Archiv der Kategorie: Citizen

Besprechung Growing Open Science with the Combined Potential of Citizen Science and Auto Science von Sonja Schimmler, Fabian Kirstein, Sebastian Urbanek, Hannes Wünsche und Manfred Hauswirth (S. 1-2)

(Letzte Änderung: 15. Dezember 2022)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

Die AutorInnen dieser Programmschrift1 stellen ihre Konzeption eines auf das Weizenbaum Institut zugeschnittenes „Open Science Portal[s]“ in seinen Grundzügen vor.

Das „Open Science Portal“(OSP) soll auf den Alltag von ForscherInnen zugeschnitten und dabei Disziplinübergreifend einsetzbar sein. Daher soll ein Teil dieses Portals ein „Research Dara Portal“(RDP) sein. Das RDP wird als „central point of a researcher’s daily life“ angesehen und soll plattformübergreifend kompatibel mit gängigen Softwaretools und Datenbanken sein. Mit einer „Researcher’s Identity“soll Datensouveränität und Eigentumsrechte gesichert werden. Die Herausforderung sei es, „to find a good balance between generality and specificality“.
Der andere Teil der Plattform ist als „Citizen Science Portal“(CSP) konzipiert. Dabei soll dieses „das Beste“ aus den Welten Citizen Science und Auto Science zur Anwendung bringen. „Citizen Science promises to entail the individual (scientists and hobby scientists) to help with research[,] Auto Science […] is meant to help analyze research data, e.g., to help publish the data and to help improve its quality, by applying methods from artificial intelligence.“ Die Herausforderungen des CSPs werden dreigeteilt präsentiert. Es seien (i) aktuell „neither a critical mass of hobby scientists, nor people with the „right“ background […] attracted“, (ii) „hobby scientists are mostly involved in a crowdsourcing-fashion, namely to collect and clean data“ und (iii) es werden „new and innovative concepts and methods“ benötigt, um die Vision dieses Portals umsetzen zu können.

REFLEXION

Wie ich den Text verstehe wird hier ein Ansatz vorgesellt, der implizit zwischen WissenschaftlerInnen und BürgerInnen trennt. BürgerInnen als „Hobby WissenschaftlerInnen“ seien ein externer Faktor, der von („echten“) WissenschaftlerInnen eingesetzt werden kann, wenn er denn richtig „funktioniere“. Dass sich diese Institution nach eigenen Angaben an dem „European Open Data Portal“ beteiligt hat, zeigt auch eine Nähe an tendenziell als Top-Down-Institutionen verstehbaren Akteuren.

KOMMENTARE

[1] Schimmler, S., Kirstein, F., Urbanek, S., Wünsche, H., & Hauswirth, M. (2019). Growing Open Science with the Combined Potential of Citizen Science and Auto Science. In Proceedings of the Weizenbaum Conference 2019 „Challenges of Digital Inequality – Digital Education, Digital Work, Digital Life“. Berlin https://doi.org/10.34669/wi.cp/2.26

Besprechung Open Science und Citizen Science als symbiotische Beziehung? von Katrin Vohland und Claudia Göbel[1]

(Letzte Änderung: 15. Dezember 2022)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

In dem überblickshaft verfassten Artikel von Vohland und Göbel[0] werden „Open Science und Citizen Science in der europäischen Wissenschaftspolitik analysiert und zueinander in Beziehung gesetzt“. Ziel ist, überblickshaft „aus dem Praxiskontext der Bürgerwissenschaften heraus Ausgangspunkte für weiterführende Diskussionen mit Vertretern der Wissenschafts- und Technikforschung aufzuzeigen“ sowie „konstruktive Impulse für kritische Reflexionen in diesen Praxiskontext zurück zu spiegeln“ (vgl. 18).

