Archiv der Kategorie: Demokratie

BiG-RUNDBRIEF: BiG & DEMOKRATIE … ? … !!

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text ist Teil der Liste der BiG-Rundbriefe

BiG & DEMOKRATIE …? … !!

Liebe Alle,

seit dem Start der Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ im Februar 2023 versenden wir über diesen Verteiler eigentlich entweder nur Ankündigungen von BiG-Veranstaltungen oder anschließend Berichte zu diesen Ereignissen.

Aus gegebenem Anlass möchten wir heute auch mal ein paar Sätze zu unserem  Verhältnis zu Demokratie schreiben.

Zur Vorgeschichte von BiG gehören viele Jahre (mindestens 20 Jahre) Forschung zum Konzept von Wissenschaft, zum Begriff der Nachhaltigkeit, zum Verhältnis von empirischer Wissenschaft und Nachhaltigkeit, dann aber auch zum Konzept der Demokratie: was hat diese mit Wissenschaft zu tun? Wie ist die Rolle der Bürger in einer modernen  Demokratie, und einiges mehr.

Neben vielen Themen, die unsere aktuelle Weltsituation, auch in Europa, und natürlich  auch in Deutschland charakterisieren, gibt es ein Problem, dass allen Demokratien weltweit in dieser Form neu zu schaffen macht: das Anwachsen von unterschiedlichen Weltsichten, die im Alltag und dann auch auf vielen Ebenen der Gesellschaft unversöhnlich erscheinen, schwer vermittelbar. 

Positiv für Demokratien ist, dass eine solche Vielfalt generell möglich ist (man vergleiche die Situationen in autokratischen Gesellschaften).

Negativ für Demokratien ist, wenn sich diese reale Vielfalt nicht in ein konstruktives Miteinander überführen lässt. Dann versagen zunehmend die verfassungsgemäßen Entscheidungsprozesse.

Wie so oft in der Geschichte, wird dann der Ruf nach dem starken Mann (Frau, …) laut.

Da es in den ca. 300.000 Jahren Menschheitsgeschichte moderne Demokratien erst seit ca. 200 Jahren gibt — also eine recht junge Errungenschaft — wäre es irgendwie  schade, wenn Demokratien, die als erste  neue Freiheitsräume ermöglichen, nicht in der Lage wären, für den Umgang mit Vielfalt auch neue kreative Formen finden könnten, um die Vielfalt für eine attraktive Zukunft nutzbar zu machen.

In diesem Kontext sieht sich die Initiative BiG als kleiner, kreativer Versuch, das Miteinander der Bürger — auch mit ihren gewählten Vertretern (alle Geschlechter :-)) — an kleinen Beispielen auszuprobieren.

Wir alleine werden  die Welt natürlich nicht retten.

Aber wenn sich andere dadurch ermutigt fühlen, ihren Beitrag zu leisten,  bewegt sich schon wieder etwas mehr 🙂

Mit herzlichen Grüßen,

Gerd Doeben-Henisch

(BiG-Moderator)

PS: Unter der Rubrik DEMOKRATIE ( https://www.oksimo.org/demokratie/ ) finden sich in unserem Bürger-Blog einige Artikel zum Thema. Sehr aktuell vielleicht der neueste Beitrag: https://www.oksimo.org/2024/04/16/demokratie-als-zweigeteiltes-eins-ergaenzung-wolke-des-wissens/

DEMOKRATIE ALS ‚ZWEIGETEILTES EINS‘.  Ergänzung: Wolke des Wissens

Start: 15.April 2024

Letzte Änderung: 17.April 2024

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big@oksimo.org

Kontext

Dieser Text gehört zum Thema ‚Demokratie‘. Er versteht sich als direkte Ergänzung zu dem vorausgehenden Text „DEMOKRATIE ALS ‚ZWEIGETEILTES EINS‘. SKIZZE“ vom Juni 2023.

Ergänzung: Wolke des Wissens

Schon im vorausgehenden Text „DEMOKRATIE ALS ‚ZWEIGETEILTES EINS‘. SKIZZE“ wurde aufgezeigt, dass und wie das Moment des gemeinsamen Wissens eine Schlüsselrolle für eine Demokratie spielt. Im vorausgehenden Text wurde einerseits auf den Kontext des Wissens aufmerksam gemacht sowie auf eine wahrheitsfähige Struktur dieses Wissens.

Im vorliegenden Text wird der Aspekt der Vielfalt thematisiert und ein Blick auf die innere Struktur von politischen Parteien in einer Demokratie geworfen.

BILD : Eine Interpretation von §1 des Deutschen Parteiengesetzes

Parteiengesetz – Deutungsmöglichkeiten

Das Deutsche Parteiengesetz ist ein Text und unterliegt als solcher notgedrungen einer Interpretation durch einen Leser. Das jeweilige Hintergrundwissens des Lesers samt seinen aktuellen Interessen bestimmt, wie er den Text individuell versteht.

Im Kontext eines neuen Bewusstseins von Bürgerwissenschaft 2.0 fällt natürlich sofort auf, dass die Aufgabe für eine politische Partei nicht nur darin gesehen wird, dass man Bürger an die Übernahme einer öffentlichen Verantwortung im Rahmen der gewählten Strukturen heranführt, sondern dass es ebenso wichtig ist, sich an der Gestaltung der öffentlichen Meinung zu beteiligten, politische Bildung zu unterstützen und dass man darauf hin wirkt, dass sich Bürger aktiv am politischen Leben beteiligen. Mit letzterem muss kein bestimmtes Parteiprogramm verknüpft sein — diese müssen sich ja auch immer wieder im Gegenüber zur gesellschaftlichen Wirklich neu justieren –, sondern es geht um ein gemeinsames Ringen um aktuelle Problemstellungen und deren Lösungen, die sich der Sache verpflichtet fühlen, und für deren Lösung man gegebenenfalls auch ganz neue Wege beschreiten muss, Wege, die noch kein bestehendes Programm — welcher Art auch immer — auf der Agenda hat.

Für das Gelingen einer Demokratie im Bereich der demokratischen Entscheidungsprozesse müssen diese Sichten der Welt und die dazu gehörigen Maßnahmen zwar von den gewählten Vertretern aufgegriffen und umgesetzt werden, aber damit überhaupt geeignete Sichten entstehen und geeignete Maßnahmen gefunden werden können, bedarf es der gesamten Breite gesellschaftlicher Prozesse mit einer Berücksichtigung von möglichst allen Gruppen in einer Gesellschaft.

Vereinfachend formuliert kann man auch sagen, zum Gelingen einer handlungsfähigen Demokratie bedarf es eines hinreichend umfassenden und wahrheitsfähigen nachhaltigen Wissens, das von einer großen Mehrheit geteilt wird, damit die demokratischen Entscheidungsprozesse nicht nur partikuläre Interessen oder partiellen Problemstellungen dienen, sondern der Mehrheit der Gesellschaft.

Die Formulierung ‚hinreichend umfassendes und wahrheitsfähiges nachhaltiges Wissen‘ ist eine regulative Idee die gedanklich angestoßen werden kann, der aber in der Realität zu einem beliebigen Zeitpunkt angesichts einer Vielzahl von Meinungen A, B, C, D ... Wissensformen gegenüberstehen, die aus sich heraus auf den ersten Blick schwer bis gar nicht vermittelbar erscheinen. Eine Momentaufnahme von Meinungsgruppen im April 2024 in den USA, in den europäischen Ländern, im Nahen Osten usw. zeigt — unter Berücksichtigung der vielen online-basierten Informationsangebote — nicht nur eine große Zahl von Narrativen und Weltbildern, sondern zusätzlich solche, die den Eindruck erwecken, sich gegenseitig auszugrenzen. Im Blick zurück in der Geschichte finden sich ganz ähnliche Konstellationen, allerdings zahlenmäßig nicht solch eine Vielfalt wie heute (es gab weniger Menschen; Kommunikationsmittel waren deutlich beschränkter; Machtverhältnisse ließen weniger Spielraum).

Für das Funktionieren einer Demokratie wäre es aber wichtig, dass aus der Vielfalt von Meinungen eine hinreichend große und starke Einheit entstehen könnte, symbolisch verkürzend:

BILD : Eine Demokratie bietet maximalen Raum für alle Bürger, dies ermöglicht Vielheit. Für das konkrete Handeln im Alltag — auch unter Berücksichtigung größerer Zeithorizonte — braucht es aber eine minimale Gemeinsamkeit in der Weltsicht. Eine solche Gemeinsamkeit entsteht nicht automatisch sondern nur durch geeignete Prozesse der Verständigung die hinreichend viel Zeit, Energie und — meistens — auch ein notwendiges Wissen benötigen. Da weder 0% Gemeinsamkeit ausreichen noch 100% Gemeinsamkeit realistisch sind, gibt es dazwischen einen Bereich, der hinreichend über 0% liegt — der kritische Wert — oder optimalerweise komfortabel über dem kritischen Wert — nennen wir dies den konstruktiven Wert –. In der bisherigen Forschung ist nicht bekannt, wo man den ‚kritischen Wert‘ oder den ‚konstruktiven Wert‘ ansiedeln soll.

