Der BiG-WASSER Workshop am 10.März 2024 begann im Teil 1 mit einem Überblick über den aktuellen Sachstand und die Vorgehensweise, und im Teil 2 wurden konkrete Beispiele gezeigt, wie im Stile einer Alltagstheorie und einer neuartigen Software einzelne Teile des Problems begrifflich analysiert und dann zugleich automatisch in Simulationen verwandelt werden können. Alle benutzten Simulationen sind öffentlich zugänglich über die Adresse: https://oksimo.com/public_theories. Umfassende Erklärung zu allem finden sich außerdem auf der Seite MODELL (THEORIE) Nr.1.
SACHSTAND
Die Recherchen seit Mai 2023 haben mittlerweile einen ersten Gesamtüberblick über den Gegenstandsbereich ermöglicht, so dass es jetzt möglich ist, die Analyse schrittweise zu verfeinern.
Eine wichtige Erkenntnis besteht in der Unterscheidung des lokalen Wassersystems, das dort beginnt, wo die Niederschläge auf den Boden des MKK auftreffen, und des globalen Wassersystems, das dafür verantwortlich, ob, wie viel und wann es Niederschläge gibt, immer begleitet durch den Faktor Temperatur und Wolken-Windverhältnisse.
Zentraler Punkt: Ohne Niederschläge gibt es überhaupt kein Wasser auf dem Festland (von den seltenen Fällen abgesehen, dass es aus früheren Zeiten Wassereinschlüsse in den Bodenschichten gibt, die nicht abfließen konnten).
Insoweit der Gegenstandsbereich sich geklärt hat, stellt sich die Frage, was wollen wir Bürger zum Thema genau wissen? Sofern wir die Auffassung teilen, dass Wasser grundlegend ist für alles Leben im MKK (und nicht nur dort) — und darüber hinaus für viele andere Zusammenhänge — und wir zugleich wissen, dass Änderungen in der Versorgungslage mit Wasser vielerlei Veränderungen in unserem alltäglichen Leben sowohl einzeln wie kommunal wie auch für den ganzen MKK bedeuten könnten, wäre es klug, sich rechtzeitig zu informieren, was auf uns zukommt, vor allem auch, in welchen Zeiträumen. Da davon auszugehen ist, dass die gewählten Vertreter der Bürger in den Parlamenten diese Aufgabe nicht allein werden bewältigen können, sondern nur mit einer starken Unterstützung aller Bürger, wird es wichtig sein, dass alle Bürger rechtzeitig und hinreichend informiert sind.
Damit stellen sich zwei Fragen:
Mit welchen begrifflichen Mitteln kann man die Sachverhalte so darstellen, dass sie für alle verständlich sind, überprüfbar, und so verfasst sind, dass man mit ihnen belastbare Prognosen erstellen kann für das, womit wir zu rechnen haben?
Wie kann man die begriffliche Analyse möglichst 1-zu-1 und ohne Mehraufwand in ein Simulationsprogramm verwandeln, das für alle völlig transparent bleibt und das die notwendigen Berechnungen vornehmen kann?
Von Prof. Dr. Gerd Doeben-Henisch wurde in den letzten ca. 20 Jahren das konzeptuelle Format einer Alltagswissenschaft entwickelt, die alle Anforderungen einer wissenschaftlichen Theorie erfüllt, dazu parallel auch das Format einer Simulationssoftware, die Alltagstheorien direkt, 1-zu-1 abbilden kann. Das BiG-WASSER Projekt ist ein Test, ob und wieweit sich beide Werkzeuge für das Problem tatsächlich nutzen lassen.
Der Umfang des Projektes verbietet es, alles auf einmal anzugehen. Im nachfolgenden Schaubild liegt der Fokus auf dem lokalen Wassersystem. Und hier sind von den vielen wichtigen Faktoren einige wenige herausgegriffen, die aber alle eine tragende Rolle haben. Schon mit diesen Faktoren kann man grundlegende Zusammenhänge verdeutlichen. Zugleich zeigt die Arbeit mit diesen Faktoren, dass für die viele bislang wenig bis gar keine Daten verfügbar sind und dass vor allem die Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren auch wenig bis gar nicht erfasst sind. Dies stellt nicht nur für die Bürger ein Problem dar, sondern auch für die gewählten Vertreter in den Parlamenten, da diese rechtlich die Verantwortung für das Wohlergehen der Bürger tragen. Ein Interesse für umfassende und richtige Daten sollte daher bei jedem vorhanden sein.
Obwohl die Modellbildung samt den weiteren notwendigen Recherchen noch ziemlich am Anfang steht, kann man schon jetzt einige kritische Punkte identifizieren:
Die Einwohnerzahlen samt deren mögliche Entwicklung spielen eine fundamentale Rolle. In dem Maße, wie die verfügbare Menge an Wasser abnehmen sollte (aktuell ist davon auszugehen), kann eine Kommune nicht mehr so ohne weiteres beliebig wachsen.
