Archiv der Kategorie: Emotionen

BiG-RUNDBRIEF: Stromrebellen von Schönau – Live beim BiG-Vortrag 18.2.24, 16h im Alten Schloss

Autor: BiG-Moderator

Kontakt: big@oksimo.org, Betreff ‚RUNDBRIEF‘

KONTEXT

Dieser Text gehört zum Thema BiG-RUNDBRIEFE

Stromrebellen von Schönau – Live beim BiG-Vortrag 18.2.24, 16h im Alten Schloss

Liebe Alle,

beim gestrigen BiG-Workshop Tag hatten wir eine mehrfache Ur-Aufführung: wir hatten erstmalig eine externe Referentin, und es war die erste größere Aktion der noch jungen BiG-Themengruppe ENERGIE AUTARK.

Und dann die ganze Story: Bei der letzten Sitzung am 28.Jan 24 formuliert das Team erstmalig das Ziel, Fakten und Beispiele zur Energie Autarkie zu sammeln. Kurz darauf wird bei Recherchen die Energiegenossenschaft EWS in Schönau entdeckt (‚Die Stromrebellen‘). Ein spontaner Kontakt führt zur Zusage von Frau Dr. Eva Stegen zu einem Vortrag bei uns in Schöneck am 18.2.24 um 16h. Um 15:50 am 18.2. steht sie dann im Vortragssaal vom Alten Schloss!

ENERGIE UND EMOTION

Wer — wie Ich — nun erwartet hatte, mit vielen technischen Informationen versorgt zu werden, wie man Energie autark erzeugen kann, der wurde frontal überrascht. Frau Dr. Stegen erzählte im ersten Teil des Vortrags im Wesentlichen die ‚Geschichte der Stromrebellen‘ , wie es zur heutigen Genossenschaft von Bürgern für eine eigene Stromversorgung mit 100% Ökostrom gekommen ist. Durch ihre Darstellung wurde direkt greifbar, dass es nicht nur rationale Überlegungen sind, wie man besser, billiger, qualitätvoller … zu einer anderen Stromversorgung kommt, sondern dass es auch viele starke Emotionen braucht, welche Bürger zusammenführt zu einem gemeinsamen Handeln. Von der Einsicht, dass eine aktuelle Stromversorgung unbefriedigend ist, zur Tat, dass man dies alles ändert, liegt schon ein richtiger Weg, mit sehr viel Engagement, was die Geschichte der Stromrebellen beeindruckend illustriert.

Auch wenn jeder Ort anders ist, eine andere Geschichte hat, andere konkrete Verhältnisse bestehen, so lautet die Kernbotschaft dieser Veranstaltung doch: wenn Bürger gemeinsam etwas wollen, dann können sie auch etwas bewegen.

NÄCHSTE SCHRITTE

Natürlich müssen die vielen starken Impulse dieser Veranstaltung erst mal ‚verdaut‘ werden. Aber, der starke Zuspruch von Bürgern an diesem Tag (u.a. waren alle unsere Bürgermeister:innen Kandidaten:innen bei der Veranstaltung; ein starker Impuls für uns alle!) ermutigt dazu, weiter zu machen.

Am nächsten BiG-Workshop Tag am So 10.März 24 werden — soweit es aktuell aussieht — die drei BiG-Themengruppen WALD, WASSER und ENERGIE AUTARK wieder alle auftreten (11h, 13:30h und 16h).

Dann können wir auch gespannt sein, was die BiG-Themengruppe ENERGIE bis dahin erarbeiten konnte. Wer Lust hat, mit dem Team in einen Austausch zu treten, der kann dies über die Email-Adresse der Themengruppe tun: big-energie@oksimo.org

Weitere Informationen über die Arbeit des BiG-Teams ENERGIE kann man unter folgender Adresse finden: https://www.oksimo.org/energetisch-autark.

IN DER ZWISCHENZEIT

kann es für jeden sicher sehr anregend sein, sich die Webseite der Bürgergenossenschaft EWS genauer anzuschauen. Da gibt es sehr viele interessante Informationen, die man woanders so vielleicht nicht findet.

Soviel für heute, Ihr

Gerd Doeben-Henisch
(BiG-Moderator)

OKSIMO.R – Minimales Szenario

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

(Letzte Änderung: 7.Januar 2023)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Buchprojektes „oksimo.R – Editor und Simulator für Theorien“.

ANFANGEN

Was man für ein minimales Szenario annehmen muss.
BILD 1: Elemente für ein minimales Szenario. Verschiedene ‚Akteure‘ befinden sich in einer gemeinsamen realen Umgebung. Sie verfügen über eine ’sinnliche Wahrnehmung‘ dieser Umgebung. Sie können Teile ihrer Körperoberfläche so verändern, dass ‚Bewegungen‘ entstehen. Jeder Akteur verfügt über ‚Emotionen‘ und hat ‚Bilder im Kopf‘. Sie verfügen über eine ‚gemeinsame Sprache‘.

Wenn man miteinander ein ‚Spiel‘ spielen will, dann braucht man in der Regel eine ‚Ausgangslage‘, mit der man beginnt. Dazu unterschiedliche ‚Materialien‘, die sich in der Ausgangslage befinden oder die man ‚hineinbringen‘ oder ‚herausnehmen‘ kann. Man benötigt ‚Mitspieler‘, die diese Situation teilen. Man braucht eine ‚Sprache‘, um sich verständigen zu können. Man braucht ‚Spielregeln‘ (= Bilder im Kopf), die beim Spielen ‚berücksichtigt‘ werden sollen. Man muss unterschiedliche ‚Spielhandlungen‘ (= Bewegungen) ausführen können, und man erlebt im Spiel, dass jeder Mitspieler — sehr unterschiedliche — Emotionen zeigt, die ihn beim Handeln beeinflussen.

