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oksimo.R – Alltagsszenen – Essen gehen – Teil 2

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

(Letzte Änderung: 18.November 2022 – 24.November 2022)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil der einführenden Beispiele des Buchprojektes „oksimo.R – Editor und Simulator für Theorien“. Dieser Teil 2 bildet eine Fortsetzung zum Teil 1.

INHALT

In Teil 1 wurde der Beginn eines einfachen Beispiels vorgestellt, bei dem ein Akteur (hier: ‚Gerd‘) im Büro sitzt, Hunger verspürt, und sich vorstellt, dass er keinen Hunger haben möchte. Im Teil 1 beschließt er sein Büro zu verlassen und Essen zu gehen. Eingebettet in die Mini-Theorie dieses Beispiels werden verschiedene Begriffe erläutert: Textsorten (IST-Beschreibung, ZIEL-Beschreibung, VERÄNDERUNGS-Beschreibung), Regel-Anwendung, oksimo.R Software oksimo.R Software Kontextualisierung, Theorie testen, Folgerungen testen, Zielerfüllung testen, Simulation starten, und Logischer Folgerungsbegriff.

In Teil 2 wird die Minitheorie vervollständigt. Die Geschichte endet damit, dass der Akteur Gerd keinen Hunger mehr verspürt (zumindest nicht für den Moment :-)).

Fortsetzung der Geschichte

Eine oksimo.R Theorie kann man auch einfach als eine ‚Geschichte‘ verstehen, als eine Art ‚Drehbuch‘, obwohl diese Geschichte über alle Eigenschaften einer vollständigen empirischen Theorie verfügt (zu Theorie mehr weiter unten).

Die bisherige Geschichte ist einfach erzählt:

Ausgangspunkt (Szene 1):
Gerd sitzt in seinem Büro.Gerd ist hungrig.
Ziel:
Gerd ist nicht hungrig.

Szene 2:
Gerd verlässt sein Büro.Gerd ist hungrig.
Zielerfüllung bislang: 0%

Der Übergang von Szene 1 zu Szene 2 war nur möglich, weil eine Veränderungsregel angenommen wurde, die besagt, dass die Szene 1 verändert werden kann, wenn die Bedingung ‚Gerd ist hungrig‘ gilt. Da dies der Fall ist, wurde die Eigenschaft ‚Gerd sitzt im Büro‘ entfernt und die neue Eigenschaft ‚Gerd verlässt sein Büro‘ hinzugefügt.

Für eine weitere Fortsetzung fehlt im Moment eine Regel. Allerdings kann die bisherig einzige Veränderungsregel immer wieder neu angewendet werden, so dass die Szene 2 beliebig oft wiederholt wird (wie bei einem Plattenspieler, der auf eine kaputte Rille in der Platte trifft, so dass der Plattenspieler diese Spur endlos wiederholt, bis wir ihn abstellen).

Diese ‚Wiederholbarkeit kann zu einem Problem werden, wenn man nicht aufpasst. Hier ein Beispiel für unerwünschte Wiederholung (was wir letztlich dann nicht wollen!).

Unerwünschte Wiederholung(en)

Da es ‚links um die Ecke‘ einen ‚Griechen‘ gibt, bei dem Gerd eine Kleinigkeit essen könnte, schreiben wir folgende neue Veränderungsregel auf:

VERÄNDERUNGS-Beschreibung 2:

WENN:

Gerd ist hungrig.

DANN:

Füge als Eigenschaft zur IST-Situation hinzu: Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Entferne als Eigenschaft aus der IST-Situation: — Nichts —

ANWENDUNG der Veränderungs-Beschreibung:

Da die Bedingung ‚Gerd ist hungrig.‘ erfüllt ist, könnte die Regel angewendet werden, und wir würden folgendes Ergebnis mit dieser Regel erhalten:

DANN:

NEUE IST-Situation (mit Regel 2):

Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen. Gerd ist hungrig.

Allerdings gibt es ja immer noch Regel 1, die nicht verschwindet (als Option ist ein ‚Verschwinden dieser Regel denkbar). Diese Regel hat die gleiche Bedingung wie Regel 2 und kann daher auch angewendet werden. Sie würde folgendes Ergebnis erzeugen:

NEUE IST-Situation (mit Regel 1):

Gerd verlässt sein Büro. Gerd ist hungrig.

Eine ‚Vereinigung‘ der Fortsetzung nach Regel 1 und der Fortsetzung nach Regel 2 führt zu folgendem Ergebnis:

Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen. Gerd ist hungrig. Gerd verlässt sein Büro.

Mit der oksimo.R Software (Level 2) würde dies so aussehen:

VERÄNDERUNGS-Regel eingeben

Rule: Essen1-Ziel1
Conditions:
Gerd ist hungrig.

Positive Effects:
Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Negative Effects:

Neue Simulation Starten

Selected visions:
Essen1-v1
Selected states:
Essen1
Selected rules:
Essen1-Ziel1
Essen1-Wollen1

Protokoll der Simulation (einfache Version)

Your vision:
Gerd ist nicht hungrig.

Initial states: 
Gerd sitzt in seinem Büro.,Gerd ist hungrig.

Round 1

Current states: Gerd verlässt sein Büro.,Gerd ist hungrig.,Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 2

Current states: Gerd ist hungrig.,Gerd verlässt sein Büro.,Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Schon nach zwei Simulationszyklen erkennt man, dass sich alles wiederholt. Und bei Kenntnis der Veränderungsregeln weiß man, dass beide solange immer wieder ‚aktiviert‘ werden, solange ihre Bedingung erfüllt ist. Im konkreten Beispiel ist dies der Fall. Dies verweist auf eine generelle Struktur von regel-gesteuerten Veränderungen mit Situationsbezug.

Zur Meta-Logik von situationsbezogenen Veränderungsregeln

An dieser Stelle sollte man sich nochmals daran erinnern, dass eine IST-Beschreibung nichts anderes ist als eine ‚Menge von sprachlichen Ausdrücken‘ der jeweils gewählten Sprache. Hier wird die Deutsche Sprache benutzt. Im parallelen uffmm.org-Blog ist es die Englische Sprache. Jede andere ist auch möglich.

Aus Sicht des jeweiligen Akteurs, der mit solchen IST-Beschreibungen arbeitet, hat aber jeder benutzte sprachliche Ausdruck im Raum seines ‚Sprachverständnisses‘ zusätzlich eine ’spezielle Bedeutung‘, die partiell mit ‚Eigenschaften der externen Körperwelt‘ auf eine ’spezifische Weise korrelieren‘ kann. Also, wenn jemand den Ausdruck ‚Gerd‘ liest, wird er damit meistens die Vorstellung verbinden, dass es sich um den ‚Namen einer Einzelperson‘ handelt. Und wenn man den sprachlichen Ausdruck liest ‚… sitzt in seinem Büro‘, dann wird man normalerweise an einen ‚Raum‘ in einem Gebäude‘ denken. Beide Vorstellungen ‚Namen einer Einzelperson‘ sowie ‚Raum in einem Gebäude‘ haben — normalerweise — die Eigenschaft, dass man dazu konkrete ‚Objekte der externen Körperwelt‘ über die ‚individuelle Wahrnehmung‘ ‚in Verbindung bringen kann‘. Dies kann auf vielfache Weise geschehen, z.B. indem jemand anderes zu mir sagt „Schau (und er zeigt auf eine Person), dies ist der Gerd“, oder ich komme in den Raum 204 im Gebäude 1 der Frankfurt University of Applied Sciences und jemand sagt zu mir „Schau, dies ist das Büro von Gerd“. In beiden Fällen kann sich dann eine konkrete Wahrnehmung mit einer ‚gedachten Vorstellung‘ so verbinden, dass sich die an sich ‚abstrakte‘ Vorstellung einer individuellen Person in einem Raum mit einem Bündel von sinnliche wahrgenommenen Eigenschaften verknüpft (assoziiert).

Mit diesem Hintergrund-Wissen kann man dann verstehen, warum eine IST-Beschreibung als Menge von sprachlichen Ausdrücken ‚zwei Gesichter‘ hat: (i) Auf den ersten Blick nur eine Menge von sprachlichen Ausdrücken ohne jede erkennbare weiter Eigenschaft, und (ii) , ausgehend von den sprachlichen Ausdrücken, vermittelt über das sprachliche Bedeutungswissen eines Sprecher-Hörers der jeweiligen Sprache, eine Menge von Bedeutungen, die im Falle einer IST-Beschreibung nach Vereinbarung alle mindestens einen konkreten Bezug zur externen Körperwelt aufweisen müssen. Grob kann man an dieser Stelle daher sagen, dass jeder sprachliche Ausdruck einer normalen Sprache mit einer ‚Eigenschaft‘ der externen Körperwelt verknüpft (assoziiert) werden kann. In diesem zweiten Sinne repräsentiert eine IST-Beschreibung dann nicht nur eine ‚Menge von sprachlichen Ausdrücken‘ sondern zugleich auch (Sprachverstehen im Akteur vorausgesetzt) eine ‚Menge von Körperwelt-Eigenschaften‘. Das Entfernen eines sprachlichen Ausdrucks bedeutet dann zugleich auch das Entfernen einer Eigenschaft, und das Hinzufügen eines sprachlichen Ausdrucks das Hinzufügen einer Eigenschaft.