Am Beispiel des Wasserbedarfs von Schöneck wird dies schon deutlich: die eigenen Brunnen reichen deutlich nicht aus, um die Einwohner von Schöneck zu versorgen. Dies gelingt nur durch Bereitstellung von zusätzlichem Wasser aus dem Wasser-Netz der MKK Wasserwerke. Ferner sollte man wissen, dass die Einwohner von Niederdorfelden an der gleichen Versorgung wie Schöneck hängen, da Niederdorfelden über keine eigene Wassererzeugung verfügt. Der Fehlbedarf von Schöneck + Niederdorfelden gemessen am Grad der Eigenversorgung ist erheblich.
Was die noch vorhandenen Brunnen in Schöneck angeht, so sind diese natürlich abhängig vom Grundwasserspiegel, der laut Landesamt Hessen seit 20 Jahren um 27% gesunken ist, und zwar stetig. Dazu kommt dass diese Brunnen deutliche Schwachstellen aufweisen: Hellerborn Brunnen ist baufällig; der Wolfsbrunnen liegt in einem Gebiet, das nicht (!) als Wasserschutzgebiet ausgewiesen ist (Schadstoffbedroht); der Brunnen Oberdorffelden kämpft seit Jahren mit z.T. erheblichen Nitratbelastungen.
Glücklicherweise bekommt Schöneck (und Niederdorffelden) das fehlende Wasser aus dem Wasser-Netz der MKK Wasserwerke. Doch muss man wissen, dass dieses Wasser-Netz in der Zeit 2009 – 2020 durchschnittlich zu 40% auf externe Lieferungen angewiesen war, d.h. das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke ist nicht autark. 2021 musste z.B. einer der Zulieferer, die OVAG, erhebliche Kürzungen vornehmen, weil die OVAG selbst nicht mehr genug Wasser hatte. Auch muss man im Blick haben, dass die Nutzung von Oberflächenwasser — z.B. in Form einer Talsperre — in den letzten Jahren gezeigt hat, dass diese sehr schnell an ihre Grenzen kommen können.
Wie aus privaten Recherchen bekannt ist, müssen wir davon ausgehen, dass es im MKK über 5.000 private Brunnen gibt; einzelne mit Brunnentiefen bis zu 80 oder gar im Einzelfall bis zu 200 m. Diese Brunnen werden nicht kontrolliert. Der normale private Brunnen darf pro Jahr 3.600 m3 Wasser fördern. Angenommen jeder Brunnnen würde diese Kapazität tatsächlich ausnutzen, dann wären dies 18 Mio m3 Wasser im Jahr aus dem Grundwasserkörper des MKK; das wäre das 4.7-fache der Menge, die das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke im Jahr 2020 gefördert hat. Abgesehen von dem großen Gefährdungspotential, welches von unkontrollierten Brunnen ausgeht, sollte man den Faktor private Brunnen möglicherweise aktiv in das Lagebild Wasser im MKK einbeziehen.
FAZIT WASSER-VORSORGE
Aus Sicht einer Gemeinde wie Schöneck (im Duett mit Niederdorfelden) ist es auf den ersten Blick beruhigend, dass die eigenen Brunnen mit ihrer Begrenztheit und Gefährdetheit über das Wasser-Netz der MKK Wasserwerke ausgeglichen werden können. Die Abhängigkeit des Wasser-Netzes der MKK Wasserwerke von externen Lieferanten zu ca. 40% lässt aber aufmerken (dazu die unkontrollierten privaten Brunnen). Da externe Lieferanten ja auch auf dem gleichen Planeten leben, auch in Deutschland, auch in Hessen, und hier bekannt ist, dass der Zustand des globalen Wassersystems seit Jahren erheblichen Änderungen unterliegt, die auch den externen Lieferanten zusetzen, sollte der Fremdbezug mit 40% Anlass sein, sehr kritische zu prüfen, wie es denn mit der Zuverlässigkeit dieses Fremdbezugs bestellt ist. Das Beispiel OVAG ist real.
Bürger im Gespräch (BiG) Themengruppe WASSER
Wir werden weiterhin versuchen, im Gespräch mit allen Beteiligten — auch mit unseren gewählten Vertretern in den Parlamenten — die künftige Verfügbarkeit von genügend Wasser zu klären und wir werden dazu moderne Werkzeuge benutzen wie Alltagswissenschaft und entsprechende Simulationswerkzeuge.
Die Sitzung des BiG-Teams WASSER am So 28.Jan 2024 markiert den Start einer neuen Phase, was man im Bild auch an der roten Linie erkennen kann: die rote Linie zeigt an, dass ab dem 28.Jan 2024 auch die neue oksimo Software zum Einsatz kommt, die Tobias Schmitt und Gerd Doeben-Henisch seit 2019 entwickeln.
Programm der Sitzung
Stand der Recherche Mai 23 – Jan 24
Formulierung der zentralen Frage für die Bürger
Wie lässt sich eine Antwort generieren?
Zauberwort ‚Simulation‘
Drei Beispiele: Einwohnerzahl – Brunnenkapazität – Pro-Kopf Verbrauch im Laufe der Jahre
Der ‚Regen‘ als ‚Tropf‘ an dem wir hängen …
Stand der Recherche Mai 23 – Jan 24
Recherchen für Schöneck zeigen: die Versorgung mit Trinkwasser von außerhalb von Schöneck wurde ab Januar 2021 eingeschränkt.