Im realen Alltag ist dies nicht anders. Man könnte vielleicht sagen, dass ‚Spiele‘ idealisierte Alltagssituationen‘ darstellen; im Prinzip ist alles da, nur einfacher, abgeschlossener.

Im realen Alltag kann sich im Prinzip jederzeit nahezu alles ändern. Manchmal kurzfristig, manchmal langfristig. Akteure können kommen und gehen, werden krank oder alt. Das Wetter spielt verrückt; es gibt Jahreszeiten. Häuser, Strassen und Brücken werden gebaut oder abgerissen. Pflanzen wachsen und verschwinden. Menschen freuen sich, lachen, werden traurig, weinen, schreien, spielen verrückt.

Ohne die ’sinnliche Wahrnehmung‘ wüssten wir menschliche Akteure nichts von der ‚Welt da draußen‘, von der ‚Körperwelt‘, in der wir unseren eigenen Körper vorfinden. Menschen die blind sind, oder taub, keine Tastempfindungen haben, nicht riechen können … für die ist die Welt schwach, fern, immer wenig greifbar.

Was immer wir wahrnehmen, in uns existieren beständig allerlei ‚Emotionen‘; ein riesiges Spektrum von unterschiedlichen ‚Erregungszuständen‘, die uns ‚ausfüllen‘, die wir als eher ‚angenehm‘ oder ‚unangenehm‘ empfinden; sie kommen und gehen, ohne dass wir sie vollständig kontrollieren können. Und doch scheinen sie festen Gesetzen zu folgen …

Der menschliche Körper mit seinen verschieden Körperteilen, aber auch seine Oberfläche, lässt Veränderungen in Form von Bewegungen zu. Diese wirken z.T. auf den eigenen Körper, auf die eigene sinnliche Wahrnehmung zurück, z.T. verursachen diese Bewegungen aber auch Veränderungen in der Umgebung, hinterlassen Spuren auf dem Körper eines anderen menschlichen Akteurs. Kinder absolvieren im Laufe der Jahre ein riesiges Bewegungsprogramm, was im Erwachsenenalter nicht aufhört, nicht aufhören muss.

Kinder lernen sehr früh zu ’sprechen‘, einfach so, alleine, dann aber zunehmend auch in Gemeinschaft. Dieses Sprechen differenziert sich im Laufe der Jahre immer mehr in Wortschatz, Ausdruck, Betonung, Situationsbezug …

Ein und die gleiche Situation beschreiben unterschiedliche Menschen oft sehr unterschiedlich! Der eine sieht das Obst, der andere die Blumen, noch ein anderer das Auto, die Mauer, andere Menschen, Insekten …. Dies deutet daraufhin, dass wir die uns umgebende Welt nicht 1-zu-1 in uns aufbewahren, sondern nur Teile davon, abhängig von aktuellen ‚Interessen‘. Die ‚Welt in uns‘ ist daher normalerweise nur ein ‚Fragment‘ der realen Welt um uns herum, eine Welt, die ‚vereinfacht‘ wurde, die wir partiell meist wieder ‚erinnern‘ können, nicht immer. Und wir wissen auch, dass ‚Erinnerungen‘ sich ‚in uns‘ ändern können. Die ‚erinnerte Welt‘ kann so irgendwann ein ‚Eigendasein‘ führen: Die ‚Bilder in unserem Kopf‘ sind für uns real, sie repräsentieren für uns ‚die Welt‘, und wir merken nicht unbedingt, dass diese ‚Bilder in unserem Kopf‘ nicht die reale Welt ‚repräsentieren’…

Es ist also möglich — und vielleicht sogar der ‚Normalfall‘ — dass Menschen ‚Bilder in ihrem Kopf‘ mit sich herumtragen, die mehr oder wenige ‚falsch‘ sind; die zusätzlich mit unterschiedlichen ‚Emotionen‘ verknüpft sind, die möglicherweise ‚irreführend‘ sind; dass wir ‚Redeweisen‘ benutzen, die das ganze als ‚zutreffend‘ erscheinen lassen, welche dazu führen können, dass ‚Handlungen‘ zustande kommen, die von diesen wirklichkeitsfremden Voraussetzungen geleitet sind.[1]

Diese Überlegungen zeichnen ein — stark vereinfachtes — minimales Szenario, allerdings nur eine ‚Oberfläche‘. Wie man schon andeutungsweise sehen kann, gibt es hinter den ‚Oberflächenphänomenen‘ einen ‚Innenwelt‘ in den menschlichen Akteuren; natürlich auch in den — bislang nicht erwähnten — anderen ‚biologischen Akteuren‘, die mit uns diesen Planeten bevölkern. Ja, sogar in dem ‚a-biologischen‘ Material unseres Alltags: Steine, Metalle, Kunststoffe, totes Holz, … findet sich ein ‚Innenleben‘.

Dazu gibt es den weiteren Text ‚ANFANGEN: Die Innenseite der Außenseite‘, HIER.