Laut den Autorinnen kann das Bedeutungsfeld um Citizen Science in etwa so beschrieben werden:
Citizen Science und Open Science seien miteinander verwoben, aber trotzdem eigenständige Praktiken.
Citzen Science habe „zwei komplementäre Ursprünge“ (S. 19), der „naturkundlichen Tradition von ehrenamtlichen Forscherinnen und Forschern, deren Daten Eingang in das wissenschaftliche System finden“ (ebd.) und die „Mobilisierung alternativer Formen von Expertise im Kontext von Umweltpolitik“ (ebd.). Damit auch sind auch zwei Interessen angesprochen: Das der „Wissenschafts- und Umweltbildung“ (ebd.) und das der praktischen Wissenschaftspolitik.
Die (europäischen) StakeholderInnen seien einerseits „verschiedenste[…] akademische […] und zivilgesellscahftliche[…] Gruppen, welche Ansätze partizipativer Forschung praktizieren“ (S. 19), Verbände wie die European Sitizen Science Assosiation (ECSA), Europäische Union und natürlich die Universitäten, die zwar nicht explizit im Text erwähnt werden, jedoch implizit innerhalb ihren Diskursräumen (In erster Linie durch Publikationen und Veranstaltungen) Citizen Science thematisieren und zumindest indirekt dadurch fördern bzw. Einfluss nehmen. Damit ordnen die Autorinnen das Thema ‚klassisch‘ im Dreiklang Politik, Wissenschaft und Zivilgeselschaft.[1] Es sei klar als Beteiligung der BürgerInnen am wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu bewerten (vgl. 21). [2]
Was nicht explizit erwähnt wird ist die Nähe zwischen BürgerInnen und WissenschaftlerInnen hierbei.
Open Science sei „als Begleiterscheinung der Digitalisierung von Wissenschaft“ (S. 18) zu verstehen, dessen „intuitive umgangssprachliche Ebene – „jeder kann mitmachen, alles liegt vor“ im Sinne von offenem Wissen […] – nicht identisch mit dem technischen Begriff Open Science“ (S. 19) sei, es sei „ein neues Paradigma in der Art, wie Forschung betrieben“ (ebd.) werde. Eine „frühzeitige Öffnung des Forschungsprozesses“ (ebd.) sei zentral für diese „Strategie […], mittels Digitalisierungsmaßnahmen Wissenschaft effizienter zu gestalten“, wobei die „Beteiligung an Forschungs- und Wissenschaftskommunikationsprozessen“ innerhalb dieser Praktik „als wesentlicher Teil“ bewertet werde.
Die (europäischen) StakeholderInnen seien ebenfalls in diesen Dreiklang einordbar, jedoch sind da die damit verbundenen Interessen und damit die Gewichtungen anders gelagert.
Hier ist die Nähe institutionell zwischen den Universitäten und der EU, was man auch dem Verständnis von VertreterInnen der Open Science bzgl. Citizen Science anmerkt. Es gehe um „Fostering and creating incentives for Open Science“(S. 20) , „Bügerwissenschaft [werde] generell als Möglichkeit für die Erschließung zusätzlicher Ressourcen für Forschung gefasst“(ebd.). Die Partizipativen Praktiken sollen „1. Unterstützungsleistungen in der Datenaufnahme“ (ebd.), „2. Unterstützungsleistungen in der Datenanalyse“ (ebd.) sein und zur „3. Wissenschaftsfreundlichkeit und Anregungen aus der Gesellschaft“ (ebd.) beitragen. Dadurch werde automatisch zu „verantwortlicher Forschung“ und erhöhter „gesellschaftlicher Relevanz“ beitragen.[3]

Zusammenfassend könne gesagt werden, Open Science bestehe aus „[g]roße[n] digitale[n] Infrastrukturen“, einem „Publikationswesen“ und „Altmetric“ (die Messung und miteinander ins Verhältnis Setzen von Parametern wie Publikationsrate, Zitationen, ‚Relevanz‘, …) und berufe sich auf (EU-)Werte wie „Open Innovation“ und Open to the World“. Dem gegenüber auch gleichzeitig auch verschränkt steht Citizen Science mit „Gesellschaftliche[r] Inklusion“, „Scientific Citizenship“(nicht näher erläutert) und „Nachhaltigkeit“ für Werte wie „Public Engagement, Responsible Research & Innovation“ und „Transdisziplinäre[r] Forschung“. Open Science wirkt mit „Dateninfrastrukturen“ auf den Citizen Science Kontext, dieser wirkt mit „Gesellscahftliche[r] Relevanz/Innovation“ auf Open Science ein.

