Autor: Gerd Doeben-Henisch
Kontakt: big@oksimo.org
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Dieser Text ist Teil der Liste der BiG-Rundbriefe
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Liebe Alle,
hier nach kurzer Pause wieder mal ein BiG-Rundbrief.
BiG-WASSER beim Klimabeirat Schöneck
Am Dienstag Abend 21.Mai 2024 konnte Gerd Doeben-Henisch, der Moderator der BiG-Themengruppe WASSER, im Kreis des Klimabeirats Schöneck die bisherigen Ergebnisse der Themengruppe WASSER vorstellen. Dies war sehr erfreulich, da das Thema Wasser eines von diesen Themen ist, das niemand allein für sich lösen kann. Letztlich müssen alle zusammen zupacken. Anwesend war auch Carina Wacker, die neue Bürgermeisterin von Schöneck, die demnächst die Amtsgeschäfte von Conny Rück übernehmen wird.
Im vorgegebenen Rahmen konnte natürlich nur eine Einführung in die wichtigsten Themen gegeben werden. Hier eine Auswahl der bisherigen Arbeitshypothesen [1]:
- Die Gemeinden Schöneck und Niederdorfelden, die aus Sicht der Main-Kinzig Wasserwerke (MKW) eine gemeinsame ‚Bilanzzone‘ bilden, haben laut den Zahlen der MKW einen Eigenversorgungsgrad von ca. 20%. D.h. die weiteren 80% werden durch das Verbundnetz der MKW abgedeckt. Das Schlechte daran: aus eigener Kraft könnten wir uns nicht versorgen; das Gute: es gibt dieses Verbundnetz, das uns auffängt.
- Laut den Zahlen der MKW hat das Verbundnetz der MKW aber auch nur einen Eigenversorgungsgrad von ca. 60%, d.h. dass auch die MKW selbst zukaufen müssen, und 40% ist nicht unbedingt wenig. Ist das jetzt noch ‚positiv‘ oder deutet sich hier ein echtes Risikopotential an?
- Die Verlagerung von Versorgungsleistungen auf Dritte ist grundsätzlich nicht schlecht, setzt aber voraus, dass die ‚Dritten‘ einigermaßen sicher sind.
- An dieser Stelle muss man ein wenig nachdenken. Im Gebiete des MKK und dem Umfeld des MKK haben wir keine nennenswerten Mengen an ’nicht erneuerbaren Grundwasserbeständen (= Aquifere)‘ sondern nur ‚erneuerbare Bestände‘, sprich: das gesamte Grundwasser stammt letztlich aus Niederschlägen. Bleiben Niederschläge aus, dann sind die Wasservorräte in relativ kurzer Zeit aufgebraucht falls der Verbrauch anhält und eben kein Wasser nachkommt. Diese direkte Abhängigkeit von Niederschlägen gilt für Grundwasser genauso wie für Oberflächenwasser.
- Sofern Niederschläge überhaupt stattfinden haben diese in Deutschland einen durchschnittlichen Verdunstungsgrad von 60%, der mit steigenden Temperaturen deutlich weiter ansteigt. Dazu kommt, dass Regenwasser durchschnittlich zu 30% als Oberflächenwasser abfließt (das auch noch Verdunstung unterliegt). Von den restlichen 10% kommt nur ein Teil als Sickerwasser beim Grundwasserkörper an. Die generelle Frage, wie sich die Grundwasserangebote sowohl für die Brunnen in Schöneck als auch für die Brunnen aus der Eigenversorgung der MKW und dann für die Wasserangebote für die 40% Dritttanbieter generell entwickeln werden, spielen die hier genannten Faktoren eine Rolle. Wie wird es in Zukunft mit Niederschlägen und Temperatur aussehen?
- Im globalen Erdsystem-Modell sind es die Weltmeere, die 96% des verfügbaren Wassers beinhalten, die Landmassen nur 4%, und diese 4% stammen letztlich aus den Verdunstung aus den Weltmeeren, die als Niederschläge über den Landmassen niedergehen. 60% der Niederschläge stammen aus diesen Verdunstungen, die restlichen 40% stammen aus ‚Eigenleistungen‘ der Landmassen; diese ‚Eigenleistungen‘ wiederum stammen zu 60% aus Transpirationsleistungen von Pflanzen (überwiegend Wäldern). Genauer: es sind die Pflanzen, die das vorhandene Wasser so ‚managen‘, dass sie es möglichst lange in einem ‚Binnenkreislauf‘ halten.[2]
- Im globalen Erdsystem-Modell beobachten wir seit wenigen Jahren eine Erwärmung der Ozeane, die schneller und stärker zugenommen hat, als alle Voraussagesysteme es berechnet hatten. Eine direkt beobachtbare Auswirkung ist die Zunahme der Anzahl und Heftigkeit der Unwetter weltweit. In diesem Jahr gab es erstmals Fälle, in denen sich gewaltiger Unwetter schneller gebildet haben, als die meteorologischen Warnsysteme es weiter geben konnten, mit entsprechenden Folgen. Die allseitig zunehmende Erwärmung erhöht aber nicht nur den Verdunstungsgrad für das Wasser, es macht auch in immer mehr Regionen das biologische Leben ohne Klimaanlagen unmöglich. Zusätzlich verändern sich die Luftströmungen und auch die wichtigen Meeresströmungen zeigen erste Veränderungen.[3]
Alle diese Faktoren deuten eigentlich eher in eine Richtung von erhöhtem Risikopotential: Sowohl die noch vorhandenen 20% im Fall von Schöneck und die vorhandenen 60% der MKW wie auch die externen 40% sind Teil dieses globalen Szenarios, das uns eher zuruft: aufgepasst, hier ändern sich grundlegende Parameter!
