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REVIEW KONFERENZ: Partizipation und Nachhaltigkeit in der Digitalität, 7.-8.Dezember 2022 – KONFERENZBEITRÄGE

(Letzte Änderung: 4.Januar 2023)

Redakteur: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Kontext

Dieser Text ist Teil 2 von Teil 1 des Reviewing zur Konferenz.

INHALT

KONFERENZBEITRÄGE

  • Teil 1: Verwaltungen und die Herausforderung von Bürger:innenbeteiligung für Sozial- und Umweltverträglichkeit. Moderation: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Dr. Michael Zschiesche, Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UFU): Digitalisierung in der Öffentlichkeitsbeteiligung – Stand und Perspektiven
  • Überleitender Kommentar
  • Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim Digitalisierung mit Bürger:innenbeteiligung / Bürger:innenbeteiligung mit digitalen Instrumenten
  • Podiumsdiskussion: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel, Prof. Dr. Christian Schrader, Hochschule Fulda
  • Überleitung zu Teil 2
  • Teil 2: Citizen Science, Sustainability and Digitality
    Moderation: Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
  • Dr. Katrin Vohland, Naturhistorisches Museum Wien
    Citizen Science and Sustainability – Large expectations and Some Challenges
  • Prof. Dr. Yen-Chia Hsu, University of Amsterdam
    Empowering Local Communities Using Artificial Intelligence
  • Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Gerd Döben-Henisch, Frankfurt University of Applied Sciences, Franziska Ohde, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel

(Text: Der folgende Text basiert auf den Präsentationsvorlagen der Beiträge 2-4, den Notizen des Autors, sowie ergänzender Recherche im Diskursraum. Die eigenen Notizen waren ursprünglich nicht für ein Protokoll geplant. Weitere Materialien oder Kommentare von anderen Autoren werden als Ergänzungen im Text eingefügt, sofern welche vorliegen).

Teil 1: Verwaltungen und die Herausforderung von Bürger:innenbeteiligung für Sozial- und Umweltverträglichkeit
Moderation: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main
BILD: Grobe Lokalisierung der Beiträger aus der ersten Konferenzhälfte in der Grafik zum Konzept-Raum des Forschungsprojektes bisher.
10:15 Uhr: Dr. Michael Zschiesche, Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UFU): Digitalisierung in der Öffentlichkeitsbeteiligung – Stand und Perspektiven

Dr. Michael Zschiesche, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des UfU (Unabhängiges Institut für Umweltfragen) [5] , dazu
Fachgebietsleiter des Bereichs Umweltrecht & Partizipation, begann die Vortragsreihe. Seine persönliche Geschichte ist mit der Geschichte des UfU engstens verknüpft. Auf der Webseite des UfU heißt es: „Das UfU e.V. ist die erste Gründung eines unabhängigen Instituts für Umweltwissenschaft in den neuen Bundesländern. Schon im November 1989 wurde es von ostdeutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern initiiert. Entscheidender Impuls für diesen Schritt war das Anliegen, bürgernah und zeitkritisch die umweltpolitische Entwicklung in (Ost)Deutschland zu analysieren und zu befördern.“ und es heißt dort weiter „UfU wirkt in der Tradition, die es als Bürgerbewegung in der DDR mit begründet hat. Es stärkt das Engagement der Bürgerinnen und Bürger durch umweltpolitische Aufklärung und Beratung. UfU stößt umweltgerechte Entwicklungen und Prozesse an. Es initiiert und betreut angewandt wissenschaftliche Projekte, Aktionen und Netzwerke, die öffentlich und gesellschaftlich relevant sind, auf Veränderung ökologisch unhaltbarer Zustände drängen und die Beteiligung der Bürger benötigen und fördern. Dabei hilft das UfU, die Kluft zwischen Wissen und Handeln zu verringern, indem es gesellschaftlich notwendige Veränderungen vordenkt. UfU versteht sich als unabhängige Einrichtung mit Anstoß-, Mittler- und Moderationsfunktion. Es führt lokale, regionale, nationale und internationale Projekte durch und beteiligt sich an globalen Netzwerken.“[5]

Dieses programmatische Selbstverständnis des UfU lokalisiert das UfU im Lichte des konzeptuellen Rahmens des NI-IN Projektes ziemlich direkt innerhalb des Bedeutungsraumes des Konzepts „moderierte Form der ‚Partizipation‘ von Bürgern“.

Michael Zschiesche liefert zu Beginn seines Vortrags eine interessante Differenzierung des Partizipationsgedankens: Auf der einen Seite (i) jene bürgerlichen Aktivitäten, die gesetzlich geregelt sind, und bei denen die legalen Entscheider ‚Informationen‘ zur Verfügung stellen und ‚Konsultationen‘ gewähren müsen. Auf der anderen Seite (ii) gibt es jene bürgerlichen Aktivitäten, die nicht gesetzlich geregelt sind, die von den Bürgern direkt ausgehen, und die sich damit ‚von sich aus als Bürger‘ den legalen Entscheidern als Gesprächspartner anbieten.

Michael Zschiese benutze hier das Konzept ‚formell‘ für den Fall (i) und ‚informell‘ für den Fall (ii).

Michael Zschiese beschränkte sich in seinem weiteren Vortrag auf den Fall der ‚formellen‘ Form der Bürger-Partizipation. Die andere Form der ‚informellen‘ Bürger-Partizipation wurde dann im Anschluss von Frank Brettschneider behandelt.

Im historischen Rückblick ist bedeutsam, dass es überhaupt dazu gekommen ist, dass den Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland ergänzend zu dem bestehenden legalen demokratischen Regelwerk ein begrenzter Mitwirkungsraum zugestanden wurde. Diese Ergänzung wird markiert durch die sogenannte Aarhus-Konvention. [6]

Auf der Webseite des UfU heißt es dazu: „Die Aarhus-Konvention ist nach der dänischen Stadt Århus benannt, in der das sogenannte „UNECE Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten“ verabschiedet wurde. Mit der Aarhus-Konvention werden die Rechte auf Information, Beteiligung und Klagemöglichkeiten als Rechte einer jeden Person zum Schutz der Umwelt auch für zukünftige Generationen erstmals im Völkerrecht verankert. Die Konvention beinhaltet die Etablierung von internationalen Mindeststandards für den Zugang zu Umweltinformationen, für die Öffentlichkeitsbeteiligung und für den Zugang zu Gerichtsverfahren. Mit der Konvention wird zudem erstmals völkervertraglich anerkannt, dass es für den Umwelt- und Naturschutz oft vom Staat unabhängige Gruppen, Initiativen und Organisationen braucht. Die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder zivilgesellschaftlichen Initiativen treten in Entscheidungs- und Gerichtsverfahren als Stellvertreter für die Umwelt und die Natur auf.“[6]

Dieser Text enthält neben der Hauptbotschaft, dass den Bürgern überhaupt ein Zugang zu Informationen und Gerichten gesetzlich zugestanden wird, zwei Besonderheiten, die sogleich deutliche Begrenzungen markieren: (i) Einzelner Bürger und Verband: Mit einer Präzisierung des Umweltbundesamtes [7] kann zwar der einzelne Bürger sein Recht in Anspruch nehmen, aber nur, sofern er als Individuum betroffen ist. Sind größere Zusammenhänge involviert, die viele Bürger betreffen, dann können nur ‚anerkannte Verbände‘ aktiv werden. (ii) Themenbeschränkung auf Umwelt: Die Erweiterung der Teilhabe (Partizipation) von Bürgern an legalen Entscheidungsprozessen wird thematisch eingeschränkt aufs das Thema ‚Umwelt und Natur‘.

Michael Zschiese referierte dann ausführlich über die weitere Entwicklung dieser anerkannten Formen formeller Bürgerbeteiligungen im Themenfeld Umwelt und Natur. Er verwies dabei auch auf das Web-Portal zu Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) der deutschen Bundesbehörden.[11] Auf diesem Webportal findet sich die Erläuterung, dass „Umweltverträglichkeitsprüfungen … die Umweltauswirkungen von Vorhaben [ermitteln, beschreiben und bewerten]. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge. Die Zulassungsbehörden in Deutschland führen UVPs nach einheitlichen Grundsätzen durch. Insbesondere beteiligen sie die Öffentlichkeit.“[11]

Michael Zschiese berichtet dann von verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen, in denen die öffentlich zugänglichen Daten solcher Umweltprüfungsverfahren hinsichtlich der Effektivität dieser Verfahren ausgewertet werden. Siehe dazu beispielhaft [10]. Ein Aspekt bei allen Verfahren, der zunächst nur die ‚Infrastruktur‘ betrifft, ist die ‚Digitalisierung‘. Ihre Verfügbarkeit oder Nicht-Verfügbarkeit kann aber sowohl Inhalt, Schnelligkeit als auch die Qualität der Verfahren deutlich beeinflussen.

In einer abschließenden Bewertung berichtete Michael Zschiese von seinem persönlichen Eindruck, dass die einschlägigen Behörden — auch auf Bundesebene –, ’sehr langsam, halbherzig‘ agieren. Die Behörden wirken hier ‚zurückhaltend‘. Im Fall der Digitalisierung gibt es bislang auch keinen eigenen Bundesbeauftragten.

Überleitender Kommentar

Dieser Kommentar war nicht Bestandteil der Konferenz sondern wird hier in der Besprechung der Konferenz eingefügt.

Wie Michael Zschiese in seinem Vortrag betonte, hatte er sich auf den Aspekt der formellen Bürgerbeteiligung im Feld Umweltschutz und Natur beschränkt. Als Stärke der aktuellen Situation hatte er herausgearbeitet, dass es überhaupt verbindliche gesetzliche Regelungen gibt, wenngleich beschränkt auf nur einige der Themen — Umweltschutz und Natur — , mit denen eine Gesellschaft konfrontiert ist. Ferner wurde deutlich, dass die geltenden Verfahren die verbindliche Einbeziehung von Bürgern letztlich erst in der Offenlegungsphase eines Projektes vorschreiben, und auch hier nicht ‚jedem Bürger einfach so‘ einen potentiellen Klageanspruch über das individuelle Interesse hinaus einräumen, sondern nur anerkannten Verbänden im Kontext Umweltschutz und Naturschutz, die mit Bürgern kooperieren können, aber nicht müssen.

Wie viele reale Beispiele von Bürgerinitiativen zeigen (ein konkretes, mit Dokumentation, siehe hier [13]), ist der Anteil jener Verfahren, die auf diese Weise versuchen, den Bürger zu umgehen, sehr hoch. Wie der nachfolgenden Vortrag von Frank Brettschneider ausführt, liegt er bei ca. 70% der Verfahren. Dort, wo fachkundige Hilfe Bürgerbegehren bzw. Bürgerinitiativen unterstützt, führt dies oft zu langwierigen Gerichtsprozessen, in denen dann die Kommunen immer häufiger verlieren.

Hier können sich einige Fragen stellen: (i) Warum können Kommunen nicht von Anbeginn den Bürgern einer Gemeinde ein mögliches Projekt vorstellen? (ii) Was würde dann mit den Verfahren passieren? Noch grundsätzlicher kann — und muss? — man die Fragen aufwerfen: (iii) warum schränkt der Gesetzgeber (als Vertreter des primären Souveräns) die Themen einer möglichen Beteiligung von vornherein ein? Zudem, (iv) warum baut der Gesetzgeber eine so hohe Hürde auf, dass nur anerkannte Fachverbände eine rechtlich relevante Klage einreichen können? Warum dürfen Bürger sich je nach lokalem Anlass nicht zu informellen Bürgerbewegungen zusammen schließen und als solche ihre Stimme rechts-relevant erheben?

Hier folgt der Vortrag von Frank Brettschneider, der neben dem allgemeinen Aspekt der Bürgerbeteiligung auch den speziellen Punkt ‚Digitalisierung‘ mit einbezieht.

11:00 Uhr: Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim
Digitalisierung mit Bürger:innenbeteiligung /
Bürger:innenbeteiligung mit digitalen Instrumenten [14]

(Hinweis: der folgende Text kann direkt Bezug nehmen auf die Präsentationsunterlagen von Frank Brettschneider, was jeweils durch einen Hinweis auf die Nummer der Seite angezeigt wird).

In der Terminologie von Michael Zschiese behandelt der Vortrag von Frank Brettschneider den Bereich der ‚informellen Bürgerbeteiligung‘, die vorbereitend, ergänzend und erweiternd zu den formellen Verfahren gesehen werden kann.

Frank Brettschneider lenkt den Blick daher auch auf Aspekte, die innerhalb eines formellen Verfahrens nicht unbedingt eine Rolle spielen müssen, wenngleich sie für die Situation und das Bewusstsein der Bürger von hoher Bedeutung sein können (und eben auch für die empirische Forschung zu Bürgerprozessen).

Eine kleine Sammlung von möglichen Gründen zu Bürgerprotesten gibt einen Hinweis auf die Vielfalt solcher Gründe ( ‚Nimby‘ = Not In My BackYard, Umwelt/Natur, Kosten, unklarer Nutzen, Risiken, Von oben herab, mangelnde Transparenz, … vgl. S.4). Vielfältig sind auch die Themen aus dem Spannungsfeld ‚Digitalisierung‘ (Mangelnde Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen, Ausstattung von Schulen, fehlende digitale Verwaltungsleistungen, Fehlen von kommunalen Strategien, Fehlen von digitalen Services in einer Stadt (‚Smart City‘)… vgl.S.5). Immer mehr öffentliche Agendas unterstreichen einen vielfältigen Handlungsbedarf (z.B. ‚Neue Urbane Agenda‘ der UN 2016 [15], ‚Smart City Agenda‘ des Bundes 2017 [16], ‚Neue Leipzig-Charta‘ 2020 [17]; vgl. S.6).

Dies führt zur Frage, wie denn eine informelle Beteiligung von Bürgern in einem Stadtentwicklungsprozess gestaltet sein könnte, bei dem es um viel mehr als nur Umwelt- und Naturschutz gehen kann und tatsächlich auch geht.

