Archiv der Kategorie: Bürgerbeteiligung

Demokratie auf kommunaler Ebene. Erste Annäherung

(Letzte Änderung: 2.Okt. 2024)

Autor: Gerd Doeben-Henisch im Dialog mit chatGPT4

Kontakt: info@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text gehört zum Thema DEMOKRATIE.

ÜBERBLICK

Diesen Text kann man als Fortsetzung des vorausgehenden Beitrags sehen. Nach grundsätzlichen Überlegungen zur Rolle eines Abgeordneten in einer repräsentativen Demokratie wie der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland, geht es jetzt um die Frage nach der ‚Demokratie vor Ort‘, nach dem Konzept einer Demokratie im kommunalen Bereich, hier am Beispiel einer konkreten Gemeinde.

Nach einer Übersicht über die verschiedenen ‚Akteure‘ in einer Kommune wird auch der Punkt der ‚Wissensverarbeitung‘ gegen Ende angesprochen. Dies lässt erkennen, dass alle Kommunen hier ein echtes Problem haben, das sich eher verstärkt als vermindert.

Protokoll des Dialogs mit chatGPT4o

FRAGENDER

Hallo Chat, weißt Du auch etwas über die Verfassung in Hessen?

CHAT

Ja, ich kann dir Informationen über die Verfassung von Hessen geben.

Die Verfassung des Landes Hessen wurde am 1. Dezember 1946 durch eine Volksabstimmung angenommen. Sie gilt als eine der ältesten Verfassungen in Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Kraft traten. Sie regelt die Grundzüge der politischen Ordnung in Hessen und ist in mehreren Kapiteln unterteilt. Hier sind einige wichtige Punkte:

  1. Grundrechte und Staatsziele: Die hessische Verfassung enthält einen umfassenden Katalog an Grundrechten, ähnlich wie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören das Recht auf Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, und das Recht auf Eigentum. Ein besonderes Merkmal ist, dass die hessische Verfassung auch eine „Sozialisierung“ von Unternehmen unter bestimmten Bedingungen vorsieht. Dieser Passus ist allerdings nie in der Praxis umgesetzt worden.
  2. Aufbau des Staatswesens: Hessen ist ein parlamentarisches Bundesland mit einem Landtag, der die gesetzgebende Gewalt innehat. Der Landtag wird in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt. Der Ministerpräsident ist der Regierungschef, der vom Landtag gewählt wird, und er leitet die Exekutive.
  3. Direkte Demokratie: Ein weiteres Merkmal der hessischen Verfassung ist die Möglichkeit der direkten Demokratie. Volksbegehren und Volksentscheide sind rechtlich verankert und bieten den Bürgern die Möglichkeit, sich direkt an der Gesetzgebung zu beteiligen. Diese Instrumente wurden jedoch im Vergleich zu anderen Bundesländern seltener genutzt.
  4. Verfassungsreform: In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Diskussionen über Reformen der hessischen Verfassung. Eine umfassende Reform fand 2018 statt, bei der eine Reihe von Änderungen eingeführt wurden. Dazu gehörte die Abschaffung der Todesstrafe, die zwar in der hessischen Verfassung theoretisch noch existierte, aber seit der Gründung der Bundesrepublik durch das Grundgesetz und die Bundesverfassung in der Praxis keine Anwendung mehr fand. Weitere Reformen betrafen die Modernisierung des Grundrechtekatalogs und die Förderung des Ehrenamts.

FRAGENDER

Wie verhält sich die Verfassung des Landes Hessen zum Grundgesetz der Bundesrepublik?

CHAT

Die Verfassung des Landes Hessen verhält sich in einem hierarchischen Verhältnis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Das Grundgesetz ist die oberste Rechtsnorm in Deutschland und hat Vorrang vor den Landesverfassungen. Dieses Prinzip wird im Grundgesetz selbst verankert, insbesondere in Artikel 31, der lautet: „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Das bedeutet, dass im Falle eines Widerspruchs zwischen einer Landesverfassung und dem Grundgesetz das Grundgesetz Vorrang hat.

Einige wesentliche Punkte, wie sich die hessische Verfassung zum Grundgesetz verhält:

  1. Vorrang des Grundgesetzes: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht an der Spitze der Hierarchie des deutschen Rechts. Die Landesverfassungen, einschließlich der Verfassung von Hessen, müssen mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Wenn ein Landesgesetz oder eine Bestimmung in einer Landesverfassung dem Grundgesetz widerspricht, ist sie ungültig. Ein Beispiel dafür ist die Todesstrafe, die in der hessischen Verfassung bis 2018 theoretisch noch vorgesehen war, aber durch Artikel 102 des Grundgesetzes („Die Todesstrafe ist abgeschafft“) aufgehoben wurde. Obwohl die Klausel in der hessischen Verfassung bestand, durfte sie nicht angewendet werden, da das Grundgesetz Vorrang hatte.
  2. Koexistenz und Ergänzung: Während das Grundgesetz den rechtlichen Rahmen für das gesamte Bundesgebiet vorgibt, regeln die Landesverfassungen die spezifischen Belange der jeweiligen Bundesländer, solange sie nicht in Konflikt mit dem Grundgesetz stehen. Die hessische Verfassung enthält daher viele Bestimmungen, die das politische und gesellschaftliche Leben in Hessen betreffen, wie die Struktur des Landtags, die Regelung der Landesregierung und lokale Grundrechte, die im Einklang mit dem Grundgesetz stehen müssen.
  3. Föderales System: Deutschland ist ein föderaler Staat, was bedeutet, dass die Bundesländer wie Hessen eine eigene Gesetzgebungskompetenz in bestimmten Bereichen haben. Das Grundgesetz legt den Rahmen für die föderale Ordnung fest, während die Landesverfassungen die Ausgestaltung der politischen Institutionen und Verfahren innerhalb der Bundesländer bestimmen. Hessen hat beispielsweise ein eigenes Parlament (den Landtag), eine eigene Regierung und eigene Gerichte, deren Zuständigkeiten und Funktionsweisen in der hessischen Verfassung geregelt sind.
  4. Grundrechte: Die hessische Verfassung enthält, wie das Grundgesetz, einen Katalog von Grundrechten, der weitgehend mit dem des Grundgesetzes übereinstimmt. Es dürfen aber keine Grundrechte in der Landesverfassung enthalten sein, die den im Grundgesetz verankerten Rechten widersprechen oder diese beschränken. Grundrechte, die im Grundgesetz garantiert sind, sind auch für die hessischen Staatsbürger unantastbar.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die hessische Verfassung das Grundgesetz nicht ersetzen oder ihm widersprechen darf, sondern ergänzend und spezifisch für Hessen gilt. In Fragen, bei denen es eine Konfliktlage zwischen Landesrecht und Bundesrecht gibt, wird das Grundgesetz als höherwertig angesehen und ist letztlich maßgeblich.

FRAGENDER

Heißt dies, dass die Rolle von politischen Parteien in Hessen den gleichen Regeln unterliegen wie die politischen Parteien auf Bundesebene?

CHAT

Ja, die Rolle politischer Parteien in Hessen unterliegt grundsätzlich den gleichen Regeln wie auf Bundesebene, da die Bestimmungen des Grundgesetzes für das gesamte deutsche Staatswesen verbindlich sind, einschließlich der Regelungen zu politischen Parteien. Insbesondere Artikel 21 des Grundgesetzes regelt die Rolle und Bedeutung politischer Parteien in Deutschland, und diese Bestimmungen gelten auch für die Bundesländer, einschließlich Hessen. Es gibt jedoch einige Punkte, die zu beachten sind:

1. Artikel 21 des Grundgesetzes:

Das Grundgesetz legt fest, dass politische Parteien einen besonderen verfassungsrechtlichen Status haben. Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit, und ihre interne Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Parteien sind also ein zentraler Bestandteil der demokratischen Ordnung in Deutschland, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Artikel 21 legt auch fest, dass Parteien öffentlich rechenschaftspflichtig sind, insbesondere im Hinblick auf ihre Finanzierung.

2. Parteiengesetz:

Ergänzend zu Artikel 21 des Grundgesetzes gibt es das Parteiengesetz, das für die Organisation und Arbeitsweise politischer Parteien maßgeblich ist. Dieses Gesetz gilt sowohl auf Bundesebene als auch in den Bundesländern. Es regelt unter anderem:

  • Die Gründung und Organisation politischer Parteien.
  • Die Finanzierung von Parteien (staatliche Parteienfinanzierung, Spenden, Transparenzpflichten).
  • Die Rechte und Pflichten von Parteien.

Parteien, die auf Landesebene in Hessen tätig sind, müssen sich also ebenfalls an die Bestimmungen des Parteiengesetzes halten.

3. Parteien auf Landesebene:

Politische Parteien sind in Deutschland in der Regel bundesweit organisiert, aber sie treten auf verschiedenen Ebenen an: Bundesebene, Landesebene (z. B. Hessen) und kommunale Ebene. Die hessische Verfassung und das hessische Wahlgesetz regeln die Details für Landtagswahlen und die Beteiligung der Parteien auf Landesebene. Diese Regelungen ergänzen das Grundgesetz und das Parteiengesetz, setzen aber keine eigenen abweichenden Regeln für die Rolle der Parteien fest, die den bundesweiten Vorgaben widersprechen könnten.

4. Landesverfassung und Parteien:

Die hessische Verfassung enthält ebenfalls Bestimmungen über die Rolle der politischen Parteien, die jedoch im Wesentlichen die bundesweiten Regelungen widerspiegeln. Die Parteien sind auch auf Landesebene dazu verpflichtet, demokratische Grundsätze zu achten und an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Sie nehmen an Landtagswahlen teil und stellen Kandidaten für öffentliche Ämter in Hessen auf. Auch auf kommunaler Ebene in Hessen spielen politische Parteien eine wichtige Rolle, wobei dies durch das hessische Kommunalwahlrecht und die Landesgesetze genauer geregelt wird.

5. Unterschiede zwischen Bundes- und Landesebene:

Während die allgemeinen Regeln für politische Parteien auf Bundes- und Landesebene gleich sind, gibt es Unterschiede in den Aufgaben und Schwerpunkten der Parteien je nach Ebene. Auf Landesebene konzentrieren sich Parteien auf Themen und Gesetze, die in die Zuständigkeit der Länder fallen (wie Bildung, Polizei, Kultur, und Teile der Wirtschafts- und Umweltpolitik). Die internen Regeln und das Programm der Parteien können spezifisch für Hessen angepasst werden, aber diese Anpassungen müssen immer im Rahmen des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes bleiben.

Fazit:

Die Rolle politischer Parteien in Hessen unterliegt also den gleichen grundlegenden Regeln wie auf Bundesebene, da das Grundgesetz und das Parteiengesetz für alle Parteien in Deutschland gelten. Auf Landesebene wie in Hessen gibt es jedoch spezifische Regelungen für die Beteiligung der Parteien an den Landtagswahlen und die Mitwirkung an der politischen Willensbildung, die im Einklang mit den übergeordneten bundesrechtlichen Regelungen stehen.

FRAGENDER

In einem vorausgehenden Dialog hatten wir beide über die Rolle der ‚gewählten Vertreter‘ (der Abgeordneten) diskutiert. Die entscheidende Idee war hier das Prinzip einer ‚repräsentativen Demokratie‘. Kannst Du Dich noch erinnern?

CHAT

Ja, ich erinnere mich an unsere Diskussion über die Rolle der gewählten Vertreter (Abgeordneten) in einer repräsentativen Demokratie. Wir hatten einige wesentliche Punkte erörtert:

  1. Kandidaten und Wahlprogramme: Ein Kandidat wirbt in einer Wahlkampagne um die Stimmen der Wähler, typischerweise mit einem Wahlprogramm, das bestimmte politische Ziele und Versprechen enthält. Diese Programme dienen als Orientierung für die Wähler, sind aber nach der Wahl nicht rechtlich bindend.
  2. Gewählte Vertreter und Gewissensfreiheit: Sobald ein Kandidat gewählt ist, ist er nach den Prinzipien der repräsentativen Demokratie nur noch seinem „Gewissen“ und dem „Wohl des Volkes“ verpflichtet. Dies bedeutet, dass die Abgeordneten nicht an ihre Wahlversprechen gebunden sind, sondern Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen sollen.
  3. Vage Begriffe: Die Begriffe „Gewissen“ und „Wohl des Volkes“ sind dabei recht vage und nicht klar definiert. Es wird angenommen, dass ein Abgeordneter diese Prinzipien verinnerlicht hat, aber es gibt keine objektive Methode, die Angemessenheit dieser inneren Überzeugungen zu testen oder zu überprüfen.
  4. Gesetzliches Verhalten: Obwohl die subjektiven Überzeugungen der Abgeordneten nicht direkt überprüfbar sind, können sie in einer Demokratie auf der Basis ihrer gesetzlichen Pflichten und des Verhaltens gemäß den demokratisch vereinbarten Regeln bewertet werden. Das Verhalten von Abgeordneten kann auf der Grundlage der bestehenden Gesetze und Regelungen überprüft werden, und Verstöße gegen diese können sanktioniert werden.
  5. Verbindlichkeit der Gesetze: Wir hatten auch besprochen, dass das Verhalten von Abgeordneten letztlich nur auf der Grundlage der Gesetze und Verordnungen bewertet werden kann, die demokratisch festgelegt wurden. In einer repräsentativen Demokratie kommt es also darauf an, dass die Abgeordneten nicht nur nach ihrem Gewissen handeln, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten, die von der gesamten Gesellschaft akzeptiert wurden.

Möchtest du auf dieser Grundlage die Diskussion weiterführen oder spezifischere Fragen zu diesem Thema stellen?

FRAGENDER

Zunächst mal möchte ich sagen, dass ich deine Fähigkeit, vorausgehende Dialoge zu erinnern und zugleich zusammen zu fassen, als sehr hilfreich empfinde!!!

CHAT

Vielen Dank für dein positives Feedback! Es freut mich sehr, dass du meine Fähigkeit zur Zusammenfassung und Erinnerung als hilfreich empfindest. Das macht unsere Gespräche noch produktiver. Wenn du weitere Gedanken oder Fragen zu unserer bisherigen Diskussion hast, oder ein neues Thema aufgreifen möchtest, stehe ich jederzeit zur Verfügung!

FRAGENDER

Wenn wir jetzt die verschiedenen Ebenen Bund, Land und Kommunen unterscheiden: Gibt es für gewählte Vertreter in einer Kommune irgendwelche Besonderheiten, gegenüber der Ebene Land oder Bund?

CHAT

Ja, es gibt einige wesentliche Besonderheiten für gewählte Vertreter auf kommunaler Ebene im Vergleich zu den Ebenen Land und Bund. Diese Unterschiede betreffen sowohl die Aufgaben und Verantwortlichkeiten als auch die Art und Weise, wie die kommunalen Vertreter gewählt werden und arbeiten. Hier sind einige der wichtigsten Unterschiede:

1. Aufgaben und Zuständigkeiten:

  • Bundesebene: Die Vertreter im Bundestag befassen sich mit Gesetzgebung und politischen Entscheidungen, die das gesamte Land betreffen. Ihre Zuständigkeit umfasst nationale und internationale Angelegenheiten wie Außenpolitik, Verteidigung, Steuern, Sozialpolitik und Wirtschaft.
  • Landesebene: Auf Landesebene sind die gewählten Vertreter (Landtagsabgeordnete) für regionale Themen zuständig, die in den Aufgabenbereich der Länder fallen, wie Bildung, Polizei, Kultur, teilweise Umweltpolitik und Verwaltungsrecht.
  • Kommunale Ebene: In den Kommunen (Städte, Gemeinden, Landkreise) konzentrieren sich die gewählten Vertreter auf sehr konkrete, lokale Themen. Dazu gehören unter anderem:
    • Stadtplanung und Bauwesen
    • Schulangelegenheiten (z. B. Bau und Instandhaltung von Schulen)
    • Öffentliche Infrastruktur (Straßen, Abwasser, Parks)
    • Örtliche Verkehrspolitik
    • Müllabfuhr und Abfallmanagement
    • Lokale Sicherheitsfragen (zum Beispiel über die kommunale Polizei oder Ordnungsämter)
    • Kulturelle Angebote und Sporteinrichtungen.

2. Art der Vertretung und Wahl:

  • Bund und Land: In Deutschland gibt es sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ein repräsentatives System. Die Abgeordneten im Bundestag und in den Landtagen werden durch allgemeine, direkte Wahlen gewählt. Sie agieren im Rahmen eines parteipolitischen Systems und arbeiten in einem relativ formalisierten Rahmen, der durch Parteien und Fraktionen geprägt ist.
  • Kommunalebene: Auf kommunaler Ebene gibt es oft direktere Formen der Bürgerbeteiligung und Vertretung. Die kommunalen Vertreter (Stadtverordnete, Gemeinderatsmitglieder) werden in den meisten Fällen ebenfalls in allgemeinen Wahlen gewählt. Besonders in kleineren Gemeinden sind die politischen Strukturen weniger stark von Parteipolitik geprägt. Oft gibt es unabhängige Wählervereinigungen, die spezifisch für die Gemeinde arbeiten, und in vielen Fällen haben einzelne Ratsmitglieder engere Verbindungen zur lokalen Bevölkerung.
    • Auch gibt es auf kommunaler Ebene häufig eine direkte Wahl des Bürgermeisters. Der Bürgermeister ist oft eine zentrale Figur in der Kommunalpolitik, und seine Rolle unterscheidet sich von der des Ministerpräsidenten auf Landesebene oder des Bundeskanzlers. Ein Bürgermeister ist nicht nur ein politischer Führer, sondern auch der Verwaltungschef der Kommune.

3. Unabhängigkeit und Nähe zur Bevölkerung:

  • Bund und Land: Auf diesen Ebenen haben die gewählten Vertreter eine größere Distanz zur Bevölkerung, da sie überregionale und oft abstraktere politische Themen behandeln. Sie arbeiten in großen Parlamenten und unterliegen oft einem stärkeren Fraktionszwang.
  • Kommunen: Kommunale Vertreter sind in der Regel viel näher an den Bürgern. Ihre Arbeit bezieht sich direkt auf das tägliche Leben der Einwohner, und sie sind oft leichter erreichbar und ansprechbar. Kommunalpolitiker haben in der Regel direkten Kontakt zu den Bürgern ihrer Gemeinde und müssen sich mit deren konkreten Problemen und Wünschen auseinandersetzen. Entscheidungen, die auf kommunaler Ebene getroffen werden, haben oft einen unmittelbaren Einfluss auf die Lebensqualität der Bürger.

4. Weniger Fraktionszwang:

  • Auf Bundes- und Landesebene spielen politische Parteien und der Fraktionszwang (die Verpflichtung, im Sinne der Partei zu stimmen) eine größere Rolle.
  • Auf der kommunalen Ebene ist der Fraktionszwang in vielen Fällen geringer. Gerade in kleineren Gemeinden arbeiten die Mitglieder des Gemeinderats oft parteiübergreifend zusammen, da die Probleme auf lokaler Ebene oft pragmatischer und weniger ideologisch sind. Es gibt in den Gemeinderäten oft mehr Raum für individuelle Entscheidungen der gewählten Vertreter.