Aufgrund dieser generell unterstellten ’sprachlichen Bedeutungsdimension‘ in jedem beteiligten Akteur stellen also IST-Beschreibungen potentiell eine Verbindung zwischen den virtuellen Bildern im Gehirn eines Akteurs zu möglichen sinnlich wahrnehmbaren Korrelaten einer damit verknüpften externen Körperwelt dar, für die eine ‚Eigendynamik‘ unterstellt wird. Damit ist gemeint, dass sich die Welt unserer sinnlichen Wahrnehmung (verknüpft mit unserem Gedächtnis!), augenscheinlich beständig irgendwie ‚partiell verändert‘ bei gleichzeitiger ‚partieller Konstanz‘. Die ‚Ausdehnung‘ der ‚Menge der Eigenschaften der externen Körperwelt‘ erscheint nahezu ‚unendlich‘ zu sein und gleichzeitig auch das Ausmaß der möglichen Veränderungen.

Vor diesem Hintergrund (weitgehend immer hypothetisch) erscheint jede IST-Beschreibung immer als eine ’sehr kleine Auswahl‘ dieser Körperwelt-Eigenschaftsmenge und eine konkrete IST-Beschreibung bildet eine Art ‚Momentaufnahme‘ eines kontinuierlich dynamischen Geschehens, das über die explizit formulierten Veränderungsregeln nur stark vereinfachend ’nachgezeichnet‘ werden kann. Insbesondere besteht ein Problem darin, wie man eine IST-Beschreibung ‚aktuell‘ halten kann, wenn die externe Körperwelt sich aufgrund ihrer ‚Eigendynamik‘ kontinuierlich verändert, ohne dass ein oksimo.R Theorie-Akteur eine einzige Veränderungsregel formuliert hat. Anders ausgedrückt: Eine IST-Beschreibung ‚veraltet‘ von alleine, wenn die ‚Ankopplung‘ der IST-Beschreibung an die externe Körperwelt nicht mit ‚passenden‘ Veränderungsregeln immer wieder neu gewährleistet wird. Um dies tun zu können benötigt man einen ‚Übersetzer‘, der kontinuierlich die Veränderungen der externen Körperwelt in den sprachlichen Bedeutungsraum der Akteure ‚abbildet‘ und diese dann entsprechende sprachliche Ausdrucksmengen generieren.

Weitere mögliche Anforderungen an einen Ablauf

Nach diesen metalogischen Überlegungen zur Funktion von IST-Beschreibungen im Wechselspiel mit einer angenommen externen Körperwelt mit Eigendynamik sollen hier einige weitere Aspekte zur Sprache gebracht werden, die für die Erstellung eines ‚Plans‘ bedeutsam sind/ sein können.

Bisher hat die kleine oksimo.R Theorie – die aktuelle Story — folgendes Format:

Ausgangspunkt (Szene 0)
Gerd sitzt in seinem Büro. Gerd ist hungrig.

Vision
Gerd ist nicht hungrig.

Szene 1
Gerd verlässt sein Büro.Gerd ist hungrig.Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Erfolg: 0%

Szene 2
Gerd ist hungrig.Gerd verlässt sein Büro.Gerd beschließt, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Erfolg: 0%

Ziel ist es immer noch, dass der Akteur Gerd sein Ziel, den ‚Griechen um die Ecke‘, erreicht, damit er etwa essen kann, damit sein Hungergefühl verschwindet.

Dazu muss es einerseits Regeln geben, die den Akteur ‚durch den Raum‘ bewegen bis zum ‚Griechen um die Ecke‘, andererseits müssen die Regeln so sein, dass sie nicht Eigenschaften aktivieren können, die im Prozess gar nicht mehr vorkommen sollten.

Eine Regel wie ‚Essen1-Ziel1′, die dafür sorgt, dass Gerd sein Büro verlässt, sollte zu einem ’späteren Zeitpunkt‘ nicht nochmals angewendet werden, desgleichen die Regel ‚Essen1-Wollen1‘, die den Beschluss beschreibt, dass Gerd zum ‚Griechen um die Ecke‘ gehen will.

Da die Aktivierung einer Veränderungs-Regel von der jeweiligen ‚Bedingung‘ abhängt, bedeutet dies, dass die Bedingung für eine Regel so beschaffen sein sollte, dass die ‚auslösende Eigenschaft‘ möglichst ‚prozessspezifisch‘ ist. Für die Eigenschaft ‚Gerd ist hungrig‘, die die ganze Geschichte bis zum eigentlichen Essen hindurch gültig ist, trifft dies eher nicht zu. Da alle Regeln mit diesem ‚unspezifischen Auslöser‘ immer wieder neu aktiviert werden würden, bis irgendwann das Essen die neue Eigenschaft produziert ‚Gerd ist nicht hungrig‘.

Damit stellt sich die Frage, wie eine IST-Beschreibung so beschaffen sein kann, dass es neben ‚langlebigen‘ Eigenschaften auch ‚kurzlebige‘ Eigenschaften gibt, die tatsächlich punktuell als ‚Auslöser für eine Regelaktivierung‘ dienen können.

Zeitangaben reichen oft nicht

Im Alltag sind wir gewohnt — die Existenz von Uhren vorausgesetzt, die weltweit synchronisiert sind –, Ereignisse an eine bestimmte Uhrzeit zu koppeln; oder das Ganze erweitert um einen Kalender mit Tagen, Wochen, Monaten und Jahren. Ein solches Hilfsmittel kann man in eine oksimo.R Theorie leicht einführen. Dies löst das Problem aber nur bedingt. Bei vielen Ereignissen weiß man vorab weder, ‚ob‘ sie überhaupt eintreten, noch ‚wann‘ dies geschieht. Hier bleibt dann nur die Möglichkeit, ein ‚Folgeereignis‘ direkt an ein bestimmtes ‚vorausgehendes‘ Ereignis zu koppeln: So macht es z.B. nur Sinn, den Regenschirm aufzuspannen, wenn es tatsächlich regnet. Einen genauen Termin, wann dieses Ereignis eintreten wird, gibt es normalerweise nicht.

Gestaltungsperspektiven: Ziel und Genauigkeit

Was nützen diese Überlegungen im konkreten Beispiel, wo eine ‚Abfolge‘ gesucht wird, die dazu führt, dass Gerd erlebt, dass sein Hungergefühl verschwindet?

Zwei allgemeine Überlegungen können hier vielleicht hilfreich sein:

  1. Vom Ende (Ziel) her denken
  2. Welche ‚Genauigkeit‘ ist gefordert/ gewünscht?

Falls man ein Ziel kennt (was nicht selbstverständlich ist; oft muss man erst mal herausfinden, was ein sinnvolles Ziel sein könnte), dann kann man vom Ziel ausgehend versuchen ‚rückwärts‘ zu denken, indem man sich von der Frage leiten lässt, ‚Welche Aktion A muss ich tun, um das Ergebnis B zu erreichen?‘. Im Fall des gewünschten Zielzustands ‚Gerd ist nicht hungrig‘ wäre die übliche Erfahrung die, dass man etwas ‚Geeignetes‘ isst, was zum ‚Verschwinden des Hungergefühls‘ führt (meistens). Dann muss man wissen, was das für ein ‚Nahrungsmittel‘ sein könnte, wo man es bekommt, und was man tun müsste, um dorthin zu kommen (sehen wir mal von dem Fall ab, dass jemand sich einfach etwas von zu Hause zum Essen mitbringt). Aus solchem ‚Rückwärts-Denken‘ kann sich dann eine hypothetischer Handlungsabfolge ergeben, die zur Grundlage für einen ‚Plan‘ werden kann, den der Akteur sich ‚in seinem Kopf‘ zurecht legt und dann stückweise durch entsprechende ‚reale Handlungen‘ umsetzt.

Die Frage nach der ‚Genauigkeit der Darstellung‘ (der Geschichte, der Theorie) ist nicht einfach zu beantworten. Wenn Ingenieure einen Roboter programmieren müssen, der bestimmte Arbeitsvorgänge ausführen können soll, dann wird dies im Normalfall eine geradezu erbarmungslose Genauigkeit erfordern (sieht man von dem Fall ab, dass es schon viele fertige Module gibt, die ‚Kleinkram‘ abnehmen können (wie z.B. sogenanntes ‚maschinelles Lernen‘ nach erfolgreichem Training)). Handelt es sich um den Autor eines Krimis oder um die Autorin eines Drehbuchs, dann müssen neben ’sachlichen Aspekten‘ sehr viel auch die ‚Wirkung auf die Leser/ Zuschauer‘ beachtet werden. Im Fall der Erreichung eines konkreten Zieles in einer konkreten Welt hängt der potentielle Erfolg der Umsetzung einer Beschreibung vollständig davon ab, ob den konkreten Anforderungen der Welt — hier der Alltagswelt — vollständig Genüge getan wird. Dabei spielt natürlich auch der Leser/ Zuhörer/ Anwender einer Beschreibung eine große Rolle: Kann man voraussetzen, dass wir es mit ‚Experten‘ zu tun haben, die den zu leistenden Prozess gut ‚kennen‘, kann man sich vielleicht mit Andeutungen begnügen; handelt es sich eher um ‚Neulinge‘, dann muss man sehr ausführlich informieren. Bisweilen reicht dann eine rein textbasierte Beschreibungen nicht aus; man benötigt dann mehr: Bilder, Videos oder gar eine eigene Schulung.