Frank Brettschneider unterscheidet bei einem informellen Bürgerbeteiligungsprozess zwei verschiedene Arten von Projektphasen: (i) Aktivitäten zur ‚Entscheidungsvorbereitung‘ in Form von vielfältigen Beratungen, und (ii) dann die eigentliche ‚Entscheidung‘, die er nicht mehr zur ‚informellen Bürgerbeteiligung‘ zählt sondern zur ‚Direkten Demokratie‘.(Vgl. S.11)

In einer Deutschlandweiten Befragung 2021/2022 wurde herausgefunden, dass „etwa zwei Drittel der Befragten … sich eine Demokratie [wünschen], in der zwar grundsätzlich die gewählten Repräsentant:innen die politischen Entscheidungen treffen, in der sie aber vorher die Bürger:innen anhören und deren Empfehlungen in ihre Überlegungen einbeziehen.“(S.13) Genauer: Bundesebene 58%, Landesebene 65%, Kommunale Ebene 67%. Einen direkt-demokratischen Entscheid befürworteten auf kommunaler Ebene mit jeweils ca. 1/3 der Parteianhänger jener Parteien, deren Einfluss auf Landes- und Bundesebene eher eingeschränkt sind.(vgl. SS.13f)

Als Anforderungen für eine gute dialogische Struktur zeichnen sich folgende Faktoren klar ab (S.15 aus der Präsentation):

  1. Es muss Gestaltungs-Spielräume geben
  2. Frühzeitige Einbeziehung aller Betroffenen
  3. Einbeziehung von unterschiedlichen Interessen und Perspektiven
  4. Aufgeschlossene und wertschätzende Grundhaltung
  5. Professionelle Prozessgestaltung für Fairness und Transparenz;
    sowie klare Rahmenbedingungen
  6. Die Kommunikation muss verständlich sein

Im Rahmen eines so gearteten dialogischen Raumes kommt es dann — nach Erfahrung — darauf an, eine genaue Analyse der beteiligten Auftraggeber (Stakeholder) vorzunehmen (vgl. S.17), ebenso eine genaue Analyse der involvierten Themenfelder (vgl. SS. 18f).

Ferner ergeben sich aus dem Ansatz, einen guten dialogischen Raum zur Verfügung zu stellen, starke Anforderungen an die Bereitstellung geeigneter kommunikativer Instrumente, die heutzutage weitgehend (oder gar ausschließlich) online realisiert werden könnten und sollten.(vgl. SS. 23f)

Als übergreifendes Konzept eines Projekt- und Kommunikationsmanagements, das diesen Anforderungen Rechnung trägt, verweist Frank Brettschneider den Standard VDI 7001 [18], den er in seinen einzelnen Phasen beispielhaft erläutert.

Aus der Zusammenfassung seien hier zwei Punkte nochmals besonders hervorgehoben: (i) Nicht gleich DIE eine fertige Lösung präsentieren,
sondern Lösungsvarianten! (ii) Die Beteiligung verhindert nicht, dass es zu Konflikten kommt. Aber sie erhöht die Chance auf eine tragfähige Lösung. (Vgl. S.27)

11:45 Uhr: Podiumsdiskussion
Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel
Prof. Dr. Christian Schrader, Hochschule Fulda: Statement vom 8.Dezember 2022 (Letzte Änderung: 4.Januar 2023)

Überleitung zu Teil 2

Dieser Kommentar war nicht Bestandteil der Konferenz sondern wird hier in der Besprechung der Konferenz eingefügt.

Während im Teil 1 das Thema ‚Partizipation von Bürgern‘ an politischen Entscheidungsprozessen im Zentrum stand, geht es im Teil 2 mehr um die Frage des Verhältnisses zwischen ‚Bürgern und Wissenschaft‘ (vor allem bei Katrin Vohland), und dem Verhältnis zwischen ‚Bürgern in einer Kommune zur Wissenschaft‘ (Hsu). Dies signalisiert einerseits unterschiedliche Akzente sowohl im Thema ‚Bürger und Wissenschaft‘ selbst wie auch im Verhältnis zum Thema ‚Partizipation von Bürgern‘ im Teil 1. Das eher konkrete Beispiel von Yen-Chia Hsu, angereichert mit Elementen des maschinellen Lernens, lässt erahnen, dass mit einer Künstlichen Intelligenz im Format des maschinellen Lernens zusätzliche Herausforderungen auf das Paradigma Bürgerwissenschaft zukommen.

Teil 2: Citizen Science, Sustainability and Digitality
Moderation: Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
BILD: Grobe Lokalisierung der Beiträge aus der zweiten Konferenzhälfte. Wie die Beiträge beim Lesen deutlich machen, beinhaltet das Thema ‚Citizen Science‘ nicht nur eine Wechselwirkung zwischen den ‚Bürgern‘ und der ‚Wissenschaft‘, sondern auch mit Technologie allgemein, insbesondere aber auch mit ‚digitalen Technologien‘ und hier immer mehr auch mit ‚Künstlicher Intelligenz‘, vorwiegend im Format des ‚Maschinellen Lernens‘.
13:45 Uhr: Dr. Katrin Vohland, Naturhistorisches Museum Wien
Citizen Science and Sustainability – Large expectations and Some Challenges

Katrin Vohland stellte in ihrem Vortrag die Begriffe ‚Bürger‘ (‚citizen‘) und ‚Wissenschaft‘ (’science‘) mit deren Wechselwirkungen ins Zentrum der Betrachtung, ergänzt um den Aspekt der ‚Nachhaltigkeit‘ (’sustainability‘). Im Fall der Wissenschaft ergänzte sie diesen Begriff noch um das Konzept ‚offene Wissenschaft‘ (‚open science‘).

Für das Konzept ‚Nachhaltigkeit‘ verwies sie einerseits auf die 17 Entwicklungsziele (’sustainable development goals (SDGs)‘) der Vereinigten Nation von 2015 [1a,b] und auf eine thematische Kategorisierung des semantischen Raumes von ‚Nachhaltigkeit‘ mit den Bereichen ‚Umwelt‘, ‚Wirtschaft‘, ‚Soziales‘ sowie ‚Kultur‘. Hier fällt der Bereich ‚Kultur‘ sofort auf, da er nicht so oft eigens genannt wird. Sie verweist hier auf eine Arbeit von  Loach und Griffiths von 2017 [19], die den Aspekt der Kultur als für die Nachhaltigkeit bedeutsam qualifizieren. Diese nennen insbesondere die Rolle der Museen, was eine Nähe zum Hintergrund von Katrin Vohland mit dem Naturhistorischen Museum Wien aufblitzen lässt.

Für das Konzept ‚Bürgerwissenschaft‘ (‚citizen science‘) mit den beiden Dimensionen ‚Bürger‘ und ‚Wissenschaft‘ führt Katrin Vohland keine spezielle Kriterien ein, anhand deren man diese Begriffe abstrakt eingrenzen könnte, sondern benutzt eine Reihe von Beispielen (bzw. ‚Beispiel-Typen‘ ) an, die als ‚charakteristisch‘ für diese Begrifflichkeit gelten können.

So spricht Katrin Vohland von ‚epistemischer Teilhabe‘, ‚transformativer Teilhabe‘ im Kontext von Nachhaltigkeit, neben ‚einfachen‘ Engagements auch von ‚komplexen‘ Engagements in Form von ‚Ko-Design‘, sowie von unterschiedlichen ‚Bezeichnungen‘ für Bürger, die sich im Kontext von Wissenschaft engagieren.[22] Eine große Variabilität des Konzepts ‚Bürgerwissenschaft‘ wird sichtbar.

In diesem Zusammenhang thematisiert Katrin Vohland auch das Konzept von ‚Offener Wissenschaft‘.[23] – [28] Damit ist primär der Aspekt der ‚Zugänglichkeit‘ gemeint, der sich sowohl auf die ‚Daten‘ bezieht, mit denen Wissenschaft arbeitet, als auch auf das ‚Wissen‘. Diese Zugänglichkeit bildet die Grundlage für alle wissenschaftlichen Überzeugungen. Daten wie auch Wissen müssen — will man Bürger möglichst weitgehend beteiligen — ‚zugänglich‘ sein für alle. Dazu gibt es mehr und mehr normative Vorgaben seitens der EU [28] und einzelner Länder, insbesondere von Österreich. (siehe [26])

Als Expertin speziell für die Rolle naturkundlicher Museen illustriert Katrin Vohland auch die mögliche Rolle von Museen im Kontext von Bürgerwissenschaft [27] und sie schildert anhand von konkreten bürgerwissenschaftlichen Projekten das allgemeine Prozessschema bei bürgerwissenschaftlichen Projekten [u.a. 30]. Diese Prozesse kreisen um die Perspektiven (i) Identifikation des Problems und Festlegung einer Agenda, (ii) Mobilisierung der notwendigen Ressourcen, und (iii) Ermöglichung einer sozio-technischen Ko-Evolution.(SS.34ff in der Präsentation) Neben zahlreichen positiven Aspekten, die im Kontext bürgerwissenschaftlicher Prozesse sichtbar werden, verweist Katrin Vohland aber auch auf noch vorhandenen Schwachstellen. So führt Sie z.B. an (S.37):

  1. Bürgerwissenschaft (BW) gilt oft nicht als ‚repräsentativ‘; BW besitzt keine politische Legitimation; Nur wenige Beispiele existieren für wirkliches Ko-Design.
  2. Die Datenqualität von BW wird oft angezweifelt; in der normalen Wissenschaft wird BW nicht wirklich anerkannt.
  3. Obwohl also BW die Aufmerksamkeit — und sogar das Wissen — für bestimmte Problemstellungen fördern kann, führt dies nicht notwendigerweise zu einer Änderung von Verhaltensweisen oder entsprechenden Aktionen.


14:30 Uhr: Prof. Dr. Yen-Chia Hsu, University of Amsterdam,
Empowering Local Communities Using Artificial Intelligence

Die ‚Lerngeschichte‘ von Yen-Chia Hsu lässt erkennen, wie er mit einem Studium der Architektur begonnen hat, von dort durch die intensive Computernutzung in der Architektur uzm Thema ‚berührungsintensives (‚tangible‘) interaktives Design‘ gefunden hat, was ihn dann zum Thema ‚Mensch-Maschine Interaktion‘ geführt hat. Von dort war der Weg dann geebnet zu Themen wie ‚Maschinelles Lernen‘, ‚Computer Sehen‘ (‚Computer Vision‘) und der Einsatz dieser Technologien für eine Unterstützung von Kommunen in ihrem Alltag. Daraus leitet Yen-Chia Hsu seine Forschungsformel ab: „Bürgerwissenchaft und Technologie zu benutzen, um lokale Kommunen zu befähigen, umweltbezogene und soziale Probleme zu adressieren“.(S.2)

Yen-Chia Hsu unterscheidet zwischen einfachen Unterstützungen für Bürger, in denen diese eine vorgegebene App für eine spezielle Datenerfassung benutzen (z.B. zur Klassifikation von Pflanzen und deren Meldung, [31]), und jenen Unterstützungen, in denen Wissenschaftler mit den Bürgern einer Kommune zusammen (‚Ko-Design‘) ein Unterstützungs-System entwickeln.[32, 33] Das grundlegende Schema eines Ko-Designs, so wie es Yen-Chia Hsu benutzt, geht aus von einer gemeinsamen Datenerfassung zu einem Problem, die daraus resultierenden Evidenzen werden den politischen Gremien und den Medien präsentiert, und durch beides wird eine öffentliche Wahrnehmung des Problems erhöht, was wiederum die Motivation für ein Engagement stärken kann.

Für dieses Forschungs- und Handlungsschema stellt Yen-Chia Hsu drei Beispiele vor: Monitoring der Luftqualität (in Pittsburgh)(2015), Monitoring der Geruchsqualität (in Pittsburgh)(2018), Monitoring des Rauches (Pittsburgh)(2020?).

Während das generelle Schema im ersten Moment ‚einfach‘ wirken kann, zeigen die Details dieser Projekte, dass sowohl auf der technischen Seite (Sensoren, Softwareauswertung) wie auch auf der kommunalen Seite (Kommunikation, Kontakte,..) vielfältige Herausforderungen gemeistert werden müssen.

Yen-Chia Hsu fasst die vielfältigen Erfahrungen aus den drei Projekten wie folgt zusammen (vgl. S.31) (siehe auch [35]):

  1. Viele Methoden, die für sich den Anspruch erheben, ‚Ko-Design‘ zu realisieren, sind nicht wirklich Bürger-zentriert. Diese Bürger-Zentriertheit ist aber wichtig, da der lokale Kontext sehr wichtig ist, dieser aber von den Forschern in der Regel kaum verstanden wird.
  2. Die hohen Anforderungen an die Nutzung und Analyse von Daten, die bestimmte statistische Anforderungen erfüllen müssen, bevor sie für Handlungen benutzt werden können, frustrieren Bürger und Kommunen. Dazu kommt, dass im Fall von sozialen Auswirkungen der Ergebnisse, dies zusätzliche Spannungen mit den Bürgern erzeugen kann.
  3. Eine besondere Herausforderungen bildet die zeitliche Dimension, die sich oft weit über die Dauer eines Projektes erstrecken kann. Eine kontinuierliche Anpassung der technischen Systeme ist eine Herausforderung. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Bürger dazu tendieren, die Möglichkeiten eines maschinell-intelligenten Systems entweder zu überschätzen oder zu unterschätzen.

Folgende Gedanken von Yen-Chia Hsu kann man als ‚Empfehlungen für die zukünftige Forschung‘ verstehen (vgl. SS.33ff):

  1. Man sollte die sozialen Wirkungen von technischen Systemen, angereichert mit maschinellem Lernen, auswerten.
  2. Man sollte die Design-Prozesse, durch die lokales Wissen in Funktionen übersetzt wird, dokumentieren.
  3. Lokale Probleme zu Problemen der Umwelt und des Sozialen sollten durch interaktive Anwendungen des maschinellen Lernens dem Verstehen zugänglicher gemacht werden.
  4. Eher speziell empfiehlt er, visuelle Analyse-Werkzeuge, die mit maschinellem Lernen unterstützt werden, dahingehend zu untersuchen, ob und wie sie die gemeinsame Erstellung (‚co-creation‘) von brauchbaren Daten unterstützen und dadurch zugleich die Bürger weiter befähigen (‚empowering them‘).

