel empfiehlt sich dann ein inkrementelles Ausarbeiten. Man beginnt mit einem möglichst einfachen Szenario, das alle Elemente enthält: Ausgangslage, Spielregeln, Spielanleitung und ‚Gewinnkriterien‘ (= Ziel). Dann probiert man aus, wie diese Version Nr.0 funktioniert. Wenn man dann noch Zeit ‚übrig‘ hat und über weitere Informationen zum Thema verfügt, kann man diese erste Version Nr.0 erweitern zu Version 1. Und dies immer weiter, bis die verfügbare Zeit aufgebraucht ist.

Für potentielle ‚Spieler‘ des Spiels spielt es natürlich auch eine Rolle, ob das Spiel irgendwie ‚Spaß‘ macht, über ein Minimum an ‚Spannung‘ verfügt, und — natürlich — auch die Besonderheit des Themas erkenne lässt; letzteres verkörpert den Aspekt des Lernens.

und Testen

Für ein entwickelndes Team ist es wichtig, ein Feedback von ‚Anwendern‘ (Bürgern) zu bekommen. Im Idealfall schafft ein Team bis zur Sitzung 7 die Erstellung eines ersten spielbaren Prototyps ihres Spiels. Dann kann das Entwicklerteam sein Spiel von den anderen Teams testen lassen. Reicht die Zeit nicht aus, dann sollte mindestens ein ausgearbeitetes Konzept vorliegen, anhand dessen man abschätzen kann, wie das Spiel funktionieren würde. Dann würden die anderen Teams dieses Konzept bewerten. Mit solch einer qualifizierten Rückmeldung von ‚Anwendern‘ kann das Entwicklerteam sein Konzept/ sein Spiele-Prototyp weiter verbessern.

… Form einer Prüfung

In der Prüfung stellt das Team sein Spielkonzept vor und berichtet von seinem Lernprozess. Dazu gehört wesentlich ein Aufweis, wie die vorgegebene Problemsituation mit dem Spielkonzept und dem realisierten Spiel zusammen hängt.

Kommentare

[0] Siehe den Konferenzbericht von Gerd Doeben-Henisch (2023), REVIEW KONFERENZ: Partizipation und Nachhaltigkeit in der Digitalität, Zevedi-Konferenz des Projekts ‚Nachhaltige Intelligenz – Intelligenten Nachhaltigkeit‘, 7.-8.Dezember 2022, Fulda. URL: https://www.oksimo.org/2022/12/09/review-konferenz-partizipation-und-nachhaltigkeit-in-der-digitalitaet-7-8-dezember-2022/.

[1] UN. Secretary-General;World Commission on Environment and Development, 1987, Report of the World Commission on Environment and Development : note / by the Secretary-General., https://digitallibrary.un.org/record/139811 (accessed: July 20, 2022) (In einem besser lesbaren Format:  https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/5987our-common-future.pdf) Anmerkung: Gro Harlem Brundtland (ehemalige Ministerpräsidentin von Norwegen) war die Koordinatorin von diesem Report.(Dieser Text enthält die grundlegenden Ideen für alle weiteren UN-Texte)

[2] Der Aspekt ‚Diversity‘ spiel außerdem seit ca. 3.5 Milliarden Jahre eine fundamentaler Rolle bei der Entwicklung des Lebens auf dem Planet Erde.

[3] Karl Popper, „A World of Propensities“,(1988) sowie „Towards an Evolutionary Theory of Knowledge“, (1989) in: Karl Popper, „A World of Propensities“, Thoemmes Press, Bristol, (1990, repr. 1995)

[4] Karl Popper, „All Life is Problem Solving“, Artikel, ursprünglich ein Vortrag 1991 auf Deutsch, erstmalig publiziert in dem Buch (auf Deutsch) „Alles Leben ist Problemlösen“ (1994), dann in dem Buch (auf Englisch) „All Life is Problem Solving“, 1999, Routledge, Taylor & Francis Group, London – New York

[5a] Gerd Doeben-Henisch, „WISSENSCHAFT IM ALLTAG. Popper 1988/1990“, Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 21.Februar 2022, URL: https://www.cognitiveagent.org/2022/02/16/wissenschaft-im-alltag-popper-1988-1990/

[5b] Gerd Doeben-Henisch, „WISSENSCHAFT IM ALLTAG. Popper 1989/1990“, Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 21.Februar 2022, URL: https://www.cognitiveagent.org/2022/02/19/wissenschaft-im-alltag-popper-1989-1990/