REFLEXION

Im Gespräch mit Gerd Doeben-Henisch über diesen Text hat dieser als Wissenschaftsphilosoph immer wieder die Frage aufgeworfen, welchen Wissenschafts- und vor allem, welchen Theoriebegriff die Autorinnen dieses Textes haben. Das hat mich auch überrascht, denn hier scheint es, als sei die Theorie ein externer Faktor, der nicht notwendig näher zu erläutern sei, was von einem dem Oksimo-Paradigma völlig unterschiedlichem Wissenschaftsbegriff zeugt. Es werden auch Begriffe nicht näher erläutert aber dennoch so angewendet, dass sich darauf berufen werden könnte. Es ist aber auch ein Überblickstext, der nicht das Ziel hat, mehr zu geben als einen groben Überblick. Die einzige theoretische Bezugnahme, die ich finden konnte ist „Cyberscience 2.0“ von Michael Nentwich und René König[4], deren Text nach erster Sichtung interessant scheint für eine eigene Besprechung.
Auf die Werte bezogen ist Oksimo näher an Citizen Science wie an Open Science und kann eher als ein Tool verstanden werden, der Citizen Science Community ein emanzipatorisches Tool zur Verfügung zu stellen, welches sie nicht zu bloßen DatensammlerInnen degradiert. Auf der anderen Seite wird der „Citizen­-Science­-Community selbst eine unzureichende Praxis der Zur­-Verfügung-­Stellung von Daten bescheinigt, insbesondere was den Bereich der Biodiversitätsdaten angeht“ (S. 22), was auf mögliche Spannungen innerhalb dieses gesellscahftlichen Zusammenhängen hinweist und auch durch die Publikation von Quentin Groom et. al.[5] in einem Artikel besprochen werden wird.

KOMMENTARE

[0] Vohland, K., & Göbel, C. (2017). Open Science und Citizen Science als symbiotische Beziehung? Eine Gegenüberstellung von Konzepten. TATuP – Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis / Journal for Technology Assessment in Theory and Practice, 26(1-2), 18-24. https://doi.org/10.14512/tatup.26.1-2.18
[1] Sinn macht es vielleicht mehr, die Ökonomischen Interessen mit ins Boot zu holen, denn dass bei dieser Vielzahl an unbezahlter Arbeit keine Interessen diesbezüglich vorhanden seien scheint mir doch recht unrealistisch.
[2] Durch die enge Verflechtung von Citizens und Science kann dieses aktuelle Bild auch polemisierend mit Ulrich Becks Fahrstuhleffekt die Bezugnahme hergestellt werden, dass dieser spezifische Charakter des Versuchs, die „breite Öffentlichkeit“ (S.20) auf diese Weise in die Wissenschaft einzubeziehen eine Folge der „Bildungsexpansion“ der 80er Jahre sein könnte. Politisches Engagement kann deshalb so ähnlich zu wissenschaftlichem Engagement positionieren, da es eben eine diverse Mischung von HochschulabsolventInnen gibt, die vielleicht heute an Diversität einbüßt bzw. schon eingebüßt hat. Zwar studieren viele Menschen an den Unis, jedoch meist kommen diese Studierenden aus dem Ausland. Die allgemeine „Durchlässigkeit“ und damit die Diversität der Wissenschaften nimmt ab.[2.2]
[2.2] Das hat wohl mit der Digitalisierung zu tun, denn durch diese und die nahezu völlige Verfügbarkeit von Wissen fungieren Universitäten bzw. die „Wissenscahften“ als Autoritäten, und damit greifen wohl klassische Ein- und Abgrenzungsmechanismen.(Quelle?)
[3] Das liest sich schon alles irgendwie seltsam. Zitiert wird die Europäische Kommission mit:
Erster Punkt: „[I]f scientists want to monitor the effects of climate change on local ecosystems, they can use Open Science to engage citizen reporting, and rapidly multiply the data at their disposal.“
Zweiter Punkt: „[J]ust as people offer spare rooms via AirBnB, why shouldn’t they be allowed to offer spare brain power via citizen science?“
Das klingt eher nach der Objektivierung von Menschen, zur Entfremdung der BürgerIn zu einem Subjekt, dass auf der gleichen Stufe wie ein Messinstrument versammelt werden soll. Der Kommissionsbericht ist hier zu finden: http://www.openaccess.gr/sites/openaccess.gr/files/Openinnovation.pdf
[4] Nentwich, Michael; König, René (2012): Cyberscience 2.0 – Research in the Age
of Digital Social Networks. Frankfurt am Main: Campus. Zugriff: https://archive.org/details/cyberscience20re0000nent/page/n3/mode/2up
[5] Groom, Quentin; Weatherdon, Lauren; Geijzendorffer, Ilse R. (2016): Is Citizen Science an Open Science in the Case of Biodiversity Observations? In: Journal of Applied Ecology 54 (2), S. 612-617. https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.12767

Besprechung Science and the Citizen von Warren Weaver

Autor: Philipp Westermeier (philipp@oksimo.org)

(Letzte Änderung: 15.12.2022)

Dieser Text ist Teil des Review Bereichs von Citizen Science 2.0.