Zum Ausgleich wurden zwei ‚Ersatzbrunnen‘ (Wolfsbrunnen, Hellaborn) aktiviert.
Brunnen werden gespeist vom Grundwasser. Dessen Pegel fällt in ganz Hessen seit 20 Jahren kontinuierlich.
Zur Warnung für die Bürger wurde 2022 eine Wasserampel eingeführt. Diese ist aber nicht sehr aussagekräftig.
Die Recherchen bisher haben gezeigt, dass es notwendig ist, die wichtigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Daten soweit heraus zu arbeiten, dass wichtige Querbeziehungen erkennbar werden, z.B. Wasserbedarf und Wasserangebot (Bildung eines Modells).
Zusätzlich muss ermittelt werden, welche Veränderungen hier möglich sind (schnell, langsam, in welchem Umfang, …) .
Erwünschte Serviceleistungen für Bürger und Gemeindeleitung
Auskunft rund um die Uhr für jeden darüber, ob es einen Trend für die Wasserversorgung der Bürger gibt, inwieweit sich das Wasserangebot ändert und in welchem Umfang.
Wieweit müssen die Bürger selbst ihr Verhalten ändern? Wie?
Müssen für die Bürger von der Gemeinde Maßnahmen ergriffen werde? Welche?
Voraussagen eines Trends – Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Wenn man Voraussagen über mögliche Ereignisse in der Zukunft machen möchte, muss man in der Lage sein, mögliche künftige Situationen und ganze Folgen von Situationen voraus sagen können.
Diese möglichen Situationen in der Zukunft existieren — solange sie noch nicht eingetreten sind — ausschließlich im Denken bzw. in Form von Texten, die solche möglichen Situationen beschreiben. Außerdem benötigt man einen Ausgangspunkt als möglichen Referenzpunkt, von dem aus man versucht, Betrachtungen über die Zukunft anzustellen.
Ein solcher Ausgangspunkt ist entweder rein fiktiv, bloß gedacht, oder aber eine reale, empirische Situation, über die sich alle Beteiligten verständigen können (z.B. ein Zimmer in einer Wohnung).
Zu einer Ausgangslage gehört es auch, dass man in der Situation oder als Teil dieser Situation irgendwelche Größen voneinander unterscheiden kann (z.B. Schränke, Tische, Stühle, …). Voraussetzung dafür ist, dass zwei verschiedene Größen erkennbare Eigenschaftenbesitzen, anhand deren man sie unterscheiden kann (z.B. Form, Farbe, Größe, …).
Wichtig ist auch, ob sich diese Größen mit ihren Eigenschaften im Laufe der Zeitverändern können (eine Kanne mit Kaffee kann leer werden; Blumen in einem Topf können wachsen; aus dem Wasserhahn kann Wasser fließen, …).
Genauso interessant sind mögliche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Größen (z.B. Ein Mensch braucht Wasser zum Trinken).
Alle diese aufgezählten Elemente werden benötigt, um Voraussagen machen zu können. Wie kann man solche Voraussagen ganz praktisch generieren?
Theorie und Simulation
Die Aufgabe, anhand einer gegebenen Situation unter Berücksichtigung bekannter möglicher Veränderungen und Wechselwirkungen transparente und und hinreichend begründbare Voraussagen erstellen zu können, gehört offiziell zum Aktionsbereich der empirischen Wissenschaften. Im Idealfall erarbeiten diese zu einer Aufgabenstellung eine empirische Theorie(ET). Eine empirische Theorie ist letztlich ein Text, der mögliche Startsituationen festlegt, dazu formuliert, welche Arten von Veränderungen angenommen werden, und benutzt dann einen logischen Folgerungsbegriff, um zu zeigen, welche Folgerungen (= Voraussagen) man mit all dem zusammen bekommen kann. In speziellen Fällen funktioniert dies auch sehr gut.
Moderne formale Theorien haben allerdings auch Nachteile.
So benötigen sie standardmäßig eine formale Sprache (inklusive Mathematik), um den Text ihrer Theorie erstellen zu können. Diese Sprache beherrschen gewöhnlich nur Spezialisten.
Formale Sprachen haben zudem die unschöne Eigenschaft, dass sie keinerlei Bezug zur empirischen Realität aufweisen. Diesen Bezug muss man jedesmal mühsam durch geeignete Interpretationen herstellen. Seit Beginn der modernen empirischen Wissenschaft ist es nicht gelungen, dieses Problem der nachträglichen Bedeutungszuordnung befriedigend zu lösen.
Ein weiterer Nachteil resultiert aus der Verwendung eines formalen logischen Folgerungsbegriffs. Dieser Folgerungsbegriff setzt voraus, dass alle wichtigen Aussagen schon vorhanden sind (Annahme einer geschlossenen Welt). In einer sich ständig ändernden Welt, in der die menschlichen Akteure zudem ständig dazu lernen können, erscheint diese Annahme etwas ‚wirklichkeitsfremd‘.
Es liegt nahe, angesichts dieser Nachteile ein ‚Re-Design‘ des Konzepts einer empirischen Theorie zu versuchen. Eine Version eines solchen Re-Designs geht wie folgt:
Es wird keine spezielle Sprache benutzt sondern immer nur eine Alltagssprache, die alle Beteiligten beherrschen (welche Alltagssprache, ist egal). Nach Bedarf kann man diese Alltagssprache — wie gewohnt — aber durch eine mathematische Spracheergänzen.