KOMMENTARE

[1] Ich laufe ins wasserfreie Watt hinaus und werde plötzlich vom zurücklaufenden Wasser überrascht. Bis zum Strand schaffe ich es nicht mehr. Oder: Ich muss dringend zu einem Meeting, haste zu meinem Fahrrad; das aber ist nicht da, weil ein Freund sich das gerade mal ‚geborgt‘ hat. Oder: Wir essen in guter Laune in einem Restaurant, und die Nacht beschert vielen Übelkeit und Erbrechen; das Essen war verdorben. Oder: Ich träume von viel Geld, lasse mich auf einen Finanzberater ein, gebe diesem Geld, und das ganze Projekt entpuppt sich als ‚Schrottprojekt‘. Oder: Ich bestelle meinen Acker, benutze einen bestimmten Samen. Die Pflanzen fangen an zu wachsen, und dann gibt es zahlreiche Unwetter, die von den Pflanzen kaum Verwertbares übrig lassen. Oder: Jemand anderes erzählt mir eine Geschichte über böse Menschen, die die Welt beherrschen wollen (er sagt, er habe es gelesen), und deswegen muss er jetzt die eigene Regierung bekämpfen. …. Jeder kennt lange Listen von solchen Erlebnissen.

REVIEW KONFERENZ: Partizipation und Nachhaltigkeit in der Digitalität, 7.-8.Dezember 2022

(Letzte Änderung: 4.Januar 2023)

Kontext

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

Inhalt

Im folgenden handelt es sich um einen Bericht und einen Kommentar zu einer Konferenz. Dieser Bericht repräsentiert eine Einzelmeinung. Sollten sich weitere Beteiligte explizit äußern, so könnte man den Bericht und den Kommentar entsprechend erweitern.

  1. Die Konferenz
  2. EINLEITUNG
    • Begrifflicher Kontext
    • Konzept Intelligenz
    • Konzept Nachhaltigkeit
    • Kontext Gesellschaft
    • Partizipation
  3. KONFERENZBEITRÄGE (Letzte Änderung: 4.Januar 2023)
    • Teil 1: Verwaltungen und die Herausforderung von Bürger:innenbeteiligung für Sozial- und Umweltverträglichkeit. Moderation: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main
    • Dr. Michael Zschiesche, Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UFU): Digitalisierung in der Öffentlichkeitsbeteiligung – Stand und Perspektiven
    • Überleitender Kommentar
    • Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim Digitalisierung mit Bürger:innenbeteiligung / Bürger:innenbeteiligung mit digitalen Instrumenten
    • Podiumsdiskussion: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel, Prof. Dr. Christian Schrader, Hochschule Fulda
    • Überleitung zu Teil 2
    • Teil 2: Citizen Science, Sustainability and Digitality
      Moderation: Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
    • Dr. Katrin Vohland, Naturhistorisches Museum Wien
      Citizen Science and Sustainability – Large expectations and Some Challenges
    • Prof. Dr. Yen-Chia Hsu, University of Amsterdam
      Empowering Local Communities Using Artificial Intelligence
    • Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Gerd Döben-Henisch, Frankfurt University of Applied Sciences, Franziska Ohde, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
  4. DISKUSSION NACH DER KONFERENZ
  5. AUSBLICK
  6. KOMMENTARE

Die Konferenz

Wie man aus der Programmankündigung ersehen kann, wurde diese Konferenz organisiert von der Projektgruppe „Nachhaltige Intelligenz –
Intelligente Nachhaltigkeit [NI-IN]“
des Zentrums für verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI). Es war die zweite Konferenz, die von dieser Forschungsgruppe organisiert worden ist. Der Autor dieses Textes ist Mitglied dieser Projektgruppe.

I. EINLEITUNG

Begrifflicher Kontext

Wie man aus dem Projektthema der NI-IN Projektgruppe ersehen kann, Enthält die Aufgabenstellung ein ‚Oberthema‘ mit „Nachhaltiger Intelligenz – Intelligenter Nachhaltigkeit“ und dazu eine Reihe von ‚Teilaspekten‘, die sich diesem Oberthema zuordnen lassen. Das Konferenzthema „Partizipation und Nachhaltigkeit in der
Digitalität“ kommt dabei mit diesem Wortlaut weder im Oberthema der Projektaufgabenstellung explizit vor noch in den aufgezählten Teilaspekten. Dies hat seinen Grund darin, dass während der Forschungsarbeit seit Juli 2021 die nicht ganz einfachen Begriffsfelder schrittweise analysiert worden sind und aufgrund dieser Analyse verschiedene strukturelle Bedeutungsfelder mit wichtigen strukturellen Beziehungen sichtbar geworden sind. Eine grobe Skizze der analysierten Begriffen mit Bedeutungsfeldern könnte man so umschreiben (Sicht des Autors; in den Augen der anderen Projektmitgliedern möglicherweise anders akzentuiert):

BILD: Begriffsfeld ‚Nachhaltigkeit – Intelligenz‘ mit Teilbereich ‚Fokus der Tagung‘

Schon die beiden Leitbegriffe ‚Nachhaltigkeit‘ und ‚Intelligenz‘ lassen sich ‚jeder für sich‘ nicht so ohne weiteres analysieren. Noch gewagter wird es, wenn man das ‚Zusammenspiel‘ betrachten will. Liebhaber der ‚klaren Verhältnisse‘ dürften an dieser Stelle dahin tendieren, die ‚Büchse der Pandora‘ erst gar nicht zu öffnen. Leidenschaftliche Forscher mit eingebauter Neugier und ein gewisser Risikobereitschaft fühlen sich aber vielleicht ‚angelockt‘. Fakt ist, dass die Projektgruppe versucht hat, sich diesem konzeptuellen ‚Dickicht‘ ein wenig zu nähern. Aufgrund der disziplinären Vielfalt der Projektgruppe gab es viele interessante Perspektiven, die zueinander finden mussten. Solch ein ‚zueinander finden‘, das zudem idealerweise in dem heute so modischen Format der ‚Transdisziplinarität‘ stattfinden sollte, braucht allerdings naturgemäß erheblich mehr Zeit, als wenn nur Fachkollegen einen Austausch pflegen. Im heutigen Professorendasein ist angesichts der vielfältigen Verpflichtungen Zeit aber Mangelware. Die Suche war somit von Beginn her endlich dimensioniert.