Mit einem Ziel und mit ‚alltagsnaher‘ Genauigkeit

Im konkreten Fall gibt es eine Zielvorgabe und es soll die ‚Alltagserfahrung‘ als Maßstab für die Genauigkeit genommen werden; letzteres lässt natürlich viel ‚Interpretationsspielraum‘.

Vom Ziel ausgehend ‚rückwärts gedacht‘ erscheint folgende Handlungskette als ‚hypothetischer Plan‘ plausibel:

  1. Gerd ist nicht hungrig‘, weil:
  2. ‚Gerd isst seinen Eintopf‘, weil:
  3. ‚Gerd bekommt seine Bestellung‘, weil:
  4. ‚Gerd bestellt einen Eintopf‘, weil:
  5. ‚Gerd steht vor der Theke‘, weil:
  6. ‚Gerd betritt das Bistro‘, weil:
  7. ‚Gerd geht zum Griechen um die Ecke‘, weil:
  8. ‚Gerd beschließt zum Griechen um die Ecke zu gehen‘, weil:
  9. ‚Gerd ist hungrig‘, ‚Gerd ist in seinem Büro‘, weil:
  10. … hier gibt es einen ‚Schnitt‘: willkürliche Entscheidung, wo die Geschichte/ die Theorie beginnen soll …

Tatsächlich gibt es in jedem Moment nicht nur eine Wahlmöglichkeit, und es kann während der ‚Ausführung‘ dieses ‚Plans‘ vieles passieren, was eine Änderung des Plans zur Folge haben kann. Und, natürlich, es gibt noch viele weitere mögliche Aspekte, die für die Ausführung dieses Plans relevant sein könnten (oder müssten).

Konstante und veränderliche Eigenschaften

Wie zuvor schon beobachtet, gibt es Eigenschaften, die ‚eher konstant‘ sind und solche, die ‚kurzlebig‘ sind. Im Kontext des obigen ‚Plans‘ ist z.B. die Eigenschaft ‚Gerd ist hungrig‘ von Beginn bis zum Ereignis ‚Gerd ist nicht hungrig‘ konstant. Eine andere Eigenschaft wie ‚Gerd verlässt sein Büro‘ ist eher kurzlebig.

Nehmen wir den obigen hypothetischen Plan als Bezugspunkt, dann legt sich folgende Verteilung von ‚eher konstanten‘ und ‚eher kurzlebigen‘ Eigenschaften nahe (linke Spalte ‚eher konstant‘, rechte Spalte ‚eher kurzlebig‘):

Gerd ist hungrigGerd ist in seinem Büro
Gerd ist hungrigGerd beschließt …
Gerd ist hungrigGerd geht …
Gerd ist hungrigGerd betritt …
Gerd ist hungrigGerd steht vor ..
Gerd ist hungrigGerd bestellt …
Gerd ist hungrigGerd bekommt …
Gerd ist hungrigGerd isst …
Gerd ist nicht hungrig

Eine einfache Strategie zur Vermeidung von unangemessenen Wiederholungen wäre jene, in der die Bedingung einer Veränderungs-Regel sich auf eine ‚eher kurzlebige‘ Eigenschaft bezieht, die mit der Umsetzung einer Veränderungsregel ‚automatisch‘ wieder verschwindet. Beispiel (Kurzform):

  1. Wenn: ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd ist in seinem Büro‘, Dann: ‚Gerd beschließt…‘
  2. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd beschließt…‘, dann hinzu: ‚Gerd geht…‘, löschen: ‚Gerd im Büro…‘
  3. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd geht…‘, dann hinzu: ‚Gerd betritt…‘, löschen: ‚Gerd geht…‘
  4. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd betritt …‘, dann hinzu: ‚Gerd steht vor …‘, löschen: ‚Gerd betritt …‘
  5. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd steht vor…‘, dann hinzu: ‚Gerd bestellt …‘, löschen: ‚Gerd steht vor …‘
  6. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd bestellt …‘, dann hinzu: ‚Gerd bekommt …‘, löschen: ‚Gerd bestellt …‘
  7. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd bekommt …‘, dann hinzu: ‚Gerd isst…‘, löschen: ‚Gerd bekommt‘
  8. Wenn ‚Gerd ist hungrig‘ und ‚Gerd isst‘, dann hinzu: ‚Gerd ist nicht hungrig‘, löschen: ‚Gerd isst…‘.

Dieses kleine Beispiel zeigt schon sehr klar die ‚Doppelnatur‘ unserer alltäglichen Wirklichkeit: das eine ist das, was wir selbst tun, und das andere sind die ‚Wirkungen‘ unseres Tuns in der externen Körperwelt. Wenn jemand vorhat ‚zu gehen‘ und dann tatsächlich geht, dann bewegt man seinen Körper, der ‚automatisch‘ seine Position in der externen Körperwelt verändert. Normalerweise beschreibt man diese ‚Wirkungen‘ nicht eigens, weil jeder Mensch aufgrund seiner Erfahrung weiß, dass dies so ist. Will man aber eine ‚Beschreibung‘ der externen Körperwelt mit ihren Eigenschaften erstellen, die so ist, dass diese IST-Beschreibung alles enthält, was für die Beschreibung eines Prozesses wichtig ist, dann muss man auch einige der ‚impliziten Eigenschaften‘ ‚explizit‘ machen, indem man sie in die Beschreibung aufnimmt. Am wichtigsten ist dabei die Beachtung von ‚eher kurzlebigen‘ (temporären) Eigenschaften, deren Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein für viele Aktionen entscheidend ist.

Erweiterung der Simulation

Die erweiterte Simulation übernimmt die Handlungsskizze aus dem ‚Rückwärts-Denken‘ (siehe oben). Dazu werden neue Veränderungs-Regeln formuliert.

Beibehalten wird die bisherige IST-Beschreibung:

Essen1

Gerd sitzt in seinem Büro.
Gerd ist hungrig.

Beibehalten wird die bisherige ZIEL-Beschreibung:

Essen1-v1

Gerd ist nicht hungrig.

Folgende Veränderungs-Regeln werden neu formuliert:

Essen1-Beschluss1

Rule: Essen1-Beschluss1

Conditions:

Gerd ist hungrig.

Gerd sitzt in seinem Büro.

Positive Effects:

Gerd beschliesst, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Essen1-Gehen1

Rule: Essen1-Gehen1

Conditions:

Gerd ist hungrig.

Gerd beschliesst, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Positive Effects:

Gerd geht zum Griechen.

Effects minus:

Gerd beschliesst, zum Griechen um die Ecke zu gehen.

Gerd sitzt in seinem Büro.

Essen1-Betreten1

Rule name: Essen1-Betreten1

Conditions:

Gerd geht zum Griechen.

Effects plus:

Gerd betritt das Bistro.

Gerd ist im Bistro.

Effects minus:

Gerd geht zum Griechen.

Essen1-Stehen-Vor1

Rule: Essen1-Stehen-Vor1

Conditions:

Gerd betritt das Bistro.

Positive Effects:

Gerd steht vor der Theke.

Negative Effects:

Gerd betritt das Bistro.

Essen1-Bestellen1

Rule:Essen1-Bestellen1

Conditions:

Gerd steht vor der Theke.

Positive Effects:

Gerd bestellt einen Eintopf.

Negative Effects:

Gerd steht vor der Theke.

Essen1-Bekommen1

Rule: Essen1-Bekommen1

Conditions:

Gerd bestellt einen Eintopf.

Positive Effects:

Gerd bekommt seinen Eintopf.

Negative Effects:

Gerd bestellt einen Eintopf.

Essen1-Essen1

Rule name: Essen1-Essen1

Conditions:

Gerd bekommt seinen Eintopf.

Effects plus:

Gerd isst seinen Eintopf.

Effects minus:

Gerd bekommt seinen Eintopf.

Essen1-Nicht-hungrig1

Rule: Essen1-Nicht-hungrig1

Conditions:

Gerd isst seinen Eintopf.

Positive Effects:

Gerd ist nicht hungrig.

Negative Effects:

Gerd isst seinen Eintopf.

Gerd ist hungrig.