Zwischen den Extrempunkten, dass die Gemeinsamkeit der verschiedenen Meinungen bei 0% liegt (Totalblockade) oder bei 100% (Völlige Einigkeit; praktisch ausgeschlossen) gibt es ein breites Spektrum, wo man sich fragen kann, welches Ausmaß an Übereinstimmung praktisch möglich ist und welches praktisch notwendig (kritischer Wert) wäre.

Für die Notwendigkeit haben die meisten Demokratien Abstimmungsregeln eingeführt, die irgendeine From von Mehrheit verlangen. Für das praktisch Mögliche ist es schwer zu definieren, da die Variabilität des Entscheidens im Prinzip alles möglich machen kann. Die zunehmende Unfähigkeit demokratischer Systeme weltweit auf die wachsende Komplexität mit hinreichend guten Wissenswolken zu antworten, die von einer hinreichenden Mehrheit geteilt wird, spricht nicht notwendigerweise gegen das Konzept einer demokratischen Gesellschaft. In erster Linie zeigt es nur, dass die Anforderungen an gemeinsame qualitativ gute Wissenswolken offensichtlich gestiegen sind. Dass autokratische Systeme diese Probleme durch quasi diktatorische Entscheidungen zu bewältigen suchen, kann auf den ersten Blick beeindrucken. Auf den zweiten Blick kann man aber feststellen — wenn man will –, dass das autoritäre Lösungsmodell auch einen hohen Preis zahlt (muss genauer spezifiziert werden).

Die manifesten Schwierigkeiten demokratischer Systeme kann man positiv dahingehend interpretieren, dass ein demokratisches System in der Lage ist, einen objektiven Mangel an Wissen, an Planungskapazitäten, an fehlender Entscheidungsfähigkeit sichtbar zu machen, um damit einen Ausgangspunkt zu schaffen, um das bisherige System mit seinen sich offenbarenden Schwächen an den entscheidenden Punkten zu verbessern bzw. zu revolutionieren.

Die Fähigkeit, aus erkennbaren Schwächen neue, bessere Ansätze zu finden und entsprechend umzusetzen, nennt man allgemein Lernen!

Während wir im Fall von Einzelpersonen ansatzweise über verschiedene Lernkonzepte verfügen, eventuell auch noch für Gruppen, wird es bei größeren Gebilden wie Firmen oder Kommunen schon ziemlich schwierig. Was aber, wenn es um eine ganze Gesellschaft geht, die mit sich selbst aufgrund von widerstreitenden Weltsichten im Widerstreit liegt?

Historisch gibt es für diesen komplexen Fall noch keine wirklichen Vorlagen.

Demokratien, als jüngstes Produkt der langen Menschheitsgeschichte, einfach wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen, erscheint im ersten Moment vielleicht einfach zu sein, letztlich wäre dies aber angesichts des langen Prozesse der Entstehung von Demokratien nicht effizient und kontraproduktiv (Beispiele von gescheiterten Demokratien gibt es schon, und diese wirken nicht ermutigend). Operativ sinnvoller wäre es hingegen, eine Renovierung bei laufendem Betrieb. Der heiße Kern von allem müssten jene Mechanismen sein, die aus der wechselseitigen Blockade heraus führen und lebensfähige Gemeinsamkeiten entstehen lassen, die im Prinzip allen nachhaltig nutzen. Ohne einen minimalen gemeinsamen Kern von Wertauffassungen — z.B. analog dem Grundgesetz oder den Menschenrechten — wird es aber wohl nicht gehen. Letzteres wiederum setzt voraus, dass es einen irgendwie übergreifenden Sinn gibt, den die große Mehrheit teilt und der die vielen praktisch notwendigen Konkretisierungen inspiriert.

Vermutlich werden weder die dazu notwendigen Methoden noch die notwendigen Wissensinhalte einfach so ‚vom Himmel fallen‘, sondern sie müssen in einem gemeinsamen Weg des Ausprobierens und Lernens gefunden werden. Wo können Menschen so etwas lernen? Wo sind die Schulen, die Hochschulen, die Firmen, die Alltagsszenarien, die so etwas unterstützen?

Die Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ versteht sich als ein Beispiel für solch ein Vorgehen; möglicherweise gibt es bessere.

REALES PROJEKT: Bürger im Gespräch (BiG)

(Februar 2023 – 16.September 2023)

KONTEXT

Dieser Text gehört zum Thema ‚Demokratie‘ und beschreibt Beispiele von Projekten im Stil der Bürgerwissenschaft.

Aktuell gibt es ein konkretes Beispiel mit der Gemeinde Schöneck (Hessen. Main-Kinzig Kreis) unter dem Leitthema ‚Bürger im Gespräch (Big)‘ . [1] Sollten weitere Initiativen in anderen Kommunen folgen, folgen, wird diese Seite entsprechend erweitert.

[1] https://www.oksimo.org/buerger-im-gespraech-big/

BEDROHUNG VON DEMOKRATIEN DURCH MENTALEN VIRUS

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
2.Okt 2021 – 14.Okt 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenknotens DEMOKRATIE innerhalb des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

MENTALER VIRUS

Der Begriff des ‚Virus‘ ist uns im Jahr 2021 mindestens zweifach vertraut: einmal (i) die biologische Variante von speziellen Zellen, die andere Zellen ‚kapern‘ und ‚umprogrammieren‘ können, und (ii) die Computervariante, dass ein spezielles Computerprogramm in ein anderes Computerprogramm eindringen und die Kontrolle über dieses andere Programm bekommen kann. Obwohl Viren aufs Ganze gesehen nicht nur schädlich sind, sondern letztlich sogar zur Weiterentwicklung von Zellen oder Programmen beitragen können, können sie akut und im Einzelfall zu schweren Schäden beitragen.

Wie soll man dann das Konzept eines ‚mentalen Virus‘ verstehen?

Meme

Seit der Veröffentlichung von Richard Dawkins [2a] höchst einflussreichem Buch (1976) „The Selfish Gene“ [2b] gibt es den Begriff ‚meme‘ (Engl.), um den Gedanken der genetisch erklärten Reproduktion irgendwie auf den Bereich des Kognitiven, des Mentalen, ja auf die ganze Kultur zu übertragen. Im Deutschen Wikipedia-Artikel [1] kann man beobachten, dass das Bedeutungsfeld zur Wortmarke ‚Meme‘ seit dem Erscheinen des Buches von Dawkins 1976 so stark zerfasert ist, dass es mittlerweile ‚alles und nichts‘ bedeutet.

Von daher liegt es nahe, sich von diesem unübersichtlichen Wortfeld abzugrenzen und hier versuchsweise eine Bedeutung des Konzepts ‚Mentaler Virus‘ zu geben, der in diesem Text benutzt werden soll.

Mentales

Im Rahmen der Gedankenwelt zur oksimo Theorie [3] werden unter anderem bestimmte Annahmen über die menschlichen Akteure gemacht, welche Eigenschaften man für sie postulieren muss, damit sie in der Weise miteinander sprachliche kommunizieren und koordiniert handeln können, wie wir es alltäglich beobachten können.

Als eine wesentliche Eigenschaft wird in der oksimo Theorie angenommen, dass das menschliche Gehirn im Körper des Menschen in der Lage ist, die vielfältigen sensorischen Signale aus der Umwelt und aus dem Körper (und ‚von sich selbst‘) zu neuronalen Strukturen zu organisieren, in denen wesentliche Eigenschaften der Umwelt, des Körpers und ‚des eigenen Operierens‘ stark vereinfacht repräsentiert werden können. Die Gesamtheit dieser Repräsentationen und Operationen werden als ‚Kognition‘ bezeichnet oder auch als ‚mentaler Raum‘ (kurz: das ‚Mentale‘). Diese Repräsentationen und Prozesse sind geschätzt zu 99% oder mehr ’nicht bewusst‘.

Zeichensysteme

Ein interessanter Teilaspekt des Mentalen sind interne Zeichensysteme, die in großer Flexibilität in große Teile des Mentalen (einschließlich der Zeichensysteme selbst) ‚abgebildet‘ werden können. Insofern die internen Zeichensysteme über externe Zeichensysteme (Laute, Schriftzeichen, Gesten, …) über komplexe Transformationen in der Umwelt als Umweltereignisse auftreten können, besteht hier eine rudimentäre Möglichkeit für Gehirne, ihre ‚inneren (mentalen) Zustände‘ mit anderen Gehirnen — nicht 1:1 — ‚auszutauschen‘.

Mentale Bilder

Die durch die Zeichensysteme abbildbaren internen mentalen Aspekte eines Gehirns können bei anderen Gehirnen Umrisse von Repräsentationen manifestieren, die Aspekte sowohl der gemeinsamen Umwelt wie auch Aspekte einer individuellen ‚Innenwelt‘ repräsentieren, die beschreibende Kraft entfalten können: sprachliche Kommunikation kann ‚mentale Bilder‚ transportieren, die ein wenig erkennen lassen, wie das sendende Gehirn seine Umwelt und sich selbst ‚repräsentiert‘ und darin die Dinge ’sieht‘.