5. Finanzierung und ehrenamtliche Tätigkeit:

  • Bund und Land: Auf Bundes- und Landesebene sind die Abgeordneten in der Regel hauptberuflich tätig. Sie erhalten ein festes Gehalt (Diäten) und haben oft umfangreiche personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung, um ihre politische Arbeit zu unterstützen.
  • Kommunen: In vielen Fällen sind kommunale Mandatsträger ehrenamtlich tätig. Sie erhalten für ihre Arbeit nur eine Aufwandsentschädigung und müssen diese Tätigkeit oft neben einem Hauptberuf ausüben. Dies führt dazu, dass die Zeit und die Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen, deutlich begrenzter sind als bei Abgeordneten auf Landes- oder Bundesebene.

Fazit:

Die wichtigsten Unterschiede zwischen gewählten Vertretern auf kommunaler Ebene und denen auf Landes- und Bundesebene betreffen die Art der Aufgaben, die Nähe zur Bevölkerung, den Fraktionszwang, die Finanzierung und die Frage, ob sie haupt- oder ehrenamtlich tätig sind. Auf kommunaler Ebene steht der direkte Kontakt zur Bevölkerung im Vordergrund, und die Themen sind oft konkreter und weniger ideologisch.

FRAGENDER

Gibt es für die Zukunftsplanung einer Gemeinde spezielle Vorgaben?

CHAT

Rahmen für die langfristige Entwicklung und Gestaltung der Kommune festlegen. Diese Vorgaben sind meist rechtlich verankert und dienen dazu, eine geordnete, nachhaltige und ausgewogene Entwicklung zu gewährleisten. Hier sind einige der wichtigsten Aspekte und Instrumente, die für die Zukunftsplanung einer Gemeinde relevant sind:

1. Kommunale Bauleitplanung (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan):

Die kommunale Bauleitplanung ist eines der zentralen Instrumente für die langfristige Planung und Entwicklung einer Gemeinde. Sie besteht aus zwei Ebenen:

  • Flächennutzungsplan (FNP): Der Flächennutzungsplan ist ein vorbereitender Plan, der das gesamte Gemeindegebiet abdeckt und eine Übersicht über die beabsichtigte Nutzung der Flächen in den nächsten Jahren gibt. Er legt fest, welche Flächen für Wohnen, Gewerbe, Landwirtschaft, Verkehr, Grünflächen oder öffentliche Einrichtungen vorgesehen sind. Der Flächennutzungsplan dient als Grundlage für die weitere Entwicklung der Gemeinde und gibt den Rahmen vor, innerhalb dessen detailliertere Planungen stattfinden.
  • Bebauungsplan (B-Plan): Der Bebauungsplan ist der verbindliche Plan auf der untergeordneten Ebene. Er regelt die konkrete Nutzung von Grundstücken in einem kleineren Teilbereich der Gemeinde und legt fest, wie genau gebaut werden darf (z. B. Anzahl der Geschosse, Gebäudehöhe, Bebauungsdichte). Er ist für Bürger und Investoren verbindlich und stellt sicher, dass die Planung geordnet erfolgt.

2. Regionalplanung:

Neben der kommunalen Planungsebene gibt es auch die Regionalplanung, die übergeordnete Ziele für die räumliche Entwicklung in einer Region festlegt, zu der eine Gemeinde gehört. Diese Ziele werden von den jeweiligen regionalen Planungsbehörden festgelegt und sind für die Gemeinde bindend. Sie betreffen oft Themen wie die Verkehrserschließung, Naturschutz, Siedlungsstrukturen und wirtschaftliche Entwicklung.

3. Gesetze und Richtlinien auf Landes- und Bundesebene:

  • Die Planung der Gemeinde muss im Einklang mit übergeordneten Gesetzen stehen, wie dem Baugesetzbuch (BauGB) auf Bundesebene. Dieses regelt die Grundlagen der Bauleitplanung und legt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Städten und Gemeinden fest.
  • Auf Landesebene gibt es ergänzende Landesplanungsgesetze, die weitere Vorgaben für die Kommunen beinhalten, wie die Berücksichtigung von Umweltschutz, Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung.

4. Klimaschutz und Nachhaltigkeit:

Immer mehr Gemeinden integrieren in ihre Zukunftsplanung spezielle Vorgaben für den Klimaschutz und die nachhaltige Entwicklung. Diese Maßnahmen sind oft sowohl in Landesvorgaben als auch in kommunalen Entwicklungsstrategien verankert. In vielen Fällen legen Gemeinden konkrete Ziele für die Reduktion von CO₂-Emissionen, die Förderung erneuerbarer Energien, die Verringerung des Energieverbrauchs und den Ausbau von Grünflächen fest. Hierbei spielt der Klimaschutzplan eine zentrale Rolle.

5. Integrierte Stadtentwicklungsplanung (ISEK):

Viele Städte und Gemeinden entwickeln ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das als strategischer Plan für die langfristige Entwicklung der Gemeinde dient. In einem ISEK werden verschiedene Bereiche der Gemeindeentwicklung wie Wirtschaft, Wohnungsbau, Verkehr, Umweltschutz, soziale Infrastruktur und Kultur in einer Gesamtstrategie zusammengeführt. Dieser Prozess ist in der Regel partizipativ, das heißt, Bürger, Unternehmen und andere lokale Akteure werden in die Planung mit einbezogen.

6. Finanzplanung und Haushaltsrecht:

Die Zukunftsplanung einer Gemeinde ist auch eng mit der Finanzplanung verbunden. Jede Kommune muss im Rahmen ihres Haushaltsplans sicherstellen, dass ihre langfristigen Investitionen und Projekte finanziell tragfähig sind. Das Haushaltsrecht gibt hier klare Vorgaben, wie finanzielle Mittel verwendet und wie Investitionen langfristig geplant werden dürfen. Kommunen müssen in der Regel einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und dürfen sich nur in begrenztem Maße verschulden, was die langfristige Planung beeinflusst.

7. Bürgerbeteiligung:

In der kommunalen Zukunftsplanung ist die Bürgerbeteiligung ein immer wichtigeres Element. Viele Gemeinden führen bei größeren Projekten oder langfristigen Planungen Bürgerforen, Bürgerbefragungen oder Bürgerentscheide durch. Das Ziel ist es, die Bevölkerung frühzeitig in die Planungsprozesse einzubeziehen und sicherzustellen, dass die Planungen die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger berücksichtigen.

8. Spezifische Entwicklungsziele:

Jede Gemeinde kann im Rahmen ihrer Zukunftsplanung spezifische Entwicklungsziele definieren, die auf ihre individuellen Herausforderungen und Potenziale zugeschnitten sind. Dies können beispielsweise folgende Ziele sein:

  • Förderung von Wirtschaftsansiedlungen, um Arbeitsplätze zu schaffen.
  • Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
  • Verbesserung der Verkehrsanbindung und des öffentlichen Nahverkehrs.
  • Stärkung des Tourismus oder der Kulturangebote.
  • Ausbau von Bildungseinrichtungen oder Kinderbetreuungsangeboten.

9. Demografische Entwicklung:

Die demografische Entwicklung ist ein zentraler Aspekt der kommunalen Zukunftsplanung. Gemeinden müssen den Bevölkerungsrückgang, Wachstum oder Wandel der Altersstruktur in ihre Planung einbeziehen. Dies hat Auswirkungen auf die Planung von Schulen, Altersheimen, öffentlicher Infrastruktur und Wohnungsbau.

Fazit:

Die Zukunftsplanung einer Gemeinde unterliegt also einer Vielzahl von Vorgaben und rechtlichen Rahmenbedingungen, die sicherstellen sollen, dass die Entwicklung geordnet, nachhaltig und den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst erfolgt. Dabei spielen Bauleitplanung, Bürgerbeteiligung, Klimaschutz und die Finanzplanung eine zentrale Rolle. Gemeinden haben zwar Spielräume in der Gestaltung ihrer Zukunft, müssen sich aber stets an übergeordnete Gesetze und Planungsrichtlinien halten.

FRAGENDER

Wie kann man die Rolle der Gemeindevertreter in einer Kommune umschreiben?

CHAT

Die Rolle der Gemeindevertreter in einer Kommune ist von zentraler Bedeutung für die lokale demokratische Ordnung und die Verwaltung des öffentlichen Lebens. Sie agieren als gewählte Repräsentanten der Bürger und sind für eine Vielzahl von Aufgaben und Entscheidungen verantwortlich, die das tägliche Leben in der Gemeinde betreffen. Hier sind einige wesentliche Aspekte, die die Rolle der Gemeindevertreter umschreiben:

1. Repräsentation der Bürgerinteressen:

Die Gemeindevertreter sind in erster Linie dafür verantwortlich, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger ihrer Gemeinde zu vertreten. Sie sind in der Regel über kommunale Wahlen gewählt und haben den Auftrag, die Anliegen der Bevölkerung im Rahmen der lokalen Politik und Verwaltung zu vertreten. Ihre Entscheidungen sollen das Wohl der Gemeinde und ihrer Einwohner fördern.

  • Sie haben einen direkten Draht zur Bevölkerung und sind oft in engem Kontakt mit den Bürgern, um deren Sorgen und Wünsche aufzunehmen und in die politischen Entscheidungsprozesse einzubringen.

2. Entscheidung über kommunale Angelegenheiten:

Die Gemeindevertretung ist das Hauptorgan der kommunalen Selbstverwaltung. Die gewählten Vertreter entscheiden über eine breite Palette von Themen, die das öffentliche Leben in der Gemeinde betreffen. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem:

  • Beschlussfassung über den Haushaltsplan der Gemeinde (Finanzplanung, Steuern, Ausgaben).
  • Planung und Genehmigung von Bauprojekten, Infrastrukturausbau, und städtischen Entwicklungen.
  • Verwaltung öffentlicher Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten, Parks, Bibliotheken, Sportstätten und Kultureinrichtungen.
  • Festlegung von kommunalen Gebühren und Abgaben, zum Beispiel für Müllentsorgung, Wasser- und Abwasserversorgung.

Die Gemeindevertreter treffen diese Entscheidungen in öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats oder Stadtrats und im Rahmen der kommunalen Ausschüsse.

3. Kontrolle der Verwaltung:

Eine weitere wichtige Aufgabe der Gemeindevertreter ist die Kontrolle der kommunalen Verwaltung. Sie überwachen die Umsetzung der Beschlüsse durch den Bürgermeister und die Verwaltung und stellen sicher, dass die Verwaltung im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und den Interessen der Bürger handelt.

  • Die Gemeindevertreter haben das Recht, Auskünfte von der Verwaltung zu verlangen und sind befugt, die Arbeit des Bürgermeisters und der Verwaltung kritisch zu hinterfragen.
  • Sie sorgen dafür, dass die Verwaltung transparent, effizient und im Interesse der Allgemeinheit arbeitet.

4. Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister:

In vielen Kommunen ist der Bürgermeister die zentrale Figur der Verwaltung, aber die Gemeindevertreter arbeiten eng mit ihm zusammen. In ihrer Rolle als gewählte Repräsentanten prüfen und genehmigen sie Vorschläge und Maßnahmen des Bürgermeisters. Während der Bürgermeister die Verwaltung leitet und oft für die Ausführung der Beschlüsse zuständig ist, kontrolliert die Gemeindevertretung seine Arbeit und sorgt für eine politische Balance.

5. Legislative Funktion auf kommunaler Ebene:

Die Gemeindevertretung hat eine legislative Funktion auf kommunaler Ebene. Sie erlässt Satzungen und Verordnungen, die das Leben in der Gemeinde regeln. Dazu gehören Vorschriften zu Themen wie Bauen, Umwelt, Verkehr und öffentlichen Dienstleistungen.

  • Diese Gesetze und Vorschriften müssen im Einklang mit übergeordneten Landes- und Bundesgesetzen stehen, aber die Gemeindevertreter haben einen gewissen Spielraum, um auf die speziellen Bedürfnisse ihrer Gemeinde einzugehen.

6. Förderung der Bürgerbeteiligung:

Die Gemeindevertreter sind oft dafür verantwortlich, die Bürger stärker in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Dies geschieht durch:

  • Bürgerforen, bei denen die Bevölkerung über aktuelle Projekte informiert wird und ihre Meinung äußern kann.
  • Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, bei denen die Bevölkerung direkt über bestimmte Projekte oder Anliegen abstimmen kann.
  • Transparente Kommunikation, um sicherzustellen, dass die Bürger über die Arbeit der Gemeindevertretung informiert sind und sich an politischen Prozessen beteiligen können.

Die Förderung der Bürgerbeteiligung stärkt die demokratische Legitimation und sorgt dafür, dass Entscheidungen stärker an den Bedürfnissen und Interessen der Einwohner orientiert sind.

7. Lokalpolitik gestalten und nachhaltige Entwicklung fördern:

Die Gemeindevertreter tragen die Verantwortung für die langfristige Entwicklung der Gemeinde. Dazu gehört die Planung und Umsetzung von Projekten, die das wirtschaftliche, soziale und ökologische Wohlergehen der Kommune fördern:

  • Sie entwickeln Strategien, um Arbeitsplätze zu schaffen, den Wohnungsbau zu fördern, und die lokale Wirtschaft zu unterstützen.
  • Sie setzen sich für den Umweltschutz und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen ein, z. B. durch Klimaschutzmaßnahmen, die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs oder den Ausbau erneuerbarer Energien.

Ihre Entscheidungen haben also nicht nur kurzfristige Auswirkungen, sondern sie gestalten die Gemeinde mit Blick auf zukünftige Generationen.

8. Interessenabwägung und Kompromissfindung:

Da die Gemeindevertreter oft unterschiedlichen Parteien oder politischen Gruppierungen angehören, spielt die Interessenabwägung und Kompromissfindung eine große Rolle. Sie müssen in der Lage sein, unterschiedliche Standpunkte zu berücksichtigen und tragfähige Lösungen zu finden, die dem Gemeinwohl dienen. Auf kommunaler Ebene sind politische Entscheidungen oft weniger ideologisch geprägt als auf Landes- oder Bundesebene, was pragmatische Lösungen erleichtern kann.

9. Ehrenamtlichkeit und Nähe zur Bevölkerung:

In vielen Fällen sind die Gemeindevertreter ehrenamtlich tätig. Dies bedeutet, dass sie ihre politischen Aufgaben neben ihrem regulären Beruf ausüben und oft stark in die Gemeinschaft eingebunden sind. Dadurch haben sie einen direkten Bezug zur Bevölkerung und ein besseres Verständnis für die alltäglichen Probleme und Bedürfnisse der Bürger.

  • Diese Nähe zur Bevölkerung macht die Rolle der Gemeindevertreter besonders wertvoll, da sie oft schneller auf lokale Anliegen reagieren können und Entscheidungen treffen, die direkt im Lebensalltag der Bürger spürbar sind.

Fazit:

Die Rolle der Gemeindevertreter in einer Kommune ist vielschichtig und umfasst die Repräsentation der Bürgerinteressen, die Gestaltung der lokalen Politik und die Kontrolle der Verwaltung. Sie treffen Entscheidungen, die das tägliche Leben der Bürger betreffen, und sorgen für eine langfristige, nachhaltige Entwicklung der Gemeinde. Trotz ihrer oft ehrenamtlichen Tätigkeit spielen sie eine Schlüsselrolle in der demokratischen Ordnung auf kommunaler Ebene und sind ein Bindeglied zwischen den Bürgern und der Verwaltung.

FRAGENDER

Stellt sich die Frage, in welcher Weise die gewählten Vertreter die nicht gewählten Bürger in ihre Arbeit einbeziehen müssen bzw. wie weit können gewählte Vertreter die nicht gewählten Bürger von ihrer Arbeit ausschließen?

CHAT

Diese Frage berührt einen zentralen Aspekt der Demokratie und der kommunalen Selbstverwaltung, nämlich das Verhältnis zwischen gewählten Vertretern und den Bürgern, die sie vertreten. In einer repräsentativen Demokratie sollen die gewählten Vertreter die Interessen der Bevölkerung im Rahmen der geltenden Gesetze und im Sinne des Gemeinwohls umsetzen. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Beteiligung der Bürger an Entscheidungsprozessen und der Transparenz der politischen Arbeit.

Hier sind einige wichtige Aspekte, die klären, wie weit gewählte Vertreter die Bürger einbeziehen müssen und ob sie diese von ihrer Arbeit ausschließen können:

1. Repräsentative Demokratie und Legitimation durch Wahlen:

In einer repräsentativen Demokratie, wie sie in Deutschland besteht, liegt der Fokus darauf, dass die Bürger ihre Vertreter in regelmäßigen Wahlen wählen. Diese gewählten Vertreter erhalten durch die Wahlen ihre Legitimation, Entscheidungen zu treffen. Nach den Wahlen liegt die Hauptverantwortung bei den Vertretern, die in den Räten und Parlamenten die politischen Entscheidungen fällen.

  • Durch die Wahl erteilen die Bürger den gewählten Vertretern ein Mandat, um in ihrem Namen zu entscheiden. Innerhalb dieses Mandats haben die gewählten Vertreter die Befugnis, Entscheidungen eigenständig zu treffen, ohne dass sie ständig die Zustimmung der gesamten Bevölkerung einholen müssen.
  • Dennoch bedeutet das nicht, dass die gewählten Vertreter die Bürger vollkommen von der politischen Arbeit ausschließen können. Sie müssen ihre Entscheidungen transparent machen und im Interesse der Allgemeinheit handeln.

2. Transparenz und Informationspflicht:

Die gewählten Vertreter sind verpflichtet, ihre Arbeit so transparent wie möglich zu gestalten. Die Bürger haben das Recht, informiert zu werden, wie Entscheidungen zustande kommen und welche Auswirkungen sie auf das Gemeinwesen haben. Dies geschieht auf verschiedenen Ebenen:

  • Öffentliche Sitzungen: Sitzungen des Gemeinderats oder der Stadtverordnetenversammlung sind in der Regel öffentlich. Bürger können an diesen Sitzungen teilnehmen, um sich über die Entscheidungsprozesse zu informieren.
  • Veröffentlichung von Beschlüssen: Beschlüsse und Protokolle der Gemeindevertretungen müssen in den meisten Fällen öffentlich zugänglich sein. Bürger haben das Recht, diese einzusehen.
  • Bürgerinformationssysteme: Viele Gemeinden bieten mittlerweile Online-Plattformen an, über die Bürger sich über laufende Projekte, Beschlüsse und Diskussionen informieren können.

Transparenz ist also ein Grundpfeiler der kommunalen Demokratie, und die gewählten Vertreter dürfen die Bürger nicht von diesen Informationen ausschließen.

3. Bürgerbeteiligung:

Auch wenn gewählte Vertreter nach der Wahl weitgehend eigenständig agieren können, gibt es zahlreiche Mechanismen der Bürgerbeteiligung, die es den Bürgern ermöglichen, an der politischen Arbeit aktiv mitzuwirken. Diese Instrumente sollen sicherstellen, dass die Bürger nicht von der politischen Arbeit ausgeschlossen werden. Dazu gehören:

  • Bürgerbegehren und Bürgerentscheide: Bürger können bei wichtigen Entscheidungen direkt mitwirken, indem sie Unterschriften sammeln (Bürgerbegehren) oder eine Volksabstimmung (Bürgerentscheid) anstreben. Dies betrifft in der Regel größere Projekte, wie den Bau von öffentlichen Einrichtungen oder grundlegende Änderungen in der Gemeindeplanung.
  • Bürgerforen und Bürgerbefragungen: Gemeinden führen oft öffentliche Bürgerforen durch, bei denen die Bürger zu bestimmten Themen gehört werden. Auch Bürgerbefragungen können durchgeführt werden, um die Meinung der Bevölkerung zu bestimmten Projekten einzuholen.
  • Öffentliche Anhörungen: Bei bestimmten Projekten, etwa bei Bauvorhaben, müssen die Bürger in öffentlichen Anhörungen über die Pläne informiert und ihre Meinungen eingeholt werden. Dies ist in vielen Fällen rechtlich vorgeschrieben, zum Beispiel im Rahmen der Bauleitplanung.