Es scheint also angebracht zu sein, dass wir nicht einfach nur vertrauen, dass schon alles so weiter funktionieren wird, wie bisher, sondern dass wir gemeinsam anfangen, darüber nachzudenken, was dies alles für uns und die nachfolgenden Generationen bedeutet. Neben vielen anderen Themen, die uns heute beschäftigen, sollten wir vielleicht die Landwirtschaft und die Wälder unter dem Gesichtspunkt eines regionalen und nationalen Wassermanagements ernsthaft neu durchdenken. Wälder sind in diesem Kontext vielleicht nicht — oder zumindest nicht in erster Linie — nur ‚Holzlieferanten‘; irgendwie sind sie auch die ‚Hüter des Wassers‘, etwas, was die Wissenschaft erst langsam begreifen lernt.
[1] Viele weitere Informationen kann man auf den Webseiten der BiG-Themengruppe WASSER finden: https://www.oksimo.org/big-wasser-phase-ii/
[2] Als das Amazonaswaldgebiet noch intakt war, hat dieses große Teile Südamerikas mittels solch eines Kreislaufsystems immer mit hinreichend Wasser versorgt und die ergiebigen Regen ‚gemanagt‘. Seitdem dieses Waldgebiet mittlerweile zu mehr als 40% zerstört wurde, erlebt Brasilien verheerende Dürren und zugleich verheerende Überschwemmungen. Der Wasserhaushalt ist kurz vor dem Kollaps.
[3] In der Vergangenheit wurde z.B. der Golfstrom schon mindestens einmal in seinem üblichen Verlauf geändert, was zu Temperaturabnahmen in Europa um die 15 Grad führte, was auf eine Eiszeit hinauslief.
VORSCHAU weitere BiG-EVENTS (nächster 26.Mai 2024)
Hier eine kurze Übersicht über die nächsten BiG-Events:
- So 26.Mai 2024, 11-13 h, Brendelsaal, Altes Schloss Schöneck-Büdesheim: Nächster Workshop der BiG-Themengruppe WASSER. Weitere Arbeiten an dem bisherigen Lagebericht zum Wasser in Schöneck-Niederdorfelden-MKK. Dazu weitere Beispiele zu unserem Simulationsansatz mit unserer oksimo Software, aber auch Beispiele mit chatGPT4.(big-wasser@oksimo.org)
- Die BiG-Themengruppe WALD verschiebt die geplante Bürgerbefragung zum Wald vom So 26.Mai auf So 16.Juni 24 (die ‚Aktiven‘ waren ein bisschen zu aktiv: zu viele Termine auf einmal :-)) . Die Auswertung der Befragung soll aber weiterhin am So 30.Juni zur Diskussion gestellt werden. (big-wasser@oksimo.org)
- Die BiG-Themengruppe GIS (Geoinformationssystem) Schöneck wird nach Freigabe der Test-Webseiten zum Demoprojekt mit Schöneck durch die Gemeinde (27.Mai 2024) in Abstimmung mit der Gemeinde unterstützende Workshops anbieten.[4](big-gis@oksimo.org )
- Die BiG-Themengruppe ENERGIE prüft gerade eine Kooperation mit dem Projekt LocalZero. Eine entsprechende Info-Veranstaltung ist für Juni 24 angedacht. Endgültiger Termin folgt.(big-energie@oksimo.org)
- Die neue BiG-Themengruppe DEMOGRAPHIE wird kommen …. 🙂
[4] Siehe dazu den letzten Bericht mit mehr Infos: https://www.oksimo.org/2024/04/29/big-bericht-erste-vorstellung-des-gis-schoeneck-digitaler-zwilling/
Soweit für heute.
Ganz herzliche Grüße,
Gerd Doeben-Henisch