Wirklichkeitsbezug

‚Mentale Bilder‘ können auf die ‚Empfänger-Gehirne‘ wie auch auf das ‚Sendende Gehirn selbst‘ Wirkungen entfalten, die die weiteren mentalen Operationen wie auch ein daraus resultierendes äußerliches Verhalten beeinflussen. Die durch sprachliche Kommunikation vermittelten ‚mentalen Bilder‘ kann man grob danach klassifizieren, ob sie mit den empirischen Umständen einer Umwelt ‚korrelieren‘ (das nennt man gewöhnlich ‚wahr sein‘) oder ’nicht korrelieren‘. ‚Nicht korrelieren‘ heißt per se nicht unbedingt ‚falsch sein‘. Bei nicht korrelierenden mentalen Bildern ist der Wirklichkeitsbezug zunächst nur ‚unbestimmt‘. Bei typischen ‚Voraussagen‘ gehört es ja zur ‚Rolle‘ der Kommunikation, ein Bild zu kommunizieren, von dem man sagt, dass dieses Bild unter bestimmten Bedingungen C mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit P eintreten kann. Würde ein bestimmtes empirisches Ereignis E eintreten, von dem alle Beteiligten sagen würden, dass es eine ‚Instanz des vorhergesagten Bildes B‘ ist, dann würde man dann sagen, dass sich die Voraussage von B durch E ‚erfüllt‘ hat, die Voraussage also als ‚wahr‘ unter diesen Bedingungen C bezeichnet würde. Würde ein solches Ereignis E nie eintreten, dann bliebe der empirische Bezug der Aussage B weiter unbestimmt.

Wollte man explizit eine ‚falsche Aussage‘ erzeugen, dann müssten jemand eine Aussage B äußern, deren Bedeutungsgehalt aus einem mentalen Bild E* besteht, das von allen Beteiligten in mehreren vorausgehenden Situationen anhand eines empirischen Sachverhalts E ‚validiert‘ worden ist. Wenn jetzt jemand die Aussage B mit dem validierten Bedeutungsgehalt E* macht, dann würden alle Beteiligten erwarten, dass in der gemeinsam geteilten Situation ein empirischer Sachverhalt E gegeben ist, der als ‚Instanz‘ die Aussage B ‚erfüllt‘. Wäre dies nicht der Fall, gäbe es also keinen empirischen Sachverhalt E, dann würden alle Beteiligten sagen, dass die Äußerung der Aussage B nicht zutrifft. Also: B wird behauptet und alle sind sich einig, dass B nicht zutrifft, also Nicht-B zutrifft.

Wie die alltägliche Praxis von sprachlicher Kommunikation zeigt, ist die Klassifikation einer sprachlichen Aussage als ‚falsch‘ alles andere als einfach, genauso wie der Aufweis der ‚empirischen Richtigkeit‘ einer Aussage sehr schnell sehr schwierig werden kann. Wir wandeln also alltäglich auf einem schmalen Grad von verstehbarer und akzeptierter ‚Wahrheit‘ bzw. ‚Falschheit‘

Mentaler Virus

Biologische wie auch Computer-Viren sind ja per se ’nicht Nichts‘; biologische Viren sind zellähnliche Gebilde, die sich an reale Zellen andocken können und die das Innere der anderen Zelle, ihr ‚genetisches Programm‘, so transformieren können, dass es nach der Transformation ein anderes Verhalten zeigt als vorher. Entsprechend beim Computer-Virus.

Insofern wir Menschen mittels sprachlicher Kommunikation ‚mentale Bilder‘ übermitteln können, die als solche eine Wirkung auf das empfangende Gehirn ausüben können, können solche übermittelten mentalen Bilder wie ‚mentale Viren‘ wirken: sie können dazu führen, dass das empfangende Gehirn seine bisherige mentale ‚Bilderwelt‘ durch Einbau der neuen empfangenen Bildern ‚umbaut‘. Fast kann man sagen, dass jedes ‚mentale Bild‘ ein ‚potentieller mentaler Virus‘ ist, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das empfangende Gehirn seine bisherige Bilderwelt ‚verändert‘.

Ein Mensch, der bislang davon ausgegangen ist, dass eine bestimmte Impfung vor einem schweren Krankheitsverlauf mit Virus X schützen kann, kann durch ein mentales Bild seine Meinung dahingehend ändern, dass die Impfung nicht schützt oder gar schadet. Umgekehrt kann jemand, der bislang nicht an die Wirkung einer Impfung geglaubt hat, plötzlich die Voraussage eines möglichen Schutzes akzeptiert. Der lückenlose Aufweis der empirischen ‚Richtigkeit‘ des einen wie des anderen mentalen Bildes ist im Einzelfall nur sehr mühsam über viele verschiedene mentalen Bilder ‚erklärbar‘, die auf komplexe Weise aufeinander verweisen. Aber selbst wenn es überwältigend viele ’statistische Daten‘ zur ’schützenden Wirkung‘ eines Virus gibt, muss dies für den Anhänger des anderen mentalen Bildes nichts bedeuten: man kann immer Gründe finden, diese Daten in Frage zu stellen. In unserer komplexen stark arbeitsteiligen Welt sind wir fast immer darauf angewiesen, der Arbeit und den Ergebnissen zu vertrauen, die von anderen Menschen erbracht wurden. Wir können schlicht nicht alles selbst überprüfen, was uns betrifft. Wenn also jemand sein ‚Fundamentalvertrauen‘ in seine Umwelt auf Null stellt, dann kann es keine empirischen Ereignisse mehr geben, die das eigene mentale Bild in Frage stellen; umgekehrt ist es in allen komplexen Fällen aber auch nicht leicht möglich, sein eigenes mentales Bild als ‚wahr‘ zu erweisen, zu ‚verifizieren‘. [6a], [6b]

Kulturelles Locked-In Syndrom [4]

Wenn einzelne Mitglieder einer Gesellschaft in die Situation kommen, dass ihr Fundamentalvertrauen in ihre Umwelt gegen Null geht, dann ist dies sehr schnell sehr gefährlich, lebensbedrohlich, und mit dem betreffenden Menschen kann alles passieren: Verzweiflung, Depression, Wahnvorstellungen, Hass, Selbstmord oder Attentate auf andere.

Wenn der Prozentsatz von Menschen in einer Gesellschaft zunimmt, bei denen das Fundamentalvertrauen gegen Null geht, dann kann eine ganze Gesellschaft zunehmend gestört werden. Selbst normale Abläufe im Alltag können dann in Stottern geraten und können damit das elementare Miteinander real gefährden.

Eigentlich repräsentieren das menschliche Gehirn und die sprachliche Kommunikation die größte Errungenschaft, die die biologische Evolution in den letzten ca. 3.5 Milliarden Jahren ermöglicht hat; wenn aber das wechselseitige Fundamentalvertrauen fehlt, dann läuft dieser Mechanismus ins Leere; dann schließt sich jeder in seine eigene Welt mentaler Bilder ein, fühlt sich darin großartig, aber alle wichtigen Kooperationen, die zum Erhalt und zum Fortbestand oder gar zur Weiterentwicklung menschlicher Gesellschaften notwendig sind, finden einfach nicht mehr statt: jeder ‚für sich‘ ist der Größte, aber alle zusammen tendieren gegen Null.[7]

Dies ist auch ein Hinweis auf die allem Leben (und letztlich aller Materie) eingebaute ‚Freiheit‘: wir können immer das eine tun, wir haben aber die Freiheit, es auch nicht zu tun, und sei es noch so unsinnig. Und da die Abstimmung zwischen Menschen durch mehr kommunikativ vermittelte Kooperationen mehr Anstrengung verlangt, als einfach alles in Frage zu stellen, ist die Wahrscheinlichkeit eines gemeinsamen konstruktiven Prozesses immer geringer als die Wahrscheinlichkeit, zu gemeinsamem konstruktiven Verhalten zu finden.[8]

(LIBERALE) DEMOKRATIE

Das, was bislang vielleicht so abstrakt klingt, hat unmittelbare quantifizierbare empirische Auswirkungen. Wie das schwedische V-dem Forschungsinstitut berichtet (vgl. [5a] – [5e]), gab es 2010 noch 32 Staaten von 208, auf die ihre Definition von ‚liberaler Demokratie‘ zutraf. 2020 waren es nur noch 16. Dies bedeutet, der Anteil liberaler Demokratien, der im Jahr 2010 noch mit 15,4% beziffert wird, halbierte sich innerhalb von 10 Jahren auf 7.7%. Auch wenn diese Zahlen sehr grob und die beteiligten Prozesse äußerst komplex sind, ist die Tatsache, dass 2020 nur 7.7% der Staaten als liberale Demokratien klassifiziert werden können, letztlich ein empirischer Indikator, wenn auch grob. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer von 208 Staaten eine liberale Demokratie ist, liegt im Jahr 2020 bei diesen Zahlen bei 16/208 = 0.0769 (im Gegensatz zu 0.15 im Jahr 2010).[11]

Dieser dramatische Rückgang um 50% innerhalb von nur 10 Jahren lässt aufmerken. Es wäre interessant zu schauen, welche empirische Indikatoren aus den V-dem Erfassungsdaten sich wie geändert haben, dass es zu dieser Verschlechterung gekommen ist. Noch besser, man könnte herausfinden, welches die ‚wichtigsten‘ Faktoren sind, die zu solch einer Verschlechterung beigetragen haben.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr erstaunlich, dass in den Staaten, die noch als liberale Demokratien gelten, der Diskurs zu den Notwendigkeiten einer ’nachhaltigen Demokratie‘ nirgendwo ernsthaft etabliert ist. Im Rahmen von Bildung und Forschung ernsthaft über Demokratie zu diskutieren und dazu experimentell zu arbeiten, gilt tendenziell eher als ‚uncool’…

OKSIMO und MENTALE VIREN

Angenommen, die soeben skizzierten Thesen stimmen, dann stellt sich die Frage, ob und wie der Einsatz der oksimo Software mit ihrem spezifischen oksimo Handlungsraum dazu beitragen könnte, (i) bestehende Grenzen zwischen verschiedenen Bilderwelten zu verflüssigen und/ oder (ii) die Entwicklung von solchen gemeinsamen Bilderwelten zu begünstigen, deren Wirklichkeitsbezug ‚größer‘ ist.