Konzept Intelligenz

Das Konzept Intelligenz ist bis heute weder im Bereich der biologischen Systeme noch im Bereich der nicht-biologischen Systeme, hier den Maschinen, hinreichend erklärt. Dies ist sehr misslich.

Während die Wissenschaften in den letzten 120 Jahren für biologische Systeme erste Konzepte entwickelt haben, die über alle biologische Systeme hinweg empirische anwendbar sind wie auch begrenzte Vergleiche zwischen biologischen Systeme hinsichtlich von definierten Intelligenzeigenschaften zulassen, kann man dies für die maschinellen Systeme nicht behaupten. Hier gibt es weder einen einheitlichen Intelligenzbegriff noch lassen die verschiedenen Begriffe einen einheitlichen Vergleich über alle Systeme hinweg zu. Die maschinellen Intelligenzbegriffe sind sehr speziell. Ein Vergleich zwischen biologischer und maschineller Intelligenz ist von daher in der Regel nicht einfach möglich.

Erschwerend kommt hinzu, dass nahezu alle Intelligenzbegriffe — für biologische wie auch maschinelle Systeme — Eigenschaften ‚individueller‘ Systeme beschreiben, niemals ‚kollektive Intelligenzleistungen‘! Im Falle von biologischen Systemen, die überwiegend in Populationen bzw. hochspezialisierten ‚Gesellschaften‘ auftreten, nützen diese individuellen Intelligenzbegriffe wenig. Eine irgendwie bizarre Situation: angekommen im ‚Anthropozän‘ in einer sogenannten ‚Wissenschaftsgesellschaft‘ weiß der Mensch bislang nicht so recht, was es mit seiner ‚Kollektiven Intelligenz‘ auf sich hat. Ein interessanter Ausgangspunkt auf dem Weg in eine unbekannte Zukunft.

Andererseits haben führende Forscher der maschinellen Intelligenz mittlerweile erkannt, dass maschinelle Intelligenz in der Zukunft nur dann für die menschliche Population von Nutzen sein kann, wenn besser verstanden wird, was genau diese kollektive menschliche Intelligenz ist, und wie in diesem — bislang noch wenig erforschten — Raum kollektiver Intelligenz maschinelle Intelligenz von Nutzen sein kann, um eine globale nachhaltige Biosphäre mit den Menschen als Teil davon zu ermöglichen. [3]

In diesem Zusammenhang muss man auch nochmals darauf hinweisen, dass das neue Konzept ‚Digitalität‘ in den Gesellschaftswissenschaften sich großer Beliebtheit erfreut, dass es aber in seinem Gehalt schwer bis gar nicht erläutert werden kann. Naheliegend ist, dass man die ‚Bedeutung‘ des Konzepts ‚Digitalität‘ im Interaktionsfeld von menschlicher Gesellschaft und jener ‚Technologie‘ ansiedelt, die oft ‚digitale Technologie‘ genannt wird. Der Begriff der ‚digitalen Technologie‘ ist aber ebenfalls ein ‚Bedeutungsmonster‘, da hier zunächst mal alles drunter fällt, was irgendwie in Beziehung gesetzt werden kann zu einer ‚Hardware‘, in der ‚digitale Baueinheiten‘ benutzt werden. Das reicht dann von einfachsten ‚Chips‘ zu komplexen Chips mit unterschiedlichsten Funktionalitäten, die in mehr oder weniger komplexen größeren Einheiten ‚verbaut‘ sind: diverse Maschinen, Maschinenaggregationen, Computernetzwerke, komplexe Rechenzentren, Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeuge, Gebäude, medizinische Geräte, Waffensysteme, Gebrauchsgegenstände und vieles mehr. Jedes dieser technische System beinhaltet unterschiedlich Algorithmen von bis zu vielen Millionen Zeilen Code, die unfassbar viele verschiedene ‚Verhaltensweisen‘ dieser technische Systeme ermöglichen. Ein Versuch, die Vielzahl dieser Systeme — sowohl bzgl. der Hardware wie auch bzgl. der Software und dann auch bzgl. der daraus resultierenden Verhaltensdynamik — in ihrer Gesamtheit zu beschreiben ist schon im Ansatz gnadenlos zum Scheitern verurteilt. Dieses ‚Mega-Bedeutungsmonster‘ mit einem Konzept wie ‚Digitalität‘ ‚einzufangen‘, ihm dadurch seine ‚Ungeheuerlichkeit‘ zu nehmen, ist psychologisch verständlich, gaukelt aber eine Klarheit und Einfachheit vor, die es real schlicht nicht gibt. Tatsächlich haben wir als Gesellschaft ein akutes Problem, das sich durch ’schöne Worte‘ allein nicht befrieden lässt.

Konzept Nachhaltigkeit

Eine Analyse des Bedeutungsraumes des Konzepts ‚Nachhaltigkeit‘ ist — falls man den Vergleich überhaupt wagen will — um Dimensionen schwieriger als der Bedeutungsraum zum Konzept ‚Intelligenz‘.

Eine mögliche Strategie der ‚Begrenzung‘ des Bedeutungsraums ist der Blick auf die Konferenzen und Dokumente der Vereinten Nationen seit ca. den 1980iger Jahren, ein Ansatz, den die Projektgruppe zunächst gewählt hatte.