In Science and the Citizen, einem im Dezember 1957 in „Science“ und „Bulletin of Atomic Science“1 erschienenen Artikel skizziert Warren Weaver sein Verständnis vom Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft, von Wissenschaftler und Bürger.
Weaver steigt ein mit einem Bild einer sich Mitte des 17. Jahrhunderts in einer londoner Taverne treffenden „Gruppe von Gentlemen“(u.a. Robert Boyle und Benjamin Franklin), die sich bei ihren wöchentlichen Treffen über die neuen Entdeckungen der Wissenschaft austauschen. In dieser Gruppe befanden sich „members of the Parliament, critics, civil servants, and pamphleteers“ die jeden Donnerstag zusammentrafen; „[they] [carried] out experiments, […] [ate] and [drank] together, but primarily they met there to discuss science“ (S. 361). Die Industrielle Revolution war noch weit entfernt, Wissenschaft war damals bloßer „intellectual luxury“, doch begründeten diese Treffen nach Weaver die Royal Society, die fast drei Jahrhunderte lang das Zentrum der westlichen Wissenschaften ausmachte.

Weaver zählt alltägliche Geräte auf, wie den Fernseher, das Auto und die elektrische Decke, um auf die weite Verbreitung von Technologien bzw. Praktiken aufmerksam zu machen, die direkt aus bzw. durch wissenschaftliche Erkenntnisse entstanden sind. Unsere Kleidung kommt bspw. Auch nicht (mehr) von den „backs of sheep, but from test tubes“ (362). Er konstatiert: „[W]hen we entered the nucleus of the atom we opened a Pandora’s box of problems of the most complex and formidable kind“ (ebd.). Daraus folgt für Weaver, dass durch diesen Prozess des ‚Fortschritts‘ Schönheit, Bereicherung und „inescapably scienfitic problems“ zusammenkommen – wie die nukleare Selbstzerstörung und die Möglichkeit des Einflusses der Menschen auf ihr Klima – wobei beides für jeden Bürger einer modernen, ‚freien‘ Demokratie gleichermaßen gelte. Daher muss auch jedem Bürger bewusst sein, dass eine Ignoranz bzw. ein Unwissen bzgl. Wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr möglich ist.

Demokratie und Wissenschaft sind wohl ineinander verflochten, ob das auch für Bürger und Wissenschaftler gilt, ist nicht ganz so einfach zu klären. Was sich für die Wissenschaft ergibt ist, für Weaver, das Rekrutieren und Ausbilden von genug ‚Scientists‘ (Im deutschen Hochschulsystem wären das die MINT-Fächer) und gleichzeitig die Sichterstellung des „recruitment and training of enough good philosophers, businessmen, poets, doctors, musicologists, lawyers, theologians, etc.“, was wohl nicht zwangsläufig zusammenfallen muss.
Denn wenn wir unseren Horizont nicht erweitern, Wissenschaft nicht nur um ihrer Möglichkeiten zur Technisierung und Optimierung willens zu betrachten, sondern auch die „deeper aspects“ in den Blick nehmen; „[…] its capacity to release the mind from its ancient restraints, its ability to deepen our appreciation of the orderly beauty of nature, the essential and underlying humbleness of its position, the emphasis it places upon clarity and honesty of thinking, the richness of the partnership which it offers to the arts and to moral philosophy“(363), scheitern wir auch an der Demokratie. Er stellt die Fragen: „Who, in a democracy, really makes the decisions; and how can the decisions, in a modern scientific world, be made wisely and decently unless the public does have some real understanding of science?“(ebd.).
Für ihn ist Wissenschaft das, was Wissenschaftler machen. Wissenschaftler seien auch nur ‚ganz normale’ Menschen, durchschnittlich aber „tend to be pretty bright, and a very few of them are so exceedingly bright that they must be called geniuses“.