Da der wesentliche Grund für die Entstehung und Existenz unterschiedlicher Bilderwelten darin besteht, dass es keinen absoluten Bezugspunkt gibt, der automatisch (und freiwillig) von allen Menschen akzeptiert wird, liegt der entscheidende Gestaltungsfaktor für das Zustandekommen einer Bilderwelt im einzelnen Akteur. Sachverhaltswissen ist das eine; emotionale Konnotationen das andere. Diese 2-Faktoren Struktur kann sich dahingehend auswirken, dass bestimmte emotionale ‚Voreinstellungen/ Interessen/ Traumata/ … den Umgang mit mentalen Bildern in einer Weise beeinflussen, dass zwischen verschiedenen Menschen in der gleichen Situation völlig unterschiedliche Verhaltensweisen zustande kommen können. Will man also die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Gruppe von — idealerweise zufällig zusammengewürfelten — Menschen zur Entwicklung einer gemeinsamen Bilderwelt kommt, dann müssen alle Bilder ‚auf den Tisch‘ kommen können, die die einzelnen Beteiligten für wichtig finden (Ausgangslage). Die Gruppe muss sich auch auf eine Zielformulierung einigen können: welche Zielzustände möchte man anzielen. Auch hier müssen prinzipiell alle Ziele erlaubt sein. Und dann benötigt man einen Prozess, der versucht, die Zielzustände anzunähern durch Angabe konkreter Maßnahmen, durch die dies geschehen. Auch hier sind alle Maßnahmen erlaubt. Über Simulationen, gemeinsames Spielen und weiterer Optionen von oksimo kann man diese Bilderwelt weiter ‚von verschiedenen Seiten anschauen‘.

Dieses Verfahren beruht auf einer radikalen Akzeptanz aller Sichten, die es möglich macht, die Vielheit und Unterschiede überhaupt erst mal sichtbar zu machen, die zwischen Menschen besteht. Ferner wird das Maximum an Wissen sichtbar, über das die beteiligten Akteure verfügen. Diese Unterschiede gründen in den unterschiedlichen individuellen Lerngeschichten, innerhalb deren unterschiedliche Emotionen eine selektive Rolle gespielt haben und dann auch in der aktuellen Situation spielen. Durch die Sichtbarmachung des verfügbaren Wissens werden indirekt auch alle aktiven Emotionen in Gestalt von Präferenzen sichtbar. Durch die unmittelbare soziale Nähe der Beteiligten besteht eine gewisse Chance, sich über die Unterschiede und Präferenzen auszutauschen. [9]

Diese methodische Situation eines oksimo Prozesses wirkt auf den ersten Blick vielleicht ’schwach‘, aber die Wellen an Aufregungen, Missverständnissen oder gar dann Hass, die durch ein de-personalisiertes Netz jeden Tag rollen, zeigt, dass die Entkopplung von Bilderwelten und sozialer Beziehung insgesamt ungut ist. Soziale Nahbereiche bleiben die Wurzeln unseres sozialen Zusammenlebens.

Die oksimo Handlungsräume sind sicher kein Allheilmittel, aber sie eröffnen durch ihre radikale Transparenz, durch ihre Differenziertheit bzgl. Prozesse und Wechselwirkungen und durch ihre potentiell größere soziale Nähe ein klein wenig mehr die Möglichkeit, Keimzellen für liberal demokratische Verhaltensweisen zu werden.[10]

ANMERKUNGEN

[1] Wort ‚Meme‘ in Wikidpeia DE: https://de.wikipedia.org/wiki/Meme_(Kulturph%C3%A4nomen)

[2a] Richard Dawkins in Wikipedia EN: https://en.wikipedia.org/wiki/Richard_Dawkins. Führte in seinem Buch (1976) ‚The Selfish Gene‘ u.a. den Begriff ‚Meme‘ ein.

[2b] Dawkins, Richard (1976). The Selfish Gene (2nd ed.). United Kingdom: Oxford University Press. ISBN978-0-19-286092-7. /* Eine einführende Diskussion des Buches findet sich hier: Wkipedia EN: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Selfish_Gene

[3] Von einer ‚oksimo Theorie‘ im strengen wissenschaftsphilosophischen Sinne zu sprechen, ist aktuell vielleicht noch nicht ganz korrekt, da die vielen Beiträge in den einschlägigen Blogs uffmm.org sowie oksimo.org zwar einen harten Kern von Konzepten erkennen lassen, aber diese sind noch nicht in eine völlig ausgearbeitete Theorie integriert. Die Prozesse laufen aber und das Ergebnis ist im Prinzip schon absehbar.

[4] Der Begriff ‚locked-in syndrom‘ ist primär ein medizinischer Begriff (siehe: Wikidepia EN: https://en.wikipedia.org/wiki/Locked-in_syndrome), der die Abgeschlossenheit des Gehirns von wichtigen Kommunikationskanälen meint. Im Text wird locked-in leicht anders interpretiert, hier als die ‚Abgeschlossenheit des Mentalen eines Individuums‘ von den gesellschaftlich akzeptierten Verfahren einer Wahrheitsfeststellung.

[5a] V-dem Webseite: https://www.v-dem.net/en/

[5b] Berichtsseite: https://www.v-dem.net/en/publications/democracy-reports/

[5c] Interaktive grafische Seiten: https://www.v-dem.net/en/online-graphing/

[5d] Beispiel ‚Egalitarina Democracy‘: https://www.v-dem.net/en/news/egalitarian-democracy/

[5e] Video von einer Konferenz zum Thema ‚Egalitarian Democracy‘: https://www.youtube.com/watch?v=ARBBiMgJT7A

[6a] Ein anschauliches Beispiel zu diesem ‚Balanceakt‘ zwischen ‚Aussage als wahr akzeptieren‘ und ‚Aussage als falsch qualifizieren‘ mit Blick auf die ‚Umstände einer Äußerung‘ ist der Artikel „Mitglieder der „Pathologie-Konferenz“ verbreiten unbelegte Behauptungen über Covid-19-Impfungen und Todesfälle“ vom Recherchenetzwerk correctiv.org (siehe: https://correctiv.org/faktencheck/2021/09/25/mitglieder-der-pathologiekonferenz-verbreiten-unbelegte-behauptungen-ueber-covid-19-impfungen-und-todesfaelle/ ) ein gutes Beispiel. Über ein Video verbreiten zwei Personen ein bestimmtes Bild zur Verunreinigung und zur schädlichen Wirkung von Corona-Impfungen am Beispiel der Obduktion von Organen von 10 toten Menschen. Soll man dies glauben? Im Artikel des Recherchenetzwerks correctiv wird die Glaubwürdigkeit dieses Videos auf vielfache Weise in Frage gestellt. Soll man jetzt der Argumentation des Artikels glauben? Es wäre interessant, einen empirischen Test zu machen und n Personen zu fragen, die das Video überzeugend finden, ob sie nach Lesen des Artikels von correctiv ihre Meinung ändern würden. Eine Arbeitshypothese wäre die, dass von 100 Personen, die sich vom Video überzeugen lassen, vielleicht 7-10 ihre Meinung nach Lesen des Artikels ändern würden. Dies wäre ein empirisches Indiz dafür, wie stark die Kohäsionskraft (das Beharrungsvermögen) einer bestehende eigenen Meinung ist.

[6b] Ein weiteres Beispiel ist die Existenz und die Resonanz des ‚Corona-Ausschusses‘ (siehe Bericht im Berliner Tagesspiegel vom 2.Oktober 2021: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/luegen-und-hetze-im-berliner-corona-ausschuss-im-impfstoff-ist-so-etwas-wie-lebendige-kraken/27670234.html ). Für die einen — wie z.B. auch für den Autor dieses Textes — sind die Inhalte des Corona-Ausschusses weitgehend absurd; für andere ist es die angemessene Sicht ihrer Welt. Während man nun versuchen kann, die einzelnen ‚Fakten‘ im einzelnen mit überprüfbaren Realitäten zu begründen oder zu belegen, ist der philosophisch interessante Aspekt genau der, warum es überhaupt zu solch entgegen gesetzten Positionen im Denken von Menschen kommen kann? Die Wurzel dieser Verschiedenheit liegt dort, wo das, was die eine Gruppe als ‚Fakten‘ anerkennt, von der anderen Gruppe bestritten wird, und umgekehrt. Es geht also gar nicht in erster Linie um ‚Fakten‘, sondern es geht um ‚Meinungen‘, die in den Gehirnen der Beteiligten ‚aktiv‘ sind, von denen sie nicht abrücken wollen, egal, welche Fakten aufweisbar sind. … genau das Thema dieses Posts.