Zusammenfassung einzelner Regeln in einem Regel-Dokument

Wollte man jetzt wieder eine neue Simulation starten, dann müsste man im Normalfall jede Regel einzeln eingeben. Beim Experimentieren kann dies sehr schnell sehr lästig werden. Stattdessen kann man alle Regel, die ‚thematisch‘ ‚zusammen gehören‘ in einem ‚Regel-Dokument‘ zusammenfassen. Dann braucht man künftig immer nur den einen Namen des Regel-Dokuments angeben.

Im vorliegenden Fall wird ein Regel-Dokument mit dem Namen ‚Essen1-RMenge1‚ angelegt. Dieses Dokument umfasst dann die folgenden Regeln:

Essen1-Beschluss1

Essen1-Gehen1

Essen1-Betreten1

Essen1-Stehen-Vor1

Essen1-Bestellen1

Essen1-Bekommen1

Essen1-Essen1

Essen1-Nicht-hungrig1

Zum Starten einer neuen Simulation muss man dann nur noch das Folgende eingeben:

Selected visions:
Essen1-v1
Selected states:
Essen1
Selected rules:
doc Essen1-RMenge1

Wenn man dann als maximale Rundenzahl 8 eingibt, erhält man folgendes Protokoll:

SIMULATIONS PROTOKOLL (mit Regel-Anwendungen)

Your vision:
Gerd ist nicht hungrig.

Initial states: 
Gerd sitzt in seinem Büro.,Gerd ist hungrig.

Round 1

State rules:
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 applied  (Prob: 100 Rand: 77/100)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd beschliesst, zum Griechen um die Ecke zu gehen.,Gerd sitzt in seinem Büro.,Gerd ist hungrig.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 2

State rules:
Essen1-Beschluss1 applied  (Prob: 100 Rand: 28/100)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Gehen1 applied  (Prob: 100 Rand: 22/100)

Current states: Gerd ist hungrig.,Gerd geht zum Griechen.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 3

State rules:
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 applied  (Prob: 100 Rand: 0/100)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd betritt das Bistro.,Gerd ist im Bistro.,Gerd ist hungrig.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 4

State rules:
Essen1-Stehen-Vor1 applied  (Prob: 100 Rand: 45/100)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd ist im Bistro.,Gerd steht vor der Theke.,Gerd ist hungrig.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 5

State rules:
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 applied  (Prob: 100 Rand: 22/100)
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd ist im Bistro.,Gerd ist hungrig.,Gerd bestellt einen Eintopf.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 6

State rules:
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 applied  (Prob: 100 Rand: 13/100)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd ist im Bistro.,Gerd bekommt seinen Eintopf.,Gerd ist hungrig.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.
Current values:

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 7

State rules:
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)
Essen1-Nicht-hungrig1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 applied  (Prob: 100 Rand: 15/100)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)

Current states: Gerd ist im Bistro.,Gerd ist hungrig.,Gerd isst seinen Eintopf.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.

0.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
None

Round 8

State rules:
Essen1-Gehen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Betreten1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bekommen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Essen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Beschluss1 not applied (conditions not met)
Essen1-Stehen-Vor1 not applied (conditions not met)
Essen1-Bestellen1 not applied (conditions not met)
Essen1-Nicht-hungrig1 applied  (Prob: 100 Rand: 95/100)

Current states: Gerd ist im Bistro.,Gerd ist nicht hungrig.
Current visions: Gerd ist nicht hungrig.
Current values:

100.00 percent of your vision was achieved by reaching the following states:
Gerd ist nicht hungrig.

WEITERLESEN

Zum Weiterlesen empfiehlt sich an dieser Stelle die Erklärungsbox „Welt, Raum, Zeit“

PRAXIS: oksimo.R Beispiel

(Letzte Änderung: 7.November 2022)

Beispiel: Bis 2035 sollen alle Bürger in Deutschland im Alter von 10 – 30 in der Lage sein, zusammen mit anderen (kollektiv), mit oksimo.R nachhaltige Probleme zu bearbeiten.

AUSGANGSLAGE (IST-SITUATION)

  • Es gibt kein vorhandenes Wissen von oksimo.R
  • Es gibt keine Bekanntheit von oksimo.R
  • oksimo.R ist nicht allgemein verfügbar.

    ZIELZUSTAND

    Bis 2035 sollen alle Bürger in Deutschland im Alter von 10-30 in der Lage sein, zusammen mit anderen (kollektiv), mit oksimo.R nachhaltige Probleme zu bearbeiten.

    LÖSUNGSWEG (Menge von geeigneten Maßnahmen)

    R1:

    WENN: Es gibt kein vorhandenes Wissen von oksimo.R

    DANN:

    Minus: Es gibt kein vorhandenes Wissen von oksimo.R

    Plus: Im INM Frankfurt wird eine Arbeitsgruppe für oksimo.R gegründet.

    BUCH: CITIZEN SCIENCE – Bedeutungsanalyse

    (Letzte Änderung: 15. Dezember 2022)

    KONTEXT

    Dieses Buchprojekt ist Teil der Bücherprojekte von oksimo.R.

    ARBEITSWEISE

    Ausgehend von Warren Weavers Artikel „Science and the Citizen“ wird der wissenschaftliche Diskurs ausgehend der 2000er Jahre überblickshaft dargestellt und mit Weaver verglichen.

    Leitfragen sind:
    „Welches Wissenschaftsverständnis prägt den Citizenscience-Diskurs und wo wird das sichtbar?“
    „Wer hat Welche Interessen und gestaltet dadurch Wie den Citizenscience-Diskurs?“
    „Welche zentralen Faktoren beeinflussen neben den Akteursinteressen den Citizenscience-Diskurs?“

    KAPITEL(ENTWURF)

    Bisherige Fakten und Reflexionen.

    KOMMENTARE

    [1] Weaver, Warren: Science and the Citizen, Bulletin of Atomic Science, Dezember 1957.
    [2] Vohland, Katrin. Göbel, Claudia: Opencience und Citizen Science als symbiotische Beziehung? 2017, https://www.tatup.de/index.php/tatup/article/view/21.
    [3] Schimmler, Sonja. Kirstein, Fabian. Urbanek, Sebastian. Wünsche, Hannes. Hauswirth, Manfred: GROWING OPEN SCIENCE WITH THE COMBINED POTENTIAL OF COTOZEN SCIENCE AND AUTO SCIENCE, 2019, https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/62624.
    Der Kommissionsbericht ist hier zu finden: http://www.openaccess.gr/sites/openaccess.gr/files/Openinnovation.pdf
    [4] Nentwich, Michael; König, René (2012): Cyberscience 2.0 – Research in the Age
    of Digital Social Networks. Frankfurt am Main: Campus. Zugriff: https://archive.org/details/cyberscience20re0000nent/page/n3/mode/2up
    [5] Groom, Quentin; Weatherdon, Lauren; Geijzendorffer, Ilse R. (2016): Is Citizen Science an Open Science in the Case of Biodiversity Observations? In: Journal of Applied Ecology 54 (2), S. 612-617. https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.12767

    ANWENDUNG – WASSER

    (Letzter Eintrag: 8.April 2023)

    KONTEXT

    Diese Wasser-Anwendung ist Teil des Themas Anwendungen.

    Dies ist das Start-Logo des Wasserprojekts vom 18.Juli 2022. Hinweis: Das bisherige Wasserprojekt wurde im September 2022 ‚unterbrochen‘; eine kleine Gruppe arbeitet an der Idee, die Anwendung ‚Gieß den Kiez‘ aus Berlin auf eine konkrete Gemeinde zu übertragen. Zur Zeit laufen viele Gespräche mit diversen Ämtern‘ und der Abteilung Geoinformatik der Frankfurt University of Applied Sciences. Parallel startet am 5.Februar 2023 eine öffentliche Diskussionsreihe in der Gemeinde Schöneck, innerhalb deren u.a. auch das Thema Wasser wieder aufgegriffen werden wird. Die Idee ist Bürgergespräche in enger Verbindung mit der Gemeindeverwaltung zu etablieren, die nach und nach Aspekte der Gemeinde in Simulationsmodellen hinterlegen, um damit die komplexen Themen sichtbarer und damit handlungsfähiger zu machen.

    Video-Konferenz

    Die Videokonferenzen finden bis auf Weiteres nicht mehr statt. Weitere Details siehe HIER.

    Alle Unterlagen

    (Letzte Änderung: 8.Dezember 2022)

    Anwendungs Konzept

    (Letzte Änderung: 13.September 2022)

    KONTEXT

    Dieser Beitrag ist teil des übergeordneten Themasa ANWENDUNGEN.

