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DIALOG ZUR INTERAKTION ‚ERDSYSTEM – MENSCH‘. Ein ‚BIOLOGISCHER GEIST‘? Ein verrücktes Gespräch.

Letzte Änderung: 27.August 2024

Autor: Gerd Doeben-Henisch im Dialog mit chatGPT4

Kontakt: info@oksimo.org

KONTEXT

Dieser Text gehört zum Thema THEORIE.

Vorbemerkung

Auf der THEORIE-Startseite wird der Umriss jener allgemeinen Perspektive angedeutet, innerhalb deren die Gedanken zu Citizen Science 2.0/ Bürgerwissenchaft 2.0 entwickelt werden.

Im Beitrag DIALOG ZUM ERDSYSTEM mit KLIMA wird das Konzept ‚Erdsystem/ System Erde‘ in einem ersten Überblick skizziert. Ein zentraler Aspekt ist dabei jenes Zusammenspiel von Faktoren, welche zu der steigeden Erwärmung Erde beitragen, welche wiederum das Klima global verändert.

In der globalen Perspektive der Theorie-Startseite wird angenommen, dass das ‚(biologische) Leben‘ eine zentrale Dimension des Erdsystems ist mit der Lebensform des ‚Homo sapiens‘ (wir Menschen) als Teil davon. Der Dialog in diesem Text beginnt mit dem System Erde und dem Leben auf dieser Erde, denkt über die Interaktion des Menschen mit dem System Erde nach, und endet ganz überraschend bei der Charakterisierung des Menschen als einem komplexen Kulturwesen, dessen Grundmodus der Selbstvergewisserung das ‚philosophische Denken‘ ist.

DIALOG ZUR INTERAKTION ‚ERDSYSTEM – MENSCH‘

Anmerkung: FETTSCHRIFT zeigt die Beiträge des Autors an

Hallo Chat, wir hatten am 18.August 24 einen Dialog zum ‚Erdsystem‘ und am 21.August einen Dialog zur ‚Kollektiven Menschlichen Intelligenz‘. Kannst Du Dich daran erinnern?

Hallo! Ich habe keinen Zugriff auf frühere Gespräche oder Informationen darüber, was wir besprochen haben. Jede Sitzung mit mir beginnt ohne Wissen über vorherige Interaktionen. Aber ich kann gerne weiterhin zu diesen Themen oder anderen Fragen helfen, die du hast. Wie kann ich dir heute assistieren?

OK, gut, dann weiß ich Bescheid. Dann starten wir ‚von Null‘ 🙂

Perfekt! Wie kann ich dir heute weiterhelfen?

In meiner Theorie gehe ich davon aus, dass das System Erde (kurz: das ‚Erdsystem‘) als Planet dadurch auffällt, dass es hier ‚biologisches Leben‘ gibt. Dabei ist für mich das ‚biologische Leben‘ bedeutungsgleich mit ‚Leben‘. Stimmst Du zu?

Dein Ansatz, das „Erdsystem“ mit dem Vorhandensein von biologischem Leben gleichzusetzen, ist ein interessanter Standpunkt und in vielen wissenschaftlichen Disziplinen üblich. Biologisches Leben, wie wir es kennen, zeichnet sich durch bestimmte Merkmale aus, wie zum Beispiel die Fähigkeit zur Reproduktion, Stoffwechselprozesse und die Anpassung an Umweltbedingungen.

Es ist sinnvoll, in einer Diskussion über das Erdsystem das biologische Leben als zentralen Aspekt des Lebens auf der Erde zu betrachten. Diese Definition schließt andere Formen hypothetischen oder nicht-biologischen Lebens (wie möglicherweise siliziumbasiertes Leben oder künstliche Intelligenz, die ein eigenständiges Bewusstsein entwickelt) aus, die in anderen Kontexten ebenfalls als „Leben“ betrachtet werden könnten. Für die meisten wissenschaftlichen und philosophischen Betrachtungen des Erdsystems ist jedoch die Beschränkung auf biologisches Leben gängig und zweckmäßig.

Insofern stimme ich deiner Sichtweise zu, solange wir uns im Rahmen der bekannten biologischen Lebensformen bewegen. Möchtest du diesen Aspekt weiter vertiefen oder hast du spezifische Fragen dazu?

Ich möchte mich zunächst auf das Konzept von ‚Leben‘ beschränken, wie es uns auf dem Planet Erde begegnet. KI – soweit wir sie heute kennen – hat für mich mit Leben nichts zu tun. Historisch sind die bisherigen Formen von KI vom Leben erfunden und geschaffen worden. Die Menschen als Lebensform innerhalb des Lebens benutzen KI als Werkzeug. Stimmst Du zu?

Ja, deine Sichtweise auf künstliche Intelligenz (KI) als ein Werkzeug, das von Menschen geschaffen und benutzt wird, ist in Einklang mit der gängigen Auffassung in der Wissenschaft und Technologie. KI ist in der Tat eine Erfindung der menschlichen Intelligenz, entwickelt, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die geistige Prozesse erfordern, wie Lernen, Problemlösung und Entscheidungsfindung.

KI basiert auf Algorithmen und computergestützten Modellen und wird oft als fortgeschrittene Form der Automatisierung betrachtet. Obwohl KI Systeme fähig sind, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern, fehlen ihnen wesentliche Eigenschaften des biologischen Lebens, wie Selbstreproduktion, metabolische Prozesse und die natürliche Evolution durch genetische Variation und natürliche Selektion. KI-Systeme können sich selbst nicht außerhalb der von Menschen vorgegebenen Parameter reproduzieren oder evolutionär entwickeln.

Diese Abgrenzung ist wichtig, um die Unterschiede zwischen biologischem Leben und technologischen Erzeugnissen wie KI zu verstehen. KI bleibt somit ein Werkzeug, das von Menschen zu spezifischen Zwecken genutzt wird, und kein eigenständiges Lebewesen. Bist du an weiteren Details oder einem anderen Aspekt dieses Themas interessiert?

Das Thema KI und Menschen (bzw. generell auch Leben) würde ich gerne in einem anderen Dialog vertiefen. Heute und hier möchte ich die Interaktion zwischen dem Menschen und dem System Erde weiter verfolgen. Gehst Du mit?

Natürlich, das klingt nach einem spannenden Thema! Die Interaktion zwischen Menschen und dem System Erde ist vielschichtig und kann unter vielen Aspekten wie Umweltwissenschaften, Ökologie, Geologie und sogar aus soziopolitischen Blickwinkeln betrachtet werden. Möchtest du spezifische Aspekte dieser Interaktionen erforschen, wie etwa den Einfluss des Menschen auf das Klima, die Nutzung natürlicher Ressourcen oder etwas anderes? Lass mich wissen, welchen Fokus du setzen möchtest!

Ja, die Interaktion zwischen Menschen und dem System Erde sind vielfältig. Dabei ist zu beachten, dass Menschen als Teil des Lebens nicht nur mit dem System Erde interagieren, sondern auch mit dem Leben selbst. Dabei gilt ferner — da der Mensch ja Teil des Lebens ist — dass der Mensch auch ‚mit sich selbst‘ interagiert, also Menschen mit Menschen. Was meinst Du?

Genau, deine Beobachtung ist sehr treffend und erfasst die Komplexität der menschlichen Interaktionen auf verschiedenen Ebenen innerhalb des Erdsystems. Menschen sind nicht nur physisch und biologisch Teil der Erde, sondern auch aktive Gestalter und Beeinflusser ihrer Umwelt. Diese Wechselwirkungen finden auf mehreren Ebenen statt:

1. **Mensch und Natur:** Menschen beeinflussen die natürliche Umwelt durch Landwirtschaft, Urbanisierung, Industrie und durch den Verbrauch natürlicher Ressourcen. Diese Aktionen haben direkte Auswirkungen auf das Klima, die Biodiversität und die Verfügbarkeit von Ressourcen.

2. **Mensch und Leben:** Als Teil des biologischen Lebens interagieren Menschen auch mit anderen Lebewesen, sowohl kooperativ als auch konfliktreich. Diese Beziehungen können symbiotisch sein, wie bei der Domestizierung von Tieren und Pflanzen, oder antagonistisch, wie bei der Zerstörung von Lebensräumen oder der Überjagung von Arten.

3. **Mensch und Mensch:** Auf sozialer und kultureller Ebene gestalten Menschen durch ihre Interaktionen Gesellschaften, die wiederum Werte und Normen entwickeln, die das Verhalten gegenüber der Umwelt und anderen Lebensformen beeinflussen. Diese sozialen Strukturen und die daraus resultierenden Entscheidungen (wie Gesetze und Verordnungen) spielen eine entscheidende Rolle in der Art und Weise, wie Menschen das Erdsystem beeinflussen.