[7] Die Reduzierung des Fundamentalvertrauens in ‚die Gesellschaft‘ schließt nicht aus, dass jemand konkrete Personen in seinem Umfeld kennt, denen er/sie trotzdem vertraut, sofern sie ähnliche Einschätzungen haben wie man selbst. Sofern es viele einzelne oder kleine Gruppen gibt, die ‚gemeinsame Bilder teilen‘, kann das Nullvertrauen in die ganze Gesellschaft sich über dieses ‚partielle Vertrauen‘ in eine Gruppierung ‚der Bilderwelt X‘ (z.B. ‚gegen Corona Impfung‘, ‚gegen Masken‘, …) dennoch numerisch verstärken.

[8] Unter Berücksichtigung von [7] kann diese alternative Bilderwelt zu einer ‚gesellschaftlichen Mehrheit‘ anwachsen. Diese ’numerische Mehrheit‘ zeigt sich aber im Umgang mit den Bildern von der Welt — folgt als Arbeitshypothese aus der Theorie — wesentlich rigider und dogmatischer als die ursprüngliche Gesellschaft einer angenommenen liberalen Demokratie.

[9] Offene Frage: in welchem Umfang und wie kann man eine ‚minimale Vertrauensatmosphäre‘ ermöglichen, dass Unterschiede überhaupt erst mal ‚ertragen‘ werden?

[10] Ein interessanter Aspekt des ganzen Themas ist auch, dass eine Vielfalt, die wechselseitig um eine ‚Deutungshoheit‘ ringt, tatsächlich nur in demokratischen Gesellschaften existieren kann, die hinreichend liberal sind. In allen anderen Staaten (man probiere dies mal in Ländern wie Russland, China, Türkei, Iran, Afghanistan, …) mit unterschiedlich starken autoritären und nicht-liberalen Strukturen werden abweichende Meinung sofort massiv sanktioniert. Aber selbst demokratische Gesellschaften können in ‚Stresssituationen‘ kommen, wenn bestimmte Meinungen ein Gefährdungspotential für andere sehen, die Träger der anderen Meinungen dieses Gefährdungspotential aber abstreiten. Ein kaum sauber auflösbarer Konflikt. Es geht hier primär nicht mehr um ‚Wissen‘, sondern um ‚Glauben‘. Viele Jahrtausende haben gezeigt, wie aus ‚Glauben‘ tödliche und blutige Kriege folgen konnten, denn ‚Glauben‘ definiert einen ‚Wahrheitsanspruch‘, der sich nicht für alle transparent klären lässt. Seit ca. 500 Jahren wurde entdeckt, wie man ‚überprüfbares Wissen‘ ‚gewinnen‘ kann; man nennt dies ‚Wissenschaft‘. Aber, was nützt es, unter großem gesellschaftlichen Aufwand, Wissenschaft zu betreiben, wenn eine wachsende Gruppe von Bürgern weder versteht, wie Wissenschaft funktioniert, noch bereit ist, Wissenschaftlern zu glauben? Dann bleibt nur noch ‚Glauben‘, der mit ‚beliebigen Fakten‘ agiert. …. aber selbst dafür gibt es in den heutigen Demokratien die ‚Religionsfreiheit‘: man darf Beliebiges glauben (auch wissenschaftlichen ‚Unsinn‘); die Demokratie schützt dies. Ist dies schlecht? Im Lichte der Evolution des Lebens auf dem Planet Erde muss man konstatieren: in einer Gegenwart vor dem homo sapiens war es niemals möglich, zweifelsfrei zu erkennen, welche der aktuellen Lebensformen mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft tatsächlich überleben würden. Frage: haben wir heute als Homo-Sapiens Lebensform bessere Möglichkeiten, das ‚Wichtige‘ vom ‚Unwichtigen‘ zu unterscheiden?

[11] In einem email-Gedankenaustausch mit Mirko de Paoli ging es um die Frage, wie man diesen ‚Mehraufwand‘ für Demokratien verstehen soll. Der Gedanke, der dem Text im Blog zugrunde liegt, ist der, dass (i) das bloße Wiederholen einer bestehenden Meinung ‚einfacher‘ ist als (ii) die gemeinsame Erarbeitung einer Meinung von ihren ‚Bestandteilen‘ her. Variante (ii) erfordert viel kommunikativen Aufwand, Zeit, emotionale Energie, und möglicherweise mehr. ‚Intuitiv‘ erscheint diese Überlegung richtig. Wie aber kann man sie empirische überprüfen, d.h. mit einem empirischen Messvorgang verknüpfen? Nimmt man die Ergebnisse des V-dem Instituts (siehe [5a]) ernst, dann wirken diese Ergebnisse in Zahlen sehr abstrakt, aber es sind Zahlen: 2010 noch 32 Länder als ‚liberale Demokratien‘; 2020 nur noch 16. Ein Rückgang von 32 auf 16 in nur 10 Jahren. Den Anteil von ca. 7.7% liberale Demokratien kann man versuchsweise auch für eine Wahrscheinlichkeitsüberlegung benutzen, dass von 208 Staaten im Jahr 2020 liberal demokratische Staaten nur mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 0.07 vorkommen und nicht-liberale Demokratien mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 0.92. Das Verhältnis beider Wahrscheinlichkeiten zueinander ist 12:1. Dies kann man so interpretieren (Arbeitshypothese), dass 12x mehr Aufwand notwendig ist, eine liberale Demokratie zu realisieren als eine nicht-liberale Demokratie. Dies führt dann sofort zu der Frage, ob man empirisch verifizierbare Faktoren identifizieren kann, deren Vorhandensein und deren Beschaffenheit für eine liberale Demokratie wichtig sind. Hinweise dazu finden sich in der langen Liste an Eigenschaften, die die ca. 3500 Experten des V-dem Instituts in den Ländern des Planeten Erde seit Jahren ‚beobachten‘. Interessant wäre es dann, zu klären, in welchem Sinne diese Faktoren für eine funktionierende liberale Demokratie wichtig sind; vermutlich sind sie ‚unterschiedlich wichtig‘, d.h. sie sollten in der Gesamtbetrachtung eine unterschiedliche ‚Gewichtung‘ bekommen. Ein solcher Faktor ist das Bildungssystem: wie wichtig ist es? Auf welche Eigenschaften eines Bildungssystems kommt es an? Die aktuell nahezu ’sinnentleerte‘ Diskussion zur notwendigen Digitalisierung der Schulen in Deutschland zeigt, dass wir mit einer Klärung der Rolle von Bildung noch nicht allzu weit voran gekommen sind.

MEDIA

Nachgereicht: 14.Okt.2021: Ein einfacher Soundtrack, dessen Text versucht, die Grundidee des Artikels — siehe auch Anmerkung [11] — in einfache Worte zu fassen. (Aufnahmemethode: RUM := Radically Unplugged Music)

Letztlich geht es um die Frage, ob und wie oksimo das Funktionieren einer Demokratie unterstützen kann.

Ein älterer Versuch, mehr abstrakt:

One World – Many Pictures – Turn them into a Symphony

OKSIMO PARADIGMA und DEMOKRATIE – Wie belastbar ist die Demokratie – Vorländer, FAZ, 9.Aug.2021, S.6

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
10.Aug 2021 – 12.Aug 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenknotens DEMOKRATIE innerhalb des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

POSITION VON VORLÄNDER

Die Position von Prof. Dr. Hans Vorländer — u.a. Direktor, Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden — soll hier in kurzen Thesen angeleuchtet werden. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, die speziell den möglichen Zusammenhang mit dem oksimo Paradigma thematisieren.

Hermeneutik: Wenn eine Person A den Text von anderen Personen liest, dann wird die Person A diesen Text immer (es gibt kein Entkommen) im Lichte ihrer aktuellen Wissensvoraussetzungen lesen. Diese resultieren aus einer individuellen Lerngeschichte und dieses Wissen kann sich kontinuierlich weiter ändern, z.B. schon durch die Lektüre und die aktive Auseinandersetzung mit dem Text. Wer also wissen will, was der Autor (hier Herr Vorländer) selbst geschrieben hat, muss diesen Text selbst lesen. Sollten Sie dies tun, wundern Sie sich bitte nicht, wenn Sie diesen Text ganz anders verstehen sollten wie der Autor in diesem Blog … es gibt nicht zwei Gehirne auf dieser Welt, die ‚gleich‘ sind. Diese Verschiedenheit ist unser Glück; gäbe es sie nicht, würden wir aufgrund von Monotonie in einer sich ständig rasant ändernden Welt alsbald schlicht untergehen …

ARTIKEL VORLÄNDER

(1) Der Grundtenor des Artikels von Hans Vorländer ist — und dies in Übereinstimmung mit dem schwedischen Forschungsinstitut Varieties of Democracies [V-Dem][1] –, dass die liberalen Demokratien unter einem starken Druck stehen, den man sehr wohl als besorgniserregend einstufen kann.