    Inhaltsübersicht

    1. Bürger zusammen
    2. Zusammenfinden
    3. Kommunikation
    4. Worüber sprechen wir?
    5. Was trifft zu?
    6. Ausgangslage, ‚geerdet‘
    7. Veränderung
    8. Erste Prognosen
    9. Einschätzungen: Wollen wir das?
    10. Sollten wir etwas tun? Was?
    11. Alternative Szenarien durchspielen
    12. So kann eine Bewegung entstehen
    13. Zusammenfassung
      1. Von der Beobachtung zur Prognose (Schaubild)
      2. Vorwissen (Schaubild)

    Bürger zusammen …

    Im Verständnis von oksimo.org sind ‚Anwendungen‘ Produktionen von Bürgern, die zusammen versuchen, sich ein Bild von ihrer aktuellen Situation und möglichen Veränderungen zu machen: Was zeichnet unsere Situation aus? Was sind wichtige Faktoren, die die Situation beeinflussen? Worauf läuft das hinaus? Geht es uns in der Zukunft ‚besser‘ oder ’schlechter‘? Wer ist außer mir noch da, mit dem ich reden kann? Muss ich irgendwie aktiv werden? Was sollte ich tun? Mit wem kann ich das tun?

    Zusammenfinden …

    Was immer jemand tun will, er/sie/x wird andere finden müssen, die mitmachen wollen. Gemeinsamkeit ist die Wurzel jeder möglichen Veränderung. Damit dies geschieht, muss jeder erfindungsreich sein und ein bisschen aktiv werden. oksimo.org ist vielleicht eine solche Möglichkeit, wenn man will.

    Kommunikation

    Zusammen etwas erreichen, verlangt nach Kommunikation. Wenngleich es viele Möglichkeiten gibt, zu kommunizieren, ist die sprachliche Kommunikation letztlich unser stärkstes Mittel, um uns zu verständigen. Ideal ist, wenn alle Beteiligten die gleiche Sprache sprechen. In einer multikulturellen Gesellschaft ist dies nicht immer ganz einfach, aber letztlich wird man sich auf eine ‚Arbeitssprache‘ einigen müssen, auf die sich alle beziehen können. Am geeignetsten erweist sich hier die jeweilige ‚Muttersprache‘ der Beteiligten, oft auch ‚Alltagssprache‘ oder ’normale Sprache‘ genannt. In der heutigen Welt gibt es zusätzlich viele ‚Spezialsprachen‘, die die Technik und Wissenschaften hervorgebracht haben. Diese verstehen nur entsprechende ‚Spezialisten‘. Um ‚alle im Boot‘ zu haben sollte man auf solche Spezialsprachen zunächst verzichten und die ’normale Sprache‘ als ‚gemeinsame Sprache‘ wählen.[1]

    Worüber sprechen wir?

    Hat sich also irgendwie eine Gruppe von Menschen gebildet, die den Eindruck gewonnen haben, dass es Aspekte ihrer Welt (ein Thema, ein Problem, …) gibt, die sie gemeinsam haben, die sie ‚mehr als normal‘ beschäftigen, dann besteht die Herausforderung darin, genauer zu klären, was hat es mit diesen Themen auf sich (Wasser, Energie, Wohnen, Ernährung, Mobilität, Arbeit, Gesundheit, …).

    Da bislang noch niemand in den Kopf eines anderen hineinschauen kann, wird es eine Phase geben müssen, in der sich alle Beteiligten sprachlich soweit austauschen, bis ihnen gemeinsam klar genug geworden ist, in welcher Lage (IST-Situation) sie sich befinden, welche Veränderungen sich andeuten, und worauf das Ganze hinaus zu laufen scheint. Vermutlich ist es dieser letzte Aspekt ‚Worauf läuft das Ganze hinaus?‘, welcher am meisten elektrisieren kann. Denn wenn z.B. sichtbar würde, dass wir in 1-2 Jahren nicht mehr genug Trinkwasser hätten, dann wäre das maximal katastrophal für alle (Menschen, Pflanzen, Tiere, …). Oder wenn klar würde, dass wir in den nächsten Jahren schlicht ‚zu wenig Energie‘ hätten, und diese dazu noch zu Preisen, die die meisten nicht bezahlen könnten, dann wäre dies genauso verheerend. Usw.

    Also, das gemeinsame Sprechen ‚über die aktuelle Situation‘ wird erst dann fruchtbar werden, wenn sich darin ‚Veränderungen‘ erkennen lassen, und über diese Veränderungen dann ‚mögliche Prognosen für die Zukunft‘ ableitbar sind.

    Was trifft zu?

    Bevor man über eine mögliche Zukunft redet, muss man es erst mal schaffen, sich gemeinsam darüber zu verständigen, wie man dann die ‚gemeinsame Lage‘ sieht. Jeder, der schon mal versucht hat, dies mit anderen zu tun, wird schnell merken, dass dies nicht so einfach ist, wie man sich dies zunächst ausgemalt hat. Unsere natürlich Sprache ist ein wahres ‚Wunderwerkzeug‘, aber man kann mit jedem Werkzeug auch scheitern: man kann z.B. mit einem Hammer ziemlich daneben hauen, mit einem Kugelschreiber unleserlich schreiben, mit einer App ein Chaos anrichten, usw. So können wir mit unserer Sprache anderen ‚wahrheitsgetreu‘ berichten oder sie ‚anlügen‘, ‚Märchen‘ erzählen, einen Krimi schreiben, Gedichte verschenken oder ein Protokoll anfertigen, und vieles mehr. Also, die ‚Worte als solche‘ (die ‚Buchstaben‘ auf dem Papier, der ‚Sprachschall in der Luft‘) sind neutral, aber die ‚Bedeutungen‘, die wir ihnen ‚zuordnen‘, die entsteht in unseren Köpfen, (genauer: in unserem Gehirn), und diese ‚Bedeutungen‘ haben es in sich.

    Jeder kennt das Allerweltsbeispiel dass das Wort ‚Bank‘ eine Gelegenheit meinen kann, sich hinzusetzen, oder etwa Geldgeschäfte abzuwickeln. Weniger offensichtlich sind unterschiedliche Bedeutungen, wenn im Alltag die eine von dem ‚Brief gestern‘ spricht, und unterstellt, dass der andere ja weiß, worum es geht, und der andere an eine ‚Rechnung‘ denkt, die gestern kam, sie aber an den Gruß von Familie Otto. Natürlich könnte man nachfragen „Welchen Brief meinst Du?“, dann würde sich die unterschiedliche ‚Bedeutungszuordnung‘ schnell aufklären, aber wenn jeder meint, ‚es sei doch klar‘ und deswegen nicht nachfragt, ist das spätere Erstaunen vorprogrammiert.

    Noch schwieriger wird es, wenn wir von der ‚Flasche im Kühlschrank‘ sprechen, sich dort aber mindestens zwei Flaschen befinden. Welche von beiden ist gemeint? Im Alltag entscheiden wir solche Situation anhand von ‚wahrnehmbaren Eigenschaften‘ (Farbe, Form, Aufschrift, …). Wenn aber beide Flachen ‚grün‘ sind und dann auch noch die gleiche Form haben …. dann bleibt nur noch das ‚Hinzeigen‘ mit der Botschaft ‚diese da‘. Dieses einfache Beispiel verdeutlicht, dass unsere Alltagssprache durchgehen mit ‚Allgemeinbegriffen‘ arbeitet, die fallweise durch zusätzliche ‚Eigenschaften‘ ’spezialisiert‘ werden. In Grenzfällen bleibt dann aber bisweilen nur das ‚direkte Zeigen’… oder es lässt sich aktuell nicht entscheiden, was ‚gemeint‘ ist.

    Aus diesen einfachen Beispielen kann man aber schon zwei wichtige Grundprinzipien in er Nutzung unserer Alltagssprache herauslesen:

    1. In gemeinsam geteilten Situationen können Gesprächsteilnehmer sich durch Bezug auf die konkreten Eigenschaften einer Situation ‚im Normalfall‘ darüber verständigen, ob die ‚gemeinte Bedeutung‘, die die Teilnehmer mit einem ’sprachlichen Ausdruck‘ verbinden, in der aktuell gegebenen Situation im Rahmen der Alltagswahrnehmung ‚zutreffen‘ oder nicht. Philosophen würden in einer solchen Situation dann vielleicht sogar sagen, dass ein sprachlicher Ausdruck A von den Sprachteilnehmern als ‚wahr‘ bezeichnet wird, wenn jeder für sich zum Urteil kommt, dass die von jedem ‚intendierte Bedeutung B‘ als ‚zutreffend‘ bezeichnet wird. Niemand kann zwar ’sehen‘ welche konkrete Bedeutung B der jeweils andere ‚in seinem Kopf‘ hat, aber er bildet pragmatisch die ‚Deutungshypothese‘, dass der andere wohl die gleiche Bedeutung B ‚im Kopf‘ hat, wie er selbst. Ganz sicher kann er natürlich nicht sein. Folgen weitere Situationen, in denen eine ‚Übereinstimmung‘ durch Bezugnahme auf konkrete Aspekte einer Situation sich ‚wiederholen‘, dann wird sich die Überzeugung bei den meisten verfestigen, dass man das gleiche ‚meine‘.
    2. Fehlt eine gemeinsam geteilte Situation, hat also jeder ’nur‘ seine jeweilige ‚intendierte Bedeutung‘ in seinem Kopf, dann können sprachliche Ausdrücke von einem zum anderen zwar jeweils ‚gelernte Bedeutungen‘ im Kopf der anderen ‚hervorrufen‘, aber keiner der Beteiligten kann zweifelsfrei klären, ob der andere tatsächlich auch die Bedeutung im Kopf hat, wie er/sie/x selbst.