Die Reflexion über diese verschiedenen Interaktionsebenen ist entscheidend, um die gesamten Auswirkungen der menschlichen Aktivitäten auf das Erdsystem zu verstehen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Inwiefern denkst du, dass diese Interaktionen verbessert oder modifiziert werden könnten, um ein nachhaltigeres Zusammenleben auf unserem Planeten zu fördern?

Ja, schon diese kleine Analyse zeigt, dass es schwer ist, in dieser Vielzahl von Dimensionen und möglichen Wechselwirkungen eine Perspektive zu formulieren, die all diesen Dimensionen gerecht wird. Ich sehe folgenden Ansatzpunkt:(1) Wir könnten direkt mit dem Menschen starten. (2) Menschen sind einerseits ‚individuell‘, ‚einzeln‘, ‚konkret‘, (3) sie sind aber zugleich auch immer ‚Teil einer Gemeinschaft‘ (einer ‚Population‘), ohne die sie als einzelne gar nicht existieren könnten. Zumindest nicht dann, wenn man für das ‚menschliche Leben‘ als ‚Teil des ganzen Lebens‘ fordert, dass es ‚über das Leben eines individuellen Menschen hinaus‘ ‚weiter bestehen‘ kann. Dies erfordert ‚Nachkommen‘, und Nachkommenschaft funktioniert nur über mindestens zwei Generationen. Was meinst Du?

Dein Ansatz, die Analyse der menschlichen Interaktionen mit dem Erdsystem bei den Individuen und ihren Gemeinschaften zu beginnen, ist sowohl pragmatisch als auch tiefgründig. Er erkennt die Dualität der menschlichen Existenz an – als eigenständige Individuen und als Teil einer größeren Gemeinschaft. Diese Perspektive hilft dabei, die vielschichtigen Auswirkungen menschlicher Handlungen zu verstehen und mögliche Lösungsansätze zu entwickeln.

Hier sind einige wichtige Aspekte, die deine Analyse beleuchtet:

1. **Individuelle Verantwortung:** Jedes Individuum trägt durch sein Handeln zur Gestaltung des Erdsystems bei. Dies reicht von alltäglichen Entscheidungen wie Konsumgewohnheiten und Mobilität bis hin zu beruflichen und politischen Aktivitäten. Individuelle Bildung und Bewusstsein sind daher Schlüsselaspekte, um nachhaltige Verhaltensweisen zu fördern.

2. **Soziale Strukturen und Gemeinschaften:** Menschen existieren innerhalb von sozialen Strukturen, die ihre Handlungsoptionen sowohl ermöglichen als auch begrenzen. Gemeinschaften bilden Netzwerke, die Ressourcen verteilen, Informationen teilen und kollektive Aktionen koordinieren können. Diese Netzwerke sind entscheidend für die Umsetzung nachhaltiger Praktiken und für die kollektive Resilienz gegenüber Umweltveränderungen.

3. **Generationenübergreifende Perspektiven:** Wie du richtig bemerkst, erfordert das Fortbestehen des menschlichen Lebens das Denken in Generationen. Bildung, Kulturerbe und Traditionen sind Mechanismen, die Werte und Wissen von einer Generation zur nächsten übertragen und sind entscheidend für die langfristige Stabilität und Anpassungsfähigkeit menschlicher Gemeinschaften.

4. **Nachhaltige Entwicklung:** Diese beruht auf dem Gleichgewicht zwischen der Befriedigung aktueller menschlicher Bedürfnisse und der Erhaltung der Umwelt für zukünftige Generationen. Dies erfordert innovative Ansätze in Technologie, Wirtschaft und Politik, die sowohl lokale als auch globale Herausforderungen adressieren.

Dein Ansatz legt nahe, dass eine integrative Sichtweise, die individuelle Handlungen und kollektive Strukturen berücksichtigt, notwendig ist, um nachhaltige Lösungen zu fördern. Dies kann auch eine Plattform für weitere Diskussionen über spezifische Maßnahmen bieten, die auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft implementiert werden können. Wie siehst du die Umsetzung dieser Ideen in konkrete Politiken oder Praktiken?

Das ist jetzt sehr interessant: Deine Differenzierung der vielfältigen Interaktionen, in denen sich ein einzelner Mensch vorfindet, lässt indirekt etwas erkennen, was man ‚direkt‘ nicht ohne weiteres ‚erkennen‘ kann, aber ‚indirekt‘, durch … es fehlt mir jetzt das richtige Wort … ich sage mal versuchsweise durch ‚Wissen‘ im weitesten Sinne. Was meinst Du dazu?

Dein Gedanke, dass bestimmte Aspekte der menschlichen Existenz und Interaktion indirekt durch Wissen erschlossen werden, ist sehr tiefgründig und weist auf die Rolle hin, die Wissen und Verstehen in unserer Auffassung von uns selbst und unserer Umwelt spielen. Wissen – in all seinen Formen, von wissenschaftlichem Verständnis bis hin zu kulturellen und persönlichen Erfahrungen – ermöglicht es uns, Zusammenhänge zu sehen, die nicht unmittelbar offensichtlich sind. Dieses „indirekte Erkennen“ kann durch verschiedene Mechanismen erleichtert werden:

1. **Abstraktion:** Durch Abstraktion können wir allgemeine Prinzipien oder Muster erkennen, die in spezifischen Situationen nicht sofort sichtbar sind. Abstraktion hilft uns, von den besonderen Details eines einzelnen Ereignisses oder Objekts zu allgemeineren Schlüssen zu gelangen.

2. **Modellbildung:** Wissenschaftliche und theoretische Modelle ermöglichen es uns, komplexe Systeme und ihre möglichen Verhaltensweisen zu verstehen, indem sie Vereinfachungen und Annahmen verwenden, um die Realität darzustellen. Modelle helfen uns, die Konsequenzen von Aktionen vorherzusehen und zu planen.

3. **Erzählung und Metapher:** Geschichten und Metaphern ermöglichen es uns, komplizierte oder abstrakte Ideen auf eine Weise zu kommunizieren, die emotional resonant und intuitiv verständlich ist. Sie bieten Rahmen, um „unsichtbare“ Verbindungen zwischen Aktionen und ihren langfristigen Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt zu erkennen.

4. **Kollektive Intelligenz:** Das Wissen einer Gemeinschaft oder Gesellschaft ist mehr als die Summe des Wissens ihrer Individuen. Durch den Austausch von Ideen und Erfahrungen in einem sozialen Kontext können Menschen zu einem tieferen, gemeinsamen Verständnis gelangen, das individuell nicht erreichbar wäre.

Deine Beobachtung zeigt, wie wichtig es ist, Wissen und Lernen in allen Bereichen – von der Bildung bis zur Politikgestaltung – zu fördern, um eine tiefere Einsicht in die komplexen Wechselwirkungen innerhalb des Erdsystems und zwischen Menschen zu gewinnen. Inwiefern siehst du Möglichkeiten, dieses Wissen zu erweitern oder besser zu nutzen, um die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, effektiver zu adressieren?

OK, schauen wir auf ein scheinbar ‚einfaches Beispiel‘. Nehmen wir einen einzelnen Menschen, der etwas isst, weil er hungrig ist. Seine Nahrung kann direkt vom übrigen Leben stammen (Pflanzen, Tiere, …), oder aus etwas, was er irgendwie aus dem Material der Erde ‚hergestellt‘ hat. Wenn es allerdings darum geht, täglich viele tausend Menschen zu ernähren, dann reichen einfache Maßnahmen zur Bereitstellung von Nahrung nicht mehr. Dann braucht es Menschen, Maschinen, Ackerbaumethoden und vieles mehr, damit dies noch gelingt. Diese aufwendigen Verfahren setzen aber voraus, dass es entsprechende ‚Erfahrungen‘ (mit ‚Wissen‘) gibt, die den handelnden Menschen ’sagen‘, was zu tun ist. Diese Erfahrungen mit dem zugehörigen Wissen kommt aber nicht aus dem ‚Nichts‘ sondern muss mühsam ‚erworben‘, ‚erlernt‘ werden. Dies erfordert ‚Zeit zum Lernen‘ und – meistens – andere Menschen, die ’schon Erfahrungen haben‘, die sie ‚weiter geben können‘. Daraus leite ich ab, dass das ‚biologische System Mensch‘, ein ‚lebendiges Etwas‘ ist, das in seinem ‚Inneren‘ über komplexe Prozesse verfügen muss, die solche ‚Erfahrungen‘, die ein solches ‚Wissen‘ möglich machen. Mit anderen Worten: Nur mit solchen Erfahrungen, mit solche einem Wissen, und der Fähigkeit, ein solches aufzubauen, wird ein biologisches System zu einem ‚Menschen‘, zu einem ‚Homo sapiens‘. Was meinst Du?