Der logische Folgerungsbegriff wird durch einen offenen alltagsnahen Folgerungsbegriffersetzt: jede Form von Veränderung bzw. Wechselwirkung kann einbezogen werden, auch ad hoc, falls es die Situation bzw. das erlernte Wissen nahe legen. Durch diese Öffnung ist die Beschränkung auf eine ‚geschlossene Welt‘ aufgehoben. Außerdem bilden die dazu notwendigen Verfahren keine ‚geschlossene (black) Box‘ sondern sind vollständig transparent einsehbar. Je nach Ausgangssituation und verfügbaren Regeln können sich die Prognosen daher ändern.
Das obige Schaubild zeigt alle notwendigen Komponenten einer alltagsnahen empirischen Theorie (ET). Gegeben muss eine Startsituation S sein. Dazu verschiedene Regeln R, die entweder mögliche Veränderungen oder mögliche Wechselwirkungen beschreiben. Der Folgerungsbegriff ⊢ wird hier durch einen Simulator realisiert, der die passenden Regeln auf die gegebene Situation S anwendet und dadurch eine Nachfolgesituation S‘ erzeugt. M.a.W. das, was in einer Theorie üblicherweise Folgerung heißt, das ist in einer alltagsnahen empirischen Theorie einfach eine Simulation, die beliebig viele Runden umfassen kann. Dies ist möglich, weil der Simulator (als Folgerungsbegriff) beliebig oft die jeweilige Folgerunssituation S‘ wieder zu einer neuen Ausgangssituation machen kann, aus der heraus eine weitere Nachfolgesituation S“ erzeugt wird.
Dieses Konzept einer alltagsnahen empirischen Theorie ET kann jeder menschliche Akteur ohne Zuhilfenahme eines Computer nur mit Papier und Bleistift ausführen. Sobald die Texte aber größer werden, immer mehr Regeln zum Einsatz kommen, da wird die Methode ‚Papier und Bleistift‘ mühsam bis hin zu undurchführbar, allein wegen der schieren Menge der zu bewältigenden Elemente.
Was liegt näher als nach Unterstützung durch eine Software zu suchen, die das Arbeiten mit solch einer alltagsnahen empirischen Theorie direkt unterstützt. Da es solch eine Software bis 2019 nicht gab, haben wir (Tobias & Gerd) sie uns genau so gebaut, wie wir sie brauchten. Wir übernahmen den Namen oksimo, der aus einem anderen Softwareprojekt stammte, das Gerd Doeben-Henisch in der Vergangenheit durchgeführt hatte (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Oksimo), das er damals aber aus Mangel an Ressourcen wieder einstellen musste. Die neue Version, nun erstmalig mit einer Grafischen Benutzerschnittstelle (GUI = Graphical User Interface), wurde ab 8.Januar 2024 zugänglich gemacht.
Simulationsbeispiele mit echten Daten
Im Folgenden werden nun drei einfache Simulationsbeispiele vorgestellt, die mit echten Daten aus unseren Recherchen zum Wasser aus Phase 1 arbeiten. Diese Beispiele sind beides: sowohl echte Theorien wie auch echte Simulationen.
Beispiel Brunnen: Welche Kapazität und welche Veränderung ist möglich?
Weitere Beispiele: Wer mehr Beispiele sehen möchte, dem sei die Seite mit oksimo Beispielen empfohlen. Dort werden alle Beispiele aufgelistet, die (i) im Blog https://sw-de.oksimo.org erklärt werden und (ii) deren Simulation man selber auf der Seite https://oksimo.com/public_theories starten kann.
Ergebnisse
Das Zusammenspiel von Brunnenkapazität und Einwohnerzahl zeigt im Verlauf der Zeit (hier gemessen in Jahren), dass der maximale Pro-Kopf Verbrauch sinken kann.
Im Beispiel wurden zwar reale Ausgangsgrößen benutzt, aber die Annahmen zu möglichen Veränderungen sind z.T. spekulativ. Dies liegt daran, dass der BiG-Themengruppe WASSER bislang noch nicht genug empirischen Daten vorliegen, die eine genauere Abschätzung möglich machen!
Die verfügbaren empirischen Daten für Grundwasserneubildung in Hessen zeigen, dass der Grundwasserspiegel seit 20 Jahren kontinuierlich fällt.
Die Einwohnerzahl von Schöneck von 2022 auf 2023 um 6% gestiegen. War dies immer so? Wie geht es weiter?
Die Kapazität des Brunnens Hellerborn wird nicht zu-, sondern abnehmen. Wichtige Parameter (z.B. baufälliger Zustand, Gefährdung durch Einträge in den Boden, Verminderung des Grundwasserpegels) deuten eher in Richtung Abnahme. Die tendenzielle Abnahme der Brunnenkapazität betrifft aber alle drei Brunnen!
Insofern ist das einfache Szenario des Theoriebeispiels MTT-brunnen-einw-pro-Kopf trotz mangelnder Präzision von der Grundaussage her richtig. Das verfügbare Wasser aus diesem Brunnen wird abnehmen (siehe auch: Pro-Kopf Verbrauch bei drei Brunnen in Schöneck). Offen ist die Frage: wie viel und in welchem Zeitraum.