Die Bürgerbeteiligung stellt sicher, dass die gewählten Vertreter bei wichtigen Entscheidungen die Meinung der Bevölkerung berücksichtigen und diese nicht von politischen Prozessen ausschließen.

4. Abgrenzung der Kompetenzen:

Es gibt jedoch klare Grenzen für die direkte Einflussnahme der Bürger auf die Arbeit der gewählten Vertreter. In einer repräsentativen Demokratie haben die gewählten Vertreter das Mandat, Entscheidungen eigenständig zu treffen, ohne dass sie ständig die direkte Zustimmung der Bürger benötigen. Das bedeutet:

  • Die Bürger können die gewählten Vertreter nicht zwingen, eine bestimmte Entscheidung in ihrem Sinne zu treffen, solange diese im Rahmen der geltenden Gesetze und des Mandats handeln.
  • Die gewählten Vertreter können, im Sinne ihres freien Mandats, Entscheidungen treffen, die unter Umständen nicht den Wünschen eines Teils der Bevölkerung entsprechen, solange sie das Wohl der gesamten Gemeinde im Blick haben.

Der Fraktionszwang oder das politische Programm, das ein Vertreter verfolgt, kann dazu führen, dass Entscheidungen getroffen werden, die nicht direkt mit den Bürgerwünschen übereinstimmen. Es liegt in der Verantwortung der gewählten Vertreter, zwischen verschiedenen Interessen abzuwägen und das zu tun, was sie für das Gemeinwohl halten.

5. Rechtliche Einschränkungen der Bürgerbeteiligung:

In bestimmten Bereichen ist die direkte Bürgerbeteiligung rechtlich eingeschränkt oder nicht vorgesehen. Manche Entscheidungen liegen in der alleinigen Verantwortung der gewählten Vertreter, etwa:

  • Haushaltsentscheidungen: Bürger können zum Beispiel nicht direkt über den kommunalen Haushalt entscheiden, da dies ein komplexes Fachgebiet ist, das der Expertise der gewählten Vertreter und Verwaltung obliegt.
  • Rechtlich bindende Verpflichtungen: Es gibt bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen (etwa Umwelt- oder Sicherheitsvorschriften), bei denen die Bürger keinen direkten Einfluss nehmen können, da diese Entscheidungen in enger Abstimmung mit Landes- oder Bundesvorgaben getroffen werden.

6. Rechenschaftspflicht und Sanktionen:

Gewählte Vertreter sind den Bürgern gegenüber rechenschaftspflichtig. Diese Rechenschaftspflicht wird in regelmäßigen Wahlen umgesetzt. Wenn die Bürger mit den Entscheidungen und der Arbeit ihrer Vertreter unzufrieden sind, haben sie die Möglichkeit, bei den nächsten Wahlen für andere Kandidaten oder Parteien zu stimmen. In diesem Sinne können gewählte Vertreter die Bürger nicht dauerhaft ausschließen, da ihre Legitimation durch regelmäßige Wahlen erneuert werden muss.

  • Außerdem gibt es bestimmte rechtliche Mechanismen, um Fehlverhalten oder Amtsmissbrauch von gewählten Vertretern zu sanktionieren. In extremen Fällen können Bürger und andere gewählte Vertreter Verfahren zur Abwahl eines Bürgermeisters oder Stadtratsmitglieds einleiten, wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen vorliegen.

Fazit:

Gewählte Vertreter in einer Kommune dürfen die Bürger nicht vollständig von ihrer Arbeit ausschließen. Sie sind verpflichtet, ihre Arbeit transparent zu gestalten und die Bürger durch verschiedene Mechanismen der Bürgerbeteiligung einzubeziehen. Gleichzeitig besitzen die Vertreter im Rahmen ihres Mandats die Befugnis, Entscheidungen eigenständig zu treffen, solange diese im Einklang mit den Gesetzen und dem Wohl der Gemeinde stehen. Letztlich liegt es in der Verantwortung der gewählten Vertreter, eine Balance zwischen der Repräsentation der Bürgerinteressen und der Wahrnehmung ihres Mandats zu finden.

FRAGENDER

Strukturfrage: Welche Rolle spielt neben der Vertreterversammlung, dem Bürgermeister und der Verwaltung der Gemeindevorstand?

CHAT

Der Gemeindevorstand spielt eine zentrale Rolle in der kommunalen Verwaltung und ergänzt die Arbeit der Vertreterversammlung (Gemeinderat oder Stadtverordnetenversammlung), des Bürgermeisters und der Verwaltung. Seine Aufgaben und Befugnisse variieren leicht je nach Bundesland, aber im Wesentlichen ist der Gemeindevorstand das Verwaltungs- und Exekutivorgan der Gemeinde. Er ist verantwortlich für die Ausführung der Beschlüsse der Gemeindevertretung und leitet die laufenden Geschäfte der Verwaltung. Im Folgenden wird die Rolle des Gemeindevorstands strukturiert beschrieben:

1. Zusammensetzung des Gemeindevorstands:

Der Gemeindevorstand besteht in der Regel aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und einer Anzahl von ehrenamtlichen Beigeordneten (Gemeindevorstandsmitglieder), die von der Gemeindevertretung gewählt werden. Die genaue Zahl der Vorstandsmitglieder variiert je nach Größe der Gemeinde und den jeweiligen landesspezifischen Regelungen. In manchen Bundesländern gibt es zusätzlich hauptamtliche Beigeordnete, die eine feste Verwaltungsaufgabe haben.

  • Der Bürgermeister leitet den Gemeindevorstand und hat oft eine zentrale Führungsrolle.
  • Die Beigeordneten sind entweder hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig, je nach den Regelungen der Gemeinde.
  • Der Gemeindevorstand bildet das Verwaltungsorgan der Gemeinde, das für die tägliche Leitung und Verwaltung zuständig ist.

2. Aufgaben des Gemeindevorstands:

Der Gemeindevorstand hat in der Gemeinde eine Art exekutive Funktion und ist für die laufenden Verwaltungsangelegenheiten zuständig. Zu den Hauptaufgaben gehören:

  • Umsetzung der Beschlüsse der Gemeindevertretung: Der Gemeindevorstand führt die Beschlüsse der gewählten Vertreterversammlung aus, die die politischen Entscheidungen trifft. Die Verwaltung untersteht dem Gemeindevorstand, der dafür sorgt, dass die politischen Vorgaben in der Praxis umgesetzt werden.
  • Leitung der Verwaltung: Der Gemeindevorstand leitet die Verwaltung der Gemeinde und überwacht die ordnungsgemäße Ausführung der Verwaltungsaufgaben. Er entscheidet über Personalangelegenheiten und organisiert die Arbeit der Gemeindeverwaltung.
  • Erstellung von Vorlagen und Entwürfen für die Gemeindevertretung: Der Gemeindevorstand bereitet oft Vorlagen und Berichte vor, die der Gemeindevertretung zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Dazu gehören zum Beispiel der Haushaltsentwurf, Bauvorhaben und andere wichtige Projekte.
  • Vertretung der Gemeinde nach außen: Der Bürgermeister übernimmt die Hauptrolle bei der repräsentativen Vertretung der Gemeinde, aber der Gemeindevorstand kann in verschiedenen Funktionen ebenfalls die Gemeinde gegenüber anderen Institutionen, Bürgern oder externen Akteuren vertreten.

3. Zusammenarbeit mit der Gemeindevertretung:

Der Gemeindevorstand steht in einer engen Zusammenarbeit mit der Gemeindevertretung (Gemeinderat oder Stadtverordnetenversammlung), die das höchste Beschlussorgan der Gemeinde ist. Die Gemeindevertretung trifft die politischen Entscheidungen, während der Gemeindevorstand für die exekutive Umsetzung dieser Entscheidungen verantwortlich ist.

  • Kontrollfunktion: Die Gemeindevertretung kontrolliert die Arbeit des Gemeindevorstands. Sie hat das Recht, Informationen anzufordern, Berichte über die laufenden Geschäfte zu verlangen und Entscheidungen zu überprüfen.
  • Vorbereitung der Entscheidungen: Der Gemeindevorstand bereitet Entscheidungen vor und legt sie der Gemeindevertretung vor. Die Zusammenarbeit erfolgt oft in Form von Sitzungen, in denen die Mitglieder des Gemeindevorstands und der Gemeindevertretung gemeinsam über Projekte beraten.
  • Verwaltungsleitung und politische Verantwortung: Während die Gemeindevertretung die politische Ausrichtung vorgibt, ist der Gemeindevorstand für die Verwaltungsführung verantwortlich. Der Gemeindevorstand setzt die Vorgaben um, hat aber keine legislative Befugnis.

4. Rolle des Bürgermeisters im Gemeindevorstand:

Der Bürgermeister ist in der Regel der Vorsitzende des Gemeindevorstands und spielt eine zentrale Rolle in der Führung und Koordinierung der Verwaltungsarbeit. Seine Aufgaben und Befugnisse umfassen:

  • Leitung der Sitzungen des Gemeindevorstands.
  • Repräsentation der Gemeinde nach außen: Der Bürgermeister repräsentiert die Gemeinde in rechtlichen und politischen Angelegenheiten.
  • Umsetzung der Beschlüsse der Gemeindevertretung in Zusammenarbeit mit dem Gemeindevorstand und der Verwaltung.
  • Je nach Bundesland und Gemeinde hat der Bürgermeister in vielen Fällen eine stärkere exekutive Rolle, während der Gemeindevorstand eher unterstützend und beratend wirkt.

Der Bürgermeister steht also an der Schnittstelle zwischen der politischen Entscheidungsebene (Gemeindevertretung) und der exekutiven Umsetzungsfunktion (Verwaltung und Gemeindevorstand).

5. Verwaltung und Gemeindevorstand:

Der Gemeindevorstand leitet die Verwaltung der Gemeinde und ist dafür verantwortlich, dass die Verwaltung ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Das betrifft Bereiche wie:

  • Personalentscheidungen: Der Gemeindevorstand kann über Einstellungen und organisatorische Veränderungen in der Verwaltung entscheiden.
  • Finanzielle Verantwortung: Der Gemeindevorstand trägt die Verantwortung für die Umsetzung des Haushaltsplans und überwacht die finanzielle Verwaltung der Gemeinde.
  • Alltagsgeschäfte der Verwaltung: Dazu gehören Entscheidungen in Bauangelegenheiten, kommunaler Infrastruktur, Dienstleistungen und andere tägliche Verwaltungsaufgaben.

Der Gemeindevorstand hat also eine leitende Rolle in der Verwaltung, wobei die Verwaltung selbst die ausführende Arbeit erledigt. Der Bürgermeister und der Gemeindevorstand sind gemeinsam dafür verantwortlich, dass die Verwaltung effizient und im Einklang mit den Beschlüssen der Gemeindevertretung arbeitet.

6. Verhältnis zwischen Gemeindevorstand und Bürgern:

Der Gemeindevorstand agiert oft im Hintergrund, während der Bürgermeister die repräsentative Hauptrolle übernimmt. Dennoch hat der Gemeindevorstand eine Verantwortung gegenüber den Bürgern, da er dafür sorgt, dass die Verwaltung korrekt arbeitet und die Interessen der Gemeinde im Alltag berücksichtigt werden. Der Gemeindevorstand kann in bestimmten Fällen auch in direkten Kontakt mit Bürgern treten, etwa bei wichtigen Infrastrukturprojekten, Bürgeranhörungen oder speziellen Verwaltungsfragen.

Fazit:

Der Gemeindevorstand ist ein zentrales Exekutivorgan der Gemeinde und verantwortlich für die laufenden Verwaltungsaufgaben sowie die Umsetzung der Beschlüsse der Gemeindevertretung. Der Bürgermeister leitet den Gemeindevorstand und steht an der Schnittstelle zwischen der politischen und der verwaltungstechnischen Ebene. Der Gemeindevorstand bereitet wichtige Entscheidungen vor, leitet die Verwaltung und sorgt dafür, dass die Gemeindevertretung in ihrer Arbeit unterstützt wird. Zusammen mit dem Bürgermeister und der Verwaltung bildet der Gemeindevorstand somit eine wesentliche Säule der kommunalen Selbstverwaltung.

FRAGENDER

Die bisherigen Punkte charakterisieren die Rolle der gewählten Vertreter hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der ‚Macht‘: Wann darf Wer Welche Entscheidungen verbindlich fällen. Nun ist es aber so, dass jedwede Art von Entscheidung ein ‚geeignetes Wissen’ voraus setzt, mittels dessen man wissen kann, welches Ziel mit welchen Mitteln durch welche Aktionen erreicht werden kann. Gibt es irgendwelche Bestimmungen, die auf die Rolle des Wissens im Rahmen von kommunalen Entscheidungsprozessen eingehen?

CHAT

Die Frage nach der Rolle des Wissens in kommunalen Entscheidungsprozessen ist sehr bedeutsam, da Wissen die Grundlage für fundierte, informierte und sachgerechte Entscheidungen bildet. Obwohl es keine spezifischen rechtlichen Vorgaben gibt, die detailliert festlegen, welches Wissen für Entscheidungen in kommunalen Gremien erforderlich ist, spielen Wissen und Information auf verschiedenen Ebenen eine zentrale Rolle in kommunalen Entscheidungsprozessen. Es gibt auch verschiedene Mechanismen und Verfahren, die sicherstellen sollen, dass Entscheidungen auf einer fundierten Wissensbasis getroffen werden. Im Folgenden beschreibe ich diese Mechanismen unter verschiedenen Aspekten:

1. Verantwortung der gewählten Vertreter für informierte Entscheidungen:

Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung der gewählten Vertreter, Entscheidungen auf der Grundlage von ausreichendem Wissen zu treffen. Diese Verantwortung ist nicht immer explizit in Gesetzen verankert, sondern ergibt sich aus den allgemeinen Anforderungen an politisches Handeln und die Verwaltungspraxis. Es wird erwartet, dass die Vertreter ihre Entscheidungen sorgfältig und auf der Basis von Informationen treffen, die ihnen von der Verwaltung, externen Experten oder durch Bürgerbeteiligung zur Verfügung gestellt werden.

  • Pflicht zur Information: In der Praxis haben die Gemeindevertreter das Recht und die Pflicht, sich umfassend über die Themen zu informieren, über die sie entscheiden. Sie können von der Verwaltung Berichte, Studien und Informationen anfordern, um ihre Entscheidungen auf eine fundierte Wissensbasis zu stellen.

2. Rolle der Gemeindeverwaltung als Wissensquelle:

Die Gemeindeverwaltung spielt eine zentrale Rolle in der Bereitstellung des Wissens, das für die Entscheidungen der gewählten Vertreter notwendig ist. Die Verwaltung hat den Auftrag, Sachverhalte zu prüfen, Daten zu sammeln und auf der Grundlage ihrer Fachkenntnisse Empfehlungen auszusprechen.

  • Die Verwaltung bereitet in der Regel Beschlussvorlagen und Berichte für den Gemeindevorstand und die Gemeindevertretung vor, in denen die relevanten Fakten, rechtlichen Rahmenbedingungen und mögliche Optionen dargestellt werden.
  • Diese Vorlagen basieren auf den Fachkenntnissen der Mitarbeiter in der Verwaltung, die in den jeweiligen Sachgebieten (Finanzen, Stadtplanung, Umwelt, Soziales etc.) Experten sind.

Einbindung von Experten und Sachverständigen:

In vielen Fällen wird das Wissen, das für eine Entscheidung erforderlich ist, durch externe Experten oder Sachverständige bereitgestellt. Dies kann in Form von Gutachten, Studien oder Beratungsdiensten geschehen. Es gibt mehrere Mechanismen, die die Einbindung von Fachwissen ermöglichen:

  • Gutachten und externe Berater: Bei komplexen oder technisch anspruchsvollen Entscheidungen, wie beispielsweise bei Bauvorhaben, Umweltfragen oder der Wirtschaftsplanung, können die gewählten Vertreter externe Gutachter beauftragen, um sich eine fundierte Meinung zu bilden.
  • Expertenanhörungen: Die Gemeindevertretung oder Ausschüsse können Sachverständige oder Experten zu Anhörungen einladen, um zusätzliche Informationen zu erhalten und spezifische Fragestellungen zu klären.

Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die gewählten Vertreter auf eine fundierte Wissensbasis zugreifen können, wenn ihnen das fachliche oder technische Wissen fehlt, um bestimmte Entscheidungen eigenständig zu treffen.

4. Ausschüsse und spezialisierte Gremien:

In den meisten Gemeinden gibt es Ausschüsse, die sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert haben, wie Finanzen, Bildung, Umwelt oder Bauplanung. Diese Ausschüsse dienen dazu, Themen vertieft zu beraten und Entscheidungen vorzubereiten. Sie haben oft Zugriff auf spezifisches Wissen und Expertise, um fundierte Vorschläge zu erarbeiten, die dann der Gemeindevertretung vorgelegt werden.

  • Fachausschüsse arbeiten detailliert an Sachthemen und sind oft in der Lage, gezielte Informationen von der Verwaltung oder externen Experten einzuholen.
  • Diese Arbeitsteilung sorgt dafür, dass Entscheidungen nicht nur auf einer breiten politischen Grundlage, sondern auch auf spezifischem Fachwissen basieren.

5. Bürgerbeteiligung als Wissensquelle:

Die Bürgerbeteiligung spielt ebenfalls eine Rolle bei der Bereitstellung von Wissen in kommunalen Entscheidungsprozessen. Die Bürger sind oft direkt von den Entscheidungen betroffen und haben lokales Wissen, das in die Entscheidungsfindung einfließen kann. Verschiedene Mechanismen der Bürgerbeteiligung bieten die Möglichkeit, das Wissen der Bürger in die Planung und Entscheidungsprozesse zu integrieren:

  • Bürgerbefragungen, Bürgerforen und öffentliche Anhörungen ermöglichen es, lokales Wissen und Erfahrungen in den Prozess einzubringen.
  • In manchen Fällen werden auch Bürgerexperten oder Arbeitsgruppen einbezogen, die spezifische Informationen oder Empfehlungen liefern.

Bürgerbeteiligung sorgt dafür, dass die Entscheidungen nicht nur technisch und politisch fundiert, sondern auch auf der Grundlage des lokalen Wissens der Gemeinschaft getroffen werden.