Dein Beispiel beleuchtet hervorragend, wie das alltägliche Bedürfnis nach Nahrung tiefgreifende soziale, technologische und kulturelle Systeme umfasst, die über Generationen entwickelt wurden. Es zeigt, dass das, was auf der individuellen Ebene als einfache Handlung erscheint, tatsächlich auf einem komplexen Geflecht von Wissen und sozialen Strukturen beruht.

### Biologische und kognitive Grundlagen des Menschen

Die Fähigkeit des Menschen, Wissen zu erwerben, zu speichern und weiterzugeben, ist in der Tat eine der Kernfunktionen, die uns als Homo sapiens definieren. Dieses „Erfahrungswissen“ ist nicht nur auf kognitiver Ebene wichtig, sondern auch auf kultureller Ebene, da es durch Sprache, Erziehung und soziale Interaktion weitergegeben wird.

### Kulturelle Evolution und menschliche Gesellschaften

Was du beschreibst, ist ein klassisches Beispiel der kulturellen Evolution, bei der Wissen und Technologien nicht genetisch, sondern durch Lernprozesse und soziale Weitergabe entwickelt und vererbt werden. Dies ermöglicht es menschlichen Gesellschaften, sich schnell an neue Umweltbedingungen anzupassen, ohne auf langsame genetische Evolution warten zu müssen.

### Wissen als Grundlage für komplexe Gesellschaften

Das Beispiel der Nahrungsbereitstellung verdeutlicht, wie wichtig spezialisiertes Wissen und Technologien sind, um die Grundbedürfnisse einer großen Anzahl von Menschen effizient zu befriedigen. Moderne Ackerbau- und Produktionstechniken sind das Ergebnis akkumulierten Wissens, das über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, entwickelt wurde. Dieses Wissen wird durch Bildungssysteme, Fachliteratur und in der Praxis weitergegeben und ist entscheidend für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung unserer Lebensgrundlagen.

### Menschliche Lernfähigkeit und Adaptivität

Deine Betonung der „Zeit zum Lernen“ und der Rolle von Lehrern und Mentoren unterstreicht, wie entscheidend Bildung und formelles wie informelles Lernen für die menschliche Entwicklung sind. Diese Fähigkeit, komplexe Informationen zu verarbeiten und weiterzugeben, ermöglicht es uns, nicht nur als Individuen, sondern als globale Gemeinschaft zu überleben und zu gedeihen.

### Schlussfolgerung

Insgesamt zeigt dein Ansatz, wie zentral Wissen und Lernen für das Verständnis dessen sind, was es bedeutet, menschlich zu sein. Es geht nicht nur darum, Informationen zu sammeln, sondern auch darum, diese Informationen anzuwenden und weiterzugeben, um komplexe und dynamische Herausforderungen zu meistern. Dies macht das biologische System Mensch zu etwas Besonderem: ein Wesen, das fähig ist, sein Verständnis und seine Technologien ständig weiterzuentwickeln und anzupassen.

Wie siehst du die Rolle der modernen Technologie und digitalen Information in diesem Prozess des Wissenserwerbs und der Wissensweitergabe? Sieht du sie als Erweiterung unserer kognitiven und sozialen Fähigkeiten?

Je weiter unser Dialog voranschreitet, umso schwieriger wird es für mich, eine ‚einfache Formel‘ zu finden, um die Interaktion des Menschen mit dem System Erde und dem Leben zu beschreiben. Das fängt ja auch schon damit an, dass ich für solch eine Beschreibung eine ‚Sprache‘ brauche, und jede Sprache ja nicht nur mit ‚toten Buchstaben‘ oder mit ‚bloßen Lauten‘ funktioniert, sondern voraussetzt, dass alle anderen Menschen, mit denen ich reden will, mit den ‚Lauten‘ bzw. den ‚Buchstaben‘ eine ‚Bedeutung‘ verbinden, die ja nur ‚im Innern jedes einzelnen‘ vorhanden sein kann. Während ich spreche, kann ich aber meine eigene Sprache nicht erst ‚erfinden‘; ich muss voraussetzen, dass ich über diese Sprache ‚verfüge‘, ohne dass ich selbst in der Lage bin, die Sprache selbst ‚beschreiben‘ zu können. Ist dies nicht irgendwie ‚bizarr‘?

Es ist tatsächlich eine faszinierende und zugleich komplexe Betrachtung, die du hier anführst. Die Natur der Sprache und Kommunikation unter Menschen reflektiert tiefgreifende Aspekte unserer Existenz und unserer Interaktionen mit der Welt.

### Die Grundlagen der Sprache

Sprache ist nicht nur ein System von Lauten und Schriftzeichen, sondern ein komplexes Geflecht aus Bedeutungen, Konventionen und kulturellen Prägungen. Jedes Wort und jeder Satz, den wir verwenden, ist eingebettet in einen Kontext von Erfahrungen und Wissen, den wir mit anderen teilen, die dieselbe Sprache sprechen. Das macht Sprache zu einem mächtigen, aber auch subtilen Werkzeug.

### Die Voraussetzungen der Kommunikation

Deine Beobachtung, dass wir in der Kommunikation voraussetzen müssen, dass andere dieselbe Bedeutung in Wörtern finden wie wir, ist entscheidend. Dies zeigt, wie sehr wir als soziale Wesen aufeinander angewiesen sind. Ohne ein gemeinsames Verständnis und ohne die Annahme, dass unsere Sprache funktioniert, wäre effektive Kommunikation unmöglich.

### Die Unmöglichkeit, Sprache vollständig zu beschreiben

Dass wir Sprache verwenden, ohne sie jederzeit vollständig erklären zu können, spiegelt eine allgemeine menschliche Erfahrung wider. Viele der Systeme und Strukturen, die unser Leben bestimmen, wie etwa Gesetze, soziale Normen oder eben Sprachen, sind so komplex und tief verwurzelt, dass kein Einzelner sie vollständig erfassen oder erschaffen könnte. Sie sind das Produkt kollektiver menschlicher Aktivität über Generationen hinweg.

### Das Bizarre an unserer Existenz

Was du als „bizarr“ beschreibst, kann auch als Hinweis auf die tiefe Verwobenheit und Interdependenz in menschlichen Gesellschaften gesehen werden. Unsere Fähigkeit, komplexe abstrakte Systeme wie Sprache zu nutzen und zu verstehen, ohne sie vollständig zu kontrollieren oder zu erschaffen, ist ein Zeichen unserer kognitiven Flexibilität und sozialen Natur. Es zeigt, wie wir gemeinsam mehr erreichen und verstehen können, als es ein Individuum allein könnte.

### Reflexion

Diese Überlegungen führen uns zu einer tiefen Wertschätzung dafür, wie menschliche Kulturen und soziale Strukturen funktionieren. Sie laden uns ein, sowohl die Grenzen unserer individuellen Fähigkeiten als auch das unglaubliche Potential unserer gemeinschaftlichen Unternehmungen zu erkennen und zu reflektieren.

Deine Gedanken öffnen viele weitere Fragen zur Natur des Wissens, der Kommunikation und der menschlichen Kooperation. Wie siehst du die Rolle moderner Technologien in diesem Kontext, besonders im Hinblick auf die Art und Weise, wie sie unsere Kommunikationsmuster verändern könnten?

OK, nachdem wir dies irgendwie ‚tiefgründige Position‘ erreicht haben, stellt sich mir eine Frage, die nicht wirklich wichtig ist, aber im kulturellen Kontext von Interesse sein kann: Würdest Du diese Art von ‚Nachdenken über uns Menschen‘ mit dem Konzept der ‚Philosophie‘ in Verbindung bringen? Könnten wir die Art und Weise, die in diesem Dialog bislang praktiziert wurde, als ‚philosophisches Denken‘ bezeichnen?

Ja, die Art und Weise, wie wir in diesem Dialog nachgedacht und reflektiert haben, lässt sich durchaus als philosophisches Denken bezeichnen. Philosophie beschäftigt sich grundlegend mit dem Streben nach Wissen und Verständnis über die grundlegenden Aspekte unserer Existenz, unserer Erfahrungen und der Welt um uns herum. Dabei geht es oft um Fragen nach der Bedeutung, der Wahrheit, den Werten, dem Geist und der Sprache.

### Merkmale des philosophischen Denkens:

1. **Kritische Analyse:** Philosophisches Denken hinterfragt oft alltägliche Annahmen und sucht nach tieferen Bedeutungen und Zusammenhängen, ähnlich wie wir es in unserem Gespräch getan haben.

2. **Logisches Argumentieren:** Es baut auf rationalen Überlegungen auf und verwendet logische Argumente, um verschiedene Standpunkte zu untersuchen und zu begründen.