Denn worin die Wissenschaft gut ist, ist die Bearbeitung relativ ‚simpler‘ Probleme, physikalisch/chemischer Art. Sobald es aber um die (zu der Zeit neuen) Problemstellungen der Biologie, des Sozialen, Politische oder der Ethik geht, würden diese Beschreibungsmethoden an der erhöhten Komplexität der Phänomene scheitern.
Jedoch macht die Wissenschaft auch aus, dass immer komplexere Probleme mit immer komplexeren Problemlösungsstrategien bewältigt werden, dessen Kern das ist, was unserer Spezies den Namen Sapiens verliehen hat. Das was Wissenschaftsfähig macht, was (wissenschaftlich generierte) Fakten akzeptierbar macht, sei das zum autoritären Wissensumgang gegenläufige, also logische Präzision, persönliche Ehrlichkeit, offene Haltung, Fokus und Liebe zur Wahrheit (vgl. 363-365).
Weil das so ist, müssen Wissenschaftler immer wieder als normal gedacht werden, was laut Weaver nicht gegeben sei. Er attestiert „an uncomfrotable relation to science“, die vor und nach der der Wissenschaft auch immer anhaftenden Technisierung entsteht.
Die große Herausforderung, die Weaver am Ende an seine Leserschaft adressiert, ist der Fakt, dass der Bürger die Wissenschaft fürchtet, wo er sie verstehen sollte und dass die Wissenschaft nicht richtig über ihr tun aufklärt, obwohl das, Sir Edward V. Appleton zitierend zu ihrem gesellschaftlichen Auftrag gehört. Zwar gibt es diese Aufklärungen, Oppenheimer zitierend, über die Unvollständigkeit theoretischer Konstruktionen, jedoch auf der anderen Seite diesen Aberglauben in der Bevölkerung, die Wissenschaft könne alle Probleme lösen.

Struktur, Methode und Akteure der Wissenschaft

Weavers Wissenschaftsverständnis kann als Zwei-Ebenen-Prozessmodell verstanden werden. Die entwicklungsgeschichtliche, langfristige Prozessebene beginnt um den 15. Juli 1662, als der Royal Society Club den damaligen Forschungsstand wöchentlich in einer Taverne bespricht. Die Ebene der wissenschaftlichen Praxis – „analyzing nature“(S. 363) – besteht aus einem kleinteiligen, iterativen Prozess, „of designing experiments to lear the facts, of formulating general rules for describing nature’s uniformities, of dreaming up possible new and even more general rules, and then testing by experiment to see if the rules are valid“(ebd.).
Dialektisch kann beides in der Zusammenschau begriffen werden, „[s]tep by step and accumulatively“ (S. 363), „[o]ne stubborn and complicated problem after another has given way before the evolving techniques of science“ (S. 364).
Die WissenschaftlerInnen, welche diesen Prozess vorantreiben, sind nach Weaver vielleicht etwas „heller“, etwas interessierter an der Welt an sich und an der Lösung von Problemen die durch ihre jeweiligen Beschreibungsapparate, mit denen sie versuchen die Welt zu verstehen, entstehen. Jedoch sei der einzig große Unterschied zwischen ihnen und den „durchschnittlichen BürgerInnen“ der einer „intellectual inheritance, transmitted to them in their education as scientists, from the centuries of tradition about the scientific method and the scientific attitude toward the world“ (ebd.).
Ein Problem zwischen WissenschaftlerIn und BürgerIn besteht eben nur deshalb, weil BürgerIn „tends to fear science; when [s]he should learn about it“ (S. 365), und WissenschaftlerIn nach Sir Edward V. Appleton ihre „Mission“ nicht annehmen würde, dafür bereit zu sein, „to leave his[/her] laboratory to act as a guide“ (vgl. ebd.).

Der wissenschaftliche Prozess hat daher Erfolg, da er es schafft, einen dem Menschen eigenen Prozess der Einsicht so zu professionalisieren, dass extrem einfache Gesetze herausgearbeitet werden können, die in ihrer Zusammensetzung dann ein enormes Erklärungs- und Anwendungspotenzial aufweisen (vgl. 363-364). Diese Gesetze bauen aufeinander auf, das Komplexe baut auf dem Einfachen auf. Die moderne Physik legt den Grundstein der modernen Chemie, diese legt den Grundstein der modernen Biologie, welche wiederum den Grundstein der modernen Psychologie und Ökonomie legt. Jedoch nicht wie eine Pyramide. Es wird bei zunehmender Komplexität der Phänomene auch der Prozess komplizierter und langwieriger. Dort wo der Reduktionismus mehr oder weniger funktioniert, in der Physik oder der Chemie kommt man in der Biologie oder Verhaltensforschung nicht mehr weiter. Es stellen sich neue Herausforderungen wie Beobachtungsverfahren für Phänomene, die aus der Gleichzeitigkeit von Komplexität entstehen.

Reflexion

+++ In Bearbeitung +++

Kommentare

1 Warren Weaver, Science and the Citizens, Bulletion of the Atomic Scientists, 1957, Vol 13, pp. 361-365.