Gegenstandsbereich
Der Ausgangspunkt des Wasserprojektes des BiG-Teams WASSER waren die lokalen Gegebenheiten in Schöneck und Umgebung. Mit der Herausarbeitung der Kausalkette(rückwärts) vom Wasser aus dem Wasserhahn zu den Brunnen, von dort zum Grundwasser und von dort letztlich zur Menge der Niederschläge wurde dann die Tür aufgestoßen zur globalen Wassermaschine (siehe Schaubild).
BILD : Das lokale Wassergeschehen, das auf die Verfügbarkeit von Wasser angewiesen ist, hängt über die Niederschläge unmittelbar am globalen Wassergeschehen. Denn nur über die Prozesse der globalen Wassermaschine entsteht überhaupt Wasser auf dem Festland, das über die Wasserverdunstung der Ozeane entsteht. Vegetation auf dem Festland kann dazu beitragen, dass das Wasser von den Ozeanen irgendwie gespeichert oder recycled wird, aber das Festland als solches kann kein eigenes Wasser produzieren.
Sobald man den lokalen Bereich verlässt und sich dem globalen Geschehen öffnet, explodiert die Komplexität der Phänomene; nichts ist mehr ‚einfach‘. Alles hängt irgendwie mit allem zusammen. Es braucht viel Wissen und entsprechend viel Zeit, sich mit diesem Wissen vertraut zu machen. Der aktuelle Stand der Recherche ist wie folgt:
Für einen ersten Eindruck zum gesamten Wasserkreislauf helfen [7,6].
Für einen tieferen Einblick in jene Vorgänge, wie das Erdsystem Wasser für das Festland verfügbar macht, empfiehlt sich [1,1b]
Für einen sehr tiefen Einblick in jene globale Maschinerie (auch dann lokal), die das reale Wettergeschehen (und auch das mittelfristige Klima) bestimmt, helfen [2-4].
Für einen tieferen Einblick in die Rolle von Treibhausgasen für das Erdklima und seine Auswirkungen empfiehlt sich [5]. Anmerkungen: Viele wichtige Aspekte wie z.B. Wasser und Wälder, sowie Biodiversität werden nur am Rande erwähnt, ohne die innere Dynamik dieser Phänomene zu erklären, geschweige denn ihre zentrale Rolle für das Leben auf diesem Planeten sichtbar zu machen.
Einen evolutiven und systemischen Gesamtblick versucht [6] aufzuspannen. Wieweit dieser Gesamtblick hinreichend Detailtiefe aufweist ist noch unklar. Das Thema Wasser wird auf jeden Fall aus vielen verschiedenen Perspektiven behandelt.
Für den gepanten Bürger-Service
Für den angezielten Bürger-Service einer ständig verfügbaren Wasser-Verfügbarkeits-Voraussage reichen für einen Nahbereich von ca. 1-2 Jahren im Kern die lokalen Daten von Hessen aus. Für jede längerfristige Voraussage aber muss man den Zustand und die Entwicklung der globalen Wassermaschine in den Voraussage-Mechanismus einbeziehen. Ob es überhaupt Niederschläge geben wird, wie viele, und bei welchen Temperaturen, das entscheidet sich regional in enger Ankopplung an das globale Geschehen.
Vorgehensmodell zur Erarbeitung einer Simulation zur Wasserversorgung Schöneck in der Zeit Okt 23 bis Juni 24
Der hier angezeigte Zeitraum Okt 23 – Juni 24 gibt nicht den vollen Zeitraum für dieses Projekt wieder. Es ist nur der Planungszeitraum der Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ Phase 2. Intendiert ist natürlich eine Phase 3 von November 24 – Juni 25, und länger falls möglich. Generell dürfte das Projekt sicher 1-2 Jahre dauern, bis es offiziell genutzt werden kann. Danach bieten sich dann viele Möglichkeiten die öffentliche Simulation in vielfacher Weise für andere Themen und Nutzungen zu erweitern.
Das Ziel ist es, mit Hilfe dieses Vorgehensmodells systematisch
Alle verfügbaren Daten für die Simulation aufzubereiten und nutzbar zu machen.
Zusammen mit den Wasserwerken und anderen Behörden sollen die Daten validiert und auch im Rahmen der Simulation getestet werden.
In allen Phasen sollen die erarbeiteten Theorien/ Simulation für alle Bürger öffentlich zugänglich sein.
Für interessierte Bürger sollen auch Workshops angeboten werden, in denen sie lernen können, ihre eigenen Theorien/ Simulationen zu schreiben.
Regelmäßig sollen öffentliche Veranstaltungen für alle Bürger stattfinden, in denen die aktuellen Simulationen vorgestellt und diskutiert werden.