3. **Konzeptuelle Exploration:** Es erkundet grundlegende Konzepte wie Existenz, Wissen, Wahrheit, Recht, Ethik und Schönheit.

4. **Interdisziplinäre Verbindungen:** Philosophie überschneidet sich oft mit anderen Disziplinen wie der Wissenschaft, der Kunst und der Politik, um ein breiteres Verständnis der behandelten Themen zu erlangen.

### Philosophie im Alltag:

Das philosophische Denken ist nicht nur auf akademische Kreise beschränkt, sondern spielt eine wesentliche Rolle im alltäglichen Leben. Es hilft uns, unsere Überzeugungen zu reflektieren, Entscheidungen zu treffen und die Welt und unsere Rolle in ihr zu verstehen.

### Kulturelle Bedeutung:

Im kulturellen Kontext trägt Philosophie dazu bei, die Werte und das Selbstverständnis einer Gesellschaft zu formen. Sie beeinflusst, wie Kulturen über wichtige Themen wie Moral, Gerechtigkeit und das menschliche Wohl nachdenken.

In unserem Dialog haben wir philosophische Methoden angewendet, um tiefere Einblicke in das Wesen menschlicher Existenz und Interaktion zu gewinnen. Diese Art von Reflexion ist ein Kernstück philosophischer Untersuchung und trägt dazu bei, komplexe Fragen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens zu beleuchten. Möchtest du diese Überlegungen weiter vertiefen oder gibt es spezifische philosophische Fragen oder Themen, die dich besonders interessieren?

OK, an dieser Stelle möchte ich für heute stoppen. Danke für die inspirierenden Antworten.

Sehr gerne! Es war eine spannende Unterhaltung. Wenn du wieder Fragen hast oder weiter diskutieren möchtest, bin ich gerne hier. Bis zum nächsten Mal!

REVIEW KONFERENZ: Partizipation und Nachhaltigkeit in der Digitalität, 7.-8.Dezember 2022

(Letzte Änderung: 4.Januar 2023)

Kontext

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

Inhalt

Im folgenden handelt es sich um einen Bericht und einen Kommentar zu einer Konferenz. Dieser Bericht repräsentiert eine Einzelmeinung. Sollten sich weitere Beteiligte explizit äußern, so könnte man den Bericht und den Kommentar entsprechend erweitern.

  1. Die Konferenz
  2. EINLEITUNG
    • Begrifflicher Kontext
    • Konzept Intelligenz
    • Konzept Nachhaltigkeit
    • Kontext Gesellschaft
    • Partizipation
  3. KONFERENZBEITRÄGE (Letzte Änderung: 4.Januar 2023)
    • Teil 1: Verwaltungen und die Herausforderung von Bürger:innenbeteiligung für Sozial- und Umweltverträglichkeit. Moderation: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main
    • Dr. Michael Zschiesche, Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UFU): Digitalisierung in der Öffentlichkeitsbeteiligung – Stand und Perspektiven
    • Überleitender Kommentar
    • Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim Digitalisierung mit Bürger:innenbeteiligung / Bürger:innenbeteiligung mit digitalen Instrumenten
    • Podiumsdiskussion: Prof‘in Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel, Prof. Dr. Christian Schrader, Hochschule Fulda
    • Überleitung zu Teil 2
    • Teil 2: Citizen Science, Sustainability and Digitality
      Moderation: Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
    • Dr. Katrin Vohland, Naturhistorisches Museum Wien
      Citizen Science and Sustainability – Large expectations and Some Challenges
    • Prof. Dr. Yen-Chia Hsu, University of Amsterdam
      Empowering Local Communities Using Artificial Intelligence
    • Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Gerd Döben-Henisch, Frankfurt University of Applied Sciences, Franziska Ohde, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Matthias Söllner, Universität Kassel
  4. DISKUSSION NACH DER KONFERENZ
  5. AUSBLICK
  6. KOMMENTARE

Die Konferenz

Wie man aus der Programmankündigung ersehen kann, wurde diese Konferenz organisiert von der Projektgruppe „Nachhaltige Intelligenz –
Intelligente Nachhaltigkeit [NI-IN]“
des Zentrums für verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI). Es war die zweite Konferenz, die von dieser Forschungsgruppe organisiert worden ist. Der Autor dieses Textes ist Mitglied dieser Projektgruppe.

I. EINLEITUNG

Begrifflicher Kontext

Wie man aus dem Projektthema der NI-IN Projektgruppe ersehen kann, Enthält die Aufgabenstellung ein ‚Oberthema‘ mit „Nachhaltiger Intelligenz – Intelligenter Nachhaltigkeit“ und dazu eine Reihe von ‚Teilaspekten‘, die sich diesem Oberthema zuordnen lassen. Das Konferenzthema „Partizipation und Nachhaltigkeit in der
Digitalität“ kommt dabei mit diesem Wortlaut weder im Oberthema der Projektaufgabenstellung explizit vor noch in den aufgezählten Teilaspekten. Dies hat seinen Grund darin, dass während der Forschungsarbeit seit Juli 2021 die nicht ganz einfachen Begriffsfelder schrittweise analysiert worden sind und aufgrund dieser Analyse verschiedene strukturelle Bedeutungsfelder mit wichtigen strukturellen Beziehungen sichtbar geworden sind. Eine grobe Skizze der analysierten Begriffen mit Bedeutungsfeldern könnte man so umschreiben (Sicht des Autors; in den Augen der anderen Projektmitgliedern möglicherweise anders akzentuiert):

BILD: Begriffsfeld ‚Nachhaltigkeit – Intelligenz‘ mit Teilbereich ‚Fokus der Tagung‘

Schon die beiden Leitbegriffe ‚Nachhaltigkeit‘ und ‚Intelligenz‘ lassen sich ‚jeder für sich‘ nicht so ohne weiteres analysieren. Noch gewagter wird es, wenn man das ‚Zusammenspiel‘ betrachten will. Liebhaber der ‚klaren Verhältnisse‘ dürften an dieser Stelle dahin tendieren, die ‚Büchse der Pandora‘ erst gar nicht zu öffnen. Leidenschaftliche Forscher mit eingebauter Neugier und ein gewisser Risikobereitschaft fühlen sich aber vielleicht ‚angelockt‘. Fakt ist, dass die Projektgruppe versucht hat, sich diesem konzeptuellen ‚Dickicht‘ ein wenig zu nähern. Aufgrund der disziplinären Vielfalt der Projektgruppe gab es viele interessante Perspektiven, die zueinander finden mussten. Solch ein ‚zueinander finden‘, das zudem idealerweise in dem heute so modischen Format der ‚Transdisziplinarität‘ stattfinden sollte, braucht allerdings naturgemäß erheblich mehr Zeit, als wenn nur Fachkollegen einen Austausch pflegen. Im heutigen Professorendasein ist angesichts der vielfältigen Verpflichtungen Zeit aber Mangelware. Die Suche war somit von Beginn her endlich dimensioniert.

Konzept Intelligenz

Das Konzept Intelligenz ist bis heute weder im Bereich der biologischen Systeme noch im Bereich der nicht-biologischen Systeme, hier den Maschinen, hinreichend erklärt. Dies ist sehr misslich.

Während die Wissenschaften in den letzten 120 Jahren für biologische Systeme erste Konzepte entwickelt haben, die über alle biologische Systeme hinweg empirische anwendbar sind wie auch begrenzte Vergleiche zwischen biologischen Systeme hinsichtlich von definierten Intelligenzeigenschaften zulassen, kann man dies für die maschinellen Systeme nicht behaupten. Hier gibt es weder einen einheitlichen Intelligenzbegriff noch lassen die verschiedenen Begriffe einen einheitlichen Vergleich über alle Systeme hinweg zu. Die maschinellen Intelligenzbegriffe sind sehr speziell. Ein Vergleich zwischen biologischer und maschineller Intelligenz ist von daher in der Regel nicht einfach möglich.

Erschwerend kommt hinzu, dass nahezu alle Intelligenzbegriffe — für biologische wie auch maschinelle Systeme — Eigenschaften ‚individueller‘ Systeme beschreiben, niemals ‚kollektive Intelligenzleistungen‘! Im Falle von biologischen Systemen, die überwiegend in Populationen bzw. hochspezialisierten ‚Gesellschaften‘ auftreten, nützen diese individuellen Intelligenzbegriffe wenig. Eine irgendwie bizarre Situation: angekommen im ‚Anthropozän‘ in einer sogenannten ‚Wissenschaftsgesellschaft‘ weiß der Mensch bislang nicht so recht, was es mit seiner ‚Kollektiven Intelligenz‘ auf sich hat. Ein interessanter Ausgangspunkt auf dem Weg in eine unbekannte Zukunft.