(2) Jenseits der nackten Zahlen, die das V-Dem vorlegt, nach denen es 1990 weltweit nur 41 Staaten gab, die man als liberaler Demokratien bezeichnen könnte, und dass seit 1990 sich diese Zahl auf nur noch 32 reduziert hat — also alle ca. 3 Jahre eine liberale Demokratie weniger –, sind die konkreten Umstände, unter denen heute liberale Demokratien existieren, sehr wohl ein möglicher Weckruf für alle, die mit dem Konzept der liberalen Demokratie wichtige Wertvorstellungen verknüpfen.

(3) Den Unterschied zwischen einer liberalen Demokratie und einer bloßen Wahl-Demokratie sieht Vorländer im Vorhandensein und Funktionieren von Elementen wie z.B. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit von Justiz und Medien, Freiheit der Meinungsäußerung, diskriminierungsfreie Umgang mit Minderheiten, Anerkennung soziokultureller Vielfalt, Schutz von Grund- und Menschenrechten, und fairer politischer Wettbewerb.

(4) Aber selbst in den noch liberalen Demokratien geraten diese Elemente — und noch weitere — zunehmend unter Druck und es ist eine offene Frage, wie resilient (widerstandsfähig) liberale Demokratien sind, um diesen Druck zu überstehen.

(5) Mit Blick auf Prof. Przeworski von der New York University [2] stellt er — fast beruhigend — fest, dass sich bislang kein festes Muster erkennen lässt, wann und wie Demokratien sich auflösen und zerfallen; es gibt allerdings viele einzelne Faktoren, deren Funktionsuntüchtigkeit einen möglichen Niedergang begünstigen könnten.

(6) Krisen sind besondere gesellschaftliche Zustände (z.B. Bankenkrise, Finanzkrise, Migrationskrise, Eurokrise, Stabilisierungsmechanismen des Internationalen Währungsfonds, Corona Pandemie, Flutkatastrophen, …), in denen staatliches Handeln gefordert ist und wo es das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen stärken kann. Die Art und Weise der Kommunikation mit den Bürgern spielt dabei eine wichtige Rolle.

(7) Spätestens die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass es viel Missmut und Kritik gegeben hat. Die Tendenz zum Unterlaufen der üblichen demokratischen Verfahren durch Rückgriff auf anonyme Expertenrunden war einer der kritischen Punkte in der aktuellen Corona Pandeemie. Dazu wurden zahlreiche extremistische Strömungen sichtbar, die nicht erst seit Corona existieren, sondern schon viele Jahre Europaweit und in den USA unüberhörbar von sich reden machen. Für solche eher extremistische Gruppierungen, die Demokratien grundsätzlich in Frage stellen, sind Krisen — wie z.B. Corona oder Flutkatastrophen — und die unglückliche Handhabung demokratischer Verfahren eine willkommene Gelegenheit sich in Szene zu setzen.

(8) Doch darf man sich durch die Einmischung radikaler Gruppierungen nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass auch normale Bürger berechtigte Sorgen haben, Zweifel hegen, ja sogar wütend sind auf die Art und Weise, wie politische Repräsentanten und Institutionen agieren.

(9) Diese Kritik hat schon seit Jahren zu einer wachsenden Entfremdung zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen, ihren Parlamenten, ja sogar zu den Parteien geführt, die doch eigentlich die unmittelbare Verbindung von Bürgern und demokratischen politischen Institutionen ermöglichen sollten. So hat der Parlamentarismus und die politischen Parteien am meisten an Anerkennung und Akzeptanz verloren. Bürger fühlen sich immer weniger durch die Parteien vertreten. Es gibt deutliche Zeichen von Entfremdung in der gefühlten Distanz zwischen Regierenden und Regierten. Viele bislang üblichen sozialen Infrastrukturen zur Vermittlung zwischen Bürger und Politikern sind heute deutlich geschwächt oder ganz weg.

(10) Doch gibt es neben den politischen Parteien nicht Nichts; es gibt das neue Phänomen von ‚Bewegungen‘, die außerhalb der Parteien ihre Interessen zu vertreten suchen. Diese Bewegungen mit oft starken Führungsfiguren deuten einen Wandel der liberalen Demokratien an, wenngleich bislang in konstitutionellen Bahnen. Damit einhergehend meint Vorländer die Tendenz zu einer Hyperpersonalisierung zu erkennen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieses Phänomen der vielen neuen Bewegungen parallel auftritt zur neuen Allgegenwart des Internets mit all seinen vielfältigen sozialen Medien (Twitter, messenger Dienste, …). Empörungen, Erregungen, und Stimmungen wirken direkter und können schneller und stärker die Meinungen beeinflussen. Diese Meinungen spielen sich außerhalb der Institutionen ab; es fehlen vermittelnde Räume. Am Beispiel des Trumpismus (aber nicht nur da) kann man sehen, wie der direkte Zusammenschluss zwischen populistischen Strömungen und ihrer Führer gesucht wird, um damit die kritisierten demokratischen Institutionen einfach zu umgehen.

GEDANKEN ZUM ARTIKEL

  1. Die obigen Punkte bilden nur einen Ausschnitt aus dem breiten Bild, das Hans Vorländer zeichnet, ein Ausschnitt dessen Auswahl und Zuschnitt auf den Autor dieses Diskurses zurückgeht (siehe den einleitenden Punkt ‚Hermeneutik‘).
  2. Für die weiterführenden Überlegungen soll auch — mit einem Seitenblick — der interessante Beitrag von Wolfgang Schäuble nicht unberücksichtigt bleiben.
  3. Aus der Sicht des oksimo Paradigmas richtet sich der Fokus der Überlegungen auf die Akteure in diesem Feld der liberalen Demokratie, auf jene, die staatliche Institutionen vertreten, politische Gremien, die politischen Parteien, und jene, die allgemein als Bürger gelten, die in diesem Staat leben, z.T. auch wählen dürfen, aber zwischen den Wahlen nahezu keine ’normalen‘ Mitwirkungsmöglichkeiten haben.
  4. In einer liberalen Demokratie ist die staatliche Gewalt an die gewählten Parlamente delegiert, die von unterschiedlichen Institutionen unterstützt werden. Idealerweise sollen die Parlamente die Aufgaben der Gesellschaft mit Blick auf die Zukunft und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Land erkennen und in möglichst optimaler Weise, speziell auch nachhaltig, zukunftsfähig machen. Jede Gegenwart ist ein Ausschnitt aus der möglichen Zukunft von Gestern. Wurde gestern mit Blick auf die mögliche Zukunft schlecht gehandelt, dann ist die aktuelle Gegenwart das Ergebnis solcher Versäumnisse.
  5. Für die Frage nach einer nachhaltigen Zukunft für eine liberale Demokratie sind daher weniger Einzelereignisse interessant, weniger Ausnahmesituationen, weniger individuelle Skandale, sondern eher der alltägliche Prozess, in dem alle involviert sind, und der geeignet ist, alle Bürger in ihrer Vielfalt auf nachhaltige Weise für eine entsprechend nachhaltige Zukunft vorzubereiten, zu befähigen, und zu begeistern. Womit sich die Frage stellt, wie denn das Format des alltäglichen Prozesses in einer liberalen Demokratie beschaffen sein sollte, damit eine nachhaltige Zukunft zumindest wahrscheinlich sein könnte, wenngleich ohne eine 100%-tige Garantie, dass es auch tatsächlich gelingt.
  6. Hans Vorländer lässt in seinem Beitrag viele Aspekte aufblitzen. Hier möchte ich nur zwei Aspekte herausgreifen, die aus Sicht des oksimo Paradigmas von besonderem Interesse sind: das ist einmal (i) die große Entfremdung der Bürger von den politischen Parteien (und umgekehrt!), und zum anderen (ii) die unübersehbare Entstehung und Erstarkung von außerparlamentarischen Bewegungen aller Art.
  7. Würden die politischen Parteien diese Bewegungen aufgreifen, würden die Parlamente eine neue, intensive Kommunikation mit diesen Bewegungen suchen, dann könnten diese neuen dynamischen Bewegungen möglicherweise zu einer Verlebendigung der bestehenden Parteien und Parlamente führen; vielleicht. Bislang überwiegt aber der Eindruck einer bestehenden und zunehmenden Entfremdung zwischen neuen Bewegungen und etablierten Parteien und Parlamenten. Würde es bei diesen Tendenzen bleiben, wäre ein ernster Konflikt zwischen gegebenen konstitutionellen Formen der Demokratie und einem wachsenden Teil der Bevölkerung vorgezeichnet.
  8. Fragt man sich, woher denn diese wachsende Entfremdung komme, dann gibt es mindestens zwei Faktoren, die sich abzeichnen: (i) Die reale Kommunikation zwischen Bevölkerung und etablierten Parteien und Parlamenten ist real schwach, gestört, und wird aktuell eher schwächer; (ii) Die inhaltlichen Anschauungen der verschiedenen Gruppen divergieren vielfach sehr stark. Dies wird durch die Aufsplitterung der Öffentlichkeit in immer mehr Teilöffentlichkeiten mit jeweils immer weniger innerer Pluralität begünstigt. Es entstehen kognitive Weltbilder weitgehend unabhängig voneinander. Da diese Weltbilder für jede Gruppe eine gruppenspezifische Handlungsbasis bieten, stehen sich zunehmend Weltbilder als Alltagsvorstellungen gegenüber, die immer weniger kompatibel sind; zusätzlich scheinen die ‚Inhaber dieser spezifischen Weltbilder‘ immer weniger fähig und willens zu sein, ihre eigenen Weltbilder irgendwie in Frage zu stellen. Das Ergebnis sind Verteufelungen der anderen, eine immer stärkere Bereitschaft zu Gewaltaktionen, weil man die Fähigkeit verloren hat, über Weltbilder zu reden, so dass man diese im gemeinsamen Diskurs unterschiedlich beleuchtet, anders bewertet, und möglicherweise modifiziert.
  9. Die Erstarrung im Umgang mit kognitiven Bildern der Welt ist eine Form von ‚Systemstörung‘: es ist eine grundlegenden Eigenschaft von biologischen Systemen auf der Erde, dass sie mehr als 3 Mrd.Jahre auf diesem Planeten nur überlebt haben, weil sie extrem anpassungsfähig waren, wandlungsfähig, grundlegend lernfähig. Besonders der homo sapiens verfügt über sehr außerordentliche Fähigkeiten, zu lernen und sich durch Kommunikation mit anderen zu koordinieren. Jedoch gehört es zur Eigenheit hochentwickelter lernender Systeme, dass sie nicht deterministisch sind: sie können, aber sie müssen nicht. Das ist ihr Geheimnis. Wenn sie sich aber ihrem realen Lernen grundsätzlich verweigern durch starres Festhalten an nur wenigen Aspekten ihrer dynamischen Umwelt, dann schreiben sie ihren Untergang fest. In einer dynamischen Welt kann kein statisches System auf Dauer überleben.
  10. Was in dieser Situation hilfreich wäre, das wären neue Formen einer gruppenübergreifenden Kommunikation, die nicht nur die unterschiedlichen Anschauungen sichtbar macht, sondern zusätzlich auch grundlegende Strukturen von Weltbildern.
  11. Das oksimo Paradigma wendet sich generell an Gruppen, und zwar beliebige Gruppen von Menschen (Bürgern). Jeder einzelne gilt als ein Experte; vorab wird kein Unterschied gemacht. Für die Kommunikation ist nur die eigene Sprache notwendig (Deutsch, Englisch, …). Von allen Beteiligten wird erwartet, dass sie in der Lage sind, sich zu einigen, welche Aspekte in einer bestimmten Situation sie als real gegeben annehmen. Ferner wird erwartet, dass sie in der Lage sind, jene Situation in der Zukunft zu beschreiben, die sie aktuell anstreben wollen. Und dann besteht die gemeinsame Kommunikation darin, zu beschreiben, wie man in einzelnen Schritten von der aktuellen Situation zur zukünftigen Situation kommen kann. Man kann diesen Prozess auch so sehen, dass alle zusammen eine Art Drehbuch schreiben mit einzelnen Szenen (Situationen), mit den beteiligten Akteuren und den gewählten Aktionen, die unterschiedliche viel weitere Ressourcen benötigen (Zeit, Geld, Material, Wechselwirkung mit anderen, …). Zusätzlich bietet oksimo die Möglichkeit, das Drehbuch jederzeit auch als Simulation ablaufen zu lassen, oder gar während der Simulation eine aktive Rolle als Spieler zu übernehmen; einfach die bis dahin gegebenen Regeln anwenden oder ad hoc neue Regeln zu generieren, indem man das Drehbuch abändert. Simulation und Spielen bietet eine sehr intensive Form, sich mit den Ideen des Drehbuchs und den anderen auseinander zu setzen. Mit oksimo kann man zusätzlich auch Künstliche Intelligenz [KI] einsetzen. Diese ist aber nur insoweit interessant, als die menschlichen Akteure selbst Ziele und Konzepte haben, denen sie folgen wollen.
  12. In der Theorie könnte eine für alle verfügbare oksimo Umgebung also nicht nur grundlegend zu einer verbesserten Verständigung unter allen Bürgern beitragen (falls diese überhaupt lernen wollen!), es könnte mit der Zeit auch das Wissen um die Welt dramatisch verbessert werden, und zwar für alle, jederzeit, auch für die Politiker. Die heute vielfach zu beobachtenden ‚Sololäufe‘ jenseits einer demokratischen Öffentlichkeit wären dann weder notwendig noch langfristig möglich.