Am ‚populärsten‘ sind die 17 Entwicklungsziele der Agenda 2030. [1a,b] Wie aber schon mehrfach beobachtet, ist die Bedeutungsfestlegung der einzelnen Entwicklungsziele eher schwierig; ihre Beziehungen untereinander zeigen viele Konflikte; der tatsächliche Bezug zum Konzept ‚Nachhaltigkeit‘ ist nicht ganz klar: welche Art von Nachhaltigkeit ist gemein?

Folgt man der Entwicklung des UN-Konzepts zur ‚Nachhaltigkeit‘ rückwärts zu den ‚Anfängen‘, dann stößt man auf den sogenannten ‚Brundtland Report‘ von 1987. In ihm ringen die Verfasser um die grundlegende Idee, was Nachhaltigkeit bedeuten kann. [2]

Im Brundtland Report steht der Mensch im Zentrum der Überlegungen: letztlich ist es das ‚Verhalten‘ der Menschen, das ‚Auswirkungen‘ auf den Planet Erde wie auch auf die gesamte ‚Biosphäre‘ hat, von der die Menschen einen kleinen Teil bilden. Und beim Menschen wird das Verhalten entscheidend von seinem ‚Wissen‘ im allgemeinsten Sinne geprägt. Wissen kann ein differenziertes Verhalten ermöglichen, ob dies aber tatsächlich geschieht und wie genau, das entscheiden dann die aktuellen Emotionen mit all ihren Facetten.

Für das Konzept des Wissens ist zu beachten, dass es für eine minimale Beschäftigung mit einer möglichen Zukunft unabdingbar ist, dass das verfügbare Wissen sich in einem Zustand befindet, der nachvollziehbare und belastbare ‚Prognosen‘ möglich macht, andernfalls paralysiert sich das Wissen selbst: die Menschen taumeln dann gleichsam ‚in einer Wolke von Möglichkeiten‘ dahin, ohne klare Ziele, ohne brauchbare Abstimmungen.

Das einzige Format in der bisherigen Kulturgeschichte der Menschheit, das über diese Eigenschaft ’nachvollziehbarer und belastbarer Prognosen‘ bietet, ist das Konzept der ‚empirischen Wissenschaften‘.[4]

Kontext Gesellschaft

Die abstrakten Konzepte ‚Intelligenz‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ können auf bestimmte ‚Strukturen‘ hindeuten, die ‚Realisierung‘ dieser Strukturen findet aber in konkreten gesellschaftlichen Systemen statt, deren Realitäten letztlich festlegen, was wie wann und wo real stattfinden kann.

Autoritäre Gesellschaftssysteme bieten andere Realisierungsbedingungen als ‚demokratisch verfasste‘ Systeme. ‚Verfassungen‘ präzisieren die ‚Rahmenbedingungen‘ für mögliches ‚legales Handeln‘ weiter, dazu Verfassungsorgane, eine Vielzahl von Verwaltungseinheiten, und vieles mehr . Die entsprechenden Text-Dokumente beschreiben mit mehr oder weniger ‚abstrakten Konzepten‘, was möglicherweise ‚konkret‘ stattfinden kann/ sollte oder auch nicht.

Eigentlich ist die Gesamtheit der Akteure einer Gesellschaft, die Gesamtheit der Bürger, der grundlegende ‚Souverän‘ für all diese ‚Festlegungen‘. Sobald aber dieser primäre Souverän dieses ‚System von Regeln‘ verabschiedet hat, hat er sich quasi ’selbst verpflichtet‘ und ist fortan auf diese Weise ein ‚kontrollierter primärer Souverän‘, dessen ‚Macht‘ — der regelbasierten Intention nach — nur noch innerhalb der vereinbarten Regeln wirksam werden sollte.

Ein fundamentales Charakteristikum einer regelbasierten Machtausübung — zumindest wie sie in Deutschland verstanden und praktiziert wird — besteht darin, dass der Bürger als Entscheider — ausgenommen von politischen Wahlen — praktisch eliminiert ist. Was immer ein Bürger fühlt, denkt, tut, es hat keinen offiziellen Einfluss mehr auf die ‚legalen Entscheider‘ auf allen Ebenen.

Im Idealfall sind die ‚legalen Entscheider‘ (i) offen für die Bedürfnisse der Bürger, für die Notwendigkeiten der Gestaltung von Kommunen, Landkreise usw., sie besitzen (ii) hinreichende Kompetenzen, um die jeweiligen Situationen angemessen beurteilen zu können, und (iii) sie sind fähig, in den vielfältigen Gremien Emotionen beiseite zu lassen und entscheiden nach dem verfügbaren Wissen. Falls diese Forderungen nicht angemessen erfüllt werden, hat die Gesellschaft beliebig viele Probleme.

Ohne Bezugnahme auf viele hier relevante Details kann man mit Sicherheit voraussagen, dass eine Nichterfüllung der Anforderungen (i) – (iii) — nennen wir diese Anforderungsliste das ‚Legalistische Entscheider Profil‘ — sich unmittelbar auf den Zustand einer ‚legal regulierten Gesellschaft‘ auswirken wird. So können z.B. aktuell gegebene Problemstellungen zu wenig erkannt werden, dementsprechend werden sie nicht bearbeitet, und können frühestens im zeitlichen Takt der ‚politischen Wahlen‘ neu angestoßen werden; und dann ist nicht sicher, dass die neu Gewählten die ungelösten Probleme dann aufgreifen werden. Für Problemstellungen mit einer Wirkgeschichte von vielen Jahren erscheint die Lage sogar tendenziell hoffnungslos.