6. Gesetze und rechtliche Rahmenbedingungen:

Viele Entscheidungen auf kommunaler Ebene unterliegen gesetzlichen Vorgaben, die die Anforderungen an das Wissen und die Informationsbeschaffung definieren. Dies ist insbesondere in Bereichen wie Bauleitplanung, Umweltschutz oder Finanzplanung der Fall:

  • Beispielsweise schreibt das Baugesetzbuch (BauGB) in Deutschland bestimmte Verfahren vor, in denen Gutachten eingeholt, Anhörungen durchgeführt und bestimmte Fakten geprüft werden müssen, bevor eine Entscheidung getroffen werden kann.
  • Auch im Rahmen der Haushaltsplanung gibt es genaue Vorgaben, welche Daten und Informationen bei der Aufstellung und Genehmigung des Haushalts berücksichtigt werden müssen. Diese Informationen müssen transparent und nachvollziehbar aufbereitet sein.

Diese rechtlichen Rahmenbedingungen zwingen die Entscheidungsträger, sich mit den notwendigen Informationen auseinanderzusetzen und sicherzustellen, dass fundiertes Wissen in die Entscheidungsfindung einfließt.

7. Fortbildung und Qualifikation der gewählten Vertreter:

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Fortbildung der gewählten Vertreter. Da nicht alle Kommunalpolitiker über spezifisches Fachwissen in allen relevanten Themenbereichen verfügen, bieten viele Kommunen Fortbildungsmaßnahmen oder Schulungen an, um die Kompetenzen der Vertreter zu erweitern.

  • Schulungen und Workshops: In vielen Fällen werden Schulungen zu bestimmten Themen angeboten, etwa im Bereich Kommunalrecht, Finanzwesen oder Planungsrecht, damit die gewählten Vertreter besser in der Lage sind, fundierte Entscheidungen zu treffen.
  • Austausch mit anderen Gemeinden: Der Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden kann ebenfalls eine wichtige Wissensquelle sein, da erfolgreiche Strategien und Lösungen übertragen und angepasst werden können.

8. Dokumentation und Wissensmanagement:

Die Verwaltung ist zudem verpflichtet, eine Dokumentation aller relevanten Daten und Informationen sicherzustellen. Dies schließt die Erstellung von Berichten, Protokollen und Statistiken ein, die für die Entscheidungsträger zur Verfügung stehen. Ein effektives Wissensmanagement in der Verwaltung stellt sicher, dass Informationen nicht verloren gehen und dass Entscheidungen auf einer nachvollziehbaren Grundlage getroffen werden können.

Fazit:

Obwohl es keine expliziten Bestimmungen gibt, die den Umgang mit Wissen im kommunalen Entscheidungsprozess detailliert regeln, ist die Rolle des Wissens von entscheidender Bedeutung. Die gewählten Vertreter sind verantwortlich dafür, fundierte Entscheidungen zu treffen, und müssen sich dazu auf verschiedene Quellen von Fachwissen stützen: die Gemeindeverwaltung, externe Experten, Bürgerbeteiligung und rechtliche Vorgaben. Die bestehenden Mechanismen in der kommunalen Selbstverwaltung – wie Ausschüsse, Gutachten, Bürgerbeteiligung und Fortbildung – tragen dazu bei, dass Entscheidungen auf einer soliden Wissensbasis getroffen werden können.

FRAGENDER

Welche Rolle spielen im Kontext des Wissens über die Gemeinde die ‚Ortsbeiräte‘ und der ‚Ausländerbeirat‘?

CHAT

Die Ortsbeiräte und der Ausländerbeirat spielen eine wichtige Rolle im kommunalen Entscheidungsprozess, insbesondere wenn es darum geht, lokales und spezifisches Wissen in die Entscheidungsfindung einzubringen. Beide Gremien haben die Aufgabe, besondere Interessen und Perspektiven zu vertreten und dabei das Wissen der jeweiligen Gruppen – entweder der Einwohner eines Stadtteils oder der ausländischen Bevölkerung – in die Arbeit der kommunalen Verwaltung und der gewählten Vertreter zu integrieren. Ihre Funktion besteht darin, lokale Expertise und besondere Perspektiven in den Entscheidungsprozess einzubringen und so zur fundierten und breit abgestützten Wissensbasis beizutragen.

1. Ortsbeiräte: Lokales Wissen und Interessenvertretung:

Ortsbeiräte sind Gremien, die auf der Ebene von Ortsteilen oder Stadtteilen existieren. Sie haben vor allem die Aufgabe, die Interessen der Bevölkerung in einem bestimmten räumlichen Bereich der Gemeinde zu vertreten. Die genaue Zusammensetzung und Befugnisse eines Ortsbeirats variieren je nach Gemeinde, aber im Allgemeinen erfüllen sie die Funktion eines beratenden Gremiums gegenüber der Gemeindevertretung und dem Gemeindevorstand.

Aufgaben und Rolle der Ortsbeiräte:

  • Lokale Expertise und Wissen: Ortsbeiräte verfügen oft über besonders tiefes Wissen über die lokalen Gegebenheiten, Bedürfnisse und Herausforderungen ihres jeweiligen Ortsteils. Da sie in direktem Kontakt mit den Bürgern eines bestimmten Gebiets stehen, können sie spezifische Informationen und lokale Perspektiven einbringen, die für übergeordnete Gremien möglicherweise schwerer zugänglich sind.
  • Beratung und Empfehlungen: Ortsbeiräte haben in der Regel kein Entscheidungsrecht, aber sie können Empfehlungen abgeben und die Gemeindevertretung und den Gemeindevorstand über wichtige Anliegen informieren. Diese Empfehlungen betreffen häufig Themen wie die örtliche Infrastruktur, Verkehrsplanung, soziale Einrichtungen oder kulturelle Veranstaltungen.
  • Bürgernähe und Beteiligung: Ortsbeiräte stehen oft in engem Kontakt mit der Bevölkerung ihres Gebietes und sind dadurch in der Lage, Anliegen und Probleme der Bürger direkt aufzunehmen. Sie sind eine Art Vermittlungsinstanz zwischen der lokalen Bevölkerung und den zentralen Entscheidungsgremien der Gemeinde.
  • Wissenstransfer: Ortsbeiräte sind auch ein Mechanismus, durch den Wissen über örtliche Entwicklungen, Projekte und Planungen an die Bürger zurückfließt. Sie können die Bevölkerung über die Arbeit der Gemeinde und die geplanten Maßnahmen informieren, was zur Transparenz und Akzeptanz der kommunalen Politik beiträgt.

Beispielhafte Themenbereiche:

  • Infrastrukturmaßnahmen: Planung und Umsetzung von Bauprojekten, z. B. die Sanierung von Straßen, die Neugestaltung öffentlicher Plätze oder der Ausbau des Nahverkehrs, die einen spezifischen Ortsteil betreffen.
  • Soziale und kulturelle Projekte: Empfehlungen zu lokalen Initiativen wie Nachbarschaftsfeste, Sportanlagen oder Treffpunkte für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
  • Umweltschutz und Grünflächen: Ortsbeiräte können in die Planung von Parks, Spielplätzen oder Naturschutzprojekten eingebunden werden und spezifische Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung einbringen.

Insgesamt tragen Ortsbeiräte dazu bei, dass die politischen Entscheidungsträger auf Gemeindeebene ein besseres Verständnis der lokalen Dynamiken und Bedürfnisse erhalten und dieses Wissen in die Planung und Umsetzung von Maßnahmen einfließt.

2. Ausländerbeirat: Vertretung und Wissen der ausländischen Bevölkerung:

Der Ausländerbeirat (auch Migrationsbeirat oder Integrationsbeirat genannt) ist ein spezielles Gremium, das die Interessen und Perspektiven von Menschen mit Migrationshintergrund vertritt. In vielen Gemeinden wird ein Ausländerbeirat gewählt oder berufen, um die ausländische Bevölkerung in die kommunalen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Auch der Ausländerbeirat hat vorwiegend eine beratende Funktion, aber seine Rolle ist entscheidend, wenn es um die Integration und Berücksichtigung der Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund geht.

Aufgaben und Rolle des Ausländerbeirats:

  • Vertretung der ausländischen Bevölkerung: Der Ausländerbeirat soll sicherstellen, dass die Interessen und Anliegen von Bürgern mit Migrationshintergrund in die kommunalen Entscheidungsprozesse einfließen. Er bringt spezifisches Wissen über die Lebensumstände, Herausforderungen und Bedürfnisse der ausländischen Bevölkerung in die Gemeindevertretung und Verwaltung ein.
  • Beratung und Empfehlungen: Ähnlich wie der Ortsbeirat hat der Ausländerbeirat das Recht, Empfehlungen an die Gemeindevertretung und den Gemeindevorstand abzugeben. Diese Empfehlungen betreffen vor allem Themen, die für Migranten und Menschen mit ausländischen Wurzeln von besonderer Bedeutung sind, wie Bildung, Integration, Zugang zum Arbeitsmarkt, Wohnen und soziale Teilhabe.
  • Förderung der Integration: Der Ausländerbeirat ist häufig an Integrationsprojekten beteiligt und setzt sich für die Förderung des interkulturellen Dialogs und des Zusammenlebens zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen ein. Er kann Veranstaltungen oder Initiativen vorschlagen, die das Zusammenleben in der Gemeinde verbessern.
  • Wissen und kulturelle Sensibilität: Der Ausländerbeirat verfügt über wertvolles Wissen über die kulturellen und sozialen Bedürfnisse der ausländischen Bevölkerung. Dieses Wissen fließt in die Entscheidungsfindung ein, um sicherzustellen, dass Maßnahmen und Projekte kultursensibel sind und den besonderen Herausforderungen der Integration gerecht werden.

Beispielhafte Themenbereiche:

  • Bildung und Sprachförderung: Der Ausländerbeirat kann Empfehlungen zur Sprachförderung für Migrantenkinder oder zur Förderung von interkulturellem Lernen in Schulen aussprechen.
  • Arbeitsmarkt und soziale Teilhabe: Der Beirat kann Maßnahmen zur besseren Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt und zur sozialen Teilhabe anregen, z. B. durch gezielte Qualifikationsmaßnahmen oder Unterstützungsangebote.
  • Diskriminierung und Chancengleichheit: Der Ausländerbeirat kann auf Diskriminierungsprobleme hinweisen und Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit vorschlagen, um die Integration zu verbessern.

3. Bedeutung für die Wissensintegration in die Gemeinde:

Beide Gremien – Ortsbeiräte und der Ausländerbeirat – spielen eine wichtige Rolle in der Integration von spezifischem Wissen und lokalen Perspektiven in die Entscheidungsfindung auf Gemeindeebene. Sie bringen Wissen und Anliegen in die politischen Prozesse ein, das den gewählten Vertretern und der Verwaltung sonst möglicherweise fehlen würde. Durch ihre Empfehlungen und beratenden Funktionen tragen sie dazu bei, dass Entscheidungen auf einer breiteren Wissensbasis getroffen werden, die auch die Vielfalt der Bevölkerung berücksichtigt.

  • Ortsbeiräte stellen sicher, dass die unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse innerhalb der Gemeinde Beachtung finden und dass Lösungen passgenau auf die spezifischen Verhältnisse eines Ortsteils abgestimmt sind.
  • Der Ausländerbeirat sorgt dafür, dass die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund in die kommunale Politik einfließen und trägt damit zur sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit bei.

Fazit:

Die Ortsbeiräte und der Ausländerbeirat leisten einen wesentlichen Beitrag zur Einbeziehung von lokalem und spezifischem Wissen in den kommunalen Entscheidungsprozess. Sie tragen dazu bei, dass Entscheidungen auf einer fundierten Wissensbasis getroffen werden, die nicht nur die Interessen der Mehrheit, sondern auch die der unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Gemeinde berücksichtigt. In ihrer beratenden Funktion stellen sie sicher, dass die gewählten Vertreter über alle relevanten Informationen verfügen, um im Interesse des Gemeinwohls zu handeln.

FRAGENDER

Gibt es irgendwelche Erfahrungen, ob die Nutzung des Wissens der Ortsbeiräte nachweisbar funktioniert?

CHAT

Die Frage, ob das Wissen der Ortsbeiräte in der Praxis effektiv genutzt wird und wie gut dieser Mechanismus tatsächlich funktioniert, ist durchaus berechtigt. Während Ortsbeiräte in vielen Gemeinden als wichtiges beratendes Gremium anerkannt sind, gibt es auch Herausforderungen in der Umsetzung und Nutzung ihres Wissens. Es gibt sowohl positive Beispiele als auch Kritikpunkte, die in verschiedenen Studien und Erfahrungsberichten aus der Praxis gesammelt wurden.

Hier sind einige Erkenntnisse und Erfahrungen darüber, wie gut das Wissen der Ortsbeiräte in der Praxis genutzt wird:

1. Positive Beispiele: Funktionierende Einbindung des Wissens

In vielen Gemeinden funktioniert die Einbindung der Ortsbeiräte gut, insbesondere wenn es um die Beratung in lokal spezifischen Themen geht, die den jeweiligen Ortsteil direkt betreffen. Erfolgreiche Fälle zeigen, dass Ortsbeiräte einen bedeutenden Einfluss auf kommunale Entscheidungsprozesse haben können, wenn ihre Empfehlungen ernst genommen und umgesetzt werden. Hier einige positive Aspekte:

  • Bessere Entscheidungsqualität: Durch das lokale Wissen der Ortsbeiräte werden Entscheidungen oftmals besser an die spezifischen Bedürfnisse eines Ortsteils angepasst. Beispielsweise können Probleme oder Herausforderungen vor Ort frühzeitig erkannt werden, die der Gemeindevertretung oder Verwaltung möglicherweise nicht bekannt waren. Dies führt zu besseren Entscheidungen, die näher an den Bedürfnissen der Bürger liegen.
  • Erfolgreiche Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten: In vielen Fällen haben Ortsbeiräte erfolgreich zur Planung von Infrastrukturmaßnahmen wie Straßensanierungen, öffentlichen Verkehrsanbindungen oder der Gestaltung öffentlicher Plätze beigetragen. Ortsbeiräte können durch ihre Ortskenntnis genauere und relevantere Empfehlungen geben, die von der Gemeindevertretung und Verwaltung berücksichtigt werden.
  • Bürgernähe und Akzeptanz: Ortsbeiräte tragen zur Bürgernähe der kommunalen Politik bei. Da sie in direktem Kontakt mit den Bürgern stehen, fungieren sie als Vermittler und sorgen dafür, dass die Anliegen und Bedürfnisse der Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse einfließen. Dies erhöht die Akzeptanz kommunaler Entscheidungen, da die Bürger das Gefühl haben, dass ihre Anliegen Gehör finden.

2. Herausforderungen und Kritikpunkte

Trotz der positiven Beispiele gibt es auch Berichte über Schwierigkeiten und Einschränkungen, die zeigen, dass die Nutzung des Wissens der Ortsbeiräte nicht immer reibungslos funktioniert. Einige der häufigsten Kritikpunkte sind:

  • Fehlende Verbindlichkeit der Empfehlungen: Ortsbeiräte haben in der Regel kein Entscheidungsrecht, sondern lediglich eine beratende Funktion. Dies bedeutet, dass ihre Empfehlungen nicht bindend sind und von der Gemeindevertretung oder dem Gemeindevorstand übergangen werden können. In manchen Fällen berichten Ortsbeiräte, dass ihre Empfehlungen nicht ausreichend berücksichtigt werden oder dass die Gemeindevertretung Entscheidungen trifft, ohne auf das Wissen der Ortsbeiräte einzugehen.
  • Kommunikationsprobleme zwischen Ortsbeiräten und Gemeindevertretung: Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es manchmal Kommunikationsprobleme zwischen Ortsbeiräten und der Gemeindevertretung oder Verwaltung gibt. Dies kann zu einer schlechten Nutzung des Wissens führen, wenn die Empfehlungen der Ortsbeiräte nicht ausreichend an die Entscheidungsträger weitergeleitet werden oder wenn es an Austausch zwischen den Gremien mangelt.
  • Ungleiche Einflussmöglichkeiten: Die Einflussmöglichkeiten der Ortsbeiräte können stark variieren, abhängig von der politischen Kultur der jeweiligen Gemeinde und dem Willen der Gemeindevertretung, die Empfehlungen der Ortsbeiräte ernst zu nehmen. In manchen Gemeinden haben Ortsbeiräte starken Einfluss, während sie in anderen eher eine symbolische Rolle spielen und ihre Vorschläge wenig Gewicht haben.

3. Erfahrungen aus der Praxis und Studien

Es gibt verschiedene Studien und Berichte, die sich mit der Wirksamkeit der Ortsbeiräte befassen und deren Rolle als Wissensquelle untersuchen. Hier einige Erkenntnisse aus der Forschung und Praxis:

  • Beteiligung und Mitgestaltung: Studien zeigen, dass Ortsbeiräte besonders gut funktionieren, wenn sie in die frühe Planungsphase von Projekten einbezogen werden. Wenn Ortsbeiräte bereits zu Beginn von Planungsprozessen konsultiert werden, können sie ihr Wissen besser einbringen, und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ihre Empfehlungen auch umgesetzt werden.
  • Unterschiede zwischen Städten und ländlichen Gemeinden: In ländlichen Gemeinden, wo die Distanzen zwischen Ortsteilen und der Hauptgemeinde oft größer sind, spielen Ortsbeiräte tendenziell eine wichtigere Rolle, da die spezifischen Bedürfnisse der Ortsteile deutlich abweichen können. In größeren Städten ist die Einbindung der Ortsbeiräte hingegen oft schwieriger, da die Themen häufig komplexer sind und verschiedene Interessen miteinander konkurrieren.
  • Erfolg durch Zusammenarbeit und Anerkennung: Der Erfolg der Ortsbeiräte hängt stark davon ab, wie gut sie mit der Verwaltung und der Gemeindevertretung zusammenarbeiten und wie viel Anerkennung sie für ihre Arbeit erhalten. In Gemeinden, in denen Ortsbeiräte als wichtige Berater geschätzt werden und ihre Empfehlungen regelmäßig umgesetzt werden, ist der Nutzen ihres Wissens deutlich höher.

4. Mögliche Verbesserungsansätze

Um die Nutzung des Wissens der Ortsbeiräte in kommunalen Entscheidungsprozessen zu verbessern, gibt es einige Ansätze und Vorschläge:

  • Verbindlichere Einbindung: Einige Experten fordern, dass die Empfehlungen der Ortsbeiräte in bestimmten Bereichen, wie der Infrastrukturplanung oder sozialen Projekten, eine verbindlichere Rolle spielen sollten. Eine gesetzliche Stärkung ihrer Rolle könnte dazu führen, dass ihr Wissen konsequenter genutzt wird.
  • Bessere Kommunikation und Transparenz: Eine verbesserte Kommunikation zwischen den Ortsbeiräten und den Entscheidungsträgern ist ein Schlüssel zum Erfolg. Regelmäßige Treffen und ein transparenter Informationsaustausch können sicherstellen, dass die Ortsbeiräte frühzeitig in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
  • Schulungen und Fortbildungen: Um die Ortsbeiräte in ihrer beratenden Funktion zu stärken, könnten Schulungen und Fortbildungen angeboten werden. Dies könnte sicherstellen, dass die Ortsbeiräte über das notwendige Wissen verfügen, um qualifizierte Empfehlungen abzugeben, und dass ihre Arbeit von der Gemeindevertretung besser verstanden und wertgeschätzt wird.