[5c] Gerd Doeben-Henisch, „WISSENSCHAFT IM ALLTAG. Popper 1991/1994 (1999)“, Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 21.Februar 2022, URL: https://www.cognitiveagent.org/2022/02/21/wissenschaft-im-alltag-popper-1991-1994-1999/

[5d] Gerd Doeben-Henisch, „POPPER – Objective Knowledge (1971). Summary, Comments, how to develope further“, eJournal: uffmm.org, ISSN 2567-6458, 07.March 22 – 12.March 2022, https://www.uffmm.org/2022/03/09/popper-objective-knowledge-1971-summary-comments-how-to-develope-further/

[5e] Gerd Doeben-Henisch, „POPPER and EMPIRICAL THEORY. A conceptual Experiment“, URL: eJournal: uffmm.org, ISSN 2567-6458, 12.March 22 – 16.March 2022, URL: https://www.uffmm.org/2022/03/12/popper-and-empirical-theory-a-conceptual-experiment/

[6] Im Jahr 2022 gilt es z.B. als erstrebenswert, die allgemeine Erhöhung der Erderwärmung unter 1.5 oC zu halten, oder die Biodiversität zu schützen, oder …

[7] Aya H.Kimura and Abby Kinchy (2016), Citizen Science: Probing the Virtues and Contexts of Participatory Research. In: Engaging Science, Technology, and Society 2 (2016), 331-361, DOI:10.17351/ests2016.099 (Den Hinweis auf diesen Artikel bekam ich von Athene Sorokowski)

[8] Warren Weaver, Science and the Citizens, Bulletin of the Atomic Scientists, 1957, Vol 13, pp.361-365. (Den Hinweis auf diesen Artikel bekam ich von Philipp Westermeier) Warren Weaver — einer der führenden Wissenschaftspromotoren in den USA der 50iger Jahre — hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Ursprünge der modernen Wissenschaft in einer quasi ‚Bürgerbewegung‘ im England des 16.Jahrhunderts zu finden sind. Die Aktivitäten dieser Bürgerbewegung führte dann zur späteren ‚Royal Society‘, gegründet 1660 in London; mittlerweile ist diese die älteste wissenschaftliche Gesellschaft der Welt. Weaver macht weiterhin darauf aufmerksam, dass wir in der Gegenwart eine ‚Entfremdung‘ zwischen den sich immer mehr vereinzelnden wissenschaftlichen Disziplinen (man spricht sogar schon von ‚Wissenschafts-Silos‘) und den Bürgern einer Gesellschaft feststellen kann. Eine lebendige Demokratie braucht aber eine lebendige interaktive Beziehung zwischen den Bürgern und der Wissenschaft. Dies erfordert neue Kommunikations- und Wissensformen.

[9] Gerd Doeben-Henisch, (2023), REVIEW KONFERENZ: PARTIZIPATION UND NACHHALTIGKEIT IN DER DIGITALITÄT, 7.-8.DEZEMBER 2022, URL: https://www.oksimo.org/2022/12/09/review-konferenz-partizipation-und-nachhaltigkeit-in-der-digitalitaet-7-8-dezember-2022/

[10] Neuauflage des Moduls ‚Citizen Science für Nachhaltige Entwicklung‘ im SS2023 an der Frankfurt University of Applied Sciences.

[11] Hinweis auf eine Strukturelle Äquivalenz zwischen den Konzepten ‚Nachhaltige Empirische Theorie‘, ‚Spiel‘, und ‚Theaterstück‘ von Gerd Doeben-Henisch, 2023, NACHHALTIGE EMPIRISCHE THEORIE – VERSCHIEDENE FORMATE: THEORIE – SPIEL – THEATERSTÜCK, URL: https://www.oksimo.org/2022/12/14/nachhaltige-empirische-theorie-verschiedene-formate/ .

Nachhaltige Angewandte Empirische Theorien [NAET]. Grundlagen (Übersetzung)

eJournal: uffmm.org
ISSN 2567-6458, 14.April 2022 – 14.April 2022 (Stand der Übersetzung: 18.April 2022)
Email: info@uffmm.org
Author Writing: Gerd Doeben-Henisch (Übersetzer: Philipp Westermeier)
Authors in Discourse: Gerd Doeben-Henisch & Philipp Westermeier
Email: gerd@doeben-henisch.de

— In Bearbeitung !! — (Stand 18. April 2022)

BLOG-KONTEXT

Dieser Post ist eine Übersetzung des Blogeintrags Sustainable Applied Empiric Theories in der Rubrik Philosophy of Science des uffmm blogs von Gerd Doeben-Henisch, übersetzt durch Philipp Westermeier.

