Die fundamentale Rolle des Wissens in einer Demokratie – Wie es ‚entsteht‘, wie es ‚lebt‘, wie es die Welt ‚verändern‘ kann – zum Guten wie zum Schlechten.

Änderungen: 3.April 2025
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Kommentare an: big-demokratie@oksimo.org
KONTEXT: Dieser Text gehört in den Kontext des Themas „EIN ANFANG OHNE ENDE?“.
Die Rolle des Wissens in einer Demokratie
Als großer ‚Rahmen‘ für alle Texte des Buches gilt die Frage nach der Rolle des ‚Lebens‘ auf dem Planet Erde, und hier insbesondere die Frage nach der Rolle des ‚homo sapiens‘, also die Frage nach der Rolle der ‚Menschen‘. Von den hier möglichen vielen Aspekten soll die Frage im Zentrum stehen, wie die ‚Macht‘ in einer menschlichen Gesellschaft ‚formatiert‘ ist.
Für die ‚Formatierung der Macht‘ wird hier unterschieden zwischen dem Format einer ‚Autokratie‘ und dem Format einer ‚Demokratie‘.
Demokratie ist eine besondere Form der Machtverteilung. Während in Autokratien wenige über viele herrschen und dabei nahezu unbegrenzt entscheiden können, beruht Demokratie auf Regeln, die von vielen mitgetragen und kontrolliert werden müssen. Damit wird Macht nicht abgeschafft – aber sie wird auf eine neue Weise „formatiert“: Sie ist an Verfahren gebunden, an Transparenz, an Rechenschaft, an Zustimmung. Die Grundlage dieses neuen Formats ist Wissen.
Wissen wird in Demokratien zur Lebensader politischer Gestaltung. Denn dort, wo viele Menschen an Entscheidungsprozessen beteiligt sind – sei es durch Wahlen, durch öffentliche Debatten oder durch Mitwirkung in Gremien –, hängt alles davon ab, wie gut informiert die Menschen sind, was sie verstehen, woran sie glauben können, und was sie für möglich halten.
Aber Wissen ist nicht einfach da. Es entsteht, verteilt sich ungleich, wird angezweifelt, vergessen oder bewusst verfälscht. Und in einer Welt, die sich rasant verändert – ökologisch, technologisch, kulturell –, wächst nicht nur der Umfang des Wissens, sondern auch die Unsicherheit darüber, welches Wissen für unsere gemeinsame Zukunft entscheidend ist.
Das führt zu einer zentralen Frage für jede Demokratie: Wie kann sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger auf allen Ebenen – von der Kommune bis zur nationalen Regierung – über das Wissen verfügen, das nötig ist, um verantwortlich zu handeln? Wie lässt sich ein solches Wissen in der Breite erzeugen, vermitteln und erhalten – und das unter Bedingungen, in denen weder beliebig viel Zeit noch beliebig viele Ressourcen zur Verfügung stehen?
Für die aktuelle Entwicklung der Demokratie steht daher das „Wissensformat der Demokratie“ im Mittelpunkt. Es geht darum zu klären, welches Wissen Menschen brauchen – individuell und kollektiv –, um als demokratische Akteure wirksam zu werden. Es geht um die Strukturen, die solches Wissen ermöglichen oder verhindern. Und es geht um die Frage, ob und wie die heutigen Demokratien in der Lage sind, aus der Fülle des verfügbaren Wissens dasjenige herauszufiltern, das hilft, eine gemeinsame Zukunft zu gestalten.
Wissen ist Macht – aber nur, wenn es geteilt und genutzt wird. Demokratie bedeutet, diese Macht in die Hände vieler zu legen. Das gelingt nur, wenn das nötige Wissen verstehbar, zugänglich, überprüfbar und handlungsrelevant gemacht wird – für alle Beteiligten, auf allen Ebenen, in allen Lebenslagen.