Wer mit der Brille dieser kurzen Bemerkungen auf die aktuelle Situation der Bundesrepublik Deutschland schaut, und die lange Liste ungelöster Probleme der letzten Jahre anschaut, der kann möglicherweise den Eindruck gewinnen, dass …

Partizipation

Mit Blick auf das ‚legalistische Entscheider Profil‘ kann man — unter Berücksichtigung der Erfahrung von ca. 77 Jahren demokratische Gesellschaft in Deutschland — feststellen, dass keine der drei Anforderungen voll erfüllt wird. Eher muss man sagen, dass alle drei Anforderungen vielfach nicht erfüllt werden. Diese Nichterfüllung liegt nicht daran, dass die legalen Entscheider möglicherweise ‚unlautere Absichten‘ verfolgen (was im Einzelfall natürlich nicht ausgeschlossen werden kann und auch schon nachgewiesen wurde), sondern daran, dass die zahlenmäßig verschwindet geringe Menge der legalen Entscheider verglichen mit der ungeheure Menge der Bürger und der unfassbar vielen komplexen Problemstellungen objektiv nicht in der Lage ist, die Anforderungen (i) – (iii) auch nur annähernd zu erfüllen, selbst wenn die legalen Entscheider es ernsthaft wollten.

In dieser Situation bieten sich viele Antworten an. Die Skala reicht von ‚totaler Abschaffung dieses Systems‘ bis hin zu unterschiedlich moderierten Formen der ‚Partizipation‘ der Bürger.

Während die ‚totale Abschaffung‘ kurzfristig ein ‚relatives Übel‘ beseitigen würde (was möglicherweise aber gar nicht so rein ‚Übel‘ ist, wie man es unterstellt), würden wir uns im nächsten Moment im ‚totalen Chaos‘ wiederfinden, in dem eher nichts mehr gehen würde. Komplexität löst man nicht durch grobe Vereinfachungen.

Im Falle der Aktivierung von ‚unterschiedlich moderierten Formen der Partizipation‘ würde das System der ‚legalen Entscheider‘ im Prinzip erhalten bleiben, die einzelnen Anforderungen des ‚legalistischen Entscheider Profils‘ könnten aber deutlich besser als ohne Partizipation erfüllt werden.

An dieser Stelle setzt die Konferenz ein. Siehe dazu Teil 2:

II. KONFERENZBEITRÄGE

III. DISKUSSION NACH DER KONFERENZ

IV. AUSBLICK

KOMMENTARE

[1a] Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2015: https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgipfel_f%C3%BCr_nachhaltige_Entwicklung_2015

[1b] Entwurf des Ergebnisdokuments des Gipfeltreffens der
Vereinten Nationen zur Verabschiedung der Post-2015-
Entwicklungsagenda
: https://www.un.org/depts/german/gv-69/band3/ar69315.pdf

[2] UN. Secretary-General;World Commission on Environment and Development, 1987, Report of the World Commission on Environment and Development : note / by the Secretary-General., https://digitallibrary.un.org/record/139811 (accessed: July 20, 2022) (In einem besser lesbaren Format:  https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/5987our-common-future.pdf) Anmerkung: Gro Harlem Brundtland (ehemalige Ministerpräsidentin von Norwegen) war die Koordinatorin von diesem Report.(Dieser Text enthält die grundlegenden Ideen für alle weiteren UN-Texte)

[3] Michael L. Littman, Ifeoma Ajunwa, Guy Berger, Craig Boutilier, Morgan Currie, Finale Doshi-Velez, Gillian Hadfield, Michael C. Horowitz, Charles Isbell, Hiroaki Kitano, Karen Levy, Terah Lyons, Melanie Mitchell, Julie Shah, Steven Sloman, Shannon Vallor, and Toby Walsh. “Gathering Strength, Gathering Storms: The One Hundred Year Study on Artificial Intelligence (AI100) 2021 Study Panel Report.” Stanford University, Stanford, CA, September 2021. Doc: http://ai100.stanford.edu/2021-report.

[4] Neben der ‚empirischen Wissenschaft‘ selbst, die in Europa grob im 16.Jahrhundert begann, gibt es auch von Anfang an eine philosophische Beschäftigung mit dem Thema, das gegen Ende des 19.Jahrhunderts, Anfang des 20.Jahrhunderts unter der Bezeichnung ‚Wissenschafts-Philosophie‘ bekannt wurde (in Deutschland auch gerne ‚Wissenschaftstheorie‘ genannt).

Noch nicht fertig,

es wird dran gearbeitet 🙂

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Startkonfiguration

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
25.April-29.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch, gerd@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Wie geht das? im oksimo.org Blog.

UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Startkonfiguration

VIDEO: Dies ist ein neueres Video, das aus der Anwendersicht einen Überblick über das Arbeiten mit oksimo gibt. Der unten stehende Text mit dem Bild schildert das oksimo Paradigma aus einer mehr theoretischen Perspektive. Achtung: beim Abspielen des Videos bitte auf die Option ‚Bild-im-Bild‘ achten. Damit können Sie das Video vergrößert anschauen.

Die Grundidee, wie man in eine universelle Prozessplanung einsteigen kann, findet sich in dem nachfolgenden Schaubild.

Bild: Übersicht zum Prozess einer Prozessplanung durch eine Gruppe von Experten, die normale Sprache benutzen und ausgehend von einer gegebenen Situation S in Gedanken eine mögliche Situation SV konzipieren, die als eine erstrebenswerte Zielsituation dienen soll. Um die noch nicht-reale Situation V verwirklichen zu können, müssen die Experten eine Reihe von Ereignissen bzw. Handlungen, Maßnahmen ersinnen und real umsetzen. Solche Maßnahmen kann man generell im Format einer Veränderungsregel X formulieren. Das Herstellen einer Nachfolgesituation S‘ aus einer gegebenen Situation S kann man auch als (logisches) Ableiten verstehen. Mehrfach angewendet im Format einer Simulation können dadurch Folgen von abgeleiteten Situationen entstehen, deren jeweils letztes Element SN mit der angestrebten Zielsituation SV verglichen werden kann. Die Übereinstimmung kann zwischen 0 und 100% liegen.