Fazit:

Die Nutzung des Wissens der Ortsbeiräte funktioniert in vielen Fällen gut, insbesondere dann, wenn sie als ernstzunehmende Berater in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Positive Beispiele zeigen, dass Ortsbeiräte einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Entscheidungsqualität leisten können, indem sie lokale Expertise einbringen und die Bürgernähe fördern. Allerdings gibt es auch Herausforderungen, insbesondere was die Verbindlichkeit ihrer Empfehlungen und die Kommunikation mit der Gemeindevertretung betrifft. Eine stärkere institutionelle Verankerung und eine bessere Zusammenarbeit könnten dazu beitragen, dass das Wissen der Ortsbeiräte in Zukunft noch effektiver genutzt wird.

FRAGENDER

Wie groß ist der Prozentsatz der gewählten Vertreter in einer Gemeinde im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung?

CHAT

Der Prozentsatz der gewählten Vertreter in einer Gemeinde im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung variiert je nach der Größe der Gemeinde und den gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes. Die Anzahl der Gemeindevertreter richtet sich in der Regel nach der Einwohnerzahl der Gemeinde und ist in den Kommunalverfassungen oder Kommunalwahlgesetzen der einzelnen Bundesländer festgelegt.

Typische Größenordnung:

Im Allgemeinen gilt, dass kleinere Gemeinden prozentual mehr gewählte Vertreter im Verhältnis zur Bevölkerung haben als größere Städte. In kleinen Gemeinden kann der Anteil der gewählten Vertreter höher sein, da die Anzahl der Gemeindevertreter nicht linear zur Einwohnerzahl steigt. Hier eine Übersicht zur Veranschaulichung:

  1. Kleine Gemeinden (bis zu 5.000 Einwohner):
    • In kleinen Gemeinden gibt es oft zwischen 10 und 20 Gemeindevertreter, abhängig von den spezifischen Regeln des Bundeslandes.
    • Beispiel: Eine Gemeinde mit 2.500 Einwohnern könnte 15 gewählte Vertreter haben. Das entspricht einem Anteil von etwa 0,6 % der Bevölkerung.
  2. Mittelgroße Gemeinden (5.000 bis 50.000 Einwohner):
    • In mittelgroßen Gemeinden steigt die Anzahl der Gemeindevertreter, aber nicht proportional zur Einwohnerzahl. Typischerweise liegt die Anzahl der Vertreter zwischen 20 und 40.
    • Beispiel: Eine Stadt mit 20.000 Einwohnern und 30 Gemeindevertretern würde einen Anteil von 0,15 % an gewählten Vertretern haben.
  3. Große Städte (über 50.000 Einwohner):
    • In größeren Städten gibt es zwar mehr gewählte Vertreter, aber prozentual sinkt ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. In Großstädten mit mehreren hunderttausend Einwohnern gibt es oft etwa 50 bis 100 Vertreter.
    • Beispiel: Eine Stadt mit 100.000 Einwohnern und 50 gewählten Vertretern hat einen Anteil von 0,05 %.

Einflussfaktoren:

  • Kommunalverfassung: Jedes Bundesland regelt die Anzahl der Gemeindevertreter in seinen Kommunen unterschiedlich, oft in Abhängigkeit von der Gemeindegröße. Es gibt keine einheitliche Regel für ganz Deutschland.
  • Größe des Gemeinderats: In manchen Gemeinden wird die Anzahl der Gemeinderatsmitglieder durch die Gemeindeordnung vorgegeben, während in anderen Gemeinden die Gemeindevertretung selbst darüber entscheidet.

Beispielhafte Regelungen:

  • Hessen: In Hessen richtet sich die Anzahl der Gemeindevertreter nach der Einwohnerzahl. Eine Gemeinde mit bis zu 5.000 Einwohnern hat 31 Gemeindevertreter, eine Stadt mit bis zu 50.000 Einwohnern hat 45 Vertreter, und größere Städte können bis zu 81 Vertreter haben.
  • Bayern: In Bayern gibt es ähnliche Regelungen. Hier liegt die Zahl der Gemeinderäte in einer Gemeinde mit bis zu 1.000 Einwohnern bei 12 und kann in großen Städten mit über 100.000 Einwohnern auf über 60 steigen.

Fazit:

Der Prozentsatz der gewählten Vertreter in einer Gemeinde liegt typischerweise bei 0,05 % bis 0,6 % der Bevölkerung, abhängig von der Größe der Gemeinde. In kleinen Gemeinden ist der Anteil der Vertreter pro Einwohner höher, während er in großen Städten sinkt, da die Anzahl der Vertreter nicht proportional zur Einwohnerzahl steigt.

FRAGENDER

Nehmen wir mal positiv an, dass der Anteil der Gemeindevertretung an der Gesamtbevölkerung der Kommune bei 0.5% liegt. Unabhängig davon, wie viele zusätzliche Wissensquellen für die Gemeindevertreter zur Verfügung stehen (Gutachter, Experten, …), so muss man ja davon ausgehen, dass die Kapazität eines einzelnen Gemeindevertreters für die ‚Aufnahme‘ der Information wie auch zu deren ‚Verarbeitung‘ endlich begrenzt ist. Siehst Du dies auch so?

CHAT

Ja, ich sehe das genauso. Die kognitive Kapazität eines einzelnen Gemeindevertreters zur Aufnahme, Verarbeitung und Bewertung von Informationen ist tatsächlich begrenzt. Das liegt in der Natur des Menschen und betrifft nicht nur die reine Menge an Informationen, sondern auch die Komplexität und Vielschichtigkeit der Themen, die kommunale Vertreter in ihren Entscheidungsprozessen berücksichtigen müssen.

Hier sind einige Punkte, die das Thema verdeutlichen:

1. Informationsflut:

Gemeindevertreter müssen sich häufig mit einer Vielzahl von Themen auseinandersetzen, die von Finanzen über Stadtplanung, Umweltschutz, soziale Infrastruktur bis hin zu Bildungsfragen reichen. Die Informationsmenge, die zu jedem dieser Bereiche anfällt, kann überwältigend sein. Da die Anzahl der Gemeindevertreter pro Einwohner relativ gering ist (im genannten Beispiel 0,5 %), wird die Verantwortung auf wenige Schultern verteilt, die diese Vielfalt an Themen bewältigen müssen.

2. Komplexität der Themen:

Viele der Themen, die auf kommunaler Ebene entschieden werden müssen, erfordern spezialisiertes Wissen. Zum Beispiel können Infrastrukturprojekte tiefgehende Kenntnisse in den Bereichen Bauwesen, Umweltrecht und Wirtschaftlichkeit erfordern. Es ist oft unrealistisch, dass jeder Gemeindevertreter in all diesen Bereichen umfassend informiert ist oder das Wissen tief genug verarbeiten kann, um qualifizierte Entscheidungen zu treffen.

3. Zeitliche Begrenzung:

Viele Gemeindevertreter sind ehrenamtlich tätig und üben ihre politischen Ämter neben einem regulären Beruf aus. Dies schränkt die verfügbare Zeit für die Vorbereitung auf Sitzungen, das Studium von Berichten und die Auseinandersetzung mit komplexen Themen zusätzlich ein. Es kann zu einer Überlastung kommen, wenn zu viele Informationen verarbeitet werden müssen.

4. Kognitive Begrenzungen:

Selbst bei Zugang zu externer Expertise (wie Gutachtern oder Sachverständigen) bleibt die Fähigkeit der Gemeindevertreter zur Verarbeitung dieser Informationen begrenzt. Menschen neigen dazu, Informationen selektiv wahrzunehmen und sie durch ihre eigenen Werte, Erfahrungen und kognitiven Filter zu verarbeiten. Das bedeutet, dass Entscheidungen oft auf der Grundlage eines vereinfachten Verständnisses von komplexen Sachverhalten getroffen werden.

5. Gruppendynamik und Delegation:

In der Praxis versuchen viele Gemeindevertreter, diese Begrenzungen zu bewältigen, indem sie Aufgaben auf Ausschüsse oder Spezialisten innerhalb des Gremiums delegieren. Das ermöglicht eine gewisse Arbeitsteilung, bei der einzelne Vertreter sich intensiver mit spezifischen Themen befassen, während andere auf deren Expertise vertrauen. Allerdings hängt die Qualität der Entscheidung dann von der Fähigkeit des Gremiums ab, diese Informationen kollektiv zu verarbeiten und auf dieser Grundlage Konsens zu finden.

6. Vertrauen in externe Expertise:

Eine Möglichkeit, die kognitiven und zeitlichen Begrenzungen zu kompensieren, besteht darin, auf das Wissen von Gutachtern, Verwaltungsexperten und anderen externen Beratern zu vertrauen. Doch auch hier kann es eine Herausforderung sein, die Informationen zu bewerten, verschiedene Gutachten kritisch zu hinterfragen und abzuwägen, welche Expertenmeinungen das beste Fundament für eine Entscheidung bilden. Die Gefahr besteht, dass Entscheidungen unkritisch auf Grundlage externer Expertise getroffen werden, ohne dass diese Expertise angemessen hinterfragt wird.

Fazit:

Ja, die Kapazität eines jeden Gemeindevertreters zur Aufnahme und Verarbeitung von Informationen ist begrenzt. Trotz der Verfügbarkeit externer Wissensquellen wie Gutachtern und Experten bleibt es eine Herausforderung, die Qualität der Entscheidungen sicherzustellen, insbesondere angesichts der Fülle und Komplexität der Themen sowie der zeitlichen und kognitiven Einschränkungen. Eine kluge Arbeitsteilung, effektive Nutzung externer Expertise und eine gute Abstimmung innerhalb der Gemeindevertretung sind notwendig, um diese Begrenzungen bestmöglich zu überwinden.

FRAGENDER

Muss man aus all dem jetzt folgern, dass die Problemlösungskapazität und -kompetenz einer Gemeindevertretung sowohl quantitativ wie auch qualitativ nicht deutlich begrenzt ist? Muss man nicht sogar vermuten, dass die klassischen Gemeindevertretungen bei größeren Kommunen selbst bei bester Absicht aller Akteure fast unausweichlich nur suboptimale Entscheidungen fällen kann?

CHAT

Ja, aus den vorangegangenen Überlegungen lässt sich durchaus ableiten, dass die Problemlösungskapazität und -kompetenz einer Gemeindevertretung quantitativ und qualitativ begrenzt ist. Dies gilt insbesondere in größeren Kommunen, wo die Komplexität der Themen und die Anzahl der zu treffenden Entscheidungen exponentiell ansteigen. Selbst wenn alle Beteiligten in bester Absicht handeln, kann es sein, dass die klassischen Gemeindevertretungen an ihre kapazitiven und kognitiven Grenzen stoßen, was suboptimale Entscheidungen zur Folge haben könnte.

Hier sind die wesentlichen Punkte, die diese These stützen:

1. Komplexität der Aufgaben:

In größeren Kommunen werden die zu bearbeitenden Themen immer komplexer und vielschichtiger. Es geht nicht nur um lokale Infrastruktur oder soziale Dienste, sondern auch um Fragen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Entwicklung, Integration und soziale Gerechtigkeit. Diese Themen erfordern ein hohes Maß an fachlicher Expertise, die oft über das Wissen der einzelnen Gemeindevertreter hinausgeht.

  • In kleinen Kommunen sind die Probleme oft eher pragmatisch und konkret lösbar, während in größeren Kommunen die Probleme oft struktureller und multidimensionaler Natur sind.

2. Begrenzte Kapazitäten der Gemeindevertreter:

Wie bereits beschrieben, sind die zeitlichen und kognitiven Kapazitäten der Gemeindevertreter begrenzt. In größeren Kommunen ist der Arbeitsaufwand durch die Vielzahl an Themen und die notwendige Auseinandersetzung mit komplexen Fragestellungen viel höher. Selbst mit Unterstützung durch Ausschüsse oder externe Experten besteht die Gefahr, dass die Gemeindevertretung überlastet wird.

  • In vielen Fällen ist die Auseinandersetzung mit wichtigen Themen möglicherweise nicht tief genug, weil die Zeit fehlt, sich umfassend in alle Bereiche einzuarbeiten. Dies kann dazu führen, dass Entscheidungen auf Grundlage von unzureichenden oder vereinfachten Informationen getroffen werden.

3. Suboptimale Entscheidungsfindung:

Es gibt mehrere Gründe, warum die Entscheidungsfindung in klassischen Gemeindevertretungen in größeren Kommunen tendenziell suboptimal sein kann:

  • Zeitmangel: In größeren Kommunen müssen viele Entscheidungen in relativ kurzer Zeit getroffen werden. Dies führt dazu, dass oft nicht genügend Zeit bleibt, um sich mit allen relevanten Informationen intensiv auseinanderzusetzen.
  • Mangel an Expertise: Auch wenn externe Experten zur Verfügung stehen, ist es für die Gemeindevertreter oft schwierig, deren Empfehlungen kritisch zu bewerten oder zwischen widersprüchlichen Expertenmeinungen zu unterscheiden. Dies kann zu Verzerrungen oder Fehlentscheidungen führen.
  • Gruppendynamik: In größeren Vertretungen spielen politische und persönliche Interessen oft eine größere Rolle. Die Dynamik in solchen Gremien kann dazu führen, dass Entscheidungen auf Basis von Kompromissen getroffen werden, die nicht unbedingt optimal sind. Diese Kompromisse könnten im besten Fall politisch tragfähig, aber im schlimmsten Fall fachlich unzureichend sein.

4. Delegation und Verlagerung von Verantwortung:

In größeren Kommunen wird oft auf Ausschüsse oder Verwaltungsbehörden zurückgegriffen, um Entscheidungen vorzubereiten. Dies kann eine sinnvolle Entlastung darstellen, birgt jedoch das Risiko, dass die eigentlichen Entscheidungsträger (die Gemeindevertreter) Verantwortung delegieren, ohne den Entscheidungsprozess vollumfänglich zu durchdringen. Dadurch wird die Transparenz verringert, und die Entscheidungen könnten stärker von den Interessen der Verwaltung oder externen Akteuren beeinflusst werden.

  • Dies führt zu einer gewissen Entfremdung zwischen der Gemeindevertretung und den Bürgern, da die Vertreter möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang nachvollziehen können, wie die Entscheidungen zustande gekommen sind.

5. Wachsende Anforderungen an moderne Gemeinden:

Mit den wachsenden Herausforderungen, die Gemeinden heute bewältigen müssen, wie Klimawandel, Digitalisierung, sozioökonomische Ungleichheit und Infrastrukturkrisen, steigen die Anforderungen an die Entscheidungskompetenz der Gemeindevertretung. Diese Herausforderungen erfordern langfristige Strategien, die über das Tagesgeschäft hinausgehen. Die klassische Gemeindevertretung, die auf kurzfristige Problembehandlung fokussiert ist, kann hierbei strukturell überfordert sein.

6. Suboptimale Entscheidungen als systemische Konsequenz:

Selbst bei bestem Willen und optimaler Vorbereitung ist es fast unausweichlich, dass in großen Kommunen suboptimale Entscheidungen getroffen werden. Dies liegt an mehreren systemischen Faktoren:

  • Unvermeidliche Komplexität der Themen.
  • Einschränkungen durch Zeit und Ressourcen.
  • Politische Kompromisse, die nicht immer zu den besten Ergebnissen führen.
  • Kognitive und organisatorische Überlastung.

In solchen Systemen besteht immer die Gefahr, dass Lösungen ineffizient, übermäßig vereinfachend oder kurzfristig sind.

Fazit: Suboptimale Entscheidungen als strukturelle Herausforderung

Ja, es muss angenommen werden, dass die Problemlösungskapazität und -kompetenz einer klassischen Gemeindevertretung, besonders in größeren Kommunen, sowohl quantitativ als auch qualitativ begrenzt ist. Die Vielzahl der Themen, die begrenzte Zeit und die kognitiven Kapazitäten der Vertreter führen dazu, dass Entscheidungen häufig suboptimal sind. Dies ist weniger eine Frage von fehlendem Engagement oder schlechten Absichten, sondern eher eine strukturelle Herausforderung, die auf die Komplexität moderner Verwaltung und die Begrenzungen menschlicher Entscheidungsfindung zurückzuführen ist.

Um diese Begrenzungen zu überwinden, könnte es sinnvoll sein, über alternative Modelle der Entscheidungsfindung nachzudenken, wie etwa:

  • Bessere Nutzung digitaler Werkzeuge zur Wissensvermittlung und Entscheidungsunterstützung.
  • Stärkere Beteiligung der Bürger durch direkte Demokratie oder partizipative Verfahren.
  • Effizientere Zusammenarbeit mit Fachgremien und der Verwaltung, bei gleichzeitiger Wahrung der politischen Kontrolle durch die Gemeindevertretung.

Es wird also eine Herausforderung bleiben, wie man trotz dieser Grenzen möglichst gute Entscheidungen trifft.

FRAGENDER

OK, wir stoßen hier offensichtlich auf ein nicht kleines strukturelles Problem der Wissensverarbeitung durch wenige Gemeindevertreter angesichts einer dynamisch wachsenden immer komplexeren Umgebung. Dies muss unbedingt weiter geklärt werden. Hättest Du erste Vermutungen, in welche Richtung gesucht werden sollte?

CHAT

Ja, wir stoßen hier tatsächlich auf ein grundlegendes strukturelles Problem, das weiter untersucht werden sollte, um die Effizienz und Qualität der kommunalen Entscheidungsprozesse zu verbessern. Es gibt verschiedene Ansätze und Richtungen, in die die Suche nach Lösungen gehen könnte. Hier sind einige erste Vermutungen und Ansätze, die weiter untersucht werden könnten:

1. Effizientere Wissensverarbeitung durch Technologie und digitale Werkzeuge:

Ein möglicher Ansatz zur Verbesserung der Wissensverarbeitung ist der Einsatz moderner Technologien und digitaler Werkzeuge. Digitale Plattformen können genutzt werden, um Wissen besser zu organisieren, zu teilen und Entscheidungen auf einer fundierteren Basis zu treffen.

  • Künstliche Intelligenz und Entscheidungsunterstützung: Künstliche Intelligenz (KI) könnte eingesetzt werden, um große Datenmengen zu analysieren, Trends zu identifizieren und mögliche Szenarien zu simulieren. Eine KI-gestützte Entscheidungsunterstützung könnte den Gemeindevertretern helfen, komplexe Probleme schneller zu verstehen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
  • Wissensmanagement-Systeme: Ein digitales Wissensmanagement-System könnte helfen, relevante Informationen und Expertenwissen zentral zu sammeln und den Gemeindevertretern zur Verfügung zu stellen. So könnten Informationen strukturierter bereitgestellt werden, was die Verarbeitung und Integration von Wissen erleichtert.
  • Beteiligungsplattformen: Digitale Plattformen könnten auch genutzt werden, um die Bürgerbeteiligung zu verbessern und direktes Feedback von Experten, Bürgern und anderen Stakeholdern in Echtzeit zu sammeln. Dadurch könnte das Wissen der Bürger effizienter in die Entscheidungsprozesse integriert werden.

2. Neuorganisation der Aufgabenverteilung und Arbeitsteilung:

Eine andere Richtung wäre die Neuorganisation der Aufgabenverteilung und der Arbeitsteilung innerhalb der Gemeindevertretung und zwischen den Gemeindevertretern und der Verwaltung.