    Die Klärung von ‚gemeinten Bedeutungen‘ in den Köpfen der Beteiligten wird umso schwieriger, je ‚abstrakter‘ die Bedeutung eines Wortes ist. ‚Alltagsnahe‘ Begriffe wie ‚Auto‘, ‚Tasse‘, Tisch‘, Haus‘ usw. lassen sich zwar mit Bezug auf eine konkrete Situation meistens soweit klären, dass ein ‚Zutreffen‘ auf eine reale Gegebenheit ‚entscheidbar‘ ist, aber je abstrakter eine Bedeutung wird (‚Sitzgelegenheiten‘, ‚Fahrzeuge‘, ‚Fortbewegungsmittel‘, ‚Trinkgefäße‘, ‚Behälter‘, …) um so aufwendiger kann ein Verständigungsprozess werden. Solange ein Bezug zu einer konkreten Situation hergestellt werden kann (Behälter –> Flaschen –> Wasserflasche –> Wasserflasche im Kühlschrank …) kann es funktionieren, wenn aber sprachliche Ausdrücke benutzt werden, die ‚vom Alltag weiter entfernt‘ sind (‚Liebe‘, ‚Demokratie‘, ‚Landkreis‘, ‚Bevölkerung‘, ‚Sprache‘, ‚Freiheit‘, …) wird es zunehmen schwieriger, diese in der ‚erfahrbaren Realität‘ zu verankern. Jeder mag sich zwar bei solchen sprachlichen Ausdrücken trotzdem ‚irgend etwas‘ noch ‚für sich vorstellen‘, ob diese eigenen Vorstellungen dann aber mit jenen im Kopf eines anderen Menschen ‚irgend etwas‘ gemeinsam haben, das ist eine offene, meist nur aufwendig entscheidbare Frage.[2]

    Ausgangslage, ‚geerdet‘

    Wenn es eine Gruppe schafft, eine gemeinsame Situation mit Hilfe von normaler Sprache so zu beschreiben, dass alle Beteiligten darin ‚übereinstimmen‘, dass der gemeinsame Text auf die Situation ‚zutrifft‘, dann kann die Gruppe diesen Text als ihre Beschreibung einer ‚Ausgangslage‘ zu einem bestimmten “Zeitpunkt‘ (oder, etwas ungenauer: in einem bestimmten ‚Zeitfenster‘ z.B. 20.8.2022 – 23.8.2022) akzeptieren. Normalerweise bildet solch eine Situationsbeschreibung nur einen Ausschnitt der ganzen Wirklichkeit ab, da man ja nur solche Aspekte beschreiben will, die die Gruppe für ihre Interessen als ‚relevant‘ einstuft. Aufgrund der Übereinkunft, dass der Text der Situationsbeschreibung ‚zutrifft‘, kann man auch etwas ‚blumiger‘ sagen, dass dieser Text ‚geerdet‘ ist; er besitzt eine Verankerung in der gemeinsam erfahrbaren Alltagswelt.[3]

    Veränderungen

    Die Beschreibung eines Augenblicks — oder eines begrenzten Zeitraums — mag im Detail aufschlussreich sein, aber ‚für sich genommen‘ ist jede Momentaufnahme ’statisch‘. Anders gesagt „Es tut sich nichts“. Nur mit Blick auf einen Moment, einen Augenblick, auf ein JETZT, ist unsere Erkenntnis über die uns umgebenden Welt (und wie Menschen gehören dazu) sehr eingeschränkt.

    Spannend wird es erst, wenn wir mehrere Augenblicke beschreiben, die ‚zeitlich‘ aufeinander folgen. Eben war es trocken, jetzt regnet es. Eben führte mein Fußballverein 2:0, jetzt steht es plötzlich 2:2. Noch vor einer Woche war die Wiese grün und saftig, jetzt ist alles gelb, vertrocknet. Vor einem Jahr war der Pegel des Brunnes noch bei Marke -3 m, dieses Jahr ist er plötzlich bei -5 m …. Es sind diese Veränderungen im Alltag, die mögliche Hinweise auf Faktoren liefern können, die auf unsere Situation ‚einwirken‘ und sie ‚verändern‘.[4]

    Allerdings, Veränderungen werden nur dann sichtbar, wenn wir unsere Beschreibungen ‚erden‘, sie möglichst ’nah am beobachtbaren Alltag‘ orientieren. Wenn eine Gruppe schreibt „Am 2.August 2022 ist die Wiese vom Acker Müller in XYZ grün“ mit der Bemerkung, wir haben sie gesehen und fotografiert, und diese Gruppe schreibt zu einem späteren Zeitpunkt „Am 20.August 2022 ist die Wiese vom Acker Müller in XYZ vertrocknet“ ebenfalls mit der Bemerkung, wir haben sie gesehen und fotografiert, dann sind dies nicht nur ‚irgendwie zwei sprachliche Ausdrücke‘, sondern diese sprachlichen Ausdrücke ‚repräsentieren‘ für alle Beteiligten sprachliche Bedeutungen in den Köpfen der Mitglieder der Gruppe, die berichten, dass diese sprachlichen Bedeutungen in ihrer wahrnehmbaren Umgebung zutreffen. Und da die Bedeutung vom Ausdruck am 2.August anders ist als die Bedeutung vom 20.August liegt hier eine Veränderung vor.

    Aufgrund unseres Alltagswissens wissen wir, dass die Pflanzen einer Wiese Wasser benötigen und genau dieses Wasser bei hohen Temperaturen ohne Regen knapp wird; man könnte die Situationsbeschreibung daher beispielsweise auch so erweitern, dass man sagt:

    Situation 1:

    Am 2.August 2022 ist die Wiese vom Acker Müller in XYZ grün.

    Die Sonne scheint mehr als 8 Stunden pro Tag.

    Die Temperaturen liegen über 33 Grad.

    Es regnet nicht.

    Situation 2:

    Seit dem 2.August hat es nicht geregnet.

    Die Temperaturen lagen die ganze Zeit bei über 30 Grad.

    Am 20.August 2022 ist die Wiese vom Acker Müller in XYZ vertrocknet.

    Bei dieser Sachlage gibt es als ‚Neuigkeit‘, dass die Wiese jetzt vertrocknet ist während sonst anderen Faktoren (Temperatur, Regen) ‚gleich‘ geblieben sind.

    Daraus lässt sich auf eine erste einfache Weise die Hypothese formulieren, dass eine grüne Wiese, bei gleichbleibend hohen Temperaturen über 30 Grad und ohne Regen vertrocknet.

    Eine solche einfache Hypothese wird niemanden besonders beeindrucken, aber dieses einfache Beispiel macht dennoch das allgemeine Schema sichtbar, wie wir aufgrund von Veränderungen im Alltag — falls wir sie wahrnehmen! — auf Zusammenhänge aufmerksam werden können, die uns sonst möglicherweise entgehen, und es sind gerade solche Veränderungen, die Hinweise auf solche Faktoren liefern können, die auf eine aktuelle Situation einwirken.

    Erste Prognosen

    Also, eine Beschreibung einer Situation für einen bestimmten Zeitraum zu erstellen, in dem sich — aus Sicht der Beobachter — nichts Nennenswertes verändert hat, die von allen Beteiligten als ‚zutreffend‘ bezeichnet wird, ist nicht selbstverständlich, aber führt uns für das Verstehen einer möglichen Zukunft noch nicht sehr weit.

    Gibt es hingegen mehrere solche ‚zutreffenden‘ Situationsbeschreibung aus verschiedenen — zeitlich aufeinander folgenden — Situationen, und man entdeckt zwischen diesen Beschreibungen ‚Veränderungen‘, dann können diese Veränderungen Anhaltspunkte für Veränderungen in der beobachteten — als real unterstellten — Situation sein.

    Schließt man sich der Sichtweise des späten Karl Popper an (siehe [4.1], [4.2]) und tut das, was eigentlich jeder im Alltag tut, nämlich zu ‚vermuten‘, dass diese beobachteten Veränderungen mögliche ‚Hinweise auf mögliche realen Faktoren‘ sein können, deren reale Wirkungen sich im Format dieser beobachteten Veränderungen manifestieren. Solche Vermutungen kann man dann in Form einer ‚Hypothese‘ formulieren, die dann den Ausgangspunkt für eine ‚Prognose‘ bilden kann.