ANMERKUNGEN

[1] Homepage: Varieties of Democracies [V-Dem], https://www.v-dem.net/en/

[2] Adam Przeworski (Professor of Politics, New York University): https://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Przeworskihttps://as.nyu.edu/content; Private Webseite: https://as.nyu.edu/content/nyu-as/as/faculty/adam-przeworski.html

DAS OKSIMO PARADIGMA und Demokratie

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
8.Aug 2021 – 6.Januar 2022
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

IDEE

Wie im Abschnitt DER OKSIMO WISSENSRAUM ALS DYNAMISCHER GRAPH auf der Startseite oksimo.org beschrieben wird, soll das zum oksimo Paradigma gehörige Wissen in Form eines dynamischen Wissensgraphen aufgebaut werden: Man startet mit möglichst wenig Einstiegspunkten (‚Wurzelknoten‘), und führt von diesen schrittweise in die zugehörigen nachgeordneten begrifflichen Räume. Natürlich kann es zu Querverweisen oder auch Rückverweisen kommen. Die minimale Logik eines solchen Wissensgraphen besteht darin, dass es keinen Wissensknoten ‚einfach so‘ geben darf: jeder Wissensknoten bedarf eines Vorgängers (ausgenommen die Wurzelknoten), und jeder Wissensknoten im Graphen erbt das ‚Wissen seiner Vorgänge‘, seinen ‚Kontext‘.

Im Fall des Themenknotens Demokratie ist der zugehörige Wissensraum aus heutiger Sicht (= 2021) ziemlich groß. In der zeitlichen Dimension kann man mindestens bis ins klassische Griechenland zurück schauen, also ca. 2500, oder weiter. Ein Blick auf konkrete Beispiele von Systemen, die mehr oder weniger dem ‚Ideal‘ einer Demokratie nahe kommen, wird viele Beispiele finden. In der begrifflichen Dimension, die sich über die verschiedenen konkreten Systeme aufspannen lässt, findet sich eine große Palette von Sichtweisen, die sich aus verschiedenen kulturellen Kontexten wie auch unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen herleiten: Staatsrechtler, Soziologen, Kulturanthropologen, Politikwissenschaftler, Historiker, …. wer Halt in den Verfassungstexten sucht, der wird im Prozess der Interpretation angesichts dieser großen Vielfalt an Meinungen schnell zum Stillstand kommen: Was ist es denn nun, was eine ‚Demokratie‘ auszeichnet?

Hier, im oksimo.org Blog geht es zudem nicht um die alles umfassende Theorie, sondern um die Frage, ob und wie das oksimo Paradigma einen Beitrag dazu leisten kann, dass das, was ‚Demokratie‘ genannt wird, konstruktiv unterstützt wird. Also, wir wollen uns nicht unbedingt mit dem ‚ganz Großen und Ganzen‘ beschäftigen, andererseits brauchen wir eine begriffliche Fassung, die von den meisten als das akzeptiert wird, was ‚wir‘ (= wer genau? Die Welt? Europa? Deutschland? Wer in Deutschland? …) unter ‚Demokratie‘ verstehen wollen.

Um die Diskussion im Beginnen ‚anfassbar‘ zu machen, soll der Phänomenbereich auf Deutschland und die aktuelle Deutsche Verfassung eingegrenzt werden. Möglicherweise ist diese nicht ideal, aber das ist die, die wir zur Zeit haben, und ob sie ideal oder nicht ideal ist, kann man nur sagen, wenn man sowohl die aktuelle Verfassung kennt als auch mögliche Alternativen, die man dann vergleichend abwägen kann.

Im Folgenden sollen in loser Folge Themen, Problemstellungen, Sichten genannt werden, die alle irgendwie mit dem Konzept und der Idee von Deutschland als Demokratie zu tun haben, anhand deren man versuchen kann, schrittweise eine gemeinsame Meinung zu entwickeln.