  • Spezialisierung der Vertreter: Anstatt dass jeder Gemeindevertreter versucht, alle Themenbereiche abzudecken, könnten Ausschüsse und Arbeitsgruppen spezialisierter agieren. Die Gemeindevertreter könnten sich auf bestimmte Fachbereiche konzentrieren, in denen sie tieferes Wissen aufbauen und fundiertere Entscheidungen treffen können.
  • Stärkere Einbindung der Verwaltung: Die Verwaltung, die oft über fachliches Spezialwissen verfügt, könnte eine erweiterte Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen übernehmen. Dies müsste jedoch mit einer klaren Abgrenzung der politischen Verantwortung geschehen, damit die demokratische Kontrolle erhalten bleibt.
  • Aufwertung externer Experten: Externe Experten könnten systematischer in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, zum Beispiel durch die regelmäßige Teilnahme an Sitzungen oder die Erstellung von Wissensberichten für spezifische Themen.

3. Modell der partizipativen Demokratie und stärkere Bürgerbeteiligung:

Ein weiterer Lösungsansatz könnte darin bestehen, die Bürgerbeteiligung zu institutionalisieren und verstärkt auf partizipative Demokratie zu setzen. Dies könnte dazu führen, dass das Wissen und die Perspektiven der Bürger stärker in den Entscheidungsprozess einfließen, wodurch die Gemeindevertreter entlastet werden.

  • Bürgerforen und Bürgerhaushalte: Regelmäßige Bürgerforen, Bürgerhaushalte oder Bürgerentscheide zu bestimmten Themen könnten helfen, die lokale Expertise und die Bedürfnisse der Bevölkerung besser in die Entscheidungen zu integrieren. Die Gemeindevertretung würde dann stärker als moderierendes Organ fungieren, das diese Beteiligungsprozesse koordiniert und darauf basierend Entscheidungen trifft.
  • Ko-Kreation von Lösungen: Die Bürger könnten stärker in die Entwicklung von Lösungen einbezogen werden, etwa durch Arbeitsgruppen oder Workshops, in denen gemeinsam mit den Gemeindevertretern Lösungen für spezifische Probleme erarbeitet werden.

4. Verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Kommunen und regionale Netzwerke:

Ein Ansatz könnte auch darin bestehen, regionale Netzwerke von Gemeinden zu schaffen, die bei komplexen Themen miteinander kooperieren. Gemeinden könnten ihre Ressourcen bündeln, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln, anstatt jede Herausforderung individuell anzugehen.

  • Interkommunale Zusammenarbeit: Durch interkommunale Zusammenarbeit könnten Gemeinden bei großen, komplexen Problemen wie Infrastrukturprojekten, Klimaschutzmaßnahmen oder der Digitalisierung voneinander lernen und Synergien nutzen. Dadurch könnten Gemeinden die Komplexität besser bewältigen und auf eine größere Wissensbasis zurückgreifen.
  • Regionale Expertenpools: Es könnte auch die Bildung von regionalen Expertenpools gefördert werden, die den Gemeinden kontinuierlich zur Verfügung stehen, um bei spezifischen Problemen schnell und effektiv Expertise einzuholen.

5. Institutionelle Reformen und neue Entscheidungsstrukturen:

Schließlich könnte die Untersuchung in Richtung einer institutionellen Reform der Gemeindevertretung und ihrer Entscheidungsstrukturen gehen. Möglicherweise gibt es strukturelle Probleme, die verhindern, dass Entscheidungen optimal getroffen werden.

  • Neue Entscheidungsmodelle: Es könnte sich lohnen, alternative Entscheidungsmodelle zu untersuchen, etwa deliberative Verfahren, bei denen Entscheidungsträger intensiver über bestimmte Themen diskutieren, bevor Entscheidungen getroffen werden. Solche Modelle legen einen stärkeren Fokus auf den Austausch von Wissen und die kollektive Entscheidungsfindung.
  • Erweiterung der Gemeindevertretung: Eine Vergrößerung der Anzahl der Gemeindevertreter könnte in Betracht gezogen werden, um die Arbeitslast auf mehr Schultern zu verteilen und eine größere Diversität an Wissen und Perspektiven in die Entscheidungen einfließen zu lassen.

Fazit:

Die Untersuchung könnte in mehreren Richtungen verlaufen. Die effizientere Nutzung von Technologie zur Unterstützung der Wissensverarbeitung, die Arbeitsteilung und Spezialisierung, eine verstärkte Bürgerbeteiligung, regionale Kooperationen und institutionelle Reformen der Entscheidungsstrukturen könnten allesamt dazu beitragen, das strukturelle Problem zu lösen. Es wäre sinnvoll, diese Ansätze genauer zu analysieren, um zu verstehen, welche Maßnahmen die größten Effekte in Bezug auf die Verbesserung der Entscheidungsqualität und -effizienz hätten.

Besprechung Growing Open Science with the Combined Potential of Citizen Science and Auto Science von Sonja Schimmler, Fabian Kirstein, Sebastian Urbanek, Hannes Wünsche und Manfred Hauswirth (S. 1-2)

(Letzte Änderung: 15. Dezember 2022)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

Die AutorInnen dieser Programmschrift1 stellen ihre Konzeption eines auf das Weizenbaum Institut zugeschnittenes „Open Science Portal[s]“ in seinen Grundzügen vor.

Das „Open Science Portal“(OSP) soll auf den Alltag von ForscherInnen zugeschnitten und dabei Disziplinübergreifend einsetzbar sein. Daher soll ein Teil dieses Portals ein „Research Dara Portal“(RDP) sein. Das RDP wird als „central point of a researcher’s daily life“ angesehen und soll plattformübergreifend kompatibel mit gängigen Softwaretools und Datenbanken sein. Mit einer „Researcher’s Identity“soll Datensouveränität und Eigentumsrechte gesichert werden. Die Herausforderung sei es, „to find a good balance between generality and specificality“.
Der andere Teil der Plattform ist als „Citizen Science Portal“(CSP) konzipiert. Dabei soll dieses „das Beste“ aus den Welten Citizen Science und Auto Science zur Anwendung bringen. „Citizen Science promises to entail the individual (scientists and hobby scientists) to help with research[,] Auto Science […] is meant to help analyze research data, e.g., to help publish the data and to help improve its quality, by applying methods from artificial intelligence.“ Die Herausforderungen des CSPs werden dreigeteilt präsentiert. Es seien (i) aktuell „neither a critical mass of hobby scientists, nor people with the „right“ background […] attracted“, (ii) „hobby scientists are mostly involved in a crowdsourcing-fashion, namely to collect and clean data“ und (iii) es werden „new and innovative concepts and methods“ benötigt, um die Vision dieses Portals umsetzen zu können.

REFLEXION

Wie ich den Text verstehe wird hier ein Ansatz vorgesellt, der implizit zwischen WissenschaftlerInnen und BürgerInnen trennt. BürgerInnen als „Hobby WissenschaftlerInnen“ seien ein externer Faktor, der von („echten“) WissenschaftlerInnen eingesetzt werden kann, wenn er denn richtig „funktioniere“. Dass sich diese Institution nach eigenen Angaben an dem „European Open Data Portal“ beteiligt hat, zeigt auch eine Nähe an tendenziell als Top-Down-Institutionen verstehbaren Akteuren.

KOMMENTARE

[1] Schimmler, S., Kirstein, F., Urbanek, S., Wünsche, H., & Hauswirth, M. (2019). Growing Open Science with the Combined Potential of Citizen Science and Auto Science. In Proceedings of the Weizenbaum Conference 2019 „Challenges of Digital Inequality – Digital Education, Digital Work, Digital Life“. Berlin https://doi.org/10.34669/wi.cp/2.26

Besprechung Open Science und Citizen Science als symbiotische Beziehung? von Katrin Vohland und Claudia Göbel[1]

(Letzte Änderung: 15. Dezember 2022)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

In dem überblickshaft verfassten Artikel von Vohland und Göbel[0] werden „Open Science und Citizen Science in der europäischen Wissenschaftspolitik analysiert und zueinander in Beziehung gesetzt“. Ziel ist, überblickshaft „aus dem Praxiskontext der Bürgerwissenschaften heraus Ausgangspunkte für weiterführende Diskussionen mit Vertretern der Wissenschafts- und Technikforschung aufzuzeigen“ sowie „konstruktive Impulse für kritische Reflexionen in diesen Praxiskontext zurück zu spiegeln“ (vgl. 18).

Laut den Autorinnen kann das Bedeutungsfeld um Citizen Science in etwa so beschrieben werden:
Citizen Science und Open Science seien miteinander verwoben, aber trotzdem eigenständige Praktiken.
Citzen Science habe „zwei komplementäre Ursprünge“ (S. 19), der „naturkundlichen Tradition von ehrenamtlichen Forscherinnen und Forschern, deren Daten Eingang in das wissenschaftliche System finden“ (ebd.) und die „Mobilisierung alternativer Formen von Expertise im Kontext von Umweltpolitik“ (ebd.). Damit auch sind auch zwei Interessen angesprochen: Das der „Wissenschafts- und Umweltbildung“ (ebd.) und das der praktischen Wissenschaftspolitik.
Die (europäischen) StakeholderInnen seien einerseits „verschiedenste[…] akademische […] und zivilgesellscahftliche[…] Gruppen, welche Ansätze partizipativer Forschung praktizieren“ (S. 19), Verbände wie die European Sitizen Science Assosiation (ECSA), Europäische Union und natürlich die Universitäten, die zwar nicht explizit im Text erwähnt werden, jedoch implizit innerhalb ihren Diskursräumen (In erster Linie durch Publikationen und Veranstaltungen) Citizen Science thematisieren und zumindest indirekt dadurch fördern bzw. Einfluss nehmen. Damit ordnen die Autorinnen das Thema ‚klassisch‘ im Dreiklang Politik, Wissenschaft und Zivilgeselschaft.[1] Es sei klar als Beteiligung der BürgerInnen am wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu bewerten (vgl. 21). [2]
Was nicht explizit erwähnt wird ist die Nähe zwischen BürgerInnen und WissenschaftlerInnen hierbei.
Open Science sei „als Begleiterscheinung der Digitalisierung von Wissenschaft“ (S. 18) zu verstehen, dessen „intuitive umgangssprachliche Ebene – „jeder kann mitmachen, alles liegt vor“ im Sinne von offenem Wissen […] – nicht identisch mit dem technischen Begriff Open Science“ (S. 19) sei, es sei „ein neues Paradigma in der Art, wie Forschung betrieben“ (ebd.) werde. Eine „frühzeitige Öffnung des Forschungsprozesses“ (ebd.) sei zentral für diese „Strategie […], mittels Digitalisierungsmaßnahmen Wissenschaft effizienter zu gestalten“, wobei die „Beteiligung an Forschungs- und Wissenschaftskommunikationsprozessen“ innerhalb dieser Praktik „als wesentlicher Teil“ bewertet werde.
Die (europäischen) StakeholderInnen seien ebenfalls in diesen Dreiklang einordbar, jedoch sind da die damit verbundenen Interessen und damit die Gewichtungen anders gelagert.
Hier ist die Nähe institutionell zwischen den Universitäten und der EU, was man auch dem Verständnis von VertreterInnen der Open Science bzgl. Citizen Science anmerkt. Es gehe um „Fostering and creating incentives for Open Science“(S. 20) , „Bügerwissenschaft [werde] generell als Möglichkeit für die Erschließung zusätzlicher Ressourcen für Forschung gefasst“(ebd.). Die Partizipativen Praktiken sollen „1. Unterstützungsleistungen in der Datenaufnahme“ (ebd.), „2. Unterstützungsleistungen in der Datenanalyse“ (ebd.) sein und zur „3. Wissenschaftsfreundlichkeit und Anregungen aus der Gesellschaft“ (ebd.) beitragen. Dadurch werde automatisch zu „verantwortlicher Forschung“ und erhöhter „gesellschaftlicher Relevanz“ beitragen.[3]

Zusammenfassend könne gesagt werden, Open Science bestehe aus „[g]roße[n] digitale[n] Infrastrukturen“, einem „Publikationswesen“ und „Altmetric“ (die Messung und miteinander ins Verhältnis Setzen von Parametern wie Publikationsrate, Zitationen, ‚Relevanz‘, …) und berufe sich auf (EU-)Werte wie „Open Innovation“ und Open to the World“. Dem gegenüber auch gleichzeitig auch verschränkt steht Citizen Science mit „Gesellschaftliche[r] Inklusion“, „Scientific Citizenship“(nicht näher erläutert) und „Nachhaltigkeit“ für Werte wie „Public Engagement, Responsible Research & Innovation“ und „Transdisziplinäre[r] Forschung“. Open Science wirkt mit „Dateninfrastrukturen“ auf den Citizen Science Kontext, dieser wirkt mit „Gesellscahftliche[r] Relevanz/Innovation“ auf Open Science ein.

REFLEXION

Im Gespräch mit Gerd Doeben-Henisch über diesen Text hat dieser als Wissenschaftsphilosoph immer wieder die Frage aufgeworfen, welchen Wissenschafts- und vor allem, welchen Theoriebegriff die Autorinnen dieses Textes haben. Das hat mich auch überrascht, denn hier scheint es, als sei die Theorie ein externer Faktor, der nicht notwendig näher zu erläutern sei, was von einem dem Oksimo-Paradigma völlig unterschiedlichem Wissenschaftsbegriff zeugt. Es werden auch Begriffe nicht näher erläutert aber dennoch so angewendet, dass sich darauf berufen werden könnte. Es ist aber auch ein Überblickstext, der nicht das Ziel hat, mehr zu geben als einen groben Überblick. Die einzige theoretische Bezugnahme, die ich finden konnte ist „Cyberscience 2.0“ von Michael Nentwich und René König[4], deren Text nach erster Sichtung interessant scheint für eine eigene Besprechung.
Auf die Werte bezogen ist Oksimo näher an Citizen Science wie an Open Science und kann eher als ein Tool verstanden werden, der Citizen Science Community ein emanzipatorisches Tool zur Verfügung zu stellen, welches sie nicht zu bloßen DatensammlerInnen degradiert. Auf der anderen Seite wird der „Citizen­-Science­-Community selbst eine unzureichende Praxis der Zur­-Verfügung-­Stellung von Daten bescheinigt, insbesondere was den Bereich der Biodiversitätsdaten angeht“ (S. 22), was auf mögliche Spannungen innerhalb dieses gesellscahftlichen Zusammenhängen hinweist und auch durch die Publikation von Quentin Groom et. al.[5] in einem Artikel besprochen werden wird.

KOMMENTARE

[0] Vohland, K., & Göbel, C. (2017). Open Science und Citizen Science als symbiotische Beziehung? Eine Gegenüberstellung von Konzepten. TATuP – Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis / Journal for Technology Assessment in Theory and Practice, 26(1-2), 18-24. https://doi.org/10.14512/tatup.26.1-2.18
[1] Sinn macht es vielleicht mehr, die Ökonomischen Interessen mit ins Boot zu holen, denn dass bei dieser Vielzahl an unbezahlter Arbeit keine Interessen diesbezüglich vorhanden seien scheint mir doch recht unrealistisch.
[2] Durch die enge Verflechtung von Citizens und Science kann dieses aktuelle Bild auch polemisierend mit Ulrich Becks Fahrstuhleffekt die Bezugnahme hergestellt werden, dass dieser spezifische Charakter des Versuchs, die „breite Öffentlichkeit“ (S.20) auf diese Weise in die Wissenschaft einzubeziehen eine Folge der „Bildungsexpansion“ der 80er Jahre sein könnte. Politisches Engagement kann deshalb so ähnlich zu wissenschaftlichem Engagement positionieren, da es eben eine diverse Mischung von HochschulabsolventInnen gibt, die vielleicht heute an Diversität einbüßt bzw. schon eingebüßt hat. Zwar studieren viele Menschen an den Unis, jedoch meist kommen diese Studierenden aus dem Ausland. Die allgemeine „Durchlässigkeit“ und damit die Diversität der Wissenschaften nimmt ab.[2.2]
[2.2] Das hat wohl mit der Digitalisierung zu tun, denn durch diese und die nahezu völlige Verfügbarkeit von Wissen fungieren Universitäten bzw. die „Wissenscahften“ als Autoritäten, und damit greifen wohl klassische Ein- und Abgrenzungsmechanismen.(Quelle?)
[3] Das liest sich schon alles irgendwie seltsam. Zitiert wird die Europäische Kommission mit:
Erster Punkt: „[I]f scientists want to monitor the effects of climate change on local ecosystems, they can use Open Science to engage citizen reporting, and rapidly multiply the data at their disposal.“
Zweiter Punkt: „[J]ust as people offer spare rooms via AirBnB, why shouldn’t they be allowed to offer spare brain power via citizen science?“
Das klingt eher nach der Objektivierung von Menschen, zur Entfremdung der BürgerIn zu einem Subjekt, dass auf der gleichen Stufe wie ein Messinstrument versammelt werden soll. Der Kommissionsbericht ist hier zu finden: http://www.openaccess.gr/sites/openaccess.gr/files/Openinnovation.pdf
[4] Nentwich, Michael; König, René (2012): Cyberscience 2.0 – Research in the Age
of Digital Social Networks. Frankfurt am Main: Campus. Zugriff: https://archive.org/details/cyberscience20re0000nent/page/n3/mode/2up
[5] Groom, Quentin; Weatherdon, Lauren; Geijzendorffer, Ilse R. (2016): Is Citizen Science an Open Science in the Case of Biodiversity Observations? In: Journal of Applied Ecology 54 (2), S. 612-617. https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.12767

OKSIMO PARADIGMA und DEMOKRATIE – Wie belastbar ist die Demokratie – Vorländer, FAZ, 9.Aug.2021, S.6

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
10.Aug 2021 – 12.Aug 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenknotens DEMOKRATIE innerhalb des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

POSITION VON VORLÄNDER

Die Position von Prof. Dr. Hans Vorländer — u.a. Direktor, Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden — soll hier in kurzen Thesen angeleuchtet werden. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, die speziell den möglichen Zusammenhang mit dem oksimo Paradigma thematisieren.

Hermeneutik: Wenn eine Person A den Text von anderen Personen liest, dann wird die Person A diesen Text immer (es gibt kein Entkommen) im Lichte ihrer aktuellen Wissensvoraussetzungen lesen. Diese resultieren aus einer individuellen Lerngeschichte und dieses Wissen kann sich kontinuierlich weiter ändern, z.B. schon durch die Lektüre und die aktive Auseinandersetzung mit dem Text. Wer also wissen will, was der Autor (hier Herr Vorländer) selbst geschrieben hat, muss diesen Text selbst lesen. Sollten Sie dies tun, wundern Sie sich bitte nicht, wenn Sie diesen Text ganz anders verstehen sollten wie der Autor in diesem Blog … es gibt nicht zwei Gehirne auf dieser Welt, die ‚gleich‘ sind. Diese Verschiedenheit ist unser Glück; gäbe es sie nicht, würden wir aufgrund von Monotonie in einer sich ständig rasant ändernden Welt alsbald schlicht untergehen …

ARTIKEL VORLÄNDER

(1) Der Grundtenor des Artikels von Hans Vorländer ist — und dies in Übereinstimmung mit dem schwedischen Forschungsinstitut Varieties of Democracies [V-Dem][1] –, dass die liberalen Demokratien unter einem starken Druck stehen, den man sehr wohl als besorgniserregend einstufen kann.