DIE EXPERTENGRUPPE

Die Idee der universellen Prozessplanung geht davon aus, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die zusammen ein Stück Zukunft planen möchten. Grundsätzlich gilt jedes Mitglied der Gruppe als ein Experte.

MENSCHLICHER EXPERTE

Von jedem menschlichen Experten wird hier als Arbeitshypothese angenommen, dass er über folgende ‚Grundeigenschaften verfügt [1]:

  1. Es gibt ein Gehirn als zentrales Organ der Informationsverarbeitung und der Handlungsermöglichung.
  2. Das Gehirn ermöglicht Entscheidungen zwischen Alternativen
  3. Im Gehirn kann sich Wissen über die Welt aufbauen eng verknüpft mit einer Sprachfähigkeit, so dass Teile dieses Wissens symbolisch repräsentiert werden können.
  4. Im Gehirn gibt es eine Vielzahl von Bedürfnissen, Emotionen und Stimmungen, die mit allen anderen Teilen wechselwirken können; sie können sich u.a. auf den Entscheidungsprozess auswirken.
  5. Im Gehirn können sich auch Präferenzen (Werte) ausbilden, die dazu führen, dass im Entscheidungsfall eine bestimmte Option einer anderen vorgezogen wird.

KOMMUNIKATION UNTER MENSCHEN (EXPERTEN)

Wenn die Gehirne verschiedener Experten ihr Wissen miteinander austauschen und ihr Handeln koordinieren wollen, dann müssen diese Gehirne eine symbolisch vermittelte Kommunikation untereinander realisieren.

minimale Komponenten für eine Planung

Als minimale Elemente einer Planung werden die folgenden Elemente angenommen:

Aktuelle Situation S

Die Experten können einen Text S erstellen, indem sie eine gemeinsam geteilte Situation SEMP beschreiben. Der Text heißt dann einfach aktuelle Situationsbeschreibung S und hat aufgrund des den Experten innewohnenden Sprachverständnisses einen kognitiven Bezug zu der als real (empirisch) angenommenen Situation SEMP . Anders formuliert: die Experten verfügen über die Fähigkeit mittels ihrer Sprachfähigkeit ein kognitiv gegebenes Bild SCOG einer empirischen Situation SEMP in einen Text S abzubilden EXP: SEMP x SCOG —> S, der von allen Beteiligten als zutreffen entschieden werden kann: EXP: SEMP x SCOG x S —> [0,1].

Zukünftige Situation V

Die Experten können auch einen Text V erstellen, in dem eine mögliche Situation SV (eine Vision) beschrieben wird. Mögliche Situation sind gedankliche (kognitive) Konstrukte in den Gehirnen, die in Sprache abgebildet werden. Ob es jemals eine reale Situation SEMP geben wird, deren Beschreibung S mit der Beschreibung SV einer gedachten möglichen Situation übereinstimmt, ist letztlich erst dann entscheidbar, wenn eine solche passende empirische Situation tatsächlich eingetreten ist. Dennoch kann eine Vision V dazu benutzt werden, um eine gegebene Situation S, die in irgendeinem Sinne als unzulänglich aufgefasst wird, in eine bestimmte Richtung hin zu verändern. Tatsache ist, dass wir Menschen ohne eine Vision nicht in der Lage sind, irgendetwas gezielt planen zu können.[2a,b],[6]

Veränderungsregeln X

Wird die Vision einer zukünftigen Situation V als erklärtes Handlungsziel SV benutzt, dann müssen die beteiligten Experten einen Weg finden, wie man von der aktuellen Situation S zur gewünschten Situation SV kommen kann. Dies gelingt nur dadurch, dass man die gegebene aktuelle Situation S so weitgehend abändert, dass die Situation S hinreichend weit mit der gewünschten Situation SV übereinstimmt.

Veränderungen können zustand kommen, weil es Gesetzmäßigkeiten in der erfahrbaren Welt gibt, die von sich aus zu Veränderungen führen [3], oder weil Menschen gezielt Veränderungen herbei führen.[4]

Veränderungen, die von einer gegebenen Situation S zu einer durch Veränderung entstandenen Nachfolgesituation S‘ führen, kann man generell im Format einer Veränderungsregel X formulieren:

  1. Gegeben ist eine aktuelle Situation S
  2. Wenn C Eigenschaften beschreibt, die in der Situation S vorkommen,
  3. Dann soll mit der Wahrscheinlichkeit p folgendes passieren:
  4. Aus der Situation S sollen bestimmte Eigenschaften Eminus entfernt werden und
  5. In zu der Situation S sollen bestimmte Eigenschaften Eplus hinzugefügt werden.
  6. Zusammengefasst: S‘p = S – Eminus + Eplus oder kürzer: X(S) = S‘
Als Ableitung |–X

Man kann auch den Standpunkt des logischen Folgerns einnehmen. Dann lässt sich die Erzeugung einer Nachfolgesituation S‘ aus einer gegebenen Situation S mit Hilfe einer Veränderungsregel X auch als Ableitung verstehen [5]:

S |–X S‘

Simulation(en) |–Σ,X

Ableitungen mit Veränderungsregeln führen generell zu einer neuen Nachfolgesituation S‘. Wenn diese schon die erwünschte Zielsituation SV ist, kann der Prozess beendet werden. Falls nicht, liegt es nahe, die Ableitung zu wiederholen. Es kann also eine n-malig Iteration stattfinden, bis die angezielte Situation SV zu 100% erreicht wird oder wenigstens bis zu einem Wert 100%-θ, wobei θ einen vereinbarten Schwellwert darstellt. Ableitungen mit n-fachen Iterationen werden hier als Simulationen bezeichnet, geschrieben:

S |–Σ,X S‘

Evaluation

Möchte man den Verlauf oder das Ergebnis eines Veränderungsprozesses irgendwie bewerten/ evaluieren, dann gibt es im Rahmen des vorliegenden Paradigmas die Möglichkeit, die angezielte Vision als Bewertungsmaßstab zu benutzen. Dies bedeutet, dass die Experten, alles, was ihnen für die Zukunft wichtig ist, in ihre Vision hineinschreiben müssen: Wenn es, wie im Beispiel ‚Gerd ist hungrig‚ nur darum geht, den Hunger zu stillen, dann reicht es, als Vision zu schreiben, dass gelten soll ‚Gerd ist nicht hungrig.‘ Wenn man mehr will, dann müsste man Sätze hineinschreiben wie z.B. ‚Gerd isst nur vegetarisch‘, ‚Das Essen darf nicht mehr als 15€ kosten‘, usw.

Diese Evaluation findet automatisch bei jedem Simulationszyklus statt. Die Evaluation hat die Struktur:

MATCH: SN x SV—> [0,1]

KOMMENTARE und QUELLEN

(Letzte Änderung: 1.Mai 2021)

[1] Zum Thema Menschenbild gibt es tausende von Artikeln und Büchern. Von einem irgendwie einheitlichen Bild kann keine Rede sein. Will man in einer solchen Situation nicht hilflos hin und her pendeln zwischen reiner ‚Kontextfreiheit‘ und ‚Zitatenbergen‘ bleibt nur, jene Annahmen als Arbeitshypothesen kenntlich zu machen, deren man sich bedient, so dass jeder, der meint, es besser zu wissen, sich direkt auf die zu kritisierende Stelle beziehen kann um so sein alternatives, ergänzendes Wissen zu thematisieren.

[2a] Im Alltag ist die Rolle von Visionen und von Kreativität oft ambivalent: einerseits kann man immer wieder erleben, dass kreatives Verhalten etwas Schönes hervorbringt, etwas sehr Nützliches, oder — im Fall von Firmen — genau das Produkt/ die Dienstleistung ermöglicht, die dann zum großen Umsatzrenner werden. Zu Beginn kann man aber oft nicht wissen, ob die neue Idee, die Vision genau das ermöglichen wird, was man sich erhofft. Dies impliziert Unsicherheiten und vielfach Ängste. Klar ist nur, dass das biologische Leben auf der Erde ohne eine Kreativität auf voller Breite bis heute nicht überlebt hätte. Die Umstände der Erdentwicklung waren mehrmals geeignet, das Leben auszulöschen.

[2 b] Warum Experten eine bestimmte Vision V formulieren, hängt ganz von ihren inneren Zuständen ab. Sie können für eine bestimmte Vision V sein, ohne dass sie möglicherweise klar formulieren können, warum eigentlich (‚Wir wollen das so‘); oder sie nennen explizite Umstände (‚Die Klimaveränderung erfordert diese Maßnahme‘), oder sie berufen sich auf irgendwelche Konventionen (‚Das tut man hier so‘), usw.

[3] Wenn es regnet bekommen die Pflanzen genug Wasser, um weiter wachsen zu können.

[4] Wenn es trocken ist, dann musst du die Pflanzen wässern.

[5] Hierbei ist zu beachten, dass ‚X‘ auch eine Menge von Veränderungsregeln bezeichnen kann und die Ableitung von S‘ das Ergebnis der Anwendung aller Regeln aus X repräsentiert. Liegt tatsächlich mehr als eine Veränderungsregel vor — also |X| > 1 –, dann wird diese Menge von Regeln per Zufall serialisiert und die Regeln werden nacheinander angewendet, d.h. das Ergebnis der ersten Ableitung wird zum Ausgangspunkt für die nachfolgende Ableitung.

[6] Weitere Fallstudien zeigen, dass der Faktor Vision [V] weit komplexer ist, als ursprünglich gedacht. Dies wird aber nur sichtbar, weil die Anwendung von oksimo auf immer mehr Alltagssituationen die innere Dynamik von Abläufen ganz neu sichtbar macht. So kann und muss man an der Grundsituation des Alltags zwischen jenen Faktoren unterscheiden, die eher unveränderlich sind und jenen, die sich eher ändern. Relativ dazu gibt es Visionen/ Ziele, die zusammenhängend sind (wo also alle Aspekte gleichzeitig auftreten), oder verteilt in der Zeit (jemand hat mehrere Ziele, die er erfüllen möchte, jedes Ziel steht für sich, aber sie alle zusammen bilden einen Zielkomplex, der die Person leitet. Ferner gibt es auch bei den Zielen eher kurzfristige Ziele oder eher längerfristige. Ferner ist zu beachten, dass Ziele während eines Prozesses wechseln können: im Versuch, ein Ziel V zu erreichen mit den Teilzielen V1, …, Vn können sich die Verhältnisse oder die Anschauungen dergestalt ändern, dass man u.U. einige Teilziele ändert zu Vi*. Dies alles führt dazu, dass man davon ausgehen muss, dass Visionen/ Ziele innerhalb eines Prozesses sich ändern können wie der objektive Zustand selbst! Dies bedeutet, dass es auch Veränderungsregeln für Visionen/ Ziele geben müsste! Menschliche Akteure sind selbst-reflexive, lernende Systeme.