15:45 Uhr: Podiumsdiskussion
Prof. Dr. Gerd Doeben-Henisch, Frankfurt University of Applied Sciences
Franziska Ohde, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel

KOMMENTARE

[5] Ein informativer Gesamtüberblick zum UfU findet sich in der Deutschen Wikipedia HIER ( https://de.wikipedia.org/wiki/Unabh%C3%A4ngiges_Institut_f%C3%BCr_Umweltfragen ). Die Homepage des UfU findet sich hier: https://www.ufu.de/ (Zuletzt: 13.Dez.2022). Ein kurzer Überblick zur Geschichte des UfU seit 1989 findet sich hier: https://www.ufu.de/ueber-uns/geschichte/

[6] Aarhus Konvention (https://www.aarhus-konvention.de/aarhus-konvention/): Webseite des UfU zur Erläuterung der wichtigen Aarhus-Konvention „in der das sogenannte UNECE-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten verabschiedet wurde.“ Dort auch die Aarhus-Änderungsverordnung von 2021: https://www.aarhus-konvention.de/europaeische-union/aarhus-aenderungsverordnung-2021/

[7] Rechtsschutz und Verbandsklage: Informationsseite des Umweltbundesamts: Jede Person, die geltend macht, durch staatliches Handeln in ihren Rechten verletzt zu werden, kann Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Gegen eine Behördenentscheidung ist zunächst der Widerspruch bei der Behörde und gegen einen Widerspruchsbescheid die Klage vor den Verwaltungsgerichten zulässig: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/umweltrecht/rechtsschutz-verbandsklage (Zuletzt: 13.Dezember 2022). Ergänzung während der Corona-Zeit wurde im Mai 2020 Regelungen zu Planungs- und Ge­nehmi­gungs­ver­fahren in Corona-Zeiten verabschiedet: https://dserver.bundestag.de/btd/19/192/1919214.pdf

[8] Wissenschaftliche Unterstützung des Rechtsschutzes in Umweltangelegenheiten in der 19. Legislaturperiode: Publikation des Umweltbundesamts. Kern der Studie ist ein ⁠Monitoring⁠ der Umweltverbandsklage von 2017-2020. Damit setzten das Unabhängige Institut für Umweltfragen e. V., Prof. Dr. Schmidt und RA Teßmer die Untersuchungen seit Einführung der Umweltverbandsklage fort. So kann die Entwicklung der Zahl und Erfolgsquote der Umweltverbandsklagen gezeigt werden. Zudem wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen der Dauer von Zulassungsverfahren und dem Wegfall der Präklusion untersucht. Die Studie enthält außerdem mehrere Gutachten, in denen verschiedene Rechtswissenschaftler*innen spezielle Fragen des Umweltrechtsschutzes klärten, RAin Heß z. B. solche zum Rechtsschutz gegen Pläne und Programme und Prof. Dr. Gärditz zur Präklusion: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/wissenschaftliche-unterstuetzung-des-rechtsschutzes (Zuletzt: 13. Dez. 2022) PDF: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/texte_149-2021_wissenschaftliche_unterstuetzung_des_rechtsschutzes_in_umweltangelegenheiten_in_der_19._legislaturperiode_0.pdf

[9] Grundsätzliche Rolle des ‚Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG)‘: Siehe [8] S.29f

[10] UfU Stellungnahme zu Bürgerbeteiligung 2020: https://www.ufu.de/wp-content/uploads/2020/12/201230_Hintergrundpapier_Buergerbeteiligung.pdf (Zuletzt: 13.Dez.2022)

[11] UvP Portal des Bundes und der Länder: https://www.uvp-portal.de/ (Zuletzt: 13.Dez. 2022): „Hier finden Sie Informationen zu den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) der deutschen Bundesbehörden. Umweltverträglichkeitsprüfungen ermitteln, beschreiben und bewerten die Umweltauswirkungen von Vorhaben. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge. Die Zulassungsbehörden in Deutschland führen UVPs nach einheitlichen Grundsätzen durch. Insbesondere beteiligen sie die Öffentlichkeit.“

[12] Schema ein er Umweltverträglichkeits-Prüfung: https://www.uvp-portal.de/de/node/250 (Zuletzt: 13.Dez.2022)

[13] Beispiel einer Bürgerinitiative in einer kleinen Kommune (61137 Schöneck), in der die Gemeindeleitung zunächst versucht hatte, die Ansiedlung eines neuen Rechenzentrums (RZ) ohne die Einbeziehung einer breiten Öffentlichkeit vorzubereiten. Dadurch, dass dann doch immer mehr Informationen ‚durchsickerten‘, kam es zur Entstehung einer recht beeindruckenden Bürgerinitiative (https://www.lebenswertes-schoeneck.de/), die immer mehr Informationsveranstaltungen organisierte, so dass es dann in der offiziellen Offenlegungsphase im November 2022 zu über 700 Einwendungen gegen das Projekt kam, 20 davon von Behörden oder Verbänden. Einige der fachlichen Einwendungen kann man HIER (https://www.lebenswertes-schoeneck.de/Einwendungen/) einsehen.

[14] Universität Hohenheim, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, Fruwirthstraße 46, 70599 Stuttgart, (https://komm.uni-hohenheim.de)

[15] UN HABITAT III (siehe: https://unhabitat.org/habitat-iii ).: „Habitat III, the United Nations Conference on Housing and Sustainable Urban Development, took place in Quito, Ecuador, from 17 – 20 October 2016. In resolution 66/207 and in line with the bi-decennial cycle (1976, 1996, and 2016), the United Nations General Assembly decided to convene the Habitat III Conference to reinvigorate the global commitment to sustainable urbanization, to ratify the “New Urban Agenda”, building on the Habitat Agenda of Istanbul in 1996.“ …. „Habitat III was one of the first United Nations global summits after the adoption of the Post-2015 Development Agenda and the Paris Climate Change Agreement. It offered a unique opportunity to discuss the important challenge of how cities, towns, and villages are planned and managed, in order to fulfill their role as drivers of sustainable development, and hence shape the implementation of new global development and climate change goals.“

[16] SMART CITY CHARTA – DIGITALE TRANSFORMATION IN DEN
KOMMUNEN NACHHALTIG GESTALTEN
(2017), Herausgeber: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn
Deichmanns Aue 31–37, 53179 Bonn; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Stresemannstraße 128 – 130, 10117 Berlin, URL: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/bauen/wohnen/smart-city-charta-kurzfassung-de-und-en.pdf?__blob=publicationFile&v=4

[17] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2020): Neue Leipzig-Charta. Die transformative Kraft der Städte
für das Gemeinwohl, URL: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2021/neue-leipzig-charta-pocket-dl.pdf. Aus der Vorbemerkung: „

Die Neue Leipzig-Charta ist das Leitdokument für eine zeitgemäße Stadtpolitik in Deutschland und Europa. Was sind die
Grundprinzipien guter Stadtentwicklung? Wo besteht dringender Handlungsbedarf? Wie lassen sich Krisenfestigkeit und
Innovationskraft in den Städten Europas stärken, um aktuelle
und zukünftige soziale, wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen zu bewältigen? Welche Unterstützung benötigen
Kommunen und die Menschen, die in ihnen leben und arbeiten,
um ihre Gestaltungs- und Veränderungskraft entfalten zu
können – in großen wie in kleinen Städten, im Quartier oder in
einer ganzen Stadtregion?“

[18] VDI Standard 7001: Siehe für einen kurzen Überblick Wikipedia DE: VDI 7001 (https://de.wikipedia.org/wiki/VDI_7001). Die VDI-Quelle zu „VDI 7001 Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planung und Bau von Infrastrukturprojekten“ findet sich hier: https://www.vdi.de/richtlinien/unsere-richtlinien-highlights/vdi-7001. Dort kann man lesen: „Infrastrukturprojekte sorgen in der Öffentlichkeit schon seit Jahrzehnten immer wieder für ausgiebige Diskussionen und teilweise massive Proteste. Wie können die beteiligten Akteure und Ingenieure gemeinsam gesellschaftliche Lösungen für die Umsetzung von längst notwendigen Infrastrukturprojekten der nächsten Jahrzehnte erreichen? Die Richtlinie VDI 7001 gibt Hinweise zur Kommunikation und Bürgerbeteiligung bei der Durchführung von Infrastrukturprojekten unter Berücksichtigung der Leistungsphasen (HOAI) in der Ingenieurplanung.“

[19] Kirsten Loach, Jillian Griffiths, Cultural sustainability as a strategy for the survival of museums and libraries, International Journal of Cultural Policy, Volume 23, 2017 – Issue 2: Cultural Policies for Sustainable Development, Pages 186-198, Published online: 13 Jun 2016 : Abstract „Cultural sustainability has become a growing priority within sustainable development agendas, and is now often depicted as a fourth pillar, equal to social, economic, and environmental concerns. Museums and libraries play a unique role within cultural sustainability by preserving their communities’ heritage. However, sustainability policy and research within these sectors still tends to focus on the social, economic, and environmental pillars. This article provides a critique of sustainability policy and research for museums and libraries. It argues that more explicit coverage of cultural sustainability is required to not only improve the contributions of museums and libraries to cultural sustainability, but also to provide an increased understanding and appreciation of the value of these institutions necessary for their continued survival.“ (URL: https://www.tandfonline.com/journals/gcul20 )

[20] Bürger schaffen Wissen: ( https://www.buergerschaffenwissen.de/ueber-uns ) . Auf der Webseite: „Bürger schaffen Wissen ist die zentrale Plattform für Citizen Science in Deutschland und präsentiert, vernetzt und unterstützt seit November 2013 Citizen-Science-Projekte. Wir als Team von Bürger schaffen Wissen verstehen es als unsere Aufgabe, die Bürgerforschung in Deutschland weiterzuentwickeln, bekannter zu machen und über Projekte zum Mitforschen zu informieren.  Die Zusammenarbeit von Wissenschaftsinstitutionen und Bürger*innen unter dem Begriff Citizen Science hat in den letzten Jahren eine große Entwicklung erfahren. Im Zuge dessen spielen Themen wie die Netzwerkentwicklung und unsere Trainingsworkshops, bei denen wir interessierte Akteur*innen einladen, sich in verschiedenen Modulen mit Citizen Science auseinanderzusetzen, in diesem Jahr eine große Rolle für uns und die Community. Bürger schaffen Wissen ist ein Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaft im Dialog (gGmbH) und dem Museum für Naturkunde Berlin. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).“

[21] Christopher Kullenberg , Dick Kasperowski, What Is Citizen Science? – A Scientometric Meta-Analysis, PLOS ONE, Published: January 14, 2016, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0147152. Abstract: Context: „The concept of citizen science (CS) is currently referred to by many actors inside and out-side science and research. Several descriptions of this purportedly new approach of science are often heard in connection with large datasets and the possibilities of mobilizing crowds outside science to assists with observations and classifications. However, other accounts refer to CS as a way of democratizing science, aiding concerned communities in creating data to influence policy and as a way of promoting political decision processes involving environment and health.“ … Results: „Results indicate that there are three main focal points of CS. The largest is composed of research on biology, conservation and ecology, and utilizes CS mainly as a methodology of collecting and classifying data. A second strand of research has emerged through geographic information research, where citizens participate in the collection of geographic data. Thirdly, there is a line of research relating to the social sciences and epidemiology, which studies and facilitates public participation in relation to environmental issues and health. In terms of scientific output, the largest body of articles are to be found in biology and conservation research. In absolute numbers, the amount of publications generated by CS is low (N = 1935), but over the past decade a new and very productive line of CS based on digital platforms has emerged for the collection and classification of data.“

[22] Eitzel, M.V., Cappadonna, J.L., Santos-Lang, C., Duerr, R.E., Virapongse, A., West, S.E., Kyba, C.C.M., Bowser, A., Cooper, C.B., Sforzi, A., Metcalfe, A.N., Harris, E.S., Thiel, M., Haklay, M., Ponciano, L., Roche, J., Ceccaroni, L., Shilling, F.M., Dörler, D., Heigl, F., Kiessling, T., Davis, B.Y. and Jiang, Q., 2017. Citizen Science Terminology Matters: Exploring Key TermsCitizen Science: Theory and Practice, 2(1), p.1. DOI: http://doi.org/10.5334/cstp.96 Abstract: „Much can be at stake depending on the choice of words used to describe citizen science, because terminology impacts how knowledge is developed. Citizen science is a quickly evolving field that is mobilizing people’s involvement in information development, social action and justice, and large-scale information gathering. Currently, a wide variety of terms and expressions are being used to refer to the concept of ‘citizen science’ and its practitioners. Here, we explore these terms to help provide guidance for the future growth of this field. We do this by reviewing the theoretical, historical, geopolitical, and disciplinary context of citizen science terminology; discussing what citizen science is and reviewing related terms; and providing a collection of potential terms and definitions for ‘citizen science’ and people participating in citizen science projects. This collection of terms was generated primarily from the broad knowledge base and on-the-ground experience of the authors, by recognizing the potential issues associated with various terms. While our examples may not be systematic or exhaustive, they are intended to be suggestive and invitational of future consideration. In our collective experience with citizen science projects, no single term is appropriate for all contexts. In a given citizen science project, we suggest that terms should be chosen carefully and their usage explained; direct communication with participants about how terminology affects them and what they would prefer to be called also should occur. We further recommend that a more systematic study of terminology trends in citizen science be conducted.“

In the section Direction for Future Work the authors write „

Two questions we raise are: 1) “Who gets to decide what
people involved in all aspects of citizen science are called,
and why?” and 2) “Who gets to decide what science consists
of?”
We believe that investigation into these questions is
important for citizen science to address power imbalances
in knowledge production. As we have pointed out in the
theoretical background, terminology can have a profound
effect on participants and has the power to include or
exclude. For example, using terminology that uninten-
tionally privileges the project leader may run counter to
the democratizing intentions of a citizen science project,
could influence how participants feel about the activity,
and could affect the knowledge that is produced.“ (p.16)

[23] ECSA – European Citizen Science Association, Auf der Webseite kann man unter ‚Vision and Mission‘ (https://www.ecsa.ngo/about-us/) lesen: „Our vision is that all citizens in Europe are valued and empowered as actors in advancing knowledge and innovation, and thus supporting sustainable development. We want to establish citizen science as a recognized, promoted and funded approach, one that fosters scientific literacy and the democratization of science. Through this, we want to see an increase in the social relevance and sustainable impact of research, and a stronger evidence base for policy processes, in Europe and globally.“

[24] ECSA – European Citizen Science Association, ECSA’s characteristics of citizen science, 2020 ( https://ecsa.citizen-science.net/wp-content/uploads/2020/05/ecsa_characteristics_of_citizen_science_-_v1_final.pdf ). In der Einleitung kann man lesen: „Citizen science is a common name for a wide range of activities and practices. It is possible to understand it by considering the characteristics of those activities and practices, which are described in this document. These are found in different scientific disciplines – from the natural sciences to the social sciences and the humanities – and within each discipline, the interpretation of citizen science can be slightly different. Yet despite these differences, citizen science is an emerging area of research and practice, with evolving standards on which different stakeholders are developing methodologies, theories and techniques. It is, therefore, useful to establish some level of shared understanding, across disciplines and practices, as to what to expect from an activity or a project that is set out to be a citizen science one. There is little doubt that a project with an open call to a wide range of volunteers to take part in either data collection or data analysis of a clearly defined research hypothesis will be recognised as citizen science. However, this is only one type within a large set of activities, practices and forms of participation, resulting in diverging views about what is – and isn’t – citizen science. Because of these differences in disciplinary and cultural contexts, attempting to define a universal set of rules for exclusion or inclusion is difficult, and might even limit the advancement of the field.
Instead, this document attempts to represent a wide range of opinions in an inclusive way, to allow for different types of projects and programmes, where context-specific criteria can be set. The characteristics outlined below are based on views expressed by researchers, practitioners, public officials and the wider public. Our aim is to identify the characteristics that should be considered when seƫng such criteria (e.g. a funding scheme), and we call upon readers to determine which subset of these characteristics is relevant to their own specific context and aims.“