(2) Jenseits der nackten Zahlen, die das V-Dem vorlegt, nach denen es 1990 weltweit nur 41 Staaten gab, die man als liberaler Demokratien bezeichnen könnte, und dass seit 1990 sich diese Zahl auf nur noch 32 reduziert hat — also alle ca. 3 Jahre eine liberale Demokratie weniger –, sind die konkreten Umstände, unter denen heute liberale Demokratien existieren, sehr wohl ein möglicher Weckruf für alle, die mit dem Konzept der liberalen Demokratie wichtige Wertvorstellungen verknüpfen.

(3) Den Unterschied zwischen einer liberalen Demokratie und einer bloßen Wahl-Demokratie sieht Vorländer im Vorhandensein und Funktionieren von Elementen wie z.B. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit von Justiz und Medien, Freiheit der Meinungsäußerung, diskriminierungsfreie Umgang mit Minderheiten, Anerkennung soziokultureller Vielfalt, Schutz von Grund- und Menschenrechten, und fairer politischer Wettbewerb.

(4) Aber selbst in den noch liberalen Demokratien geraten diese Elemente — und noch weitere — zunehmend unter Druck und es ist eine offene Frage, wie resilient (widerstandsfähig) liberale Demokratien sind, um diesen Druck zu überstehen.

(5) Mit Blick auf Prof. Przeworski von der New York University [2] stellt er — fast beruhigend — fest, dass sich bislang kein festes Muster erkennen lässt, wann und wie Demokratien sich auflösen und zerfallen; es gibt allerdings viele einzelne Faktoren, deren Funktionsuntüchtigkeit einen möglichen Niedergang begünstigen könnten.

(6) Krisen sind besondere gesellschaftliche Zustände (z.B. Bankenkrise, Finanzkrise, Migrationskrise, Eurokrise, Stabilisierungsmechanismen des Internationalen Währungsfonds, Corona Pandemie, Flutkatastrophen, …), in denen staatliches Handeln gefordert ist und wo es das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen stärken kann. Die Art und Weise der Kommunikation mit den Bürgern spielt dabei eine wichtige Rolle.

(7) Spätestens die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass es viel Missmut und Kritik gegeben hat. Die Tendenz zum Unterlaufen der üblichen demokratischen Verfahren durch Rückgriff auf anonyme Expertenrunden war einer der kritischen Punkte in der aktuellen Corona Pandeemie. Dazu wurden zahlreiche extremistische Strömungen sichtbar, die nicht erst seit Corona existieren, sondern schon viele Jahre Europaweit und in den USA unüberhörbar von sich reden machen. Für solche eher extremistische Gruppierungen, die Demokratien grundsätzlich in Frage stellen, sind Krisen — wie z.B. Corona oder Flutkatastrophen — und die unglückliche Handhabung demokratischer Verfahren eine willkommene Gelegenheit sich in Szene zu setzen.

(8) Doch darf man sich durch die Einmischung radikaler Gruppierungen nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass auch normale Bürger berechtigte Sorgen haben, Zweifel hegen, ja sogar wütend sind auf die Art und Weise, wie politische Repräsentanten und Institutionen agieren.

(9) Diese Kritik hat schon seit Jahren zu einer wachsenden Entfremdung zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen, ihren Parlamenten, ja sogar zu den Parteien geführt, die doch eigentlich die unmittelbare Verbindung von Bürgern und demokratischen politischen Institutionen ermöglichen sollten. So hat der Parlamentarismus und die politischen Parteien am meisten an Anerkennung und Akzeptanz verloren. Bürger fühlen sich immer weniger durch die Parteien vertreten. Es gibt deutliche Zeichen von Entfremdung in der gefühlten Distanz zwischen Regierenden und Regierten. Viele bislang üblichen sozialen Infrastrukturen zur Vermittlung zwischen Bürger und Politikern sind heute deutlich geschwächt oder ganz weg.

(10) Doch gibt es neben den politischen Parteien nicht Nichts; es gibt das neue Phänomen von ‚Bewegungen‘, die außerhalb der Parteien ihre Interessen zu vertreten suchen. Diese Bewegungen mit oft starken Führungsfiguren deuten einen Wandel der liberalen Demokratien an, wenngleich bislang in konstitutionellen Bahnen. Damit einhergehend meint Vorländer die Tendenz zu einer Hyperpersonalisierung zu erkennen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieses Phänomen der vielen neuen Bewegungen parallel auftritt zur neuen Allgegenwart des Internets mit all seinen vielfältigen sozialen Medien (Twitter, messenger Dienste, …). Empörungen, Erregungen, und Stimmungen wirken direkter und können schneller und stärker die Meinungen beeinflussen. Diese Meinungen spielen sich außerhalb der Institutionen ab; es fehlen vermittelnde Räume. Am Beispiel des Trumpismus (aber nicht nur da) kann man sehen, wie der direkte Zusammenschluss zwischen populistischen Strömungen und ihrer Führer gesucht wird, um damit die kritisierten demokratischen Institutionen einfach zu umgehen.

GEDANKEN ZUM ARTIKEL

  1. Die obigen Punkte bilden nur einen Ausschnitt aus dem breiten Bild, das Hans Vorländer zeichnet, ein Ausschnitt dessen Auswahl und Zuschnitt auf den Autor dieses Diskurses zurückgeht (siehe den einleitenden Punkt ‚Hermeneutik‘).
  2. Für die weiterführenden Überlegungen soll auch — mit einem Seitenblick — der interessante Beitrag von Wolfgang Schäuble nicht unberücksichtigt bleiben.
  3. Aus der Sicht des oksimo Paradigmas richtet sich der Fokus der Überlegungen auf die Akteure in diesem Feld der liberalen Demokratie, auf jene, die staatliche Institutionen vertreten, politische Gremien, die politischen Parteien, und jene, die allgemein als Bürger gelten, die in diesem Staat leben, z.T. auch wählen dürfen, aber zwischen den Wahlen nahezu keine ’normalen‘ Mitwirkungsmöglichkeiten haben.
  4. In einer liberalen Demokratie ist die staatliche Gewalt an die gewählten Parlamente delegiert, die von unterschiedlichen Institutionen unterstützt werden. Idealerweise sollen die Parlamente die Aufgaben der Gesellschaft mit Blick auf die Zukunft und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Land erkennen und in möglichst optimaler Weise, speziell auch nachhaltig, zukunftsfähig machen. Jede Gegenwart ist ein Ausschnitt aus der möglichen Zukunft von Gestern. Wurde gestern mit Blick auf die mögliche Zukunft schlecht gehandelt, dann ist die aktuelle Gegenwart das Ergebnis solcher Versäumnisse.
  5. Für die Frage nach einer nachhaltigen Zukunft für eine liberale Demokratie sind daher weniger Einzelereignisse interessant, weniger Ausnahmesituationen, weniger individuelle Skandale, sondern eher der alltägliche Prozess, in dem alle involviert sind, und der geeignet ist, alle Bürger in ihrer Vielfalt auf nachhaltige Weise für eine entsprechend nachhaltige Zukunft vorzubereiten, zu befähigen, und zu begeistern. Womit sich die Frage stellt, wie denn das Format des alltäglichen Prozesses in einer liberalen Demokratie beschaffen sein sollte, damit eine nachhaltige Zukunft zumindest wahrscheinlich sein könnte, wenngleich ohne eine 100%-tige Garantie, dass es auch tatsächlich gelingt.
  6. Hans Vorländer lässt in seinem Beitrag viele Aspekte aufblitzen. Hier möchte ich nur zwei Aspekte herausgreifen, die aus Sicht des oksimo Paradigmas von besonderem Interesse sind: das ist einmal (i) die große Entfremdung der Bürger von den politischen Parteien (und umgekehrt!), und zum anderen (ii) die unübersehbare Entstehung und Erstarkung von außerparlamentarischen Bewegungen aller Art.
  7. Würden die politischen Parteien diese Bewegungen aufgreifen, würden die Parlamente eine neue, intensive Kommunikation mit diesen Bewegungen suchen, dann könnten diese neuen dynamischen Bewegungen möglicherweise zu einer Verlebendigung der bestehenden Parteien und Parlamente führen; vielleicht. Bislang überwiegt aber der Eindruck einer bestehenden und zunehmenden Entfremdung zwischen neuen Bewegungen und etablierten Parteien und Parlamenten. Würde es bei diesen Tendenzen bleiben, wäre ein ernster Konflikt zwischen gegebenen konstitutionellen Formen der Demokratie und einem wachsenden Teil der Bevölkerung vorgezeichnet.
  8. Fragt man sich, woher denn diese wachsende Entfremdung komme, dann gibt es mindestens zwei Faktoren, die sich abzeichnen: (i) Die reale Kommunikation zwischen Bevölkerung und etablierten Parteien und Parlamenten ist real schwach, gestört, und wird aktuell eher schwächer; (ii) Die inhaltlichen Anschauungen der verschiedenen Gruppen divergieren vielfach sehr stark. Dies wird durch die Aufsplitterung der Öffentlichkeit in immer mehr Teilöffentlichkeiten mit jeweils immer weniger innerer Pluralität begünstigt. Es entstehen kognitive Weltbilder weitgehend unabhängig voneinander. Da diese Weltbilder für jede Gruppe eine gruppenspezifische Handlungsbasis bieten, stehen sich zunehmend Weltbilder als Alltagsvorstellungen gegenüber, die immer weniger kompatibel sind; zusätzlich scheinen die ‚Inhaber dieser spezifischen Weltbilder‘ immer weniger fähig und willens zu sein, ihre eigenen Weltbilder irgendwie in Frage zu stellen. Das Ergebnis sind Verteufelungen der anderen, eine immer stärkere Bereitschaft zu Gewaltaktionen, weil man die Fähigkeit verloren hat, über Weltbilder zu reden, so dass man diese im gemeinsamen Diskurs unterschiedlich beleuchtet, anders bewertet, und möglicherweise modifiziert.
  9. Die Erstarrung im Umgang mit kognitiven Bildern der Welt ist eine Form von ‚Systemstörung‘: es ist eine grundlegenden Eigenschaft von biologischen Systemen auf der Erde, dass sie mehr als 3 Mrd.Jahre auf diesem Planeten nur überlebt haben, weil sie extrem anpassungsfähig waren, wandlungsfähig, grundlegend lernfähig. Besonders der homo sapiens verfügt über sehr außerordentliche Fähigkeiten, zu lernen und sich durch Kommunikation mit anderen zu koordinieren. Jedoch gehört es zur Eigenheit hochentwickelter lernender Systeme, dass sie nicht deterministisch sind: sie können, aber sie müssen nicht. Das ist ihr Geheimnis. Wenn sie sich aber ihrem realen Lernen grundsätzlich verweigern durch starres Festhalten an nur wenigen Aspekten ihrer dynamischen Umwelt, dann schreiben sie ihren Untergang fest. In einer dynamischen Welt kann kein statisches System auf Dauer überleben.
  10. Was in dieser Situation hilfreich wäre, das wären neue Formen einer gruppenübergreifenden Kommunikation, die nicht nur die unterschiedlichen Anschauungen sichtbar macht, sondern zusätzlich auch grundlegende Strukturen von Weltbildern.
  11. Das oksimo Paradigma wendet sich generell an Gruppen, und zwar beliebige Gruppen von Menschen (Bürgern). Jeder einzelne gilt als ein Experte; vorab wird kein Unterschied gemacht. Für die Kommunikation ist nur die eigene Sprache notwendig (Deutsch, Englisch, …). Von allen Beteiligten wird erwartet, dass sie in der Lage sind, sich zu einigen, welche Aspekte in einer bestimmten Situation sie als real gegeben annehmen. Ferner wird erwartet, dass sie in der Lage sind, jene Situation in der Zukunft zu beschreiben, die sie aktuell anstreben wollen. Und dann besteht die gemeinsame Kommunikation darin, zu beschreiben, wie man in einzelnen Schritten von der aktuellen Situation zur zukünftigen Situation kommen kann. Man kann diesen Prozess auch so sehen, dass alle zusammen eine Art Drehbuch schreiben mit einzelnen Szenen (Situationen), mit den beteiligten Akteuren und den gewählten Aktionen, die unterschiedliche viel weitere Ressourcen benötigen (Zeit, Geld, Material, Wechselwirkung mit anderen, …). Zusätzlich bietet oksimo die Möglichkeit, das Drehbuch jederzeit auch als Simulation ablaufen zu lassen, oder gar während der Simulation eine aktive Rolle als Spieler zu übernehmen; einfach die bis dahin gegebenen Regeln anwenden oder ad hoc neue Regeln zu generieren, indem man das Drehbuch abändert. Simulation und Spielen bietet eine sehr intensive Form, sich mit den Ideen des Drehbuchs und den anderen auseinander zu setzen. Mit oksimo kann man zusätzlich auch Künstliche Intelligenz [KI] einsetzen. Diese ist aber nur insoweit interessant, als die menschlichen Akteure selbst Ziele und Konzepte haben, denen sie folgen wollen.
  12. In der Theorie könnte eine für alle verfügbare oksimo Umgebung also nicht nur grundlegend zu einer verbesserten Verständigung unter allen Bürgern beitragen (falls diese überhaupt lernen wollen!), es könnte mit der Zeit auch das Wissen um die Welt dramatisch verbessert werden, und zwar für alle, jederzeit, auch für die Politiker. Die heute vielfach zu beobachtenden ‚Sololäufe‘ jenseits einer demokratischen Öffentlichkeit wären dann weder notwendig noch langfristig möglich.

ANMERKUNGEN

[1] Homepage: Varieties of Democracies [V-Dem], https://www.v-dem.net/en/

[2] Adam Przeworski (Professor of Politics, New York University): https://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Przeworskihttps://as.nyu.edu/content; Private Webseite: https://as.nyu.edu/content/nyu-as/as/faculty/adam-przeworski.html

Anmerkungen zu Wolfgang Schäuble „Das Prinzip der Repräsentation“

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
2.Juli 2021 – 3.Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist ein Diskussionsbeitrag zum Artikel DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Bürgerbeteiligung und Politische Parteien des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

Anmerkung zu „DAS PRINZIP DER REPRÄSENTATION“

Kontext zum Artikel

Wie im vorausgehenden Artikel zu Bürgerbeteiligung und politische Parteien hervorgehoben wurde, muss das formale Prinzip der Gründung von Parteien, über die gewählte Repräsentanten bereit gestellt werden, um in verfassten Gremien die Regeln für ein gemeinsames Leben zu entscheiden, unabdingbar ergänzt werden um jene Kompetenzen, die notwendig sind, um die anstehenden Fragen sachlich angemessen erkennen und beantworten zu können.

Im Grundgesetz und im Parteiengesetz werden keinerlei Hinweise geliefert, wie die Einbeziehung notwendiger Kompetenzen real vonstatten gehen soll. Das formale Element der periodischen Wahlen ist als solches keinerlei Beitrag zur Frage von wirksam geteilten Kompetenzen. Im Parteiengesetz findet sich zwar der unübersehbare Hinweis, dass mit der Bereitstellung von Kandidaten für eine Wahl allein der Auftrag einer politischen Partei nicht vollstän dig erfüllt wird, aber konkrete Hinweise, wie eine kontinuierliche und nachhaltige Einbeziehung von Bürgern und ihrer Kompetenzen über das bloße Wählen von Repräsentanten hinaus aussehen sollte, findet sich nicht.

In diesem Zusammenhang ist interessant, was der amtierende Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble, dazu in der FAZ vom 1.Juli 2021 in der Nr.149, S.6, schreibt.

ARTIKEL SCHÄUBLE

(1) Schäuble diagnostiziert globale stark vernetzte komplexe Herausforderungen, die einhergehen mit einer Vielfalt, die nach einer Reduktion auf das Wesentliche verlangt, um sinnvolles Verhalten möglich zu machen. Für ihn sind die Parlamente jene Orte, wo die Reduktion auf das Wesentliche stattfinden muss.

(2) Hier ist interessant, dass Schäuble das Prinzip der Repräsentation eindeutig gegen die Forderung nach Repräsentativität abgrenzt. Da sich — aus rein praktischen Gründen — die reale Vielfalt der Bürger nicht 1-zu-1 in einem Parlament abbilden lässt, leitet er daraus ab, dass Repräsentation rein formal interpretiert werden muss: der gewählte Vertreter repräsentiert nicht einzelne, spezielle Gruppen, sondern ‚das ganze Volk‚. Er formuliert dazu „Sie [die Abgeordneten des Bundestages] vertreten die Repräsentierten nicht durch ihre Person, sondern durch ihre Politik.“

(3) Schäuble entgeht allerdings nicht, dass die Politik der Repräsentanten Teile der Repräsentierten nicht mehr überzeugt. Er leitet daraus die Forderung ab, dass mehr Streit in der Mitte der Gesellschaft möglich sein muss, der zudem öffentlich im Parlament ausgetragen werden soll.

(4) Eine Ursache für die Unzufriedenheit der Wähler lokalisiert Schäuble in globalen Problemstellungen, die sich auf nationaler Ebene allein nicht lösen lassen, was indirekt auf einen größeren politischen Kontext verweist, auf Europa, dessen parlamentarische Kontrolle allerdings gestärkt werden müsse.

(5) Für die objektiv messbare Unzufriedenheit der Bürger sieht Schäuble aber nicht das Ungenügen der Parlamente als Ursache, sondern in den massiven Veränderungen in der Gesellchaft selbst. Einen solchen Aspekt der gesellschaftlichen Veränderungen sieht er gegeben in der zurück gehenden Bindungsbereitschaft an bislang vertraute Gruppierungen.

(6) Den Trend, die Unzufriedenheit der Bürger in Form von Bürgerinitiativen, Bürgerbegehren, zufällig zusammengesetzte Bürgerräte, oder Volksabstimmungen zu kanalisieren, sieht er sehr kritisch, wenig konstruktiv, eher bedrohlich.

(7) Die faktische Erweiterung von Öffentlichkeit durch das Internet, die eine Demokratisierung der Demokratie unterstützen könnte, in der jeder direkt seine Meinung kundtun kann, sieht Schäuble ebenfalls sehr kritisch: es entstehen immer mehr Teilöffentlichkeiten, die eher gegeneinander, statt miteinander funktionieren; die für eine Demokratie unerlässliche gemeinsame Öffentlichkeit zersplittere in immer mehr Fragmente. Steigende Partizipationserwartungen suchen sich immer mehr neue Wege, auch solche, die mit populistischen Mitteln den schnellen Erfolg suchen.

(8) Angesicht dieser starken Tendenzen hält er ein Plädoyer für die parlamentarische Demokratie und für das strukturelle Element der politischen Parteien, die akuten, kurzlebigen populistischen Tendenzen widerstehen können. Sein Leitmotiv drückt sich gut in der Formulierung aus: Die Demokratisierung der Demokratie macht Repräsentation nicht entbehrlich. Angesichts einer wachsenden Vielfalt geht es auch und immer mehr um Ausgleich von widerstreitenden Interessen. Parlamente sind für Schäuble Orte der Gemeinsamkeit und Orte der Verantwortung.