Vorwort

In vorangegangenen Blogeinträgen über das Konzept der Empirischen Theorie [ET], insbesondere im Kontext von Karl Popper (z.B. Popper und die Empirische Theorie. Ein konzeptionelles Experiment) wurde untersucht, ob und wie diese Konzepte mit der Idee eines Entwicklungsprozesses zusammengeführt werden können (z.B. Eine Empirische Theorie als Entwicklungsprozess). Ein weiterer Aspekt ist die Idee der „nachhaltigen Entwicklung“, wie sie durch den sogenannten Brundtland-Bericht [1] im Jahr 1987 geprägt wurde, der die Grundlage für die Rio-Konferenz „Earth Summit“ der Vereinten Nationen im Jahr 1992 bildete [2], die nach mehreren weiteren UN-Konferenzen bis 2015 mit der „Agenda 2030“ endete, die 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs) propagiert. [3]

‚Nachhaltigkeit‘ hängt von der Fähigkeit ab, ‚qualifizierte Abschätzungen über mögliche zukünftige Zustände‘ treffen zu können. Dies wiederum setzt qualifiziertes Wissen über die ‚Vergangenheit‘ und die ‚Gegenwart‘ voraus. Insbesondere sollte dieses Wissen jene Arten von ‚elaborierten Veränderungen‘ im Ablauf von Ereignissen enthalten, die als ‚Muster möglicher Veränderungen‘ interpretiert und genutzt werden können und von einer beobachteten Situation zu einer weiteren beobachtbaren Situation führen. Von hier aus vermittelt der folgende Text einige weitere Ideen.

NAET Grundlagen

Diese Abbildung zeigt drei verschiedene Ebenen bei der Konstruktion einer angewandten empirischen Theorie: (i) Auf einer ‚Metaebene‘ kommunizieren einige natürlichen Experten, beobachten Teile der empirischen Umwelt und versuchen, diese Ideen mit einigen symbolischen Ausdrücken einer gemeinsamen natürlichen Sprache zu beschreiben. (ii) Der Inhalt dieser Aktivitäten auf der Metaebene erzeugt drei Arten von Texten auf der ‚Objektebene‘: (a) Ein Text beschreibt die aktuell beobachtbare Situation mit dessen interessanten Eigenschaften; (b) ein anderer Text beschreibt die Anforderungen an eine gewünschte Situation in der Beschreibung eines zukünftigen Zustands; (c) ein weiterer Text beschreibt eine Sammlung von ‚Veränderungsregeln‘ möglicher Aktionen, von denen angenommen wird, dass sie eine gegebene Situation in eine neue Situation umwandeln können. (iii) Auf einer dritten Ebene, der ‚philosophischen Ebene‘, kann man Fragen zu den ‚Bedingungen‘ aller auf der Metaebene verwendeten Elemente stellen.

NAET Dynamische Räume

In dieser Abbildung wird in einen Prozess ‚hineingezoomt‘, der durch eine Objektebene einer NAET beschrieben wird. Der ‚gegebene Zustand‘ einer konkreten NAET beschreibt einen Teil der empirischen Umwelt, die als solche eine gewisse ‚Dynamik‘ aufweist, zusätzlich können auch einzelne Akteure als Teile der Umwelt beschreiben werden. Jeder Akteur hat seine eigene Dynamik und kann, isoliert betrachtet, durch seine Handlungen eine Menge von Zuständen erzeugen. ‚Potenziell‘ fast nicht-abzählbar viele mögliche Folgerungen sind möglich. Somit ist jeder Akteur mit einem ‚Raum möglicher Folgerungen‘ verbunden, welcher ‚potentieller individueller Realisierungsraum‘ [PIR] genannt wird. In der Realität muss jeder Akteur ständig ‚entscheiden‘, welche konkrete Fortsetzung aus den vielen möglichen Fortsetzungen ausgewählt werden soll. So wird der große Raum in einen einzigen Prozess umgewandelt, der nur einen Pfad im PIR darstellt. Fragt man nach den ‚Faktoren‘, die den Auswahlprozess beeinflussen, so kann man viele Arten von Faktoren feststellen. Neben den internen Faktoren gibt es die ‚Umwelt als solche‘: Kein Wasser zum Trinken; kein Essen zum Essen; tödliche Kriminelle um dich herum … das würde jedes Kind daran hindern, die Optionen zu wählen, die hilfreich wären. Im Bereich der ‚internen Zustände‘ gibt es ein gewisses Maß an ‚Erfahrung‘, das bestimmte Arten von ‚Wissen‘ ermöglicht, die der Bezugspunkt für mögliche Entscheidungen sind. Wenn diese Erfahrung zu gering ist, wenn das Wissen falsch ist, besteht keine Chance, eine gute Auswahl zu treffen. Und vieles mehr…