…. vieles mehr 🙂 …
ANMERKUNGEN
[1] Victor Gorshkov , V.V. Gorshkov , A.M. Makariev, Biotic Regulation of the Environment. Key Issues of Global Changes. Springer, 2000
[1b] Fernsehbeitrag: arte.de, 8.Dez 2023, Die fliegenden Flüsse des Amazonas – Zum Film heißt es: Die Wolkenansammlungen über dem Regenwald des Amazonas enthalten riesige Wassermassen, mehr als der Amazonas selbst. Wenn diese „fliegenden Flüsse“ auf die Anden treffen, werden sie in Richtung Süden gedrängt und regnen über den Städten Südamerikas ab. Seit mehr als 20 Jahren erforscht Professor Antonio D. Nobre das Geheimnis dieser Wasserströme in der Atmosphäre. URL: https://www.arte.tv . Anmerkung: Noble benutzt die Theorie von [1]!
[2] DWD: Klimawandel – ein Überblick. Klimaänderungen können auf natürliche sowie auf menschliche Einflüsse zurückgeführt werden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich die oberflächennahen Luftschichten der Kontinente und Ozeane der Erde deutlich erwärmt. Der Klimawandel zeigt sich in den letzten Jahrzehnten unter anderem in der Zunahme von heißen Temperaturextremen, dem stetigen Anstieg des Meeresspiegels und der mancherorts veränderten Häufigkeit von extremen Niederschlägen. Anthropogene Aktivitäten sind hierfür die Hauptursache.
[6] Pierre L. Ibisch, Heike Molitor, Alexander Conrad, Heike Walk, Vanja Spoo (geb. Mihotovic), Juliane Geyer, 2022, Der Mensch im globalen Ökosystem. Eine Einführung in die nachhaltige Entwicklung. 2. Auflage. Zusammenfassung: Als Begriff ist Nachhaltigkeit heute in aller Munde, doch mit der Umsetzung nachhaltiger Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen tun wir uns nach wie vor schwer. Dieses Buch ist gedacht als Überblick über relevante Diskurse – aber auch und vor allem als Denkangebot mit neuen Vorschlägen für die Verteidigung und weitere Ausgestaltung des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung. Es widmet sich der Position der Menschheit im globalen Welt(öko)system und versteht Nachhaltigkeit disziplinübergreifend. Die Problemanalyse steht dabei ebenso im Zentrum wie Lösungsansätze und die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung. Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) widmet sich dem Thema der Nachhaltigkeit in Lehre, Forschung, Transfer und Betrieb umfassend und in seiner ganzen Komplexität. Sie war die erste deutsche Hochschule, die ein ausgewiesenes Profil der nachhaltigen Entwicklung in einem breiten Beteiligungsprozess mit den Hochschulangestellten und Studierenden umgesetzt hat und gilt als eine der Leuchtturmhochschulen in Deutschland. Dieses Lehrbuch ist aus einer fachbereichsübergreifenden Grundvorlesung zur nachhaltigen Entwicklung an der HNEE entstanden. Auf ihrer Grundlage haben die Herausgeber*innen das Buch konzipiert und es mit weiteren Kolleg*innen ausgestaltet.
[6] Kurt Lechner, Hans-Peter Lühr, Ulrich V.E.Zanke (Hrsg.), Taschenbuch der Wasserwirtschaft. Grundlagen – Maßnahmen – Planung, 10.Aufl., 2021, Springer Verlag
[7] Hamburger Bildungsserver, Der globale Wasserkreislauf, https://bildungsserver.hamburg.de/themenschwerpunkte/klimawandel-und-klimafolgen/wasserkreislauf-global-254514
UNIVERSELLE PROZESSE PLANEN – Abstrakt und Konkret
Oksimo benutzt primär die normale Sprache (Alltagssprache), um beliebige Prozesse zu beschreiben. Die normale Sprache ist die Basis für alle anderen, spezielleren Sprachen, z.B. auch für Fachsprachen, auch für formale Sprachen wie z.B. formale Logik. Während formale Logiksprachen sich vom Ansatz her von jeglicher Form von Bedeutung, von körper-basierter Welterfahrung abgekoppelt haben, sind normale Sprachen als Teil der Gehirnfunktionen grundsätzlich mit vielen Bereichen der körper-basierter Welterfahrung verbindbar.
Eine Kerneigenschaft der Verbindung zu körper-basierter Welterfahrung besteht darin, dass das Gehirn die Konkretheit der Signale aus der Umgebung des Gehirns durch seine Eigenprozesse grundsätzlich verallgemeinert, indem aus den vielen konkreten Signalen abstrakte Strukturen extrahiert werden, Muster, Pattern, Cluster, Kategorien, Stereotype, Prototypen, die den Ausgangspunkt für Alltagssprache bilden. Dies drückt sich z.B. darin aus, dass wir über konkrete Gegenstände unseres Alltags immer nur mit Hilfe solcher Kategorien reden können wie ‚Tasse‘, ‚Tisch‘, ‚Stuhl‘, ‚Blume‘ usw. „Kannst Du mir bitte die Butterreichen„. „Ich sitze gerne auf dem Stuhl„. Mit ‚Butter‘ können viele hundert verschiedene konkrete Dinge gemeint sein, mit ‚Stuhl‘ ebenso; Etwas ‚reichen‘ kann hunderte verschiedene Ausprägungen umfassen, ebenso ’sitzen‘, usw.