[25] Pateman, R.; Tuhkanen, H.; Cinderby, S. Citizen Science and the
Sustainable Development Goals in Low and Middle Income Country
Cities
. Sustainability 2021, 13, 9534. https://doi.org/10.3390/su13179534, Im ‚Abstract‘ kann man lesen: „Progress towards the United Nations’ Sustainable Development Goals (SDGs) is monitored using a set of targets and indicators. Gaps in official datasets have led to calls for the inclusion of data generated through citizen science (CS) and allied approaches. Co-benefits of CS mean these approaches could also contribute to localising, defining, and achieving the SDGs. However, mapping of current and potential contributions is needed, as well as an understanding of the challenges these approaches present. We undertake a semi-systematic review of past and current CS projects and assess them against dimensions of CS—spatial, temporal, thematic, process, and management—and their value for the SDGs set out by Fritz et al. in 2019, focusing on low and middle income country (LMIC) cities as key environments in the battle for sustainability. We conduct interviews with project leaders to further understand the challenges for CS in these contexts. We find opportunities for projects to monitor and achieve a wide range of goals, targets, and indicators. However, we find fewer projects in low income countries when compared with middle income countries. Challenges include balancing local needs with national monitoring requirements and a lack of long-term funding. Support is needed for LMICs to achieve the potential of CS.“

Im Abschnitt über ‚Future Directions‘ man kann u.a. lesen: „Finally, we encourage deeper reflection and discussion of challenges in the CS community which was found to be absent from many of the resources found in our literature review. There is a need for CS to be critical and for project leaders to assess and report on successes and failures in terms of data quality, engagement, participant, and stakeholder outcomes, etc. Where these issues were discussed, they were often noted as observations rather than as a result of a more systematic evaluation or study. Rigorous assessment and reflection needs to be built into CS processes so that it involves participants and other stakeholders and allows for open learning to take place within CS projects and in the community as a whole.“

In den ‚Conclusions‘ kann man ergänzend u.a. lesen: „A full understanding of the social and structural barriers to the successful implementation of CS, particularly in the lowest income countries and when working with the most marginalised in society, is required. Effort is also needed to engage LMICs in discussions about the inclusion of CS data in SDG monitoring and to support the successful implementation of CS initiatives. Without understanding and overcoming barriers and providing this support, there is a risk that those who could most benefit from being engaged with these approaches will in fact be excluded.“

[26] Open Science Policy Austria: Österreichische Policy zu Open Science und der European Open Science Cloud(https://www.bmbwf.gv.at/Themen/HS-Uni/Hochschulgovernance/Leitthemen/Digitalisierung/Open-Science/Open-Science-Policy-Austria.html), Auf der Webseite kann man gleich zu Beginn lesen: „Am Mittwoch 23.2.2022 wurde im Zuge eines gemeinsamen Ministerratsvortrages von BMBWF, BMDW und BMK die Open Science Policy Austria beschlossen.
Mit diesem Vortrag an den Ministerrat und dieser Open Science Policy Austria bekennt sich Österreich zur Open Science Bewegung und zur European Open Science Cloud (EOSC). Die Vision von Open Science ist es, wissenschaftliche Prozesse offener und effektiver zu gestalten und sowohl wissenschaftliche Exzellenz als auch offene innovative und angewandte Forschung zur Bewältigung aktueller Herausforderungen zu nutzen, die sehr umfassend in den Policies der EU-Kommission und im Rahmenwerk der Globalen Nachhaltigkeitsziele (UN SDGs) dargestellt werden.“

Zum Thema ‚Nachhaltigkeit‘ heißt es u.a.: „Die SDGs sind für die Hochschulen zentrale, globale, internationale und nationale Zielsetzungen. Das Bekenntnis zur verstärkten Verankerung der Nachhaltigkeit an den Universitäten wurde im Jänner 2020 auch von der österreichischen Universitätenkonferenz (Uniko) gewürdigt und im „Manifest für Nachhaltigkeit“ verankert – und zwar für unterschiedlichste Tätigkeitsfelder wie Lehre, Forschung, Wissensaustausch oder Universitätsmanagement sowie dem Dialog mit der Gesellschaft nach außen. „

Zum Thema ‚Forschung‘ heißt es auf der Webseite u.a.: „Forschen bedeutet, systematisch und auf nachvollziehbare, reproduzierbare und kreative Weise neues Wissen und neue Anwendungen zu generieren. Von der Erforschung der Grundlagen der Natur und des menschlichen Zusammenlebens zur modernen Medizin, dem Internet und der Demokratie. Geschichten aus der Forschung sind Erfolgsgeschichten, die Generationen und Staaten verbinden. Forschung ist zudem ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor.“

Zum Thema ‚Digitalisierung und Forschung‘ heißt es u.a.: „Was die Erfindung des Buchdrucks für die Neuzeit oder die der Dampfmaschine Mitte des 19. Jahrhunderts war, ist im 21. Jahrhundert die digitale Transformation. Sie stellt eine technologische Weiterentwicklung dar, die das bisherige wirtschaftliche, politische, soziale, gesellschaftliche und auch wissenschaftliche Gefüge auf den Kopf stellt. Das bringt Chancen und Herausforderungen mit sich, die neue Handlungsspielräume eröffnen und zugleich aber auch strukturelle Veränderungsprozesse notwendig machen.“

Zum thema ‚KI und Digitalisierung‘ finden sich u.a. folgende Aussagen: „Weil Künstliche Intelligenz (KI) sowohl als Teil der Digitalisierung, als auch eigenständig betrachtet werden kann, sind die grundsätzlichen Ausführungen zu Digitalsierung der Lehre, Digitalisierung in der Forschung, Open Science und Digitalisierung in der Hochschulverwaltung auch entsprechend auf Veränderungen durch den Einsatz von KI andwendbar. Das gilt besonders für die Herausforderung für Hochschulen, digitale Grundkompetenzen, fachspezifisches Know How und den kritisch-reflexiven Umgang mit KI entsprechend zu vermitteln. „

Zum Thema ‚KI‘ heißt es: „Unter Künstlicher Intelligenz versteht das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) Systeme mit einem intelligenten (selbstlernendem) Verhalten, die ihre Umgebung analysieren und mit einem gewissen Grad an Autonomie handeln.“

Zum Thema ‚Open Science‘ heißt es u.a.: „Unter Open Science versteht man die freie Zugänglichkeit, Nutzbarmachung und Weiterverarbeitbarkeit von wissenschaftlichen Erkenntnisse und Forschungsdaten. In Zeiten des globalen digitalen Wandels ist das eine wichtige Voraussetzung zur Gewährleistung der verfassungsmäßig garantierten Freiheit der Wissenschaft. Österreich nimmt dabei eine wichtige Vorreiterrolle ein. Im Zeitalter der Digitalisierung – in dem die meisten wissenschaftlichen Publikationen primär elektronisch verfügbar sind – stellt sich beim Gedanken einer Offenen Wissenschaft (Open Science) die Frage nach der erweiterten bis schrankenlosen Zugänglichkeit wissenschaftlicher Informationen (Open Access) und ihren dahinterliegenden Daten (Open [Research] Data). Zu Open Science zählen aber auch noch andere Aspekte wie beispielsweise:

  • Open Source / Open Methods, also die Zugänglichkeit des Quellcodes und der Forschungsmethoden
  • Open Infrastructures, die Zugänglichkeit von Forschungsinfrastrukturen
  • Open Evaluation, die Zugänglichmachung von Evaluierungen
  • Citizen Science, also die Beteiligung von Bürger/innen in wissenschaftlicher Forschung oder auch
  • Open Education (u.a. der Einsatz von offenen Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER) im Kontext von Digitalisierung von Studium und Lehre). Damit ist die Zugänglichmachung von Lehr- und Lernmaterialen unter freien Lizenzen gemeint.

[27] Vohland, Katrin; Eichert, Stefan; Fiedler, Sarah; Kapun, Martin;
Kroh, Andreas; Mehu-Blantar, Ines; Ott, Iris ; Rainer, Heimo;
Schwentner, Martin; Zimmermann, Eva: Open Science in Museums –
Strategy of the Naturhistorisches Museum Wien (NHMW): The bene-
fits of openness.
Version 1.0 (2022-04-27) Naturhistorisches Museum
Wien (Vienna 2022) https://doi.org/10.5281/zenodo.6505108

In der Zusammenfassung kann man lesen: „In this document the NHMW rolls out in which areas the museum already contributes and can contribute to implement Open Science in its processes and products, which resources are necessary, and which already have been aquired, mainly in the form of third party funded projects. The key contribution is linked to its global responsibility regarding the collections. Objects from various disciplines from all over the world are hosted in the museum. Not only their conservation and their exploration/research („Beforschung”) belongs to the duties of the NHMW but also increasing their accessibility for research and education. The digital transformation not only requires new standards, workflows, and skills but also offers opportunities to link the collection with data from areas far beyond the museum, being it Earth observation, health, or nature based solutions. Some of these changes can be managed internally or with the support of projects. For a sustainable transition, additional resources are necessary as the basis of the NHMW are still the physical objects in the collections which have to be maintained in a responsible manner for the next centuries – in any case longer than the lifespan of a hard disk.“

[28] EU: The EU’s open science policy (https://research-and-innovation.ec.europa.eu/strategy/strategy-2020-2024/our-digital-future/open-science_en).

Auf der Webseite wird ‚Offene Wissenschaft‘ wie folgt definiert: „An approach to the scientific process that focuses on spreading knowledge as soon as it is available using digital and collaborative technology. Expert groups, publications, news and events.“

Zur europäischen ‚Offene Wissenschaft Vorgehensweise‘ kann man lesen: „Open science is a policy priority for the European Commission and the standard method of working under its research and innovation funding programmes as it improves the quality, efficiency and responsiveness of research. When researchers share knowledge and data as early as possible in the research process with all relevant actors it helps diffuse the latest knowledge. And when partners from across academia, industry, public authorities and citizen groups are invited to participate in the research and innovation process, creativity and trust in science increases. That is why the Commission requires beneficiaries of research and innovation funding to make their publications available in open access and make their data as open as possible and as closed as necessary. It recognises and rewards the participation of citizens and end users.“

[29] Katrin Vohland, Anne Land-Zandstra, Luigi Ceccaroni, Rob Lemmens, Josep Perelló, Marisa Ponti, Roeland Samson, Katherin Wagenknecht (Eds), The Science of Citizen Science (https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-030-58278-4.pdf?pdf=button), Springer, https://doi.org/10.1007/978-3-030-58278-4. This book is an open access publication.

Dieses Buch behandelt das Phänomen ‚Citizens Science‘ in großer Breite.

[30] Henry Sauermann, Katrin Vohland, Vyron Antoniou, Bálint Balázs, Claudia Göbel, Kostas Karatzas, Peter Mooney, Josep Perelló, Marisa Pontik, Roeland Samsonl, Silvia Winter, Citizen science and sustainability transitions, Elsevieer, Research Policy 49 (2020) 103978, Open Access Journal, https://doi.org/10.1016/j.respol.2020.103978

Im ‚Abstract‘ kann man Lesen: „Citizen Science (CS) projects involve members of the general public as active participants in research. While some advocates hope that CS can increase scientific knowledge production (“productivity view”), others emphasize that it may bridge a perceived gap between science and the broader society (“democratization view”). We discuss how an integration of both views can allow Citizen Science to support complex sustainability transitions in areas such as renewable energy, public health, or environmental conservation. We first identify three pathways through which such impacts can occur: (1) Problem identification and agenda setting; (2) Resource mobilization; and (3) Facilitating socio-technical co-evolution. To realize this potential, however, CS needs to address important challenges that emerge especially in the context of sustainability transitions: Increasing the diversity, level, and intensity of participation; addressing the social as well as technical nature of sustainability problems; and reducing tensions between CS and the traditional institution of academic science. Grounded in a review of academic literature and policy reports as well as a broad range of case examples, this article contributes to scholarship on science, innovation, and sustainability transitions. We also offer insights for actors involved in initiating or institutionalizing Citizen Science efforts, including project organizers, funding agencies, and policy makers.“

[31] Pl@ntNet is a citizen science project available as an app that helps you identify plants thanks to your pictures (https://plantnet.org/en/)

[32] Yen-Chia Hsu, Jennifer Cross, Paul Dille, Michael Tasota, Beatrice Dias, Randy Sargent,Ting-Hao (Kenneth) Huang, Illah Nourbakhsh, Smell Pittsburgh: community-empowered mobile smell reporting system , IUI ’19: Proceedings of the 24th International Conference on Intelligent User Interfaces, March 2019, Pages 65–79, https://doi.org/10.1145/3301275.3302293

Im ‚abstract‘ kann man lesen: „Urban air pollution has been linked to various human health considerations, including cardiopulmonary diseases. Communities who suffer from poor air quality often rely on experts to identify pollution sources due to the lack of accessible tools. Taking this into account, we developed Smell Pittsburgh, a system that enables community members to report odors and track where these odors are frequently concentrated. All smell report data are publicly accessible online. These reports are also sent to the local health department and visualized on a map along with air quality data from monitoring stations. This visualization provides a comprehensive overview of the local pollution landscape. Additionally, with these reports and air quality data, we developed a model to predict upcoming smell events and send push notifications to inform communities. Our evaluation of this system demonstrates that engaging residents in documenting their experiences with pollution odors can help identify local air pollution patterns, and can empower communities to advocate for better air quality.“

[33] Yen-Chia Hsu, Illah Nourbakhsh, “When Human-Computer Interaction Meets Community Citizen Science“,Communications of the ACM, February 2020, Vol. 63 No. 2, Pages 31-34, 10.1145/3376892, https://cacm.acm.org/magazines/2020/2/242344-when-human-computer-interaction-meets-community-citizen-science/fulltext

In der Einleitung kann man lesen: „HUMAN-COMPUTER INTERACTION (HCI) studies the design and use of interfaces and interactive systems. HCI has been adopted successfully in modern commercial products. Recently, its use for promoting social good and pursuing sustainability—known as sustainable HCI—has begun to receive wide attention.4 Conventionally, scientists and decision-makers apply top-down approaches to lead research activities that engage lay people in facilitating sustainability, such as saving energy. We introduce an alternative framework, Community Citizen Science (CCS), to closely connect research and social issues by empowering communities to produce scientific knowledge, represent their needs, address their concerns, and advocate for impact. CCS advances the current science-oriented concept to a deeper level that aims to sustain community engagement when researchers are no longer involved after the intervention of interactive systems.“