OFFENE THEMENLISTE [1]

  • ‚Gehacktes Parlament‘: Ein Parlament gilt als gehackt [2], wenn die gewählten Abgeordneten ihre Autonomie dazu benutzen, die Interessen vorwiegend — oder ausschließlich — in den Dienst von ganz von speziellen Interessengruppen zu stellen, gegen die Interessen der Allgemeinheit und gegen den Geist einer nachhaltigen Politik.
  • ‚Gehackte Finanzwirtschaft‘: die Finanzwirtschaft ist ursprünglich ein Teil der sogenannten ‚Realwirtschaft‘. Wenn sich eine Finanzwirtschaft regulativ immer mehr von der Realwirtschaft und einer demokratischen Kontrolle abgekoppelt hat, dann kann sie ganze Volkswirtschaften — oder gar die Weltwirtschaft — so massiv beeinflussen, dass die Realwirtschaft und die Politik eines Landes zum bloßen Spielball dieser Interessen werden.
  • ‚Gehackte Infrastrukturen‘: Es gibt wichtige Strukturen, die dem Erhalt und dem Wohlergehen einer ganzen Gesellschaft dienen (Wasser, Energie, Wohnen, Landwirtschaft, Gesundheit, Verkehr, …). Wenn die Erhaltung und der Betrieb dieser Infrastrukturen von staatlichen Behörden an private Betreiber ohne wirkliche Qualitätskontrolle abgegeben werden, dann degenerieren diese Leistungen dauerhaft und können eine Gesellschaft von innen zerstören.
  • ‚Erstarrtes Bildungssystem‘: in einer sich dynamisch verändernden Welt mit einer immer stärker ausdifferenzierten Wirtschaft und immer stärkeren Einwirkungen des Menschen auf das System Erde und sein Biom kommt dem Wissen in den Köpfen der Menschen eine strategische Schlüsselrolle zu: wenn eine Bevölkerung sich selbst, ihr eigenes System und ihre Umwelt nicht mehr hinreichend versteht, dann zerstört sich das System von selbst. Wenn die Kulturtechniken, die dazu beitragen sollen, dass ein hinreichend angemessenes Wissen in allen Köpfen verfügbar ist, für diese Aufgabe nicht mehr geeignet erscheinen, dann ist das Bildungssystem erstarrt und damit eine große Gefahr für eine nachhaltige Zukunft.
  • ‚Erstarrte Verwaltungen‘: Verwaltungen sind dazu da, dass das politische System seine politischen Zielvorgaben in einer komplexen Gesellschaft so umsetzen kann, dass die Ziele optimal zur Wirkung kommen. Wenn Verwaltungen aufgrund ihrer ‚Beschaffenheit‘ dazu wenig oder gar immer weniger in der Lage sind, dann bedrohen sie direkt den Fortbestand der Gesellschaft.
  • ‚Entfremdete Macht‘: Für alle gesellschaftliche Prozesse in einer ‚Demokratie ist es wichtig, dass die gemeinsam vereinbarten Ziele angemessen verwirklicht werden (dazu gehören auch Auffassungen von Menschenrechten, die hinreichend gewahrt sein sollen). Dazu bedarf es einer demokratisch legitimierte Macht. Wenn eine Macht nicht demokratisch legitimiert ist — entweder weil das demokratische System in sich gestört ist oder weil sie direkt von speziellen Interessengruppen gespeist wird — es meintendann können allgemeine und nachhaltige Ziele sehr schnell überlagert werden von speziellen Zielen, die nur einigen Menschen dienen und/ oder die nicht besonders nachhaltig sind.
  • ‚Zersplitterte Öffentlichkeit‘: Eine Demokratie benötigt für eine qualitativ gute Meinungsbildung eine funktionierende Öffentlichkeit, in der hinreichend viele tragfähige Meinungen und Erkenntnisse für prinzipiell alle in verständlicher Form verfügbar sind. Falls nicht, kann sich in einer Demokratie kein wirklich qualitativ guter Konsens ausbilden.
  • ‚Herausfiltern von Qualität‘: In allen Bereichen der Gesellschaft, ganz speziell in der Politik, braucht es auf allen Ebenen Gremien, die Ziele zusammenführen und in nachhaltige Prozesse umformen. Damit solche Prozesse eine hinreichende Qualität besitzen, bedarf es hinreichend vieler Kompetenzen in solchen Gremien. Wenn solche Gremien tendenziell Kompetenzen ausklammern, Diversität klein halten, dann kann sich dies unmittelbar auch auf die Qualität auswirken; sie wird dann immer schlechter.
  • ‚Der ausgesperrte Bürger‘: In der deutschen Demokratie hat die Verfassung das Instrument der politischen Parteien eingeführt, damit die Vielfalt der Erfahrungen und Meinungen der Bürger sich über politischen Parteien eine Stimme verschaffen kann, die dann in Gestalt von gewählten Abgeordneten in die Parlamente getragen werden. Wenn nun eine politische Partei sich aber nur als ‚Wahlverein‘ für Abgeordnete versteht, die dann als Gewählte ‚abgekoppelt von den Bürgern‘ ihre privaten Interessen verwirklichen, dann ist der Bürger real von dem politischen Geschehen ausgeschlossen. Es gibt keine weitere von der Verfassung unterstütze Möglichkeit, sich als Bürger substantiell Gehör zu verschaffen. Wenn man bedenkt, dass z.B. die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ca. 0,0008% der Erfahrungen vertreten, die in der Gesamtheit der Bürger verfügbar ist, dann ist die weitgehende Ausklammerung der Bürger rein Wissenstechnisch sehr fraglich; der ‚Geist einer Demokratie‘ verlangt möglicherweise radikal andere Konzepte.

DISKURS -Fallweise

Es folgen hier in loser Folge Besprechungen von Artikeln, die das Thema im Sinne von oksimo beleuchten können. Das Format dieser Besprechungen kann eher ‚einfach‘ sein oder ’sehr anspruchsvoll’…

  1. Anmerkungen zu Wolfgang Schäuble „Das Prinzip der Repräsentation“ (Letzte Änderung 3.Juli 2021)
  2. Wie belastbar ist die Demokratie – Vorländer, FAZ, 9.Aug.2021, S.6 (Letzte Änderung: 12.Aug 2021; mit Herausarbeitung der speziellen oksimo Perspektive)
  3. OKSIMO PARADIGMA und DEMOKRATIE – Das V-dem Forschungsinstitut für Demokratie (Letzte Änderung: 28.August 2021)
  4. SUSTAINABLE DEMOCRACIES (Letzte Änderung: 23.Sept. 2021) /* In dem korrespondierenden Blog uffmm.org gibt es einen Beitrag vom 28.August 2021, der einen Zusammenhang skizziert zwischen der Idee von ’nachhaltigen Demokratien‘ (’sustainable democracies‘) und dem oksimo Paradigma. */
  5. BEDROHUNG VON DEMOKRATIEN DURCH MENTALEN VIRUS (Letzte Änderung: 14.Okt.2021)

ANMERKUNGEN

[1] Diese Liste enthält — noch nicht — Tatsachenbehauptungen, wie einzelne Leser zu verstehen meinten, sondern enthält Kurzbeschreibung von Phänomenen, die im Kontext von einer Demokratie wie Deutschland auftreten können. Falls sie auftreten, ist dies für die Demokratie mehr oder weniger schädlich. Allerdings kann der Autor dieses Textes sagen, dass er zu all diesen Phänomenen jeweils mindestens eine, meistens sogar mehrere, Dokumentationen gelesen hat, wodurch er überhaupt erst auf die Idee kam, diese Phänomene anzusprechen. Es wird Teil der weiteren Arbeit sein, diese Dokumentationen nach und nach einzuarbeiten. Zur Erinnerung: es geht hier nicht um Schwarzmalerei als solche oder ungute Stimmungsmache oder dergleichen sondern darum, dass sich Bürger aufgrund klarer Erkenntnisse von Fehlfunktionen in die Lage versetzen können, durch ihr Handeln den Fortbestand der Demokratie zu sichern bzw. die gemeinsame Demokratie dadurch vielleicht sogar zu verbessern. Ohne ausreichend gebildete und engagierte Bürger kann es keine Demokratie geben.

[2] Die Eigenschaft ‚gehackt‚ kommt ursprünglich aus dem Bereich der Computer-Software. Computer-Software besteht aus Unmengen von Befehlen, die mit Daten operieren können. Im Normalfall soll ein Computerprogramm ganz bestimmte Aufgaben erfüllen. Ein ‚Missbrauch‘ von Computerprogrammen kann in mehrfacher Form vorliegen:

  1. Der Einsatz eines Programms wird von anderen Personen mit beeinflusst, die dazu nicht vorgesehene sind; sie nutzen das Programm dann für ihre eigenen Zwecke. Solche Personen kann man allgemein als ‚Hacker‘ bezeichnen. Sie durchbrechen einen intendierten Verwendungszusammenhang.
  2. Hacker können such aber auch Zugang zum Programmcode selbst verschaffen und dort die Anordnung der Befehle und Daten abändern. Das kann dann bewirken, dass das Programm dann ‚äußerlich‘ noch so arbeitet, wie gedacht, aber im einzelnen Dinge bewirkt, die so nicht vorgesehene waren.

Wenn man Gesellschaft im allgemeinen und Kultur speziell als ein System von Regeln versteht, dann liegt es nahe, den Begriff des ‚Hackens‘ auch auf diese Regelsysteme zu übertragen. Einer, der dies ausgiebig gemacht hat, ist Bruce Schneier. Auf einer RSA Konferenz im Jahr 2020 hat er einen interessanten Vortrag gehalten zum Thema ‚Hacking Society‚. Anhand konkreter Beispiele zeigt er, wie man soziale (auch kulturelle) Systeme ‚hacken‘ kann. Ein prominentes Beispiel in seinem Vortrag ist das Finanzsystem, das von unterschiedlichen Gruppierungen ‚gehackt‘ wurde und damit seiner eigentlichen Bestimmung entfremdet wird. In diesem erweiterten Sinne wird der Begriff ‚gehackt‘ in der hier vorliegenden Verfassung benutzt.

[3] Bruce Schneier: https://www.schneier.com

[4] Bruce Schneier, 2020, RSA Konferenz, Hacking Society: https://www.youtube.com/watch?v=NVGtfVj_9Y0