NAET Multiple Theorien

Diese Abbildung zeigt wieder die Metaebene. In der Regel wird mehr als eine Theorie verfasst. Meistens befassen sich diese Theorien mit verschiedenen Aspekten der empirischen Realität. Da die Realität als solche ‚eine‘ ist, wäre es hilfreich, ‚alle verschiedenen speziellen Ansichten zu vereinheitlichen‘. In einer NEAT-ähnlichen Theorie, wie sie hier beschrieben wird, ist dies recht einfach: man muss nur jede Art von Text als die ‚gegebene Situation‘, die ‚gewünschte Situation‘ sowie die ‚Veränderungsregeln‘ vereinheitlichen, um eine neue ‚einheitliche‘ Theorie zu erhalten.

Kommentare

[1] Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/5987our-common-future.pdf, Zugriff: 10/04/2022

[2] Bericht der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung, https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N92/836/55/PDF/N9283655.pdf, Zugriff am: 10/04/2022

[3] Vereinte Nationen, https://sdgs.un.org/goals, Zugriff am 10/04/2022

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Konkret, Abstrakt, Alltagstheorie

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
15.Mai 2021-15.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch, gerd@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas strukturelle Eigenschaften der oksimo Sprache in der Sektion UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Wie geht das? im oksimo.org Blog.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Abstrakt und Konkret

Oksimo benutzt primär die normale Sprache (Alltagssprache), um beliebige Prozesse zu beschreiben. Die normale Sprache ist die Basis für alle anderen, spezielleren Sprachen, z.B. auch für Fachsprachen, auch für formale Sprachen wie z.B. formale Logik. Während formale Logiksprachen sich vom Ansatz her von jeglicher Form von Bedeutung, von körper-basierter Welterfahrung abgekoppelt haben, sind normale Sprachen als Teil der Gehirnfunktionen grundsätzlich mit vielen Bereichen der körper-basierter Welterfahrung verbindbar.

Eine Kerneigenschaft der Verbindung zu körper-basierter Welterfahrung besteht darin, dass das Gehirn die Konkretheit der Signale aus der Umgebung des Gehirns durch seine Eigenprozesse grundsätzlich verallgemeinert, indem aus den vielen konkreten Signalen abstrakte Strukturen extrahiert werden, Muster, Pattern, Cluster, Kategorien, Stereotype, Prototypen, die den Ausgangspunkt für Alltagssprache bilden. Dies drückt sich z.B. darin aus, dass wir über konkrete Gegenstände unseres Alltags immer nur mit Hilfe solcher Kategorien reden können wie ‚Tasse‘, ‚Tisch‘, ‚Stuhl‘, ‚Blume‘ usw. „Kannst Du mir bitte die Butter reichen„. „Ich sitze gerne auf dem Stuhl„. Mit ‚Butter‘ können viele hundert verschiedene konkrete Dinge gemeint sein, mit ‚Stuhl‘ ebenso; Etwas ‚reichen‘ kann hunderte verschiedene Ausprägungen umfassen, ebenso ’sitzen‘, usw.

An der Wurzel der Sprache gibt es also schon mindestens zwei Ebenen von Wirklichkeit: die konkreten Eigenschaften der Dinge der realen Welt um unseren Körper herum einschließlich Teile unseres eigenen Körpers (und jene konkrete Körperzustände, die dem Gehirn auf vielfältige Weise übermittelt werden), und dann jene abstrakten Muster, die das Gehirn aus der ungeheuren Vielfalt der konkreten Signale auf automatische — für unser Bewusstsein direkt nicht zugängliche (un-bewusste) — Weise herausgerechnet werden und als solche im sogenannten Gedächtnis auf spezielle Weise (‚Erinnern‘, ‚inspiriert‘, ‚deutend‘, ..) zugänglich sind.