Andererseits haben führende Forscher der maschinellen Intelligenz mittlerweile erkannt, dass maschinelle Intelligenz in der Zukunft nur dann für die menschliche Population von Nutzen sein kann, wenn besser verstanden wird, was genau diese kollektive menschliche Intelligenz ist, und wie in diesem — bislang noch wenig erforschten — Raum kollektiver Intelligenz maschinelle Intelligenz von Nutzen sein kann, um eine globale nachhaltige Biosphäre mit den Menschen als Teil davon zu ermöglichen. [3]

In diesem Zusammenhang muss man auch nochmals darauf hinweisen, dass das neue Konzept ‚Digitalität‘ in den Gesellschaftswissenschaften sich großer Beliebtheit erfreut, dass es aber in seinem Gehalt schwer bis gar nicht erläutert werden kann. Naheliegend ist, dass man die ‚Bedeutung‘ des Konzepts ‚Digitalität‘ im Interaktionsfeld von menschlicher Gesellschaft und jener ‚Technologie‘ ansiedelt, die oft ‚digitale Technologie‘ genannt wird. Der Begriff der ‚digitalen Technologie‘ ist aber ebenfalls ein ‚Bedeutungsmonster‘, da hier zunächst mal alles drunter fällt, was irgendwie in Beziehung gesetzt werden kann zu einer ‚Hardware‘, in der ‚digitale Baueinheiten‘ benutzt werden. Das reicht dann von einfachsten ‚Chips‘ zu komplexen Chips mit unterschiedlichsten Funktionalitäten, die in mehr oder weniger komplexen größeren Einheiten ‚verbaut‘ sind: diverse Maschinen, Maschinenaggregationen, Computernetzwerke, komplexe Rechenzentren, Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeuge, Gebäude, medizinische Geräte, Waffensysteme, Gebrauchsgegenstände und vieles mehr. Jedes dieser technische System beinhaltet unterschiedlich Algorithmen von bis zu vielen Millionen Zeilen Code, die unfassbar viele verschiedene ‚Verhaltensweisen‘ dieser technische Systeme ermöglichen. Ein Versuch, die Vielzahl dieser Systeme — sowohl bzgl. der Hardware wie auch bzgl. der Software und dann auch bzgl. der daraus resultierenden Verhaltensdynamik — in ihrer Gesamtheit zu beschreiben ist schon im Ansatz gnadenlos zum Scheitern verurteilt. Dieses ‚Mega-Bedeutungsmonster‘ mit einem Konzept wie ‚Digitalität‘ ‚einzufangen‘, ihm dadurch seine ‚Ungeheuerlichkeit‘ zu nehmen, ist psychologisch verständlich, gaukelt aber eine Klarheit und Einfachheit vor, die es real schlicht nicht gibt. Tatsächlich haben wir als Gesellschaft ein akutes Problem, das sich durch ’schöne Worte‘ allein nicht befrieden lässt.

Konzept Nachhaltigkeit

Eine Analyse des Bedeutungsraumes des Konzepts ‚Nachhaltigkeit‘ ist — falls man den Vergleich überhaupt wagen will — um Dimensionen schwieriger als der Bedeutungsraum zum Konzept ‚Intelligenz‘.

Eine mögliche Strategie der ‚Begrenzung‘ des Bedeutungsraums ist der Blick auf die Konferenzen und Dokumente der Vereinten Nationen seit ca. den 1980iger Jahren, ein Ansatz, den die Projektgruppe zunächst gewählt hatte.

Am ‚populärsten‘ sind die 17 Entwicklungsziele der Agenda 2030. [1a,b] Wie aber schon mehrfach beobachtet, ist die Bedeutungsfestlegung der einzelnen Entwicklungsziele eher schwierig; ihre Beziehungen untereinander zeigen viele Konflikte; der tatsächliche Bezug zum Konzept ‚Nachhaltigkeit‘ ist nicht ganz klar: welche Art von Nachhaltigkeit ist gemein?

Folgt man der Entwicklung des UN-Konzepts zur ‚Nachhaltigkeit‘ rückwärts zu den ‚Anfängen‘, dann stößt man auf den sogenannten ‚Brundtland Report‘ von 1987. In ihm ringen die Verfasser um die grundlegende Idee, was Nachhaltigkeit bedeuten kann. [2]

Im Brundtland Report steht der Mensch im Zentrum der Überlegungen: letztlich ist es das ‚Verhalten‘ der Menschen, das ‚Auswirkungen‘ auf den Planet Erde wie auch auf die gesamte ‚Biosphäre‘ hat, von der die Menschen einen kleinen Teil bilden. Und beim Menschen wird das Verhalten entscheidend von seinem ‚Wissen‘ im allgemeinsten Sinne geprägt. Wissen kann ein differenziertes Verhalten ermöglichen, ob dies aber tatsächlich geschieht und wie genau, das entscheiden dann die aktuellen Emotionen mit all ihren Facetten.

Für das Konzept des Wissens ist zu beachten, dass es für eine minimale Beschäftigung mit einer möglichen Zukunft unabdingbar ist, dass das verfügbare Wissen sich in einem Zustand befindet, der nachvollziehbare und belastbare ‚Prognosen‘ möglich macht, andernfalls paralysiert sich das Wissen selbst: die Menschen taumeln dann gleichsam ‚in einer Wolke von Möglichkeiten‘ dahin, ohne klare Ziele, ohne brauchbare Abstimmungen.

Das einzige Format in der bisherigen Kulturgeschichte der Menschheit, das über diese Eigenschaft ’nachvollziehbarer und belastbarer Prognosen‘ bietet, ist das Konzept der ‚empirischen Wissenschaften‘.[4]

Kontext Gesellschaft

Die abstrakten Konzepte ‚Intelligenz‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ können auf bestimmte ‚Strukturen‘ hindeuten, die ‚Realisierung‘ dieser Strukturen findet aber in konkreten gesellschaftlichen Systemen statt, deren Realitäten letztlich festlegen, was wie wann und wo real stattfinden kann.

Autoritäre Gesellschaftssysteme bieten andere Realisierungsbedingungen als ‚demokratisch verfasste‘ Systeme. ‚Verfassungen‘ präzisieren die ‚Rahmenbedingungen‘ für mögliches ‚legales Handeln‘ weiter, dazu Verfassungsorgane, eine Vielzahl von Verwaltungseinheiten, und vieles mehr . Die entsprechenden Text-Dokumente beschreiben mit mehr oder weniger ‚abstrakten Konzepten‘, was möglicherweise ‚konkret‘ stattfinden kann/ sollte oder auch nicht.

Eigentlich ist die Gesamtheit der Akteure einer Gesellschaft, die Gesamtheit der Bürger, der grundlegende ‚Souverän‘ für all diese ‚Festlegungen‘. Sobald aber dieser primäre Souverän dieses ‚System von Regeln‘ verabschiedet hat, hat er sich quasi ’selbst verpflichtet‘ und ist fortan auf diese Weise ein ‚kontrollierter primärer Souverän‘, dessen ‚Macht‘ — der regelbasierten Intention nach — nur noch innerhalb der vereinbarten Regeln wirksam werden sollte.

Ein fundamentales Charakteristikum einer regelbasierten Machtausübung — zumindest wie sie in Deutschland verstanden und praktiziert wird — besteht darin, dass der Bürger als Entscheider — ausgenommen von politischen Wahlen — praktisch eliminiert ist. Was immer ein Bürger fühlt, denkt, tut, es hat keinen offiziellen Einfluss mehr auf die ‚legalen Entscheider‘ auf allen Ebenen.

Im Idealfall sind die ‚legalen Entscheider‘ (i) offen für die Bedürfnisse der Bürger, für die Notwendigkeiten der Gestaltung von Kommunen, Landkreise usw., sie besitzen (ii) hinreichende Kompetenzen, um die jeweiligen Situationen angemessen beurteilen zu können, und (iii) sie sind fähig, in den vielfältigen Gremien Emotionen beiseite zu lassen und entscheiden nach dem verfügbaren Wissen. Falls diese Forderungen nicht angemessen erfüllt werden, hat die Gesellschaft beliebig viele Probleme.

Ohne Bezugnahme auf viele hier relevante Details kann man mit Sicherheit voraussagen, dass eine Nichterfüllung der Anforderungen (i) – (iii) — nennen wir diese Anforderungsliste das ‚Legalistische Entscheider Profil‘ — sich unmittelbar auf den Zustand einer ‚legal regulierten Gesellschaft‘ auswirken wird. So können z.B. aktuell gegebene Problemstellungen zu wenig erkannt werden, dementsprechend werden sie nicht bearbeitet, und können frühestens im zeitlichen Takt der ‚politischen Wahlen‘ neu angestoßen werden; und dann ist nicht sicher, dass die neu Gewählten die ungelösten Probleme dann aufgreifen werden. Für Problemstellungen mit einer Wirkgeschichte von vielen Jahren erscheint die Lage sogar tendenziell hoffnungslos.