An der Wurzel der Sprache gibt es also schon mindestens zwei Ebenen von Wirklichkeit: die konkreten Eigenschaften der Dinge der realen Welt um unseren Körper herum einschließlich Teile unseres eigenen Körpers (und jene konkrete Körperzustände, die dem Gehirn auf vielfältige Weise übermittelt werden), und dann jene abstrakten Muster, die das Gehirn aus der ungeheuren Vielfalt der konkreten Signale auf automatische — für unser Bewusstsein direkt nicht zugängliche (un-bewusste) — Weise herausgerechnet werden und als solche im sogenannten Gedächtnis auf spezielle Weise (‚Erinnern‘, ‚inspiriert‘, ‚deutend‘, ..) zugänglich sind.
Da wir die ursprüngliche Konkretheit der erfahrbaren Wirklichkeit immer nur umschreibend beschreiben können, funktionieren jene Ausdrücke der Sprache, die sich auf diese primär erfahrbare Wirklichkeit beziehen, als beschreibende Ausdrücke, als primäre Sprache über konkret Objekte, obgleich schon diese Sprache nur abstrakte Elemente enthält. Mit Blick auf diese primäre Bedeutungsfunktion der Alltagssprache könnte man die Menge solcher Ausdrücke als Objektsprache bezeichnen. Ihre Grenzen sind — wie fast alle Bestimmungen zur Alltagssprache — fließend (‚fuzzy‘).
Wie jeder anhand seiner eigenen Alltagssprache leicht überprüfen kann, gibt es Ausdrücke der Alltagssprache, die sich nicht primär auf solche Objekte der Erfahrungswelt beziehen, sondern auf andere Ausdrücke: „DiesenAusdruck… von Dir verstehe ich nicht“, „DieserSatz ist viel zu lang“, „Das Wort ‚Hindernis‚ in deiner Bemerkung verstehe ich nicht“, usw. Ausdrücke einer Sprache, die sich explizit auf Eigenschaften von anderen Ausdrücken beziehen, nennt man im Allgemeinen Meta-Ausdrücke oder — bezieht man sich auf alle solche meta-sprachlichen Ausdrücke — als Meta-Sprache. Unsere Alltagssprache verfügt über diese besondere Fähigkeit, nicht nur Ausdrücke zur Beschreibung von primären Objekten zu benutzen, sondern auch, um sich auf andere Ausdrücke beziehen zu können.
Solche formalenmeta-sprachlichen Bezugnahmen sind aber nur eine Form von innersprachlichen Bezugnahmen, durch die sich Sprachebenen definieren lassen. Es gibt auch inhaltliche Bezugnahmen über die intendierten Bedeutungen: „Oh, da liegt ein Maikäfer auf seinem Rücken und strampelt“. „Der Maikäfer ist irgendwie ein fliegendesInsekt„. „Insekten können große Schäden anrichten„. „Es gibt aber auch Insekten, die wichtige lebenserhaltende Funktionen ausüben“. Das konkret beobachtbare Objekt ‚Maikäfer‘ wird als Beispiel einer größeren Klasse von Objekten genannt fliegende Insekten angesehen. Letztere sind aber auch nur eine Teilmenge der Insekten. Insekten können Schäden verursachen, andere habe auch eine lebenserhaltende Funktion. usw. Die grundlegende Abstraktionsfähigkeit findet sich also nicht nur im Übergang von der Wahrnehmung der konkreten Signale zu abstrakten Strukturen, sondern auch von gegebenen Bedeutungsstrukturen (‚Maikäfer‘) zu einer anderen Bedeutungsstruktur (‚fliegendes Insekt‘), durch die diese anderen Bedeutungsstrukturen auf einem höheren Abstraktionsniveau repräsentiert werden.
Es gibt also nicht nur formale Metaebenen, sondern auch inhaltliche Bedeutungshierarchien. Aufgrund dieser beiden Fähigkeiten ist unsere Alltagssprache ungeheuer mächtig: sie ist sowohl ihre eigene Meta-Sprache wie auch ihre eigene Bedeutungs-Hierarchie! Wie können diese beiden fundamentalen Eigenschaften der Alltagssprache in oksimo genutzt werden?
ERWEITERUNG EINES BEISPIELS
Betrachten wir ein Beispiel, um die Dimension ‚Konkret‘ und ‚Abstrakt‘ zu illustrieren. Zugleich wird hier eine zusätzliche Perspektive sichtbar: die Dimension von Alltagstheorien!
In diesem Beispiel ist der Hauptakteur ein ‚Gerd‘ der ‚hungrig‘ ist, und der deswegen zum ‚Griechen um die Ecke‘ geht, dort etwas isst, und dadurch nicht mehr hungrig ist.
Konkret
Diese Beschreibung ist fokussiert auf beobachtbare Situationen die so sind, dass die Teilnehmer an dieser Situation entscheiden können, ob die Aussagen in dieser Situation zutreffen (’sie sind wahr‘) oder nicht (’sie sind nicht wahr‘). Insofern kann man sagen, dass es sich hier um eine Sprache über primäre Objekte handelt, um eine Beobachtungssprache.