    Wenn ich — siehe den vorausgehenden Abschnitt — beobachte, dass eine grüne Wiese nach einer bestimmten Zeit ohne Regen und unter hohen Temperaturen verwelkt, gelb wird, abstirbt, dann kann ich per ‚Vermutung‘ [5] einen Zusammenhang herstellen zwischen den Phänomenen ‚Kein Regen‘ und ‚Temperaturen über 30 Grad‘ einerseits und dem Phänomen ‚Wiese verwelkt‘ andererseits. Salopp formuliert: „Wenn eine grüne Wiese über x Tage kein Regen bekommt und über y Tage über 30 Grad Temperatur herrscht, dann wird die Wiese verwelken.“ Verwendet man diese Vermutung dann aktiv als ‚Hypothese‘, dann kann man die ‚Prognose‘ wagen, dass jede grüne Wiese unter den genannten Bedingungen verwelken wird.

    Wenn man dann aufgrund anderer zutreffender Beschreibungen zusätzlich weiß, dass die Temperaturen in einer bestimmten Region über viele Monate sehr hoch sein werden und dass es zusätzlich fast keinen Regen geben wird, dann kann man diese Informationen mit der neuen Hypothese verknüpfen und voraussagen, dass alle grünen Wiesen in der besagten Region verwelken werden. Bauern mit Viehhaltung verlieren dadurch die Möglichkeit, über die Wiesen Futter für den Winter zu gewinnen und zu speichern. Dies vermindert das verfügbare Futter und zwingt den Bauer, stattdessen woanders die entsprechende Menge von Futter zu kaufen (falls es überhaupt genügend gibt!). Dies wiederum erhöht seine ‚Produktionskosten‘ für Milch.

    Man kann erkennen, dass (i) zutreffende Beobachtungen, festgehalten in Texten, dazu (ii) Erkenntnisse von Veränderungen im Beobachtungszeitraum, zu (iii) Vermutungen führen können, die Hypothesen ermöglichen, mit denen man (iv) erste Prognosen wagen kann, die eine erste grobe Orientierung über eine mögliche nahe Zukunft liefern können. Die Frage ist, ob die Bauern der betroffenen Region dann überhaupt so schnell reagieren können.

    Einschätzungen: Wollen wir das?

    Verfügt man über Prognosen, die einen Blick in eine mögliche Zukunft — oder gar in viele alternative mögliche Zukünfte — erlauben, dann können sich alle, die von dieser möglichen Zukunft betroffen sind, darüber Gedanken machen, was sie von dieser sich andeutenden Zukunft halten. Erscheint die sich andeutende Zukunft ‚positiv‘ (in welchem Sinne positiv?) oder ’negativ‘ (in welchem Sinne negativ?)? Alle Betroffenen können sich dann Gedanken machen, ob sie auf diese Perspektive reagieren wollen, und wenn ja: wie. Sich wegducken, nichts tun, kann in vielen Fällen verheerend sein. Wenn sich z.B. anhand der verfügbaren Daten andeutet, dass eine große Stadt in Deutschland (eigentlich nicht nur eine große Stadt) in nur wenigen Jahren (3-5?) 70% (oder gar mehr) weniger Trinkwasser haben wird als 2022, dann würde das auf eine kommende Katastrophe hindeuten.

    Sollten wir etwas tun? Was?

    Schafft es eine Gruppe von Menschen, über erste Beobachtungen, Veränderungsfeststellungen, Hypothesen und Prognosen soweit zu kommen, dass sich bei ihr der Eindruck verfestigt, dass sie als Gruppe etwas tun sollte, dann stellt sich natürlich immer die Frage, was man denn tun sollte und was man denn von dem ‚gesollt Gewollten‘ tatsächlich auch tun kann. Hier einige Ansatzpunkte, an denen man anknüpfen kann/ sollte:

    1. In der Regel stellen sich im Bereich der Berichte oft viele Fragen zu den verfügbaren Beschreibungen. Die Daten von Behörden können ‚fragmentarisch‘ sein, nicht wirklich ‚transparent‘, ‚veraltet‘, oder gar ‚lückenhaft‘. Wichtige unterstützende Gesetze ‚fehlen gänzlich‘ oder passen nicht wirklich zum Problem.
    2. Verfügbare politische Programme oder Planungsdokumente von Landkreisen, Regierungsbezirken, Landesministerien, einschlägigen Behörden fehlen oder sind unvollständig oder bieten keine klaren, belastbaren Prognosen.
    3. Die verschiedenen politischen Ebenen und Behörden können wenig koordiniert sein.
    4. Bekannte Ergebnisse aus den Wissenschaften werden zu wenig berücksichtigt.
    5. Die Bedürfnisse von Bürgern vor Ort finden zu wenig Beachtung.
    6. Wichtige gesellschaftliche Bereiche (Landwirtschaft, Gesundheit, Bildung, Handwerk und Industrie, usw.) werden zu wenig berücksichtigt.
    7. Die Vernetzung der unterschiedlichen Faktoren ist zu wenig erkennbar, wird zu wenig in Rechnung gestellt.

    Vor diesem Hintergrund könnte es sinnvoll sein, die allgemeine Datenbasis durch direkte Interaktion mit den verantwortlichen Stellen zu verbessern; diese dann öffentlich für alle verfügbar zu machen; und über eine bessere Vernetzung der Faktoren und bessere Prognosen für alle Betroffene wichtige Zukunftsszenarien herzustellen, anhand deren alle Betroffenen eine bessere Einschätzung gewinnen können als bisher.

    Alternative Szenarien durchspielen

    Vielleicht erkennt der Leser anhand dieser Überlegungen, dass die Fähigkeit, mit allen relevanten Daten und Faktoren solche Hypothesen/ Prognosen bilden zu können, dass wahrscheinliche Zukunftsszenarien sichtbar werden, der Schlüssel ist für einen verantwortlichen Umgang mit der Zukunft.

    Wer es mit Nachhaltigkeit ernst meint, der wird um die Möglichkeit und Fähigkeit nicht herumkommen, belastbare Zukunftsszenarien hochrechnen zu können. Diese werden aus verschiedenen Gründen niemals eine ‚exakte Voraussage‘ sein können, aber als ‚Hilfsmittel des gemeinsamen Nachdenkens‘ über eine nachhaltige Zukunft sind sie alternativlos.

    So kann eine Bewegung entstehen

    Wenn es einer Gruppe von Menschen — oder vielen, die sich vernetzen — gelingt, öffentlich belastbare Daten und Hypothesen für eine bestimmte Region zusammen zu tragen, so dass jeder nachvollziehen kann, wie diese Daten zustande kommen, so kann dies sehr wohl die ‚Keimzelle‘ für eine Bewegung von Bürgern werden, die zusammen mit anderen ihre Erfahrungen und ihr Wissen für das gemeinsame Ganze einbringen möchten.

    Analog zu Wikipedia, und doch darüber hinausgehend, können Bürger von überall her Wissens-Fragmente als Theorie-Fragmente beisteuern, die sich beliebig simulieren und beliebig zu größeren Fragmenten vereinigen lassen…. und so entsteht oksipedia.org: das Wissen von allen, als ein riesiges Netzwerk von Teil-Theorien, die dann doch als eine Theorie funktionieren können.[6]

    ZUSAMMENFASSUNG

    Skizze des Ablaufmodells von der zutreffenden Beobachtung über Veränderungen, Hypothesen, dann Prognosen zu einem möglichen zukünftigen Szenario. Daran anknüpfend die Frage: wollen wir das? Wenn wir das nicht wollen, dann haben wir hier die Gelegenheit zum zielgerichteten politischen Handeln…

    Am Beispiel grüner Wiesen im Vogelsberg, die nach einer gewissen Zeit verwelken und schließlich verdorren, kann man durchspielen, dass begleitende Faktoren, wie mangelnder Regen und hohe Temperaturen, als Ursachen hypothetisch angenommen werden können. Mit diesen Hypothesen könnte man dann Prognosen wagen, die für alle Bauern mit grünen Wiesen voraussagen, dass und ab wann sie für ihre Tiere Futter hinzukaufen müssten (falls es überhaupt woanders Futter gibt, und zu welchen Preisen?), dazu aufwendig Wasser besorgen müssten (woher?), um die Tiere am Leben zu erhalten. Mit den vertrockneten Wiesen eines Jahres würde ca. 50% des gesamten Futters ausfallen, was dann im Winter fehlt. Wo soll das dann herkommen, und zu welchem Preis?