Wer mit der Brille dieser kurzen Bemerkungen auf die aktuelle Situation der Bundesrepublik Deutschland schaut, und die lange Liste ungelöster Probleme der letzten Jahre anschaut, der kann möglicherweise den Eindruck gewinnen, dass …

Partizipation

Mit Blick auf das ‚legalistische Entscheider Profil‘ kann man — unter Berücksichtigung der Erfahrung von ca. 77 Jahren demokratische Gesellschaft in Deutschland — feststellen, dass keine der drei Anforderungen voll erfüllt wird. Eher muss man sagen, dass alle drei Anforderungen vielfach nicht erfüllt werden. Diese Nichterfüllung liegt nicht daran, dass die legalen Entscheider möglicherweise ‚unlautere Absichten‘ verfolgen (was im Einzelfall natürlich nicht ausgeschlossen werden kann und auch schon nachgewiesen wurde), sondern daran, dass die zahlenmäßig verschwindet geringe Menge der legalen Entscheider verglichen mit der ungeheure Menge der Bürger und der unfassbar vielen komplexen Problemstellungen objektiv nicht in der Lage ist, die Anforderungen (i) – (iii) auch nur annähernd zu erfüllen, selbst wenn die legalen Entscheider es ernsthaft wollten.

In dieser Situation bieten sich viele Antworten an. Die Skala reicht von ‚totaler Abschaffung dieses Systems‘ bis hin zu unterschiedlich moderierten Formen der ‚Partizipation‘ der Bürger.

Während die ‚totale Abschaffung‘ kurzfristig ein ‚relatives Übel‘ beseitigen würde (was möglicherweise aber gar nicht so rein ‚Übel‘ ist, wie man es unterstellt), würden wir uns im nächsten Moment im ‚totalen Chaos‘ wiederfinden, in dem eher nichts mehr gehen würde. Komplexität löst man nicht durch grobe Vereinfachungen.

Im Falle der Aktivierung von ‚unterschiedlich moderierten Formen der Partizipation‘ würde das System der ‚legalen Entscheider‘ im Prinzip erhalten bleiben, die einzelnen Anforderungen des ‚legalistischen Entscheider Profils‘ könnten aber deutlich besser als ohne Partizipation erfüllt werden.

An dieser Stelle setzt die Konferenz ein. Siehe dazu Teil 2:

II. KONFERENZBEITRÄGE

III. DISKUSSION NACH DER KONFERENZ

IV. AUSBLICK

KOMMENTARE

[1a] Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2015: https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgipfel_f%C3%BCr_nachhaltige_Entwicklung_2015

[1b] Entwurf des Ergebnisdokuments des Gipfeltreffens der
Vereinten Nationen zur Verabschiedung der Post-2015-
Entwicklungsagenda
: https://www.un.org/depts/german/gv-69/band3/ar69315.pdf

[2] UN. Secretary-General;World Commission on Environment and Development, 1987, Report of the World Commission on Environment and Development : note / by the Secretary-General., https://digitallibrary.un.org/record/139811 (accessed: July 20, 2022) (In einem besser lesbaren Format:  https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/5987our-common-future.pdf) Anmerkung: Gro Harlem Brundtland (ehemalige Ministerpräsidentin von Norwegen) war die Koordinatorin von diesem Report.(Dieser Text enthält die grundlegenden Ideen für alle weiteren UN-Texte)

[3] Michael L. Littman, Ifeoma Ajunwa, Guy Berger, Craig Boutilier, Morgan Currie, Finale Doshi-Velez, Gillian Hadfield, Michael C. Horowitz, Charles Isbell, Hiroaki Kitano, Karen Levy, Terah Lyons, Melanie Mitchell, Julie Shah, Steven Sloman, Shannon Vallor, and Toby Walsh. “Gathering Strength, Gathering Storms: The One Hundred Year Study on Artificial Intelligence (AI100) 2021 Study Panel Report.” Stanford University, Stanford, CA, September 2021. Doc: http://ai100.stanford.edu/2021-report.

[4] Neben der ‚empirischen Wissenschaft‘ selbst, die in Europa grob im 16.Jahrhundert begann, gibt es auch von Anfang an eine philosophische Beschäftigung mit dem Thema, das gegen Ende des 19.Jahrhunderts, Anfang des 20.Jahrhunderts unter der Bezeichnung ‚Wissenschafts-Philosophie‘ bekannt wurde (in Deutschland auch gerne ‚Wissenschaftstheorie‘ genannt).

Noch nicht fertig,

es wird dran gearbeitet 🙂

Theoretischer Ansatz zur Erforschung Kollektiver Mensch: Maschine Intelligenz

Eine zentrale Konfliktlinie im Diskurs über Künstliche Intelligenz liegt in der Präzision des Begriffs „Intelligenz“. Konfliktpotenzial hat dieser Begriff, weil noch nicht klar definiert ist, was Intelligenz meint und vor allem meinen soll. Im Teilbereich des maschinellen Lernens und hier wiederum im Bereich des deep learnings werden, verkürzt gesprochen, die Möglichkeiten ausgelotet, inwiefern Systeme und Programme selbst lernen und darauf aufbauend „handeln“ (oder auch „ausführen“) können. Empfohlen wird hier, sich bei der Weiterentwicklung solch sogenannter „starker KI“ vor allem an der menschlichen Kognition, sprich den Erkenntnissen aus den Kognitionswissenschaften, zu orientieren. Das dem Menschen eigene flexible Lernen, die Fähigkeit sich innerhalb kürzester Zeit und mit wenigen Daten/Referenzen neue Eigenschaften und neues Wissen anzueignen, wird als zentraler Bestandteil menschlicher Intelligenz bewertet. Ein Ziel aktueller Forschung ist es, eben diese Flexibilität der maschinellen „Intelligenz“ von Systemen, Programmen und Maschinen zu ermöglichen (Lenzen 2020)1. Die Streitpunkte im Diskurs um den Begriff „Intelligenz“ berühren, wie bereits angedeutet, die Frage was Intelligenz sein soll und was sie (noch) nicht sein soll. Was macht uns zum Menschen? Was macht uns besonders? Diese Fragen könnte man angesichts der im Diskurs diskutierten Deutungshoheiten vermuten.

Die Maßstäbe unserer theoretischen Arbeit sind von dem Zweck der Software oksimo beeinflusst. Das Team um die Software hat im aktuellen Prozess bereits eine grundlegende Entscheidung getroffen: die sogenannte maschinelle „Intelligenz“ soll nicht in den kreativen, „schöpferischen“ Prozess des Menschen eingreifen, sondern lediglich die quantitativen Rechenleistungen übernehmen, die bei zunehmendem Datenaufkommen von Einzelpersonen oder auch Gruppen nicht mehr durchgeführt werden können. Beschäftigen wir uns im Rahmen unseres Projektes also mit dem Begriff der Intelligenz – der maschinellen, menschlichen und der kollektiven – so ist es angesichts unserer bereits getroffenen Entscheidung, die maschinelle „Intelligenz“ auf unterstützende Tätigkeiten reduzieren zu wollen, nicht von Interesse, den Diskurs darum was maschinelle Intelligenz alles sein und werden kann zu bedienen. Ich sehe unseren Ansatzpunkt vor allem im Diskurs darum, was die menschliche (kollektive) Intelligenz sein und leisten kann und welche Herausforderungen diese durch das Aufkommen digitaler vernetzter Technologien zu bewältigen hat. Mein Forschungsschwerpunkt wird dabei nicht auf biologischen Untersuchungen zum Thema Intelligenz liegen, sondern auf politikwissenschaftlicher und kulturanthropologischer Arbeit über Kollektivität. Es muss a) eine realistische Einschätzung des menschlichen Handlungssprektrums im digitalen Raum getroffen werden. Was und wie (ver)handelt der Mensch (gemeinsam) mithilfe vernetzter digitaler Technologien und in den „Räumen“, welche diese Technologien kreieren?

B) Es soll ein wissenschaftlicher Beitrag zu der Frage geleistet werden, inwiefern digitale Technologien dem Menschen beim gemeinsamen Handeln tatsächlich „dienen“ können. Bei diesem politisierten Satz wird oftmals vergessen, dass der Mensch selbst erst einmal entscheiden muss, wobei ihm eigentlich geholfen, oder „gedient“ werden soll. Deswegen wird sich c) abseits von Literatur über digitale Räume mit den Begriffen Kollektivität und Kollektives Handeln und ihren Bestimmungen kritisch auseinandergesetzt 2.