Da wir die ursprüngliche Konkretheit der erfahrbaren Wirklichkeit immer nur umschreibend beschreiben können, funktionieren jene Ausdrücke der Sprache, die sich auf diese primär erfahrbare Wirklichkeit beziehen, als beschreibende Ausdrücke, als primäre Sprache über konkret Objekte, obgleich schon diese Sprache nur abstrakte Elemente enthält. Mit Blick auf diese primäre Bedeutungsfunktion der Alltagssprache könnte man die Menge solcher Ausdrücke als Objektsprache bezeichnen. Ihre Grenzen sind — wie fast alle Bestimmungen zur Alltagssprache — fließend (‚fuzzy‘).

Wie jeder anhand seiner eigenen Alltagssprache leicht überprüfen kann, gibt es Ausdrücke der Alltagssprache, die sich nicht primär auf solche Objekte der Erfahrungswelt beziehen, sondern auf andere Ausdrücke: „Diesen Ausdruck… von Dir verstehe ich nicht“, „Dieser Satz ist viel zu lang“, „Das WortHindernis‚ in deiner Bemerkung verstehe ich nicht“, usw. Ausdrücke einer Sprache, die sich explizit auf Eigenschaften von anderen Ausdrücken beziehen, nennt man im Allgemeinen Meta-Ausdrücke oder — bezieht man sich auf alle solche meta-sprachlichen Ausdrücke — als Meta-Sprache. Unsere Alltagssprache verfügt über diese besondere Fähigkeit, nicht nur Ausdrücke zur Beschreibung von primären Objekten zu benutzen, sondern auch, um sich auf andere Ausdrücke beziehen zu können.

Solche formalen meta-sprachlichen Bezugnahmen sind aber nur eine Form von innersprachlichen Bezugnahmen, durch die sich Sprachebenen definieren lassen. Es gibt auch inhaltliche Bezugnahmen über die intendierten Bedeutungen: „Oh, da liegt ein Maikäfer auf seinem Rücken und strampelt“. „Der Maikäfer ist irgendwie ein fliegendes Insekt„. „Insekten können große Schäden anrichten„. „Es gibt aber auch Insekten, die wichtige lebenserhaltende Funktionen ausüben“. Das konkret beobachtbare Objekt ‚Maikäfer‘ wird als Beispiel einer größeren Klasse von Objekten genannt fliegende Insekten angesehen. Letztere sind aber auch nur eine Teilmenge der Insekten. Insekten können Schäden verursachen, andere habe auch eine lebenserhaltende Funktion. usw. Die grundlegende Abstraktionsfähigkeit findet sich also nicht nur im Übergang von der Wahrnehmung der konkreten Signale zu abstrakten Strukturen, sondern auch von gegebenen Bedeutungsstrukturen (‚Maikäfer‘) zu einer anderen Bedeutungsstruktur (‚fliegendes Insekt‘), durch die diese anderen Bedeutungsstrukturen auf einem höheren Abstraktionsniveau repräsentiert werden.

Es gibt also nicht nur formale Metaebenen, sondern auch inhaltliche Bedeutungshierarchien. Aufgrund dieser beiden Fähigkeiten ist unsere Alltagssprache ungeheuer mächtig: sie ist sowohl ihre eigene Meta-Sprache wie auch ihre eigene Bedeutungs-Hierarchie! Wie können diese beiden fundamentalen Eigenschaften der Alltagssprache in oksimo genutzt werden?

ERWEITERUNG EINES BEISPIELS

Betrachten wir ein Beispiel, um die Dimension ‚Konkret‘ und ‚Abstrakt‘ zu illustrieren. Zugleich wird hier eine zusätzliche Perspektive sichtbar: die Dimension von Alltagstheorien!

BILD: Verwendung von abstrakten und konkreten Ausdrücken; zugleich ein einfaches Beispiel von einer Alltagstheorie, die zum Einsatz kommt.

KONKRET, ABSTRAKT, ALLTAGSTHEORIE

In diesem Beispiel ist der Hauptakteur ein ‚Gerd‘ der ‚hungrig‘ ist, und der deswegen zum ‚Griechen um die Ecke‘ geht, dort etwas isst, und dadurch nicht mehr hungrig ist.