[34] Yen-Chia Hsu, Ting-Hao (Kenneth) Huang, Ting-Yao Hu, Paul Dille, Sean Prendi, Ryan Hoffman, Anastasia Tsuhlares, Jessica Pachuta, Randy Sargent, Illah Nourbakhsh1, Project RISE: Recognizing Industrial Smoke Emissions, https://arxiv.org/pdf/2005.06111.pdf

Im ‚abstract‘ kann man lesen: „Industrial smoke emissions pose a significant concern to human health. Prior works have shown that using Computer Vision (CV) techniques to identify smoke as visual evidence can influence the attitude of regulators and empower citizens to
pursue environmental justice. However, existing datasets are
not of sufficient quality nor quantity to train the robust CV
models needed to support air quality advocacy. We introduce
RISE, the first large-scale video dataset for Recognizing
Industrial Smoke Emissions. We adopted a citizen science
approach to collaborate with local community members to
annotate whether a video clip has smoke emissions. Our
dataset contains 12,567 clips from 19 distinct views from
cameras that monitored three industrial facilities. These daytime clips span 30 days over two years, including all four
seasons. We ran experiments using deep neural networks to
establish a strong performance baseline and reveal smoke
recognition challenges. Our survey study discussed community feedback, and our data analysis displayed opportunities
for integrating citizen scientists and crowd workers into the
application of Artificial Intelligence for Social Impact.“

Ergänzend eine Webseite von RISE zum Mitmachen und Mitlernen: https://smoke.createlab.org/

[35]  Yen-Chia Hsu, Ting-Hao ‘Kenneth’ Huang, Himanshu Verma, Andrea Mauri, Illah Nourbakhsh, Alessandro Bozzon, Empowering local communities using artificial intelligence, DOI:https://doi.org/10.1016/j.patter.2022.100449, CellPress, Patterns, VOLUME 3, ISSUE 3, 100449, MARCH 11, 2022

Unter der Überschrift ‚The Bigger Picture‘ kann man lesen: „Artificial intelligence (AI) is increasingly used to analyze large amounts of data in various practices, such as object recognition. We are specifically interested in using AI-powered systems
to engage local communities in developing plans or solutions for pressing societal and environmental concerns. Such local contexts often involve multiple stakeholders with different and even contradictory agendas,
resulting in mismatched expectations of the behaviors and desired outcomes of these systems. There is a need to investigate whether AI models and pipelines can work as expected in different contexts through
co-creation and field deployment. Based on case studies in co-creating AI-powered systems with local people, we explain challenges that require more attention and provide viable paths to bridge AI research with citizen needs. We advocate for developing new collaboration approaches and mindsets that are needed to co-create AI-powered systems in multi-stakeholder contexts to address local concerns“

In der ‚Zusammenfassung‘ kann man lesen: „Artificial intelligence (AI) applications can profoundly affect society. Recently, there has been extensive interest in studying how scientists design AI systems for general tasks. However, it remains an open question as to whether the AI systems developed in this way can work as expected in different regional contexts while simultaneously empowering local people. How can scientists co-create AI systems with local communities to address regional concerns? This article contributes new perspectives in this underexplored direction at the intersection of data science, AI, citizen science, and human-computer interaction. Through case studies, we discuss challenges in co-designing AI systems with local people, collecting and explaining community data using AI, and adapting AI systems to long-term social change. We also consolidate insights into bridging AI research and citizen needs, including evaluating the social impact of AI, curating community datasets for AI development, and building AI pipelines to explain data patterns to laypeople.“

KM:MI – Philosophie & Informatik – oksimo und Nachhaltigkeit

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
18.Januar 2022 – 21.Januar 2022, 15:10h
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (Email: gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Auf dieser Seite wird das Thema ‚oksimo und Nachhaltikeit‘ erörtert. Der Post gehört zum Themenknoten Sicht von Philosophie und Informatik unter dem Themenknoten  Kollektive Mensch:Maschine Intelligenz [KM:MI]. Der Wurzelknoten ist der oksimo.org Blog.

INTENTION

Fragt man nach dem Rahmen, in dem das oksimo Paradigma zu verorten ist, dann gab es in der Entstehungszeit des Konzeptes viele unterschiedliche Antworten. Nach und nach schälten sich dann aber die ’nachhaltigen Prozesse‘ als Bezugspunkt heraus. Nachhaltige Prozesse waren schon länger im Visier der Evolutionsbiologie, speziell auch der Ökologie, und dann — ab einer UN Konferenz 1992 [0] — auch im Kontext gesellschaftlicher Prozesse. Seitdem zeigt sich immer mehr, dass ein Denken mit dem Konzept ’nachhaltiger Prozess‘ zu einem Schlüsselkonzept unserer Zeit wird: jeder einzelne ist ein Prozess; die Gesellschaft besteht aus einer Vielzahl von Prozessen; die ganze Biosphäre ist ein Prozess, ja, unser Heimatplanet, die Erde samt Sonnensystem und der Milchstraßen-Galaxie, dies sind alles Prozesse, die wechselwirken, und die Wirkungen erzeugen.[2], [2a,b]

Für das oksimo Paradigma von besonderer Bedeutung ist die Perspektive, dass die treibende Kraft in den gesellschaftlichen Prozessen der Mensch ist, sowohl als ‚Verursacher‘ wie auch als ‚Betroffener‘. Sein Verhalten wird durch den jeweiligen Kontext beeinflusst, primär aber von seinem ‚Verstehen‘ der Welt und seinem individuellen wie auch gemeinschaftlichem Verhalten. Die rasant ansteigende Komplexität seiner Welt macht es für den Menschen immer schwerer, sich zu einem angemessenen gemeinsamem Verhalten zusammen zu finden.[12]

OKSIMO UND NACHHALTIGKEIT

Infografik zum Thema ‚oksimo und Nachhaltigkeit‘

ANGENOMMENER KONTEXT ZUM OKSIMO-PARADIGMA

Natur

Nimmt man die Perspektive der ’nachhaltigen Entwicklung‘ ein, dann führen einen die Analysen über kurz oder lang zur Realität der Weltprozesse, die wir schlicht als ‚Natur‘ bezeichnen. Natur ist in diesem Text eine Art Sammelbegriff für alles, was wir vorfinden, bevor es das biologische Leben auf der Erde gab, und was sich weiterhin als eine Art ‚Gegenüber‘ zum biologischen Lebens darstellt.

Biologisches (resilientes) Leben

Mit der Entstehung des Lebens auf dem Planet Erde begann ein Prozess, den wir als ‚biologische Evolution‘ bezeichnen: ein bislang andauernder Prozess von Entstehen, Verändern und Vergehen von Lebensformen, die als Populationen vorkommen, die sich fortpflanzen können, und die über die Zeit artenspezifische Überlebensstrategien erkennen lassen. Solche in der Zeit überlebensfähige Systeme nennt man ‚resiliente Systeme‘.[3],[3a]

Kultur und Gesellschaft

Der Begriff der (biologischen) Population wird hier beschränkt auf jene Menge von biologischen Individuen, die sich durch eine gemeinsame Fortpflanzungsfähigkeit auszeichnen. In dem Maße, wie solche Populationen über einen Verhaltensraum verfügen, innerhalb dessen sie aufgrund von äußeren Ereignissen neue Verhaltensweisen ausbilden können, die untereinander imitiert, nachgeahmt und modifiziert werden können, die dann sogar von den Jüngeren über die Älteren (z.B. Müttern) wieder über die Jüngeren weiter gegeben werden können, in dem Maße wird hier von den Grundelementen von ‚Kultur‘ gesprochen. [1] Die verschiedenen Verhaltenselemente können grundsätzlich in verschiedene ‚Gesamtformate‘ eingebracht werden (‚Patriarchat‘ [4], ‚Matriarchat‘ [5], ‚Autoritär‘, ‚Kollegial‘, …). Diese Gesamtformate charakterisieren dann unterschiedliche ‚Gesellschaften‘.

Vernetzte Lernende Semiotische Triaden

Die Überschrift klingt nicht sehr lesefreundlich … aber es geht um einen Sachverhalt, der sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt, wobei jeder beteiligte Faktor auf komplexe dynamische Sachverhalte verweist, die miteinander in Wechselwirkung stehen.

Im Zentrum des Begriffs stehen ’semiotische Akteure‘ [6a], [6b], wie es Menschen z.B. sind. Ein semiotischer Akteur ist in der Lage mittels ’sprachlicher Ausdrücke‘ — gesprochen und geschrieben, zusätzlich unterstützt durch Gesten — bestimmte ‚Bedeutungsinhalte‘ zu ‚kodieren‘ und dieser Ausdrücke an andere semiotischen Akteure zu übermitteln. Sofern alle Beteiligten eine hinreichend ‚ähnliche Kodierung‘ benutzen, können auf diese Weise — unterschiedlich gut — Gedanken, Emotionen, Pläne usw. ausgetauscht werden. In gegeben Situationen kann man den ‚Erfolg der Kommunikation‘ meist direkt anhand des stimulierten Verhaltens ‚überprüfen‘. Ein semiotischer Akteur kann solch eine Kommunikation aber nur realisieren, weil er drei Faktoren miteinander verknüpfen kann: (i) Der ‚Innenbereich‘ eines Akteurs (vor allem sein Gehirn mit den diversen Zuständen) [7ab]; (ii) Eine ‚Umgebung‘, die auf den semiotischen Akteur einwirkt bzw. z.T. vom semiotischen Akteur auch ‚verändert‘ werden kann (der eigene Körper ist für andere semiotische Akteure auch ein Teil der Umgebung!)[7a,b]; (iii) Die ‚Ausdrücke‘ eines Zeichensystems als Teil einer ‚Sprache‘. Ein semiotischer Akteur transformiert die Eindrücke der Umgebung in ein ‚inneres Modell‘ [8], das keine 1-zu-1 Abbildung darstellt und kann dann ‚intern‘ Aspekte von inneren Modellen in sprachliche Ausdrücke ‚abbilden (= kodieren)‘. Die internen Modelle der einzelnen Akteure unterscheiden sich in der Regel. Durch ‚Lernprozesse‘ erwirbt ein semiotischer Akteur sowohl sein ‚Weltwissen‘ wie auch die Zuordnung von Weltwissen und sprachlichen Ausdrücken. [9] Mit Blick auf die genannten drei Faktoren und das Lernen soll hier von einer ‚lernenden semiotischen Triade‘ [LST] gesprochen werden. Im Normalfall sind semiotische Triaden im Lernen zugleich ‚vernetzt‘, d.h. die Zuordnung von sprachlichen Ausdrücken zu Situationsmerkmalen — und damit verbundenen inneren Zuständen wie Emotionen, Gefühle, Stimmungen usw. — geschieht nicht in Isolation sondern in Gegenwart von anderen lernenden semiotischen Triaden. Insofern bilden lernende semiotische Triaden ein ‚Netzwerk‘ als ‚vernetzte lernende semiotische Triaden‘ [VLST].[10]

Will man also menschliche Gesellschaften verstehen, muss man immer die Realität der vernetzten lernenden semiotischen Triaden im Blick haben, ansonsten kann man gesellschaftliche Phänomene nicht zufriedenstellend erklären.

Kollektive Mensch:Maschine Intelligenz [KM:MI]

Interessanterweise gibt es bis heute keine allgemein akzeptierte und hinreichend aussagekräftige Theorie der menschlichen ‚Intelligenz‘, sehr wohl aber partielle Modelle, die einige Phänomene ganz gut beschreiben. Die Intelligenz wird im menschlichen Gehirn verortet, das eine ‚Arbeitsgemeinschaft‘ mit dem ganzen restlichen Körper bildet.

Zusätzlich gibt es seit ca. 75 Jahren einen neuen Typ von Maschinen [11], die man mit Texten füttern kann, die unterschiedlichste ‚Kommandos‘ enthalten, die man als Einheit ‚Algorithmus‘ oder ‚Programm‘ oder ganz allgemein als ‚Software‘ bezeichnet. Diese Kommandos repräsentieren eine Menge von Ausdrücken, die zu einer Sprache gehören, die man ‚Programmiersprache‘ nennt. 2022 gibt es mehr als 100 verschiedene Programmiersprachen. Maschinen, die man mit Texten von solchen Programmiersprachen ‚füttern‘ kann (man nennt dies meistens ‚Programmieren‘), können je nach Beschaffenheit der Maschine — man nennt eine programmierbare Maschine auch ‚Computer‘ und das Material des Computers ‚Hardware‘ — führt die ‚Ausführung‘ der Kommandos zu unterschiedlichen Maschinenzuständen, die sich dann unterschiedlich ’nach außen‘ auswirken können (Steuerung anderer Maschinen, Ausgabe von Bildern, Tönen, Sensitiv für Eingaben über eine Tastatur, für Signale von Sensoren usw.). Man unterscheidet grob rein ‚deterministische‘ Programme und solche die ’nicht-deterministisch‘ sind, weil sie entweder mit ‚Zufallszahlen‘ arbeiten oder im begrenzten Umfang ‚Lernen‘ können. Es hat sich eingebürgert, dass man von Programmen, die lernen können, sagt, sie seien ‚intelligent‘. Aber auch in diesem Fall gibt es bis heute keine allgemein akzeptierte Definition von ‚maschineller‘ Intelligenz.

Natürlich wäre es interessant, wenn programmierbare lernfähige Maschinen dem Menschen helfen könnten, alleine und in Gemeinschaft mit anderen die Prozesse der Gesellschaft in Wechselwirkung mit den anderen Prozessen so weit zu verstehen, dass man irgendwie Nachhaltig sein könnte, um auch noch in einer der vielen möglichen Zukünfte leben zu können. Dazu bräuchte man minimal eine einheitlichen Konzeption von Intelligenz auf Seiten des Menschen, auf Seiten der Maschine, und dann für eine ‚kollektive Mensch:Maschine Intelligenz‘.

DAS OKSIMO PARADIGMA UND SOFTWARE

Vor dem geschilderten angenommenen Kontext des oksimo Paradigmas sollen hier kurz einige Eigenschaften des oksimo Paradigmas und der Software beschrieben werden.

Oksimo Software

Text, Simulator, Ausgangslage, Ziele, Drehbuch

Der Unterschied zwischen dem Begriff des ‚Paradigmas‘ und dem Begriff der ‚Software‘ liegt darin, dass die oksimo ‚Software‘ der konkrete Text ist, der einem Computer ‚übergeben‘ wird, der diesen Text dann mit einer bestimmten Software genannt ‚Simulator‘ bearbeitet. Eine Hauptfunktion dieses Simulators besteht darin, den eingegebenen Text als ‚Simulation‘ zu zeigen: ausgehend von einer ‚Ausgangssituation‘ wird gezeigt, wie sich diese Ausgangslage mittels eingegebener ‚Veränderungsregeln‘ (die letztlich ein ‚Drehbuch‘ realisieren) schrittweise in einen ‚Zielzustand‘ verwandelt. Ob und wenn ja, in welchem Umfang, der Zielzustand erreicht wird, hängt letztlich vom Drehbuch ab.