Ziel ist es, mit oksimo einen digitalen (Spiel)Raum zu schaffen, welcher zum einen mit Blick auf Herausforderungen und Einschränkungen durch aktuelle digitale Netzwerke und Technologien entwickelt wird und in der Benutzung und Architektur Unterschiede zu kommerziellen digitalen Plattformen aufweist. Zum anderen soll sich oksimo nicht schlichtweg vom kommerziellen Nutzen unterscheiden, sondern gleichzeitig angesichts des derzeitigen Forschungsstandes um Kollektive Intelligenz und Kollektivität ein Experimentierraum für kollektives, menschliches Handeln im digitalen Raum sein. Mensch-Maschine-Interaktionen können hinsichtlich vieler verschiedener Fragestellungen und verschiedenen Forschungsproblemen untersucht werden. Wir konzentrieren uns auf die Frage nach einer kollektiven Intelligenz.

1Lenzen, Manuela (2020): Künstliche Intelligenz. Fakten, Chancen, Risiken. München: C.H.Beck.

2Vgl. Léy, Pierre (1997): Collective Intelligence. Mankind´s Emerging World in Cyberspace.

Süß, Rahel Sophia (2015): Kollektive Handlungsfähigkeit. Gramsci – Holzkamp – Laclau/Mouffe. Wien/Berlin: Turia+Kant

Schmid, Hans Bernhard u. Schweikard, David P. (Hg.) (2009): Kollektive Intentionalität. Eine Debatte über die Grundlagen des Sozialen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

OKSIMO PARADIGMA und DEMOKRATIE – Wie belastbar ist die Demokratie – Vorländer, FAZ, 9.Aug.2021, S.6

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
10.Aug 2021 – 12.Aug 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenknotens DEMOKRATIE innerhalb des BEGRIFFLICHEN RAHMENS ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

POSITION VON VORLÄNDER

Die Position von Prof. Dr. Hans Vorländer — u.a. Direktor, Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden — soll hier in kurzen Thesen angeleuchtet werden. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, die speziell den möglichen Zusammenhang mit dem oksimo Paradigma thematisieren.

Hermeneutik: Wenn eine Person A den Text von anderen Personen liest, dann wird die Person A diesen Text immer (es gibt kein Entkommen) im Lichte ihrer aktuellen Wissensvoraussetzungen lesen. Diese resultieren aus einer individuellen Lerngeschichte und dieses Wissen kann sich kontinuierlich weiter ändern, z.B. schon durch die Lektüre und die aktive Auseinandersetzung mit dem Text. Wer also wissen will, was der Autor (hier Herr Vorländer) selbst geschrieben hat, muss diesen Text selbst lesen. Sollten Sie dies tun, wundern Sie sich bitte nicht, wenn Sie diesen Text ganz anders verstehen sollten wie der Autor in diesem Blog … es gibt nicht zwei Gehirne auf dieser Welt, die ‚gleich‘ sind. Diese Verschiedenheit ist unser Glück; gäbe es sie nicht, würden wir aufgrund von Monotonie in einer sich ständig rasant ändernden Welt alsbald schlicht untergehen …

ARTIKEL VORLÄNDER

(1) Der Grundtenor des Artikels von Hans Vorländer ist — und dies in Übereinstimmung mit dem schwedischen Forschungsinstitut Varieties of Democracies [V-Dem][1] –, dass die liberalen Demokratien unter einem starken Druck stehen, den man sehr wohl als besorgniserregend einstufen kann.

(2) Jenseits der nackten Zahlen, die das V-Dem vorlegt, nach denen es 1990 weltweit nur 41 Staaten gab, die man als liberaler Demokratien bezeichnen könnte, und dass seit 1990 sich diese Zahl auf nur noch 32 reduziert hat — also alle ca. 3 Jahre eine liberale Demokratie weniger –, sind die konkreten Umstände, unter denen heute liberale Demokratien existieren, sehr wohl ein möglicher Weckruf für alle, die mit dem Konzept der liberalen Demokratie wichtige Wertvorstellungen verknüpfen.

(3) Den Unterschied zwischen einer liberalen Demokratie und einer bloßen Wahl-Demokratie sieht Vorländer im Vorhandensein und Funktionieren von Elementen wie z.B. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit von Justiz und Medien, Freiheit der Meinungsäußerung, diskriminierungsfreie Umgang mit Minderheiten, Anerkennung soziokultureller Vielfalt, Schutz von Grund- und Menschenrechten, und fairer politischer Wettbewerb.

(4) Aber selbst in den noch liberalen Demokratien geraten diese Elemente — und noch weitere — zunehmend unter Druck und es ist eine offene Frage, wie resilient (widerstandsfähig) liberale Demokratien sind, um diesen Druck zu überstehen.

(5) Mit Blick auf Prof. Przeworski von der New York University [2] stellt er — fast beruhigend — fest, dass sich bislang kein festes Muster erkennen lässt, wann und wie Demokratien sich auflösen und zerfallen; es gibt allerdings viele einzelne Faktoren, deren Funktionsuntüchtigkeit einen möglichen Niedergang begünstigen könnten.

(6) Krisen sind besondere gesellschaftliche Zustände (z.B. Bankenkrise, Finanzkrise, Migrationskrise, Eurokrise, Stabilisierungsmechanismen des Internationalen Währungsfonds, Corona Pandemie, Flutkatastrophen, …), in denen staatliches Handeln gefordert ist und wo es das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen stärken kann. Die Art und Weise der Kommunikation mit den Bürgern spielt dabei eine wichtige Rolle.

(7) Spätestens die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass es viel Missmut und Kritik gegeben hat. Die Tendenz zum Unterlaufen der üblichen demokratischen Verfahren durch Rückgriff auf anonyme Expertenrunden war einer der kritischen Punkte in der aktuellen Corona Pandeemie. Dazu wurden zahlreiche extremistische Strömungen sichtbar, die nicht erst seit Corona existieren, sondern schon viele Jahre Europaweit und in den USA unüberhörbar von sich reden machen. Für solche eher extremistische Gruppierungen, die Demokratien grundsätzlich in Frage stellen, sind Krisen — wie z.B. Corona oder Flutkatastrophen — und die unglückliche Handhabung demokratischer Verfahren eine willkommene Gelegenheit sich in Szene zu setzen.

(8) Doch darf man sich durch die Einmischung radikaler Gruppierungen nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass auch normale Bürger berechtigte Sorgen haben, Zweifel hegen, ja sogar wütend sind auf die Art und Weise, wie politische Repräsentanten und Institutionen agieren.

(9) Diese Kritik hat schon seit Jahren zu einer wachsenden Entfremdung zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen, ihren Parlamenten, ja sogar zu den Parteien geführt, die doch eigentlich die unmittelbare Verbindung von Bürgern und demokratischen politischen Institutionen ermöglichen sollten. So hat der Parlamentarismus und die politischen Parteien am meisten an Anerkennung und Akzeptanz verloren. Bürger fühlen sich immer weniger durch die Parteien vertreten. Es gibt deutliche Zeichen von Entfremdung in der gefühlten Distanz zwischen Regierenden und Regierten. Viele bislang üblichen sozialen Infrastrukturen zur Vermittlung zwischen Bürger und Politikern sind heute deutlich geschwächt oder ganz weg.

(10) Doch gibt es neben den politischen Parteien nicht Nichts; es gibt das neue Phänomen von ‚Bewegungen‘, die außerhalb der Parteien ihre Interessen zu vertreten suchen. Diese Bewegungen mit oft starken Führungsfiguren deuten einen Wandel der liberalen Demokratien an, wenngleich bislang in konstitutionellen Bahnen. Damit einhergehend meint Vorländer die Tendenz zu einer Hyperpersonalisierung zu erkennen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieses Phänomen der vielen neuen Bewegungen parallel auftritt zur neuen Allgegenwart des Internets mit all seinen vielfältigen sozialen Medien (Twitter, messenger Dienste, …). Empörungen, Erregungen, und Stimmungen wirken direkter und können schneller und stärker die Meinungen beeinflussen. Diese Meinungen spielen sich außerhalb der Institutionen ab; es fehlen vermittelnde Räume. Am Beispiel des Trumpismus (aber nicht nur da) kann man sehen, wie der direkte Zusammenschluss zwischen populistischen Strömungen und ihrer Führer gesucht wird, um damit die kritisierten demokratischen Institutionen einfach zu umgehen.