Konkret

Diese Beschreibung ist fokussiert auf beobachtbare Situationen die so sind, dass die Teilnehmer an dieser Situation entscheiden können, ob die Aussagen in dieser Situation zutreffen (’sie sind wahr‘) oder nicht (’sie sind nicht wahr‘). Insofern kann man sagen, dass es sich hier um eine Sprache über primäre Objekte handelt, um eine Beobachtungssprache.

Abstrakt

Man kann innerhalb der Alltagssprache jede primäre Beobachtungssprache aber leicht durch abstraktere Beschreibungsebenen ergänzen. Aufgrund des allgemeinen Weltwissens, über das jeder Akteur — wenngleich individuell unterschiedlich — verfügt, gibt es in der Regel zu jeder primären Objektkategorie viele zusätzliche Abstraktionen, von denen man Gebrauch machen kann. So weiß jeder, dass konkrete Akteure wie der ‚Gerd‘ zur allgemeinen Kategorie Mensch gezählt werden. Die Kategorie Mensch hat heutzutage viele Milliarden Mitglieder (‚Instanzen‘, ‚Elemente‘, …). Zu jeder abstrakten Kategorie gibt es meistens auch abstrakte Eigenschaften (statische wie dynamische). So gilt als gesetzt, dass Menschen — aufgrund ihres Energieverbrauchs — innerhalb gewisser Zeitintervalle hungrig werden.

Instanzen Erben

Wenn man also von einem Objekt, einem Akteur, sagt, er sei ein Mensch (= eine Instanz der Klasse Mensch), dann wird normalerweise angenommen, dass sich die abstrakten Eigenschaften der Klasse auch auf alle ihre Instanzen (Mitglieder,…) übertragen. Wenn also alle Menschen nach einer gewissen Zeit hungrig werden, dann kann man daraus folgern, dass ein Exemplar der Klasse Mensch wie der Akteur ‚Gerd‘ auch diese Eigenschaft hat, nach einer gewissen Zeit hungrig zu werden.

Erfahrungswissen speichern

Abstrakte Eigenschaften (Klassen, Kategorien, …) können also dazu genutzt werden, um Erfahrungswissen über viele konkrete Objekte zu speichern, die sich bzgl. einiger Kriterien hinreichend ähnlich sind).

An diesem Punkt enthüllt die Alltagssprache neben ihrer Fähigkeit des Abstrahieren Könnens von Einzelaspekten zu abstrakten Objekten die zusätzliche Fähigkeit, zu gebildeten abstrakten Objekten eine Vielzahl von abstrakten (statische wie dynamische) Eigenschaften anzusammeln, die dann für die Orientierung im Alltag genutzt werden können.

Man kann diese Listen von Eigenschaften verstehen als eine Sammlung von Hypothesen über die Dinge der Alltags-Welt. Diese Hypothesen können jederzeit im Alltag überprüft werden. Sobald man z.B. auf einen Akteur treffen würde, der wie ein Menschen daherkommt, dann würde man annehmen, dass er irgendwann hungrig werden wird. Würde dies nicht geschehen, dann würde man Zweifel bekommen, ob dieser Akteur wirklich ein Mensch ist. Man könnte zwar grundsätzlich nicht ausschließen, dass die Hypothese vielleicht nicht ganz allgemein gilt, weil es vielleicht doch — irgendwie — Menschen gibt, die nicht hungrig werden, aber dies erscheint zunächst höchst unwahrscheinlich und würde sicher genauere Überprüfungen verlangen.

Alltagstheorie

Diese Struktur von allgemeinen abstrakten Objekten verknüpft mit Hypothesen über mögliche Wirkungen und einer Interpretationsfunktion von abstrakten Objekten zu konkreten Instanzen bildet den Kern des modernen empirischen Theoriebegriffs.[1] Es kann schon ein wenig verwundern, warum es so lange gedauert hat — viele tausende von Jahren –, bis diese Struktur bewusst wahrgenommen und genutzt wurde (obgleich Aristoteles einige Ansätze in diese Richtung hatte). Noch mehr kann aber verwundern, dass die moderne Wissenschaftsphilosophie sich ohne größere Bedenken auf den Pfad der rein formalen Beschreibungsmittel begeben hat, die ganz bewusst jeglichen Bezug zur Alltagssprache und dem Alltagswissen abgebrochen hat. Für begrenzte Zwecke ist die formale Logik ein ideales Werkzeug. Für alle Bereiche des Weltwissens und der Alltagserfahrung ist sie weitgehend unbrauchbar. Die modernen Computer als ‚denkerische Abfallprodukte‘ der formalen Logik erben diese Einseitigkeit vollständig. Ihr grundsätzliche Unfähigkeit, Alltagswissen benutzerfreundlich zu erarbeiten macht sich u.a. in der großen Limitiertheit der heutigen sogenannten ‚Künstlichen Intelligenz‘ sichtbar. Das menschliche Gehirn selbst, das letztlich auch nur eine binäre Maschine ist, ist im Vergleich zu einem binären Computer aber grundsätzlich anders organisiert. Sogenannte ‚Künstliche Neuronale Netze‘ sind bislang nur eine stark vereinfachende Karrikatur des Originals genannt ‚Gehirn‘.