Oksimo Paradigma

Handlungsraum

Gibt es eine oksimo Software, dann eröffnet diese Software ihren potentiellen Anwendern (Benutzern) einen oksimo-spezifischen ‚Handlungsraum‘. Damit ist gemeint, dass der Anwender in ‚Interaktion‘ mit der oksimo Software bestimmte Handlungen vornehmen kann. Die mögliche Beschaffenheit dieses ‚oksimo typischen‘ Handlungsraum definiert das ‚oksimo Paradigma‘.

Alltagssprache, Weltweit

Im Fall der Erstellung einer oksimo Software muss der Anwender ausschließlich ‚Alltagssprache‘ benutzen (z.B. ‚Deutsch‘, ‚Englisch‘, ‚Italienisch‘, …, ‚Russisch‘, … ‚Arabisch‘, … ‚Chinesisch‘, …’Zulu‘, “Xhosa‘, ‚Afrikaans‘, …). Eine Alltagssprache enthält alles, worüber Menschen sprechen können. Dies hat zur Folge, dass im Prinzip jeder Mensch ‚ohne spezielles Vorwissen‘ die oksimo Software benutzen kann. Man kann solch einen Text mit Alltagssprache ‚alleine‘ erstellen oder ‚zusammen mit anderen‘, als Gruppe, als Team, überall verteilt, nur durch das World Wide Web [WWW] (auch über mobile Endgeräte) verbunden.

Alltag, Zahlen, Mathematik

Durch die Benutzung der Alltagssprache ist das oksimo Paradigma mitten im ‚Alltag eingebettet‘. Alles kann zur Sprache kommen, was Menschen beschäftigt, in Form eines Textes, als Drehbuch, natürlich auch mit Zahlen (quantitativen Angaben), da Alltagssprache beliebig viel ‚Mathematik‘ zulässt.

Komplexe Dynamik sichtbar und erlebbar machen

Durch diese Offenheit des oksimo Paradigmas für die Breite des Alltags kann der Alltag nicht nur ‚zur Sprache‘ kommen, sondern durch die Anordnung des Alltags als ‚Drehbuch‘ (aktuelle Ausgangslage, mögliche Veränderungen, anvisierte Ziele, …) kann man auch die ‚im Alltag (implizit) wirkende Dynamik‘ sichtbar machen. Diese Alltagsdynamik kann sehr wohl ‚komplex‘ sein, so komplex, dass ein Anwender diese Komplexität ohne die Aufbereitung als eine oksimo Simulation normalerweise gar nicht erkennen, geschweige den ‚verstehen‘ kann. Das Verstehen ist im Fall einer Simulation auch meistens mit verschiedenen Emotionen begleitet, insbesondere dann, wenn man ein Drehbuch gemeinsam mit anderen erstellt bzw. als Simulation anschaut.

Multiple dynamische Ziele

Ein wichtiger Aspekt der Alltagsdynamik sind die — ausgesprochenen und unausgesprochenen — ‚Ziele‘, die in Akteuren wirksam sind. Solche Ziele können sich ‚ergänzen‘, können aber auch ‚gegensätzlich‘ sein; vor allem, sie können sich auch ‚jederzeit ändern‘. In der Zeit sind Ziele ‚kurzfristig‘ oder ‚langfristig‘. Von der ‚Gewichtung‘ her ’nicht so wichtig‘ oder ’sehr wichtig‘. Im oksimo Paradigma kann man solche Ziele direkt abbilden; man schreibt sie einfach auf, und dann wird während einer Simulation beständig überprüft, ob und wenn ja, wieweit, diese Ziele eingelöst werden. Dies erhöht die Transparenz der Alltagsdynamik erheblich. Als einzelner wird man kontinuierlich damit konfrontiert, dass die eigenen Ziele ’nicht alleine‘ sind und dass ihre Erreichung möglicherweise Kompromisse bzw. ‚Zielmodifikationen‘ verlangen wird.

Prognosen, Wahrscheinlichkeiten, Vielfalt

Liegt ein Drehbuch vor mit Ausgangslage, Zielen, und vorgeschlagenen Maßnahmen, dann kann man die in der Simulation sichtbar werdenden Folgezuständen auch als ‚Prognosen‘ verstehen: Wenn Du mit dieser Ausgangslage und diesen Maßnahmen arbeitest, dann wird solch ein bestimmter Folgezustand auftreten! Und da wir wissen, dass im Alltag die Dinge sich nicht immer genau so oder vielleicht überhaupt nicht ereignen, wie wir uns das gedacht haben, sondern oft ‚ganz anders‘, gibt es in oksimo die Möglichkeit, jede einzelne Maßnahme mit einer ‚Wahrscheinlichkeit‘ zu verknüpfen (z.B. in 4 von 5 Fällen geschieht A, es kann aber auch B in 5-4 vielen Fällen auftreten). Während im ‚realen Alltag‘ tatsächlich immer wieder etwas passieren kann, was man ‚in keiner Weise auf dem Plan hatte‘, ist die Ereignisbreite eines oksimo Drehbuchs an das verfügbare Wissen der Akteure gebunden. Man kann dies ein wenig dadurch verbessern, dass man möglichst unterschiedliche Akteure zusammenbringt, und/oder dadurch, dass man ‚Daten aus der realen Welt‘ über geeignete Sensoren in ein Drehbuch einbettet (integriert).

Geworden, Vielfalt, Lernen

Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist jeder Akteur ein ‚Gewordener‘. Damit ist der Akteur nicht ‚unbestimmt‘, sondern ein ‚konkretes Etwas‘. Dieses konkrete Etwas ist eng verflochten mit jenem Alltag, in dem es geworden ist. Der betreffende Akteur kann durch diese konkrete Einbindung mit der Welt kommunizieren, interagieren, und die Welt im Lichte seines Gewordenenseins sehr spezifisch ‚verstehen‘. Da jeder ‚gewordene Akteur‘ per se ‚dynamisch‘ ist, weil er ‚altern‘ und ‚lernen‘ kann, wird es für sein Weltverständnis wichtig sein, dass er seinen Alltag und seinen Umgang mit dem Alltag immer wieder ändert, um sein ‚Lernen‘ lebendig zu halten. Vielfalt durch andere Menschen, andere Kontexte, durch ‚Experimente‘ und ‚Spielen‘ sind hier wichtige Zutaten für ein lebenslanges Lernen. Das oksimo Paradigma bietet hierfür gute Voraussetzungen: Alle Elemente eines Drehbuchs sind variabel; sie können jederzeit geändert und erweitert werden. Innerhalb einer Gruppe kann man Vielfalt erleben (wenn man sie zulässt :-)). Durch Einbeziehung von ‚Real-Welt-Daten‘ kann man die Vielfalt real erhöhen. So kann man sich vor allzu einfachen Weltbildern schützen.

Die ganze Welt neu miteinander denken

Wenn ein einzelner Akteur, eine ganze Gruppe, lokal oder verteilt über die ganze Welt, mit der oksimo Software im Format des oksimo Paradigmas arbeitet, dann gelingt dies unter Benutzung eines Browsers im World Wide Web von überall gemeinsam an Drehbüchern zu arbeiten. Und wenn man Leserechte erteilt, dann kann jeder sie lesen. Man kann ein Drehbuch auch als HTML-Seite formatiert direkt auf einem beliebigen Webserver platzieren (ähnlich wie bei Wikipedia), dann können alle mitlesen. Und wer diese Webseiten dann liest, kann sie auf Wunsch auch wieder in eine oksimo Simulation verwandeln … und sie als Simulation erleben. Da es in oksimo kein Problem ist, beliebig viele einzelne Simulationen (Drehbücher) auf ‚Knopfdruck‘ zu einer einzigen Simulation zu vereinigen, kann man sofort sehen, was passiert, wenn man diese neue Gesamt-Simulation ablaufen lässt: Sind die einzelnen Simulationen in der vereinigten Simulation ohne jeden Zusammenhang? Ergänzen sie sich? Entstehen Konflikte? Regen sie zum Weiterdenken an? Was ist mit der Vielfalt der Ziele? Sind die OK? Kann man da etwas ändern? Ist ein interessantes Ziel wahrscheinlich? Muss man das Problem doch ganz neu, ganz anders denken? usw. Mit oksimo kann die ganze Welt neu miteinander reden, miteinander Dinge erleben, miteinander neu denken, in Zusammenhängen, in Prozessen.

ANMERKUNGEN

wkp := Wikipedia

[0] UN 1992: Agenda 21: https://www.un.org/depts/german/conf/agenda21/agenda_21.pdf

[1] Siehe herzu z.B. die Position von Jablonka & Lamb: https://www.cognitiveagent.org/2022/01/16/kultur-bei-nicht-menschen-evolution-in-vier-dimensionen-nachhall-zu-jablonka-lamb-2017-2005/

[2] Theoretical Ecology in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Theoretical_ecology

//* Theoretische Ökologie ist das Ergebnis einer Suche nach geeigneten formalen Konzepten, um die Vielfalt der Phänomene im Bereich Ökologie angemessen beschreiben zu können. Ein prominentes Beispiel in diesem Konzeptualisierungsversuch ist die Position von Ulanowicz [2a,b,c], der versucht hat, die Vielfalt durch Anwendung von thermodynamischen Konzepten zu fassen. Ein geniales Konzept zwischen ‚mechanistischem‘ und ’stochastischem‘ Denken. Was u.a. kaum bis gar nicht von ihm berücksichtigt wird, das ist der autopoietische Charakter aller biologischen Systeme, angereichert um vernetzte lernende semiotischen Triaden (siehe im Text). *//

[2a] Robert E.Ulanowicz in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Ulanowicz

[2b] Robert E.Ulanowicz, (1986), Growth and Development – Ecosystems phenomenology, Springer (originally toExcel)

[2c] Robert E.Ulanowicz, (1997), Ecology: The Ascendant Perspective, Columbia University Press 

[3] Resilience in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Resilience

//* Das Konzept ‚resilientes System‘ kommt — ähnlich wie das im Text ebenfalls benutze Konzept ‚Bedeutung‘ und ‚Semantik‘ — in einer Vielzahl von Disziplinen vor, und zwar ohne wirkliche Integration in ein Konzept. *//

[3b] Das Auftreten ‚biologischer Systeme‘ ist aber nicht so zu verstehen, dass das ‚Biologische‘ damit vollständig getrennt wäre von voraus bestehenden ‚Natur‘. Die primären biologische Lebensformen waren Einzeller, die aus einer Vielzahl von Molekülen bestehen, diese wiederum aus Atomen, diese wiederum … dies heißt, dass das der ‚reale Stoff‘ einer Zelle ’naturhaft‘ ist und die Eigenheiten dieses realen Stoffs beibehält. Eine Zelle repräsentiert allerdings eine ‚Organisationsform‘ der einzelnen Elemente, die es als solche ‚Organisationsform‘ vorher noch nicht gab. Aufgrund dieser neuartigen Organisationsform besitzt eine biologische Zelle eine Fülle von ’neuartigen Verhaltensweisen‘, die einen ’spezifisch Handlungsraum‘ ermöglichen, der sich — zwar in engster Verbindung mit den realen Bestandteilen, aber doch klar verschieden von ihnen — über Interaktionen mit der Natur und dem Biologischen die Realität der Welt verändert.

[4] Patriarchat in der wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)

[5] Matriarchat in der wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Matriarchat

[6a] Semiotik in der wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Semiotik

[6b] Semiotics in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Semiotics

[7a] Jakob Johann von Uexküll in wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Johann_von_Uexk%C3%BCll

[7b] Jakob Johann von Uexküll in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Jakob_Johann_von_Uexk%C3%BCll

[8] Mental Model in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Mental_model

[9] Der Begriff der ‚Bedeutung‘ wird traditionellerweise der Perspektive der Semantik zugewiesen als einem Teilaspekt von Sprache. Bislang gibt es eine Vielzahl von Disziplinen, die sich unter dem Oberthema ‚Semantik‘ mit dem Phänomen der Bedeutung beschäftigen, allerdings fehlt noch eine einheitliche Theorie. Zum Einstieg in die Vielfalt siehe den Begriff ‚semantics‚ in wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Semantics

[10] Der Begriff der ‚vernetzten lernenden semiotischen Triade‘ fasst auf einer abstrakten Ebene verschiedene Phänomenbereiche zusammen, die funktional miteinander verbunden sind. Gleichzeitig sind die verschiedenen Phänomenbereiche aber auch ‚eigenständig‘ und folgen ihren phänomen-spezifischen Gesetzen! So unterliegt die ‚Außenwelt‘, die über Wahrnehmung und weiteren Interaktionen in Wechselwirkung mit dem Körper und dem Innenbereich eines semiotischen Akteurs steht, vielfachen Dynamiken, die ihrer ‚eigenen Logik‘ folgen. Eine semiotischer Akteur hebt diese Eigenlogik der Außenwelt nicht auf, sondern nutzt sie im Rahmen der Triade auf eigene Weise, sofern die Eigengesetzlichkeit der Außenwelt dies zulässt. Dies gelingt nur deswegen, weil die Dynamik der Außenwelt sehr viele ‚Freiheitsgrade‘ umfasst, die Varianten zulassen (z.B. ein ‚Stein‘ ist ein Stein, aber je nach räumlicher Lage ist er fest verkeilt mit seiner Umgebung oder als losgelöstes Stück im Raum bedingt bewegbar oder modifizierbar. Auf jeden Fall ist er für einen semiotischen Akteur begrenz nutzbar.).

[11] Computer, hier ‚Digital Computer‘, siehe wkp-en: https://en.wikipedia.org/wiki/Computer

[12] Döben-Henisch, G., (2006),  Reinforcing the global heartbeat: Introducing the planet earth simulator project In M. Faßler & C. Terkowsky (Eds.), URBAN FICTIONS. Die Zukunft des Städtischen. München, Germany: Wilhelm Fink Verlag, 2006, pp.251-263

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Bürgerbeteiligung und Politische Parteien

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
13.Juni 2021 – 3. Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

BÜRGERBETEILIGUNG und POLITISCHE PARTEIEN

Politische Grundstrukturen

In der deutschen Verfassung ist festgelegt, dass die Bürger in vereinbarten Zeiträumen per Wahl Mitglieder einer anerkannten Partei für ein Vertretungsgremien (in Kommunen, im Landkreis, im Bundesland, im Bund …) wählen können. Es wird angenommen, dass die gewählten politischen Vertreter ‚den Willen des Wählers‘ angemessen in ihrem politischen Handeln vertreten. Die gewählten Vertreter wiederum können in den entsprechenden Handlungsgremien (Gemeindevertretung, Kreistag, Landtag, Bundestag) dann Maßnahmen zur Gestaltung der jeweiligen Gestaltungsbereiche (Kommune, Landkreis, Land, Bund) im Rahmen der geltenden Gesetze beschließen. Zur Unterstützung des politisch motivierten Handelns gibt es auf allen Ebenen Verwaltungseinheiten, die bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützen.