GEDANKEN ZUM ARTIKEL

  1. Die obigen Punkte bilden nur einen Ausschnitt aus dem breiten Bild, das Hans Vorländer zeichnet, ein Ausschnitt dessen Auswahl und Zuschnitt auf den Autor dieses Diskurses zurückgeht (siehe den einleitenden Punkt ‚Hermeneutik‘).
  2. Für die weiterführenden Überlegungen soll auch — mit einem Seitenblick — der interessante Beitrag von Wolfgang Schäuble nicht unberücksichtigt bleiben.
  3. Aus der Sicht des oksimo Paradigmas richtet sich der Fokus der Überlegungen auf die Akteure in diesem Feld der liberalen Demokratie, auf jene, die staatliche Institutionen vertreten, politische Gremien, die politischen Parteien, und jene, die allgemein als Bürger gelten, die in diesem Staat leben, z.T. auch wählen dürfen, aber zwischen den Wahlen nahezu keine ’normalen‘ Mitwirkungsmöglichkeiten haben.
  4. In einer liberalen Demokratie ist die staatliche Gewalt an die gewählten Parlamente delegiert, die von unterschiedlichen Institutionen unterstützt werden. Idealerweise sollen die Parlamente die Aufgaben der Gesellschaft mit Blick auf die Zukunft und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Land erkennen und in möglichst optimaler Weise, speziell auch nachhaltig, zukunftsfähig machen. Jede Gegenwart ist ein Ausschnitt aus der möglichen Zukunft von Gestern. Wurde gestern mit Blick auf die mögliche Zukunft schlecht gehandelt, dann ist die aktuelle Gegenwart das Ergebnis solcher Versäumnisse.
  5. Für die Frage nach einer nachhaltigen Zukunft für eine liberale Demokratie sind daher weniger Einzelereignisse interessant, weniger Ausnahmesituationen, weniger individuelle Skandale, sondern eher der alltägliche Prozess, in dem alle involviert sind, und der geeignet ist, alle Bürger in ihrer Vielfalt auf nachhaltige Weise für eine entsprechend nachhaltige Zukunft vorzubereiten, zu befähigen, und zu begeistern. Womit sich die Frage stellt, wie denn das Format des alltäglichen Prozesses in einer liberalen Demokratie beschaffen sein sollte, damit eine nachhaltige Zukunft zumindest wahrscheinlich sein könnte, wenngleich ohne eine 100%-tige Garantie, dass es auch tatsächlich gelingt.
  6. Hans Vorländer lässt in seinem Beitrag viele Aspekte aufblitzen. Hier möchte ich nur zwei Aspekte herausgreifen, die aus Sicht des oksimo Paradigmas von besonderem Interesse sind: das ist einmal (i) die große Entfremdung der Bürger von den politischen Parteien (und umgekehrt!), und zum anderen (ii) die unübersehbare Entstehung und Erstarkung von außerparlamentarischen Bewegungen aller Art.
  7. Würden die politischen Parteien diese Bewegungen aufgreifen, würden die Parlamente eine neue, intensive Kommunikation mit diesen Bewegungen suchen, dann könnten diese neuen dynamischen Bewegungen möglicherweise zu einer Verlebendigung der bestehenden Parteien und Parlamente führen; vielleicht. Bislang überwiegt aber der Eindruck einer bestehenden und zunehmenden Entfremdung zwischen neuen Bewegungen und etablierten Parteien und Parlamenten. Würde es bei diesen Tendenzen bleiben, wäre ein ernster Konflikt zwischen gegebenen konstitutionellen Formen der Demokratie und einem wachsenden Teil der Bevölkerung vorgezeichnet.
  8. Fragt man sich, woher denn diese wachsende Entfremdung komme, dann gibt es mindestens zwei Faktoren, die sich abzeichnen: (i) Die reale Kommunikation zwischen Bevölkerung und etablierten Parteien und Parlamenten ist real schwach, gestört, und wird aktuell eher schwächer; (ii) Die inhaltlichen Anschauungen der verschiedenen Gruppen divergieren vielfach sehr stark. Dies wird durch die Aufsplitterung der Öffentlichkeit in immer mehr Teilöffentlichkeiten mit jeweils immer weniger innerer Pluralität begünstigt. Es entstehen kognitive Weltbilder weitgehend unabhängig voneinander. Da diese Weltbilder für jede Gruppe eine gruppenspezifische Handlungsbasis bieten, stehen sich zunehmend Weltbilder als Alltagsvorstellungen gegenüber, die immer weniger kompatibel sind; zusätzlich scheinen die ‚Inhaber dieser spezifischen Weltbilder‘ immer weniger fähig und willens zu sein, ihre eigenen Weltbilder irgendwie in Frage zu stellen. Das Ergebnis sind Verteufelungen der anderen, eine immer stärkere Bereitschaft zu Gewaltaktionen, weil man die Fähigkeit verloren hat, über Weltbilder zu reden, so dass man diese im gemeinsamen Diskurs unterschiedlich beleuchtet, anders bewertet, und möglicherweise modifiziert.
  9. Die Erstarrung im Umgang mit kognitiven Bildern der Welt ist eine Form von ‚Systemstörung‘: es ist eine grundlegenden Eigenschaft von biologischen Systemen auf der Erde, dass sie mehr als 3 Mrd.Jahre auf diesem Planeten nur überlebt haben, weil sie extrem anpassungsfähig waren, wandlungsfähig, grundlegend lernfähig. Besonders der homo sapiens verfügt über sehr außerordentliche Fähigkeiten, zu lernen und sich durch Kommunikation mit anderen zu koordinieren. Jedoch gehört es zur Eigenheit hochentwickelter lernender Systeme, dass sie nicht deterministisch sind: sie können, aber sie müssen nicht. Das ist ihr Geheimnis. Wenn sie sich aber ihrem realen Lernen grundsätzlich verweigern durch starres Festhalten an nur wenigen Aspekten ihrer dynamischen Umwelt, dann schreiben sie ihren Untergang fest. In einer dynamischen Welt kann kein statisches System auf Dauer überleben.
  10. Was in dieser Situation hilfreich wäre, das wären neue Formen einer gruppenübergreifenden Kommunikation, die nicht nur die unterschiedlichen Anschauungen sichtbar macht, sondern zusätzlich auch grundlegende Strukturen von Weltbildern.
  11. Das oksimo Paradigma wendet sich generell an Gruppen, und zwar beliebige Gruppen von Menschen (Bürgern). Jeder einzelne gilt als ein Experte; vorab wird kein Unterschied gemacht. Für die Kommunikation ist nur die eigene Sprache notwendig (Deutsch, Englisch, …). Von allen Beteiligten wird erwartet, dass sie in der Lage sind, sich zu einigen, welche Aspekte in einer bestimmten Situation sie als real gegeben annehmen. Ferner wird erwartet, dass sie in der Lage sind, jene Situation in der Zukunft zu beschreiben, die sie aktuell anstreben wollen. Und dann besteht die gemeinsame Kommunikation darin, zu beschreiben, wie man in einzelnen Schritten von der aktuellen Situation zur zukünftigen Situation kommen kann. Man kann diesen Prozess auch so sehen, dass alle zusammen eine Art Drehbuch schreiben mit einzelnen Szenen (Situationen), mit den beteiligten Akteuren und den gewählten Aktionen, die unterschiedliche viel weitere Ressourcen benötigen (Zeit, Geld, Material, Wechselwirkung mit anderen, …). Zusätzlich bietet oksimo die Möglichkeit, das Drehbuch jederzeit auch als Simulation ablaufen zu lassen, oder gar während der Simulation eine aktive Rolle als Spieler zu übernehmen; einfach die bis dahin gegebenen Regeln anwenden oder ad hoc neue Regeln zu generieren, indem man das Drehbuch abändert. Simulation und Spielen bietet eine sehr intensive Form, sich mit den Ideen des Drehbuchs und den anderen auseinander zu setzen. Mit oksimo kann man zusätzlich auch Künstliche Intelligenz [KI] einsetzen. Diese ist aber nur insoweit interessant, als die menschlichen Akteure selbst Ziele und Konzepte haben, denen sie folgen wollen.
  12. In der Theorie könnte eine für alle verfügbare oksimo Umgebung also nicht nur grundlegend zu einer verbesserten Verständigung unter allen Bürgern beitragen (falls diese überhaupt lernen wollen!), es könnte mit der Zeit auch das Wissen um die Welt dramatisch verbessert werden, und zwar für alle, jederzeit, auch für die Politiker. Die heute vielfach zu beobachtenden ‚Sololäufe‘ jenseits einer demokratischen Öffentlichkeit wären dann weder notwendig noch langfristig möglich.

ANMERKUNGEN

[1] Homepage: Varieties of Democracies [V-Dem], https://www.v-dem.net/en/

[2] Adam Przeworski (Professor of Politics, New York University): https://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Przeworskihttps://as.nyu.edu/content; Private Webseite: https://as.nyu.edu/content/nyu-as/as/faculty/adam-przeworski.html