Abstrakt
Man kann innerhalb der Alltagssprache jede primäre Beobachtungssprache aber leicht durch abstraktere Beschreibungsebenen ergänzen. Aufgrund des allgemeinen Weltwissens, über das jeder Akteur — wenngleich individuell unterschiedlich — verfügt, gibt es in der Regel zu jeder primären Objektkategorie viele zusätzliche Abstraktionen, von denen man Gebrauch machen kann. So weiß jeder, dass konkrete Akteure wie der ‚Gerd‘ zur allgemeinen Kategorie Mensch gezählt werden. Die Kategorie Mensch hat heutzutage viele Milliarden Mitglieder (‚Instanzen‘, ‚Elemente‘, …). Zu jeder abstrakten Kategorie gibt es meistens auch abstrakte Eigenschaften (statische wie dynamische). So gilt als gesetzt, dass Menschen — aufgrund ihres Energieverbrauchs — innerhalb gewisser Zeitintervalle hungrig werden.
Instanzen Erben
Wenn man also von einem Objekt, einem Akteur, sagt, er sei ein Mensch (= eine Instanz der Klasse Mensch), dann wird normalerweise angenommen, dass sich die abstrakten Eigenschaften der Klasse auch auf alle ihre Instanzen (Mitglieder,…) übertragen. Wenn also alle Menschen nach einer gewissen Zeit hungrig werden, dann kann man daraus folgern, dass ein Exemplar der Klasse Mensch wie der Akteur ‚Gerd‘ auch diese Eigenschaft hat, nach einer gewissen Zeit hungrig zu werden.
Erfahrungswissen speichern
Abstrakte Eigenschaften (Klassen, Kategorien, …) können also dazu genutzt werden, um Erfahrungswissen über viele konkrete Objekte zu speichern, die sich bzgl. einiger Kriterien hinreichend ähnlich sind).
An diesem Punkt enthüllt die Alltagssprache neben ihrer Fähigkeit des Abstrahieren Könnens von Einzelaspekten zu abstrakten Objekten die zusätzliche Fähigkeit, zu gebildeten abstrakten Objekten eine Vielzahl von abstrakten (statische wie dynamische) Eigenschaften anzusammeln, die dann für die Orientierung im Alltag genutzt werden können.
Man kann diese Listen von Eigenschaften verstehen als eine Sammlung von Hypothesen über die Dinge der Alltags-Welt. Diese Hypothesen können jederzeit im Alltag überprüft werden. Sobald man z.B. auf einen Akteur treffen würde, der wie ein Menschen daherkommt, dann würde man annehmen, dass er irgendwann hungrig werden wird. Würde dies nicht geschehen, dann würde man Zweifel bekommen, ob dieser Akteur wirklich ein Mensch ist. Man könnte zwar grundsätzlich nicht ausschließen, dass die Hypothese vielleicht nicht ganz allgemein gilt, weil es vielleicht doch — irgendwie — Menschen gibt, die nicht hungrig werden, aber dies erscheint zunächst höchst unwahrscheinlich und würde sicher genauere Überprüfungen verlangen.
Alltagstheorie
Diese Struktur von allgemeinen abstrakten Objekten verknüpft mit Hypothesen über mögliche Wirkungen und einer Interpretationsfunktion von abstrakten Objekten zu konkreten Instanzen bildet den Kern des modernen empirischen Theoriebegriffs.[1] Es kann schon ein wenig verwundern, warum es so lange gedauert hat — viele tausende von Jahren –, bis diese Struktur bewusst wahrgenommen und genutzt wurde (obgleich Aristoteles einige Ansätze in diese Richtung hatte). Noch mehr kann aber verwundern, dass die moderne Wissenschaftsphilosophie sich ohne größere Bedenken auf den Pfad der rein formalen Beschreibungsmittel begeben hat, die ganz bewusst jeglichen Bezug zur Alltagssprache und dem Alltagswissen abgebrochen hat. Für begrenzte Zwecke ist die formale Logik ein ideales Werkzeug. Für alle Bereiche des Weltwissens und der Alltagserfahrung ist sie weitgehend unbrauchbar. Die modernen Computer als ‚denkerische Abfallprodukte‘ der formalen Logik erben diese Einseitigkeit vollständig. Ihr grundsätzliche Unfähigkeit, Alltagswissen benutzerfreundlich zu erarbeiten macht sich u.a. in der großen Limitiertheit der heutigen sogenannten ‚Künstlichen Intelligenz‘ sichtbar. Das menschliche Gehirn selbst, das letztlich auch nur eine binäre Maschine ist, ist im Vergleich zu einem binären Computer aber grundsätzlich anders organisiert. Sogenannte ‚Künstliche Neuronale Netze‘ sind bislang nur eine stark vereinfachende Karrikatur des Originals genannt ‚Gehirn‘.
KOMMENTARE
[1] Im Abschnitt PHILOSOPHY OF SCIENCE des assoziierten uffmm.org Blogs ist die Frage, ob oksimo selbst eine Theorie sein könnte, am Beispiel des Theoriekonzepts von Popper diskutiert worden. Es gab dann die grundsätzliche Einschätzung, dass man mit der oksimo Sprache grundsätzlich Theorien — auch empirische — umsetzen könne, aber es war dort noch nicht so ganz klar, wie es genau gehen könne. Im obigen Beispiel wird der Ansatzpunkt nun sehr konkret. Es wird weiterer Beispiele bedürfen, um dies noch genauer zu verstehen.