Qualitative Anforderungen und Grenzen

Die politische Grundstruktur soll als Rahmen dienen, damit die Bürger eines Landes auf ein geordnetes Verfahren zurückgreifen können, mit dem sie ihre unterschiedlichen Interessen und ihr unterschiedliches Wissen so organisieren können, dass eine gemeinsame demokratische und nachhaltige Zukunft im Grundsatz möglich ist.

Vom einzelnen Bürger ist bekannt, dass sein individuelles Handeln von seinen inneren Zuständen abhängig ist, die wiederum zwar nicht vollständig, aber zu einem großen Teil, von seiner Lebenswelt beeinflusst werden. Diese Lebenswelt ist ein hybrides System aus objektiv gegebenen gesellschaftlichen Tatbeständen und kulturellen Normen, die in den inneren Zuständen der gesellschaftlichen Akteure verankert sind und wo Inneres und Äußeres grundsätzlich miteinander in Wechselwirkung stehen..

Die verankerten politischen Strukturen müssen also daran gemessen werden, ob, wie und wieweit sie geeignet sind, das Wissen und die Interessen der Bürger so zu unterstützen, dass eine demokratische nachhaltige Zukunft für alle möglich ist.

Die letzten Jahrzehnte zeigen immer mehr, dass die großen Herausforderungen der Gegenwart sich sowohl global wie auch lokal manifestieren (z.B. Klima, Biodiversität, Bevölkerungsentwicklung, Rohstoffe, Trinkwasser, Energieversorgung, Ernährung und Landwirtschaft, Land Grapping (mit Wasser Grapping), Müll (mit Plastik), Migrationsströme, ausgrenzende Weltanschauungen, Technologieentwicklung (insbesondere die Digitalisierung), Pandemien, organisierte Kriminalität, ….) und dass ihre Komplexität alle bestehenden politischen Systeme kontinuierlich überfordert.

Auf der Ebene der Kommunen repräsentieren die gewählten politischen Vertreter einen Anteil von ca. 0.3% (oder, je nach Größe, weit weniger, 0.007%, 0.001% …) aller Bürger. Die einzige Gestaltungsmöglichkeit der Bürger sind laut Verfassung die Wahlen (alle ca. 4-6 Jahre). Die geringe Zahl an gewählten politischen Vertretern ist in keiner Weise kognitiv in der Lage, weder die komplexen Anforderungen einer Kommune angemessen verstehen noch angemessen entscheiden zu können. Die heute üblichen politischen Konkurrenzen zwischen gewählten Parteien engt die Entscheidungskompetenzen weiter ein. Die Kenntnis der eigenen Verwaltung in großen Kommunen scheint bei den gewählten politischen Vertretern weitgehend unzulänglich zu sein. Die Verwaltungen selbst erwecken den Eindruck, dass sie in ihrer Verfasstheit kaum den zu leistenden Aufgaben entsprechen können. Dazu kommt, dass die zeitliche Dimension vieler zu lösenden Aufgaben von 10, 20 und mehr Jahren die in Legislaturperioden agierenden gewählten politischen Vertreter — und damit oft auch den von ihnen abhängigen Verwaltungen — überfordern.

Planfeststellungsverfahren

Zur Frage, ob und wie man Bürger auch zwischen den Wahlen einbeziehen kann oder einbeziehen muss, gibt es ein interessantes Beispiel, das sogenannten Planfeststellungsverfahren [1]. Für den Bereich von raumverändernden Maßnahmen wird festgelegt, auf welche Weise u.a. die Bürger Einsprüche zu einem Maßnahmenentwurf vorbringen können.

Charakteristisch ist hierbei, dass die Bürger erst einbezogen werden, wenn die grundlegenden Überlegungen zuvor schon abgeschlossen sind, ohne dass es eine nennenswerte Zusammenwirkung (Kollaboration) zwischen den handelnden politischen Vertretern und den Bürgern gegeben hat.

Das Verfahren selbst ist meistens extrem langwierig und die Vergangenheit legt den Eindruck nahe, dass diese Verfahren tendenziell eher partikuläre Interessen befördern als begründete Gesamtsichten. Dies verweist auf das grundlegende Problem, dass bei jeder Entscheidung das aktuell verfügbare Wissen und die aktuell gegebene Interessenlage entscheidend ist, dass dieses aktuelle Wissen ohne entsprechendes Training aber gerade nicht über jene prozessuralen [3] Gesamtsichten verfügen kann, die notwendig wären, um real nachhaltige Entscheidungen treffen zu können.

Bürgerentscheid

Seit 2005 gibt es in jedem Bundesland auch das Instrument des Bürgerentscheids [2]. In diesem Verfahren können Bürger mit entsprechender Beteiligung über einen Sachverhalt mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ abstimmen. Die gewählten politischen Vertreter können einen Gegenvorschlag aufstellen. Wird der Bürgerentscheid positiv entschieden gilt er formal als gleichwertig mit einer Entscheidung von gewählten politischen Vertretern.

Das Verfahren des Bürgerentscheids deutet an, dass den Bürgern als dem eigentlichen Souverän grundsätzlich das Recht zugestanden wird, eine eigene rechtskräftige Entscheidung parallel zu den gewählten politischen Vertretern fällen zu dürfen. Dies ist im Rahmen einer Demokratie und der herrschenden Komplexität in allen Entscheidungsbereichen ein positives Signal.

Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass das Verfahren des Bürgerentscheids als solches das grundlegenden Problem einer nachhaltigen Entscheidung nicht automatisch löst. Im Lichte des Wissens um die konkreten Herausforderungen, nachhaltige Entscheidungen unter Berücksichtigung der zeitlichen Horizonte wie auch der starken Wechselwirkungen zwischen vielen Themen zu treffen, scheint das Verfahren des Bürgerentscheids ein weitgehend unbefriedigendes Instrument zu sein. Es kann zwar punktuell im Prinzip mehr Kompetenzen aufrufen als jene, über die die kleine Gruppe der gewählten politischen Vertreter verfügt, aber die kontinuierliche wechselseitige Behandlung von Problemen erscheint hier auch nicht gegeben (abgesehen auch von dem extrem hohen logistischen Aufwand, der den Bürgern in solch einem Verfahren abverlangt wird).

Bürger als Partner?

Angesichts der inhärenten Grenzen im Entscheiden der politischen Vertreter einerseits wie auch der Bürger im Bürgerentscheid andererseits stellt sich die Frage, warum sich nicht die politischen Vertreter auf ihre eigentliche Rolle besinnen, die daraus resultiert, dass die Bürger ihre Auftraggeber sind und als Bürger den primären Kompetenzpool bilden. Statt also die Bürger eher als ‚Feinde‘ zu behandeln, die ihre ‚Arbeit stören oder gar bedrohen‘, würde sich ein kollaboratives, partnerschaftliches Modell empfehlen, in dem die Bürger frei und offen, idealerweise parteiübergreifend, ihre Kompetenzen in nachhaltiger Weise organisieren, und zwar so, dass die gewählten politischen Vertreter darauf kontinuierlich zurückgreifen und sich selbst aktiv an den Orientierungsprozessen beteiligen können, so dass auf nachhaltige Weise damit die verfügbaren Kompetenzen optimal genutzt werden.

Nachhaltiges Wissen

Die sehr gute Kollaboration auf praktischer Ebene alleine garantiert aber auch noch keinen Erfolg, da konkretes Handeln immer abhängig ist von den verfügbaren kognitiven Prozess-Modellen in den Köpfen der Handelnden, und zwar nicht nur in den Köpfen der einzelnen, sondern in den Köpfen aller Beteiligten! Bekanntermaßen kann solch ein gemeinsam geteiltes Prozesswissen nur durch eine kontinuierliche Kommunikation zwischen allen Beteiligten zustande kommen, in der die Prozesse selbst thematisiert werden. Und alles spricht dafür, dass es ferner nicht ausreicht, dass Prozesswissen nur aktuell, punktuell in der jeweiligen Gruppe existiert, sondern es muss auch in einer permanenten Form vorliegen, die speicherbar ist, nachlesbar, hörbar, visuell anschaulich, als simulierter Prozess, als spielbarer Prozess, als interaktiv gestaltbarer Prozess, als evaluierbarer Prozess, und dies alles ausschließlich in der Alltagssprache der Handelnden, um nur die wichtigsten Anforderungen zu benennen.

Oksimo Paradigma

Ein solches multimodales Prozesswissen ist das Ergebnis, wenn Menschen das oksimo Paradigma anwenden. Dies ist möglich, weil das oksimo Paradigma das Ergebnis solcher Reflexionen ist, wie sie im vorausgehenden Text am Beispiel von mehr Bürgerbeteiligung vorgestellt wurden.

DISKUSSION

Hier werden in loser Folge einzelne Beiträge aufgelistet, die sich im Umfeld des Themas ‚Bürgerbeteiligung und politische Parteien‘ bewegen.

  1. Anmerkungen zu Wolfgang Schäuble „Das Prinzip der Repräsentation“, FAZ Nr.149, 1.Juli 2021, S.6 (Letzte Änderung: 3.Juli 2021)

ANMERKUNGEN

[1] Planfeststellungsverfahren, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Planfeststellung

[2] Bürgerentscheid, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerentscheid

[3] Mit ‚prozessural‘ ist gemeint, dass die Gesamtsicht mit Sachverhalten zu tun hat, die Prozesse darstellen, und dass das Herstellen der Gesamtsicht ebenso an einen Prozess geknüpft ist, weil alle Beteiligten selbst laufende Prozesse darstellen. Es gibt in diesem Zusammenhang keine absolut festen Punkte, sondern nur intermediäre Zustände innerhalb der beteiligten, miteinander verschränkten Prozessen.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht des Akteurs – Freiheit

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
7.Juni 2021 – 7.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht des Akteurs im oksimo.org Blog.

AUS SICHT DES AKTEURS – FREIHEIT

Wenn man aus der Vision der ‚großen Menschheit‘ hinabtaucht auf die Kontinente, Länder, lokalen Regionen, zu den konkreten Orten des Lebens, dann trifft man dort auf die ‚Grundelemente jeder menchlichen Populationen‘, dann trifft man auf den einzelnen Menschen, jenes biologische System von der Lebensform ‚homo sapiens‘, das im Laufe der biologischen Evolution seit ca. 3.6 Mrd Jahren eine Rolle eingenommen hat, die deutlich abweicht von dem, was alle anderen biologischen Lebensformen auf dem Planet Erde bislang gezeigt haben.

Biologische Zelle

Von jeder einzelnen biologischen Zelle weiß man, dass sie sowohl im Prozess des ‚alltäglichen Lebens‘ wie auch im Prozess der ‚Vererbung‘ die ‚Struktur des Erbmaterials‘ ‚ändern‘ kann, so dass Nachfolger einer Zelle sowohl leicht veränderte ‚Strukturen‘ aufweisen können wie auch ein leicht verändertes ‚Verhalten‘. Diesem Veränderungsphänomen kann man verschiedene Namen geben. Welcher wäre passend?

Radikal Innovativ

Eine einzelne Zelle, Verbände von vielen Zellen, komplexe Organismen solcher Zellen, repräsentieren letztlich sogenannte Input-Output-Systeme, deren beobachtbares Verhalten man durch eine beschreibende Verhaltensfunktion annähern kann. Schon bei der allereinfachsten Zelle wird deutlich, dass dies nicht deterministisch sind, dass sie sich an verändernde Bedingungen ihrer Umgebung anpassen können (man kann es ‚lernen‘ nennen), und dass diese biologischen Zellen über die Zeitachs betrachtet (die Abfolge ihrer Nachkommen) radikal innovativ (kreativ) sind.

Freiheit als Grundlage

Obwohl dert Begriff der ‚Freiheit‘ erst in den letzten Jahrtausenden von sogenannter ‚menschlicher Kultur‘ gprägt wurde, kann — oder muss? — man sagen, dass sich schon in diesem ‚Grundverhalten aller biologischen Zellen‘ ein Gesamtverhalten zeigt, das der Kernidee von ‚Freiheit‘ entspricht: in einer gegebenen Situation ist das System in seinem Verhalten nicht vollständig bestimmbar, was sich unter Einbeziehung der beobachtbaren Nachfolger noch deutlicher zeigt. Die genetische Struktur einer Zelle, die einerseits wie ein ‚Gedächtnis‘ wirkt, andererseits wie eine ‚Entscheidungsinstanz‘, entfaltete im Laufe der biologischen Evolution eine Dynamik, für die es im gesamten bekannten Universum bis heute keine Parallele gibt (die Vision der extraterrestrischen Lebensformen ist bislang eine Gedankenkonstruktion menschlicher Gehirne).

Emergenz

Da die komplexe Dynamik biologischer Zellen auf die impliziten Eigenschaften ihres ‚Baumaterials‘ zurück zu führen ist, auf die grundlegend physikalisch-chemischen Eigenschaften der jeweiligen Umgebungen, muss man bislang davon ausgehen, dass diese charakteristischen Verhaltenseigenschaften biologoscher Lebensformen auf Verhaltensebene etwas ‚aufscheinen‘ lassen, was die ‚Bestandteile‘ dieser Lebensformen ‚für sich genommen‘ nicht zeigen! Dies ist der Kern der Bedeutung des Begriffs ‚Emergenz‘: die Gesamtheit zeigt Eigenschaften, die die Einzelteile alleine für sich nicht erkennen lassen. Dies deutet darauf hin, dass es Eigenschaften der physikalisch-chemischen Bauelemente geben muss, die diesen Bauelementen ‚inhärent‘ sind und die nur in bestimmten Konstellationen ihre Wechselwirkungen zeigen (in der modernen Quantenphysik ist dies eine durchgehende Grundeinsicht zum ‚Wesen der Materie‘).

Offenbarung <— Emergenz + Freiheit

Insofern deutet sich an, dass ‚Emergenz‘ und ‚Freiheit‘ komplementäre Begriffe sind, die schon in der bekannten Materie als immanente Eigenschaften angelegt sind. Materie gibt es nur als emergentes, von Freiheit geprägtes Etwas, das sich in einem fortschreitenden Prozess von Wechselwirkungen zeigt, sichtbar macht, ‚offenbart‘: den Prozess des Universums kann man, so gesehen, als eine fortschreitende ‚Offenbarung‘ bezeichnen, bevor irgendeine Religion einen solchen Begriff in den Mund genommen hatte. Offenbarung ist eine Grundeigenschaft jedes realen physikalischen Systems, das auf Freiheit beruht und sich in den vielfältigen Phänomenen von Emergenzen manifestiert.