(9) Für Schäuble führen diese beobachtbaren Schwächen und Unzulänglichkeiten der Repräsentation zurück zu den politischen Parteien: diese müssten sich erneuern um den Tendenzen zur Individualisierung und zum Strukturwandel gerecht zu werden. Dies könne nur geschehen, wenn die Bürger mehr als bisher in die konkrete Parteiarbeit eingebunden würden, so dass die verfassungsgemäße Repräsentation funktioniere, aber in mehr lebendigem Kontakt mit den Bürgern. Dies motiviert Schäuble zu der Feststellung: „Der Weg, gesellschaftliche Vielfalt im Parlament sichtbar zu machen, führt nicht über das Wahlrecht, sondern über die Parteien.“ In den Parteien selbst brauche es Vielfalt, brauche es Toleranz, brauche es Kompromissfähigkeit; das erhöht die Attraktivität von Parteien.

(10) Nach all diesen Überlegungen hält Schäuble fest, dass „die wichtigste Aufgabe“ von politischen Parteien letztlich ist, solche Politiker*innen hervor zu bringen, die in den Parlamenten ihrer Gesamtverantwortung gerecht werden können.

GEDANKEN ZUM ARTIKEL

Auf den ersten Blick kann man diesen Artikel von Schäuble als ein engagiertes Plädoyer für die Idee eines repräsentativen Parlamentes lesen, das getragen wird, von politischen Parteien, die im Wirrwar des Alltags eine besonnene, Extreme ausgleichende Politik möglich machen, die ‚dem Volke‘ dient.

Dass es eine zunehmende Unzufriedenheit der Bürger (der ‚Repräsentierten‘) mit ihren gewählten politischen Repräsentanten gibt, nimmt Schäuble wahr; auch, dass sich der Wille zu mehr Partizipation in immer mehr Initiativen manifestiert, die an den politischen Parteien vorbei um Gehörtwerden ringen. Die vielen — z.T. ja verfassungskonformen — Partizipationsformate außerhalb der verfassten politischen Parteien werden aber von Schäuble kritisiert; in ihrer inhärenten Partikularität könnten sie den jeweiligen Gesamtzusammenhängen nicht gerecht werden. Sie seien kein Ersatz für politische Parteien und das Parlament des Bundes (die Landes, Kreis und Ortsparlamente werden von ihm nicht eigens thematisiert).

Bei den möglichen Ursachen für die Unzufriedenheit der Bürger bleibt Schäuble sparsam mit seinen Gedanken. Strukturell sieht er — sehr abstrakt — stark vernetzte global initiierte Veränderungsprozesse, die auf Deutschland und den Alltag der Bürger einwirken, die sich nur partiell rein national gestalten lassen. Das Internet sei primär ein Medium der Zersplitterung von Öffentlichkeit. Die stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen führten zu einer abnehmenden Bindungswilligkeit der Bürger, so dass sie sich weniger als früher den politischen Parteien anschließen wollten. Es fehlt nicht viel, die Position Schäubles so zu lesen, als ob für ihn der unzufriedene Bürger die Rolle eines ‚Schuldigen‘ einnimmt, der den Weg der Tugend, den Weg der verfassungsgemäßen politischen Parteien, aus eigenem Unvermögen nicht mehr wahrnimmt, und damit zu einer Gefahr für das System ‚repräsentatives Parlament‘ wird.

Sein entschiedenes Pläydoyer für die zentrale Rolle politischer Parteien und für das repräsentative Parlament auf der Basis der politischen Parteien liest sich auf den ersten Blick sehr ’staatmännisch‘. Auf den zweiten Blick — und vieler weiterer Blicke — ist der Weg zu einer schrillen Disharmonie nicht weit.

Wie die zahllosen Enthüllungen von — zum Glück noch vorhandenen — kritischen Journalisten und Journalistennetzwerke der letzten Jahre gezeigt haben, ist eine — vielleicht die stärkste — Ursache für die wachsende Unzufriedenheit der Bürger mit dem Parlament (und nicht nur auf Bundesebene!) nicht das mangelnde Engagement der Bürger sondern das Parlament selbst! Dass Deutschland international als Eldorado für Lobbyismus gilt; für Geldwäsche; für vielfältige Formen organisierter Kriminalität; für ein willfähriges Werkzeug der Finanzindustrie, die jährlich mit mehrstelligen Milliardenbeträgen der Steuerzahler jonglieren; für den Ausverkauf von Immobilien und Agrarflächen sorgen; für mangelnde Qualitätskontrollen in wichtigen Lebensbereichen der Bürger; für einen unübersehbaren Verfall wichtiger Infrastrukturen; für ein immer schlechter werdendes Bildungssystem, was unsere nationale Zukunft unmittelbar bedroht … und vieles mehr …, das wurzelt nicht im fehlenden Engagement der Bürger, sondern im Verhalten von Parlamentariern, die Gesetze verabschieden, die all dies mindestens zulassen, wenn nicht gar befördern oder sogar erzwingen, zumindest aber zum Missbrauch einladen. Wenn die Parlamentarier zugleich in parlamentsfremden Gremien, Institutionen, Verbänden oder Firmen sitzen, deren Interessen sie direkt in die wichtigen Ausschüsse und Gesetzesverabschiedungen hineintragen, dann ist der Bürger systemisch neutralisiert. Dies erzeugt beim aufgeklärten Bürger ein tiefgreifendes Ohnmachtsgefühl, Enttäuschung, Politikverdruss, und — hoffentlich eigentlich — eine Form von Agressivität, die dann zu einem Handeln drängt: Das darf doch gar nicht wahr sein; im Parlament verschaffen sich — ganz offensichtlich ermöglicht durch die Mehrheit der Abgeordneten — unverhohlen bürgerfremde Interessen von außen einen direkten Zugang, um sich selbst an der Öffentlichkeit vorbei ‚ganz legal‘ zu bedienen. Der Übergang vom Lobbyismus zu unverhohlenen neuen Formen ’struktureller Korruption‘ erscheint hier fließend.

Vor diesem Hintergrund erscheint das Zeigen von Schäuble auf den bindungsunwilligen Bürger, der wie ein ungezogenes Kind den ‚ordentlichen Weg‘ der politischen Parteien nicht richtig wahrnimmt, fast wie blanker Hohn. Als Präsident des Bundestages weiß Schäuble eigentlich ziemlich genau, welche Einflussnahmen auf das Parlament durch die Parlamentarier in ihren ‚multifunktionalen Interessensrollen‘ stattfinden — und wenn er es nicht wüßte, wäre er ein sehr schlechter Präsident des Bundestages — , und dass er diese vielfach bekannt gemachten Sachverhalte nicht einmal erwähnt, mit keinem einzigen Wort, erzeugt ein großes Befremden und damit eine Verstörung, eine Verunsicherung, ein mögliches Mißtrauen, ein Mangel an Glaubwürdigkeit. Die Bürger anzuklagen, ohne den leisesten Hauch von parlamentarischer Selbstkritik, das ist die schlimmste Sünde, die ein Parlamentarier begehen kann.

Natürlich ist es so, dass wir in real stattfindenden gesellschaftlichen Umbrüchen leben, die letztlich jeden Bereich der Gesellschaft betreffen, jeden Bürger (am wenigsten allerdings die ‚Reichen‘, die ‚ihre Vertreter‘ direkt im Parlament sitzen haben), nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern unseres Heimat-Planeten Erde. Natürlich ist es so, dass wir diese Probleme nicht mehr einzeln, nicht mehr nur lokal lösen können; wir sind zu einem großen kooperativen Zusammenwirken herausgefordert, wollen wir nachhaltige Lösungen finden. Ganz neu ist dies nicht, aber heute ist es unabwendbar real geworden, wo sogar die Zeit erlebbar real zählt. Natürlich ist es so, dass lebendige politische Parteien, die mit dem Bürger leben, diskutieren und handeln, eine wundervolle Hilfe sein könnten, um alle zusammen in einer repräsentativen Demokratie ein Optimum an Lösungen zu ermöglichen. Dazu aber braucht es Formen von Kommunikation und Formen von Wissen, die weit über das hinaus gehen, was wir zur Zeit in Deutschland alltäglich praktizieren. Und vor allem braucht es dazu ein transparenter bürgernahes Parlament, das das Vertrauen der Bürger wahrhaft verdient.

Schäubles Gedanken sind weit entfernt von dieser zukunftsfähigen, nachhaltigen Realität. Sein Artikel ist eher geeignet das Ohnmachtsgefühl der Bürger in diesem Land weiter zu vertiefen.

Was kann man in solch einer Situation als Bürger noch tun, wenn man überzeugter Demokrat sein will? Nur wählen zu gehen reicht bei einem solchen Parlament nicht. Es ist schon längst ganz woanders, nicht beim Bürger und nicht bei den wahren Problemen dieses Landes.

DAS OKSIMO PARADIGMA UND KOMMUNEN – Bürgerbeteiligung und Politische Parteien

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
13.Juni 2021 – 3. Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenbereichs UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Aus Sicht der Kommunen im oksimo.org Blog.

BÜRGERBETEILIGUNG und POLITISCHE PARTEIEN

Politische Grundstrukturen

In der deutschen Verfassung ist festgelegt, dass die Bürger in vereinbarten Zeiträumen per Wahl Mitglieder einer anerkannten Partei für ein Vertretungsgremien (in Kommunen, im Landkreis, im Bundesland, im Bund …) wählen können. Es wird angenommen, dass die gewählten politischen Vertreter ‚den Willen des Wählers‘ angemessen in ihrem politischen Handeln vertreten. Die gewählten Vertreter wiederum können in den entsprechenden Handlungsgremien (Gemeindevertretung, Kreistag, Landtag, Bundestag) dann Maßnahmen zur Gestaltung der jeweiligen Gestaltungsbereiche (Kommune, Landkreis, Land, Bund) im Rahmen der geltenden Gesetze beschließen. Zur Unterstützung des politisch motivierten Handelns gibt es auf allen Ebenen Verwaltungseinheiten, die bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützen.

Qualitative Anforderungen und Grenzen

Die politische Grundstruktur soll als Rahmen dienen, damit die Bürger eines Landes auf ein geordnetes Verfahren zurückgreifen können, mit dem sie ihre unterschiedlichen Interessen und ihr unterschiedliches Wissen so organisieren können, dass eine gemeinsame demokratische und nachhaltige Zukunft im Grundsatz möglich ist.

Vom einzelnen Bürger ist bekannt, dass sein individuelles Handeln von seinen inneren Zuständen abhängig ist, die wiederum zwar nicht vollständig, aber zu einem großen Teil, von seiner Lebenswelt beeinflusst werden. Diese Lebenswelt ist ein hybrides System aus objektiv gegebenen gesellschaftlichen Tatbeständen und kulturellen Normen, die in den inneren Zuständen der gesellschaftlichen Akteure verankert sind und wo Inneres und Äußeres grundsätzlich miteinander in Wechselwirkung stehen..

Die verankerten politischen Strukturen müssen also daran gemessen werden, ob, wie und wieweit sie geeignet sind, das Wissen und die Interessen der Bürger so zu unterstützen, dass eine demokratische nachhaltige Zukunft für alle möglich ist.

Die letzten Jahrzehnte zeigen immer mehr, dass die großen Herausforderungen der Gegenwart sich sowohl global wie auch lokal manifestieren (z.B. Klima, Biodiversität, Bevölkerungsentwicklung, Rohstoffe, Trinkwasser, Energieversorgung, Ernährung und Landwirtschaft, Land Grapping (mit Wasser Grapping), Müll (mit Plastik), Migrationsströme, ausgrenzende Weltanschauungen, Technologieentwicklung (insbesondere die Digitalisierung), Pandemien, organisierte Kriminalität, ….) und dass ihre Komplexität alle bestehenden politischen Systeme kontinuierlich überfordert.

Auf der Ebene der Kommunen repräsentieren die gewählten politischen Vertreter einen Anteil von ca. 0.3% (oder, je nach Größe, weit weniger, 0.007%, 0.001% …) aller Bürger. Die einzige Gestaltungsmöglichkeit der Bürger sind laut Verfassung die Wahlen (alle ca. 4-6 Jahre). Die geringe Zahl an gewählten politischen Vertretern ist in keiner Weise kognitiv in der Lage, weder die komplexen Anforderungen einer Kommune angemessen verstehen noch angemessen entscheiden zu können. Die heute üblichen politischen Konkurrenzen zwischen gewählten Parteien engt die Entscheidungskompetenzen weiter ein. Die Kenntnis der eigenen Verwaltung in großen Kommunen scheint bei den gewählten politischen Vertretern weitgehend unzulänglich zu sein. Die Verwaltungen selbst erwecken den Eindruck, dass sie in ihrer Verfasstheit kaum den zu leistenden Aufgaben entsprechen können. Dazu kommt, dass die zeitliche Dimension vieler zu lösenden Aufgaben von 10, 20 und mehr Jahren die in Legislaturperioden agierenden gewählten politischen Vertreter — und damit oft auch den von ihnen abhängigen Verwaltungen — überfordern.

Planfeststellungsverfahren

Zur Frage, ob und wie man Bürger auch zwischen den Wahlen einbeziehen kann oder einbeziehen muss, gibt es ein interessantes Beispiel, das sogenannten Planfeststellungsverfahren [1]. Für den Bereich von raumverändernden Maßnahmen wird festgelegt, auf welche Weise u.a. die Bürger Einsprüche zu einem Maßnahmenentwurf vorbringen können.

Charakteristisch ist hierbei, dass die Bürger erst einbezogen werden, wenn die grundlegenden Überlegungen zuvor schon abgeschlossen sind, ohne dass es eine nennenswerte Zusammenwirkung (Kollaboration) zwischen den handelnden politischen Vertretern und den Bürgern gegeben hat.

Das Verfahren selbst ist meistens extrem langwierig und die Vergangenheit legt den Eindruck nahe, dass diese Verfahren tendenziell eher partikuläre Interessen befördern als begründete Gesamtsichten. Dies verweist auf das grundlegende Problem, dass bei jeder Entscheidung das aktuell verfügbare Wissen und die aktuell gegebene Interessenlage entscheidend ist, dass dieses aktuelle Wissen ohne entsprechendes Training aber gerade nicht über jene prozessuralen [3] Gesamtsichten verfügen kann, die notwendig wären, um real nachhaltige Entscheidungen treffen zu können.

Bürgerentscheid

Seit 2005 gibt es in jedem Bundesland auch das Instrument des Bürgerentscheids [2]. In diesem Verfahren können Bürger mit entsprechender Beteiligung über einen Sachverhalt mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ abstimmen. Die gewählten politischen Vertreter können einen Gegenvorschlag aufstellen. Wird der Bürgerentscheid positiv entschieden gilt er formal als gleichwertig mit einer Entscheidung von gewählten politischen Vertretern.

Das Verfahren des Bürgerentscheids deutet an, dass den Bürgern als dem eigentlichen Souverän grundsätzlich das Recht zugestanden wird, eine eigene rechtskräftige Entscheidung parallel zu den gewählten politischen Vertretern fällen zu dürfen. Dies ist im Rahmen einer Demokratie und der herrschenden Komplexität in allen Entscheidungsbereichen ein positives Signal.

Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass das Verfahren des Bürgerentscheids als solches das grundlegenden Problem einer nachhaltigen Entscheidung nicht automatisch löst. Im Lichte des Wissens um die konkreten Herausforderungen, nachhaltige Entscheidungen unter Berücksichtigung der zeitlichen Horizonte wie auch der starken Wechselwirkungen zwischen vielen Themen zu treffen, scheint das Verfahren des Bürgerentscheids ein weitgehend unbefriedigendes Instrument zu sein. Es kann zwar punktuell im Prinzip mehr Kompetenzen aufrufen als jene, über die die kleine Gruppe der gewählten politischen Vertreter verfügt, aber die kontinuierliche wechselseitige Behandlung von Problemen erscheint hier auch nicht gegeben (abgesehen auch von dem extrem hohen logistischen Aufwand, der den Bürgern in solch einem Verfahren abverlangt wird).

Bürger als Partner?

Angesichts der inhärenten Grenzen im Entscheiden der politischen Vertreter einerseits wie auch der Bürger im Bürgerentscheid andererseits stellt sich die Frage, warum sich nicht die politischen Vertreter auf ihre eigentliche Rolle besinnen, die daraus resultiert, dass die Bürger ihre Auftraggeber sind und als Bürger den primären Kompetenzpool bilden. Statt also die Bürger eher als ‚Feinde‘ zu behandeln, die ihre ‚Arbeit stören oder gar bedrohen‘, würde sich ein kollaboratives, partnerschaftliches Modell empfehlen, in dem die Bürger frei und offen, idealerweise parteiübergreifend, ihre Kompetenzen in nachhaltiger Weise organisieren, und zwar so, dass die gewählten politischen Vertreter darauf kontinuierlich zurückgreifen und sich selbst aktiv an den Orientierungsprozessen beteiligen können, so dass auf nachhaltige Weise damit die verfügbaren Kompetenzen optimal genutzt werden.

Nachhaltiges Wissen

Die sehr gute Kollaboration auf praktischer Ebene alleine garantiert aber auch noch keinen Erfolg, da konkretes Handeln immer abhängig ist von den verfügbaren kognitiven Prozess-Modellen in den Köpfen der Handelnden, und zwar nicht nur in den Köpfen der einzelnen, sondern in den Köpfen aller Beteiligten! Bekanntermaßen kann solch ein gemeinsam geteiltes Prozesswissen nur durch eine kontinuierliche Kommunikation zwischen allen Beteiligten zustande kommen, in der die Prozesse selbst thematisiert werden. Und alles spricht dafür, dass es ferner nicht ausreicht, dass Prozesswissen nur aktuell, punktuell in der jeweiligen Gruppe existiert, sondern es muss auch in einer permanenten Form vorliegen, die speicherbar ist, nachlesbar, hörbar, visuell anschaulich, als simulierter Prozess, als spielbarer Prozess, als interaktiv gestaltbarer Prozess, als evaluierbarer Prozess, und dies alles ausschließlich in der Alltagssprache der Handelnden, um nur die wichtigsten Anforderungen zu benennen.

Oksimo Paradigma

Ein solches multimodales Prozesswissen ist das Ergebnis, wenn Menschen das oksimo Paradigma anwenden. Dies ist möglich, weil das oksimo Paradigma das Ergebnis solcher Reflexionen ist, wie sie im vorausgehenden Text am Beispiel von mehr Bürgerbeteiligung vorgestellt wurden.

DISKUSSION

Hier werden in loser Folge einzelne Beiträge aufgelistet, die sich im Umfeld des Themas ‚Bürgerbeteiligung und politische Parteien‘ bewegen.

  1. Anmerkungen zu Wolfgang Schäuble „Das Prinzip der Repräsentation“, FAZ Nr.149, 1.Juli 2021, S.6 (Letzte Änderung: 3.Juli 2021)

ANMERKUNGEN

[1] Planfeststellungsverfahren, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/Planfeststellung

[2] Bürgerentscheid, siehe Wikipedia [DE]: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerentscheid

[3] Mit ‚prozessural‘ ist gemeint, dass die Gesamtsicht mit Sachverhalten zu tun hat, die Prozesse darstellen, und dass das Herstellen der Gesamtsicht ebenso an einen Prozess geknüpft ist, weil alle Beteiligten selbst laufende Prozesse darstellen. Es gibt in diesem Zusammenhang keine absolut festen Punkte, sondern nur intermediäre Zustände innerhalb der beteiligten, miteinander verschränkten Prozessen.