KOMMENTARE

[1] Im Abschnitt PHILOSOPHY OF SCIENCE des assoziierten uffmm.org Blogs ist die Frage, ob oksimo selbst eine Theorie sein könnte, am Beispiel des Theoriekonzepts von Popper diskutiert worden. Es gab dann die grundsätzliche Einschätzung, dass man mit der oksimo Sprache grundsätzlich Theorien — auch empirische — umsetzen könne, aber es war dort noch nicht so ganz klar, wie es genau gehen könne. Im obigen Beispiel wird der Ansatzpunkt nun sehr konkret. Es wird weiterer Beispiele bedürfen, um dies noch genauer zu verstehen.

OKSIMO – Wer und was ist Oksimo?

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
15.März 2021 – 26.Januar 2022
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

WISSENSBAUM

Dieser Text ist Teil des oksimo.org Projektes

OKSIMO ALS WERKZEUG

Zuallererst ist oksimo eine Softwareumgebung, die es beliebig vielen Menschen erlaubt, alleine oder zusammen Prozesse zu planen, indem sie von einer Ausgangslage ausgehend solche Ereignisse oder Aktionen zusammen stellen, die zu einem — oder mehreren — Zielen führen. Ein Ziel entspringt einer Vision, was möglich sein könnte und was man erreichen will.

OKSIMO IN DEINER SPRACHE

Um mit oksimo zu arbeiten, muss man keine spezielle Sprache lernen! Es wird die Sprache benutzt, die im Alltag normalerweise gesprochen wird. Jede Alltagssprache ist möglich (zu Beginn werden allerdings noch nicht alle Zeichensätze unterstützt). Alle Texte, die benötigt werden, sind dann in Deutsch oder Englisch oder …. Da die Alltagssprache aus sich heraus beliebig erweitert werden kann, ist sie die stärkste Sprache, die es gibt.

OKSIMO ZUM LERNEN

Bei der gemeinsamen Ausarbeitung eines Plans kann viel gelernt werden. Man kann aber auch einen Prozess übernehmen, den andere schon fertig ausgearbeitet haben, und sich diesen vorführen lassen, indem man den Simulator aktiviert, der in oksimo eingebaut ist. Eine mögliche Erweiterung könnte auch ein Spielmodus sein, in dem man — zusammen mit anderen — in dem Prozess eine Rolle übernimmt und selbst handelt.

ALTERNATIVEN MITDENKEN

Was das Leben im Alltag einerseits interessant, andererseits aber auch schwer machen kann, das ist die große Vielfalt an Möglichkeiten, Interessen und Zielen. Ist es schon nicht leicht, für sich alleine alle Ziele unter einen Hut zu bringen, so erscheint die Abstimmung mit anderen oft aussichtslos. Oksimo bietet die wunderbare Möglichkeit, beliebig viele verschiedene Pläne quasi ‚auf Knopfdruck‘ zu einem Plan zu vereinen, um dann mit dem eingebauten Simulator sichtbar zu machen, wie sich diese Pläne miteinander vertragen. Interessant sind die Punkte, wo Pläne miteinander in Konkurrenz treten: warum ist das so? Ist es schwerwiegend ? Gibt es Alternativen? Änderungen können direkt vorgenommen und ausprobiert werden. Man spricht miteinander und schaut sich an, was passiert … (Interessant ist auch, dass man in oksimo ein Ziel in Form von vielen Teilzielen darstellen kann, wobei Ziele während des Prozesses sich sogar ändern können!).