Komplexität

Verfolgt man die ‚Spur des Lebens‘ durch die tausende von Millionen Jahre auf dem Planet Erde, ist ein Phänomen unübersehbar: die wachsende Komplexität!

Gab es zu Beginn nur einzelne Zellen — immerhin über mehr als 2 Mrd hinweg– bildeten sich dann langsam ‚Verbände von Zellen‘, dann erste Organismen, und dann immer mehr komplexe Organismen, bis hin zu einem homo sapiens Exemplar, das ca. 36 Billionen (10^12) Körperzellen umfasst. Eine unfassbar große Zahl (dazu kommen an die 200 Billionen — oder gar mehr — weitere Zellen, die einen menschlichen Körper — vorwiegend im Darm — ‚besiedeln‘, und dabei z.T.wichtige, lebenserhaltende Funktionen wahrnehmen). Jede einzelne dieser Zellen ist ‚autonom‘, sie ‚entscheidet‘ selbst aufgrund ihrer inneren Prozesse, die aber auf ‚Signale der Umgebung‘ reagieren können. Zellen in einem Körper stehen kontinuierlich in einer ‚kommunikativen Wechselwirkung‘ mit anderen Zellen. Wenn man sieht, wie schwer sich Gesellschaften von vielen Tausend oder gar vielen Millionen von Menschen tun, ihr Handeln gemeinsam abzustimmen, umso mehr kann man ahnen, was es heisst, dass 36 Tausend mal eine Million Zellen vollständig koordniniert, bis hin zu einem Millisekundentakt, miteinander arbeiten können, und dies über Jahre, Jahrzehnte hinweg. Die moderne Wissenschaft ist bislang nicht in der Lage, diese Komplexität in irgendeinem Modell erschöpfend nachzubilden, obgleich riesige Fortschritte erzielt wurden, sonst könnte ich auf diese Weise gar nicht über das Phänomen schreiben.

Invarianz von Freiheit

Obwohl die Spur des Lebens immer neue, überraschende Eigenschaften aufblitzen lässt, immer vielfältiger, komplexer, scheint das Phänomen von Freiheit generell ‚invariant‘ zu sein gegenüber Komplexität: die grundlegenden Bausteine der Materie, Moleküle, erinzelne Zellen, eine Vielzahl von Zellen: sie alle zeigen grundsätzlich das Phänomen von ‚Freiheit‘ (und ‚Emergenz‘). Im Fall des homo sapiens mit seinen reichen körperlichen und Gehirnbasierten Eigenschaften mag man im ersten Moment etwas ‚geblendet‘ sein von dieser Vielfalt, von diesem Reichtum an Details, doch die Grundfigur des ‚jeweils anders Könnens‘ unter Berücksichtiung von ‚erinnerbaren Wahrnehmungen‘, zusätzlich ‚moduliert‘ von aktuellen inneren Zuständen ist dennoch die gleiche. Wie können grundsätzlich gegen das Bisherige Stellung beziehen, es abändern.

Kastration von Freiheit

Der homo sapiens alleine wie auch in Wechselwirkung mit anderen (soziale und kulturelle Dimension) kann seine grundlegende Freiheit abert auch dazu verwenden, um ‚andere‘ (Pflanzen, Tiere, Menschen…) zu behindern, zu quälen, ‚Klein zu halten‘, zu zerstören. Die Freiheit des einen kann dazu missbraucht werden, die Freiheit des anderen körperlich, materiell, psychisch … einzuengen bis dazu hin, sie zu zerstören.

Während Menschen im gelungenen Miteinander seit Jahrtausenden zeigen konnten, was positiv möglich ist, wenn man ‚zusammen wirkt‘, haben wir Menschen aber zugleich auch schon immer — bis heute — gezeigt,wie zerstörerisch, negativ, unproduktiv, und fatasielos wir handeln können. Der Kampf der Geschlechter, die Unterdückung von Frauen durch Männer, von Kindern und Jugendlichen durch Ältere, von ‚Arm gemachten‘ durch ‚Reich gewordene‘ erscheint fast wie eine humane Konstante, und ist doch nicht erzwungen.

Bildung

Während die grundlegende Freiheit in jedem steckt, können wir heute wissen, dass die ‚positive Nutzung‘ unserer Freiheit nicht nur von materiellen Bedingungen des Handelns abhängig ist, sondern auch — und vor allem! — von der Verfügbarkeit des ‚geeigneten Wissens‘. Alle Freiheit, alle Motivation nützt nichts, wenn ein Mensch nicht über das ‚geeignete Wissen (Erfahrung)‘ verfügt, an dem er sein Verhalten orientieren kann.

Ein solches Wissen muss von vielen über Jahre, Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, mühsam gesammelt, geprüft, geordnet werden, muss weiter vermitelt (Lehre, Lernen) werden, und muss beständig weiter entwickelt werden. Alle menschlichen Gesellchaften, die in der Vergangenheit ‚Erfolg‘ hatten, waren dies zuletzt nur, weil ihr System der Wissensakkumulation und Wissensweitervermittlung in einer breit angelegten Form von Bildung in den Köpfen aller Beteiligten ‚lebendig‘ sein konnte. Das Erblühen einer zukunftsfähigen Bildung erfordert die Beteiligung von letztlich allen und benötigt Generationen, um eine ganze Gesellschaft zu druchdringen. Wenn man irgendwann merkt, dass ds Bildungsystem ’schlecht‘ ist, ist es in der Regel zu spät; der große ‚Tanker Bildung‘ ist dann schon soweit von seinerm Kurs abgekommen, fass es 30 – 50 Jahre mindestens dauern wird, bis er wieder auf Kurs ist.

Kultur

Das Thema Bildung verweist auf den größeren Zusammenhang, in dem Bildung stattfindet oder eben nicht. Eine Gesellschaft mit einer schlecht angepassten Kultur benebelt sich selbst und bewegt sich gemeinsam auf einen Abgrund zu. Dass eine ‚Mehrheit‘ dies gut findet, dass einzelne Gruppierung durch ‚Lautstärke‘ ihr mangelnde Orientiertheit vergessen machen wollen, kann den gemeinsamen Untergang nicht aufhalten. Dass ist die Kehrseite von Freiheit: Man könnte A, man kann aber auch B …

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen – Ein minimales Modell

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
3.Juni 2021 – 4.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Letzte Korrekturen: 4.Juni 2021

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

Kommunen – Ein minimales Modell (*)

Wenn man das Thema Kommunen eingrenzen und so konkretisieren will, dass man gezielt handeln kann, dann stellt sich die Frage nach einem passenden begrifflichen Rahmen; man kann solch einen begrifflichen Rahmen auch als Strukturmodell sehen oder einfach als ein Modell.

Als überall gegenwärtigen äußeren Rahmen kann man das Konzept einer Gesellschaft voraussetzen, deren Mitglieder — die Bürger — sich mental über ein vielschichtiges Konzept von Kultur definieren. Will man das äußerlich beobachtbare Verhalten der Bürger verstehen, dann muss man diese handlungswirksame mentale Struktur verstehen, die sich in kontinuierlicher Wechselwirkung mit der jeweiligen Umgebung befinden.

Will man genauer, konkreter verstehen, was es heißt, als Bürger (als kultureller Akteur) in einer Gesellschaft, im engeren Bereich einer Kommune zu handeln, dann kann man die elaborierten Konzepte des Projektmanagements — oder noch allgemeiner eines systemtheoretischen Prozessmanagements — quasi als Referenzpunkt wählen, um abzuschätzen, was notwendig ist, um erfolgreiche Prozesse zu ermöglichen oder — im negativen Fall — genau dies zu erschweren bzw. sogar zu verhindern.

Zwischen diesen beiden Polen — einem komplexen dynamischen Kulturbegriff und Gesellschaftsbegriff einerseits und einem konkreten Handlungsbezogenen und Entscheidungsbezogenen Projektmanagement andererseits — öffnet sich der Raum kommunaler Politik, in dem in einer räumlich und juristisch definierten Kommune gewählte Vertreter von Bürgern versuchen, den Lebensraum der Bürger mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Neben den juristisch vorgegebenen Strukturen und Abläufen gibt es ein offenes Feld möglicher Aktivitäten von den Bürgern, die direkt oder indirekt das explizit politische Verhalten der gewählten Vertreter*innen und der nachgeordneten Institutionen beeinflussen können.

Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass auf dem Boden der aktuell gültigen demokratischen Verfassung die Hoheit des politischen Handelns strikt bei den gewählten Vertretern einer Kommune — entsprechend auch im Landkreis, im Regierungsbezirk, im Land und dann im Bund — liegt. Dies bedeutet, tatsächlich politisch direkt können die Bürger nur im Turnus der offiziellen Wahlen Einfluss nehmen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die gewählten Vertreter den Willen ihrer Wähler angemessen umsetzen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, das können politisch verbindlich immer nur die Wahlen zeigen: Wiederwahl oder Abwahl.

Bei näherer Betrachtung der vielfältigen komplexen Themen, die wöchentlich, ja nahezu täglich, in einer Kommune anfallen, die zu ihrer angemessenen Behandlung eigentlich viel Erfahrung und Wissen benötigen, die durch ihre zeitliche lang gestreckten Wirkungen (und Wechselwirkungen) eine sehr aufwendige Analyse und Nachprüfung nach vielen Seiten erfordern, kann man in Frage stellen, ob die kleine Schar der gewählten Vertretern diese Aufgaben alleine überhaupt angemessen leisten können. Beliebig viele konkrete Beispiele aus realen Kommunen können zeigen, dass dem tatsächlich so ist: die aktuell installierten Mechanismen kommunaler Politik erweisen sich als unzulänglich, umso mehr, als die Welt in ihrem Gesamtprozess komplexer und dynamischer wird. [1] Die sich verstärkenden Phänomene von Demokratieverdrossenheit und Radikalisierungen sind kein Zufall, und man kann sie nicht dadurch ‚heilen‘, dass man sie immer wieder nur durch ‚Worte‘ zu beschwören versucht. Wenn kommunale Politik es nicht schaffen wird, sich konkret und qualitativ anfassbarer, partizipativer zu machen, dann wird sie sich selbst abschaffen. Sie braucht keine expliziten Feinde; sie selbst ist ihr eigener Feind.

EINSTIEG: WIE?

BILD: Extrem vereinfachtes Bild der politischen Struktur in einer nicht zu großen Kommune. Es reicht aber für einen Start.

Schon eine Kommune mit ca. 10.000 – 15.000 Einwohner hat eine Komplexität, die kaum noch angemessen in einem einzigen Bild zu beschreiben ist. An dieser Stelle soll auch keine erschöpfende (statische) Beschreibung bereit gestellt werden. Es geh vielmehr um die praktische Frage, ob es im Bereich Kommune konkrete Prozesse gibt, die man mit dem oksimo Paradigma gewinnbringend beschreiben könnte.

Als leitende Perspektive bei der Suche nach einer Antwort soll dabei die Perspektive von Bürgern angenommen werden, die sich dem Phänomen ihrer Kommune, der darin ablaufenden Prozesse, verstehend nähern wollen, und dies nicht alleine, sondern zusammen mit anderen.

Eine Beschreibung innerhalb des oksimo Paradigmas stellt letztlich die Erarbeitung einer Minitheorie von jenem Prozess dar, innerhalb dessen Gemeinde stattfindet: (i) zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt es einen bestimmten objektiv beschreibbaren Zustand der Gemeinde (Bürger, Objekte, Konstellationen der Objekte und Bürger, …), (ii) Es gibt möglicherweise eine Vielzahl von Zielen, die die Bürger in ihrem Kopf haben, und schließlich (iii) eine Vielzahl von Veränderungen, die beständig stattfinden, ab und zu, zufällig oder regelmäßig, mit klar erkennbaren Ursachen oder eher unbekannt, usw.

Versucht man den Prozess, innerhalb dessen Gemeinde stattfindet, von seiner erwartbaren, gewünschten oder schwer bestimmbaren Zukunft her zu verstehen, und dies im Lichte von verfügbaren Bewertungen, dann kann dies Anhaltspunkte dafür liefern, welche Momente am Prozess man sich mal näher anschauen sollte, um klar unerwünschte Zukunftsszenarien zu vermeiden.

Ein solches von möglichen gewünschten und unerwünschten Zukunftsvorstellungen her motivierte Erarbeiten einer Prozessbeschreibung hätte den Vorteil einer gewissen Fokussierung, und man müsste die kaum überschaubare Komplexität einer Gegenwart erst nach und nach, und zwar nur nach Bedarf, analysieren.

Ob man der Nachfrage zum Bau eines neuen Rechenzentrums in der Kommune nachgeben sollte, oder der Erschließung eines neuen Baugebiets ohne spezielle Auflagen, oder ob die vorhandene Verkehrsinfrastruktur ausreicht, oder ob die Trinkwasserversorgung … oder … oder … Ob man solche — meist komplexen und finanziell aufwendigen — Fragestellungen angehen soll, und, falls ja, wie, das hängt letztlich von der Verfügbarkeit einer transparenten und evaluierten Zukunftsplanung ab. Wenn die Zukunftsplanung vage, unklar ist, dann ist es eigentlich egal, was man tut. Die Wirkung eines überdimensionierten Rechenzentrums in einer kleinen Gemeinde ist so lange egal, so lange keine bekannten und als nachhaltig eingestuften Ziele bekannt sind und eine klare Ursachenkette von einem Ereignis oder einer Maßnahme aufzeigbar ist.

Ausgehend von diesen Überlegungen sollen schrittweise Fallbeispiele von solchen Prozessbeschreibungen mit klar definierten Zielen und Bewertungen exemplarisch erarbeitet werden.

ANMERKUNGEN

[*] Viele entscheidende Impulse für die hier ausgeführten Gedanken verdanke ich dem viel zu früh verstorbenen Manfred Faßler (+ 17.4.2021), mit dem ich jahrelang die Gelegenheit hatte, in vielen, meist vielstündigen Diskussionen, diese Themen zu erörtern.

[1] Hier spielt natürlich auch die Verfasstheit und die personelle Ausstattung der jeweiligen Verwaltungen eine nicht unerhebliche Rolle. Im Jahr 2021 herrscht der Eindruck vor, dass die aktuellen Verwaltungen bundesweit den Anforderungen hinterher hinklen. Die interessanten Fragen sind: (1) Warum ist das so? (2) Was könnte/ müsste man tun, um dies zu verbessern?