MESSWERTE SIND WILLKOMMEN

Natürlich brauchen wir im Alltag auch Zahlen und Messwerte, um quantitative Sachverhalte beschreiben und kommunizieren zu können. Als Teil der Alltagssprache ist dies normal. Ich brauche 250 Gramm von …, Es ist 22 Grad warm … Dies Teil wiegt 200 kg … Unsere Ausgaben lagen im letzten Monat bei 300.000 Euro … Oft brauchen wir diese Zahlen auch in Echtzeit, z.B. den Verkehrsfluss auf einer Haupteinfallstraße einer Stadt. Solche Werte — oft Parameter genannt — lassen sich in oksimo ganz normal benutzen, auch in Echtzeit über Internetverbindungen. (Zur Verfügbarkeit dieser Eigenschaften siehe die Angaben zur oksimo Roadmap.)

INTELLIGENTE UNTERSTÜTZUNG

Der Begriff ‚Künstliche Intelligenz [KI]‘ ist heute in aller Munde. Meistens ist leider nicht genau definiert, was man unter KI versteht. In oksimo ist ganz klar, was mit künstlicher Intelligenz gemeint ist: während der Prozessplanung, bzw. dann auch bei fertig geplanten Prozessen, gibt es Algorithmen, die in den von Planern gesetzten Rahmenbedingungen alle möglichen Alternativen zusammen mit ihren Bewertungen ausloten und dann auf die jeweils interessanten Fälle aufmerksam machen können. Hier macht künstliche Intelligenz Sinn: sie ergänzt die menschliche Intelligenz dort, wo diese schwach ist (Unmengen von Möglichkeiten durch zu testen), und sie wartet dort ab, wo sie unfähig ist (bei der Vorgabe der Rahmenbedingungen).(Zur Verfügbarkeit dieser Eigenschaften siehe die Angaben zur oksimo Roadmap.)

FÜR NACHDENKER

Wem die bisher aufgeführten Möglichkeiten noch nicht genug sind, der kann sich an mehr theoretischer Kost versuchen: die universelle Prozessplanung von oksimo kann man auch verstehen als Theorie-Entwicklung und als das Testen von Theorien. Für eine erste Orientierung, was eine Theorie ist, kann man z.B. das Buch ‚The Logic of Scientific Discovery‘ von Karl Popper lesen, oder sich der daran anschließenden kritischen Diskussion auf dem Theorie-Blog uffmm folgen. Auf dem Blog uffmm.org werden auch weitere Theriekonzepte diskutiert.

OKSIMO: GESCHICHTE DES NAMENS

Der Name ‚oksimo‘ hat eine Geschichte. Im Jahr 2009 gab es unter Leitung von Prof. Dr. Gerd Doeben-Henisch (FUAS, Frankfurt University of Applied Sciences) ein Softwareprojekt gleichen Namens (wikipedia oksimo: https://de.wikipedia.org/wiki/Oksimo). Voll ausgeschrieben Open Knowledge SImulation MOdeling (OKSIMO) kommt zum Ausdruck, dass es um die generelle Idee ging, Wissen allgemein, als offenes Wissen, durch Modelle und Simulationen, zu unterstützen. Dazu hatte Volker Lerch (damals Mitarbeiter von Prof. Doeben-Henisch an der FUAS) ein sehr schönes grafisches Interface programmiert. Das Projekt scheiterte damals an eher banalen Umständen: auf dem Höhepunkt der Bekanntheit — mehr als 1 Mio Klicks pro Tag — war das kleine Entwicklungsteam der Nachfrage nicht mehr gewachsen. Auch gab es noch Probleme in der theoretischen Grundlage der Verarbeitung der grafischen Modelle. Und schließlich: eine grafische Oberfläche ist eine grafische Oberfläche, eine mit speziellen Programmiersymbolen; das ist keine allgemeine Kommunikation. Das aktuelle oksimo von 2021 (‚oksimo reloaded‘) unterscheidet sich vollständig von oksimo 2009, außer in der Intention: so viel Menschen wie möglich darin zu unterstützen, gemeinsam ihr Wissen über die Welt zu verbessern.

OKSIMO: KIND DES ENGINEERINGS

Damit die oksimo Software das ‚Licht der Welt‘ erblicken konnte, ist viele Jahre sehr viel gedacht worden. Der stärkste Einfluss kommt sicher aus dem Bereich Engineering, genauer, Arbeiten zum Thema Mensch-Maschine Interaktion [MMI] als Teil des Systems Engineering [SE]. Wer dazu mehr wissen will, kann den Engineering Blog uffmm.org anklicken.

OKSIMO SOFTWARE VERFÜGBARKEIT

Siehe dazu die Angaben zur oksimo Roadmap.