    Vorwissen

    Beim Durchlaufen des Wissensprozesses von der Beobachtung über Veränderungen zu Hypothesen und Prognosen kann jeder feststellen, dass in allen Phasen das mit hineinspielt, was oft ‚Vorwissen‘ genannt wird: all das, was wir bis zum Beobachtungszeitpunkt und während der Hypothesenbildung schon alles ‚wissen‘. Im Fall des Wassers gibt es z.B, mehr oder weniger klare ‚Vorstellungen‘ darüber, wie das ‚Klima‘ zusammenhängt mit Temperaturen und Niederschlägen, diese wiederum irgendwie mit Oberflächengewässern, Versickerungen im Boden, Grundwasser, Quellen und Brunnen. ‚Irgendwie‘. Dann haben wir Vorstellungen darüber, wie Wälder, Felder, Wiesen, Tiere und Menschen Zugang zu Wasser haben. ‚Irgendwie‘. Dann wissen wir — irgendwie — wie Landwirtschaft Wasser nutzt, die privaten Haushalte, die verschiedenen Gewerbe, die Industrie, hier speziell die Energieerzeuger…. Vorwissen ist im Alltag überlebensnotwendig. Leider kann es auch ‚falsch‘ sein; schwierig wird es, wenn das Vorwissen die Form des ‚Vor-Urteils‘ hat; dann will man in der Regel nicht wirklich wissen, sondern sich vor Wissen ’schützen’…

    Ausgehend von dem vorausgehenden Wiesen-Beispiel: Würde wir aufgrund unseres ‚Vorwissens‘ weitere Faktoren in diese Überlegungen einbeziehen, wie z.B. das Versiegen vieler Quellen und Brunnen im Vogelsberg, die dazu führen, dass die Bauern ihr Vieh nicht mehr normal tränken können, dann müsste man sich zusätzlich fragen, warum z.B. eine Stadt wie Frankfurt durch ihre langjährige Wasserentnahme im Vogelsberg dort das Wasser verschwinden lässt, selbst aber bislang nichts tut, um Wasser zu sparen. In wenigen Jahren wird es auch für Frankfurt kein Trinkwasser mehr geben, und was dann?

    KOMMENTARE

    [1] WISSENSCHAFTSPHILOSOPHIE: Wissenschaftsphilosophisch setzt jede ‚Spezialsprache‘ die normale Sprache als ‚Meta-Sprache‘ voraus. Die scheinbare ‚Beschränkung‘ auf die Normalsprache ist daher nicht wirklich eine Beschränkung. Jede Spezialsprache ist hingegen eine Beschränkung. Wurde eine Spezialsprache als Erweiterung der Normalsprache eingeführt, gehört sie letztlich auch zur Normalsprache. In der Praxis des Sprachgebrauchs behält man aber meistens die Abgrenzung einer Spezialsprache zu allen anderen Sprachen bei.

    [2] FORMALE SPRACHEN: Um den Verwicklungen normal sprachlicher Bedeutungen zu entgehen, begannen die moderne Logik und Mathematik zum Ende des 19.Jahrhunderts — und im Gefolge davon auch wissenschaftliche Disziplinen — sogenannte ‚formale Sprachen‘ zu benutzen. In einer formalen Sprache lassen sich die ‚formalen Ausrücke‘ ‚rein formal‘, ohne Bezug auf eine konkrete Bedeutung, so konstruieren, dass ‚in den meisten Fällen‘ ‚entscheidbar‘ ist, ob der Ausdruck ein ‚zulässiger Ausdruck‘ in der formalen Sprache ist. In komplexen Fällen (die entstehen im Bereich des Formalen sehr schnell), ist dies aber ohne Zuhilfenahme eines Hilfsmittels (z.B. Computer) rein praktisch kaum entscheidbar (bzw. theoretisch sogar teilweise ‚unentscheidbar‘). Möchte man auch im Zusammenhang von formalen Sprachen Bedeutungen verwenden, wie wir sie im Kontext der normalen Sprache kennen, dann müssen solche ‚Bedeutungszuordnungen‘ separat, extra vorgenommen werden. Sieht man von ‚Pseudo-Bedeutungszuordnungen‘ ab, die wiederum aus formalen Konstrukten bestehen, muss eine Bedeutungszuordnung zur ‚realen Alltagswelt‘ mit Hilfe von normaler Sprache in eigenen Prozessen ‚hergestellt‘ werden. Dies ist sehr aufwendig und führt bei ‚anspruchsvollen‘ empirischen Theorien (wie z.B. der Physik) genauso zu Bedeutungsproblemen wie in der Normalsprache.

    [3] MESSEN: Neben den alltäglichen Verfahren, wie man sich darauf einigt, ob eine Aussage in der aktuellen Situation ‚zutrifft‘ oder nicht, gibt es auch solche Verfahren, die wir als ‚Messen‘ kennen. Für diese Messverfahren hat man besondere Vereinbarungen getroffen. Sei X die Sache/ Eigenschaft, die ‚gemessen‘ werden soll, dann braucht man beim offiziellen Messen eine ’speziell vereinbarten Referenzsachverhalt‘ Y, so dass man X mit Y ‚vergleichen‘ kann. Zusätzlich ist festgelegt, wie man die Vergleichsoperation konkret vornehmen muss. Bekannt sind z.B. das Längenmaß ‚Meter [m]‘ (X ist 3 m lang), das ‚Kilogramm [kg]‘ (X wiegt 3.3 kg), usw. Diese vereinbarten Maße sind mittlerweile weltweit vereinbart. In jedem Land gibt es dazu eine Behörde, die über die Korrektheit der Referenzsachverhalte wacht. In Deutschland ist dies die Physikalisch-Technische Bundesanstalt: https://www.ptb.de/cms/ .

    [4] Der Rückschluss von einzelnen Ereignissen auf eine ‚verborgene Gruppe von wirkenden Faktoren‘ wird ausdrücklich in einigen Arbeiten des späten Karl Popper diskutiert. Siehe [4.1], [4.2]

    [4.1] Gerd Doeben-Henisch, 2022, „(SPÄTER) POPPER – WISSENSCHAFT – PHILOSOPHIE – OKSIMO-DISKURSRAUM„, , URL: https://www.cognitiveagent.org/2022/02/22/popper-wissenschaft-philosophie-oksimo-paradigma/

    [4.2] Gerd Doeben-Henisch, 2022, „POPPER: FRÜH – MITTEL – SPÄT. Empirische Theorie„, URL: https://www.cognitiveagent.org/2022/03/13/popper-frueh-mittel-spaet-empirische-theorie/

    [5] VERMUTUNGEN erscheinen hier als ‚kreative Akte‘ unseres Denkens, das im Gehirn stattfindet. Kreative Akte sind schwer planbar, kaum voraussagbar, aber sie bilden den Ausgangspunkt für mögliche wichtige neue Erkenntnisse.

    [6] VISION: Unter der Rubrik ‚Vision‘ gibt es eine erste Beschreibung einer oksipedia.org-Vision; dies ist sicher noch nicht die letzte Version. Möglicherweise muss der ‚Entwicklungsprozess‘ von oksimo.org noch eine Weile voranschreiten, bis die Vision hinrechend greifbar wird.

    WASSERPROJEKT – TAGEBUCH: KONFERENZ 15.AUG 2022

    (Letzte Änderung: 18.August 2022, 22:53h)

    Kontext

    Dieser Bericht ist Teil des Tagebuchs vom Wasser-Projekt.

    SITZUNG 15.August 2022, 19:00 – 21:00

    AUFGABENSTELLUNG

    Nach zwei ideenreichen Sitzungen sollte jetzt zum ersten Mal das Beispiel einer echten — wenngleich noch sehr einfachen — Theorie vorgestellt werden, damit jeder mal ein Gefühl dafür entwickeln kann, was das genau ist eine ‚Theorie, die zusätzlich von der oksimoR Software‘ unterstützt wird; außerdem sollte dabei geklärt werden, ob und wieweit sich damit Probleme im Umfeld des Wasserprojektes überhaupt oder gar ‚besser‘ behandeln lassen als ohne.

    VORFELDGEFLÜSTER

    Nach den ersten beiden Sitzungen war die Stimmung leicht ‚angespannt‘, da sowohl durch die Teamgespräche wie aber auch durch die dynamisch wachsende Link-Liste langsam sichtbar wurde, welch große Vielfalt an Informationen zum Thema im öffentlichen Raum verfügbar ist, und diese Liste ist ja sogar nur einen winzigen Ausschnitt von noch viel mehr.

    Die Reaktionen aus dem Team waren unterschiedlich. Die ‚Unübersichtlichkeit‘ dieser vielen Informationen, ihre nicht zu übersehende ‚Inkompatibilität‘ untereinander, kann erschreckend wirken (in Abwandlung eines Filmtitels: ‚Lost in Information‘ (Sven)). Dass aber genau diese Komplexität die große Herausforderung sei und unser Ansatz mit oksimoR inspirierten Theorien vielleicht der Beginn einer eine Lösung sein könnte, stand auch im Raum (Hans-Jürgen). Andere sahen in dem verstärkten Theoretisieren eher keinen Beitrag zu Praxis (Arnulf). Aber tatsächlich ist ja die klare Orientierung an einem starken Theoriebegriff, der sich mittels Software von jedem anwenden lässt, quasi der ‚Markenkern‘ des ‚Bürgerwissenschaft 2.0-Projektes‘ (Gerd). Was stimmt jetzt?

    GESPRÄCHSVERLAUF

    Generell kann wohl sagen, dass dieser Abend in der jungen Geschichte des Bürgerwissenschaft 2.0 Projektes irgendwie ‚historisch‘ war. Zum ersten Mal wurde in einem öffentlichen Gespräch der Theoriebegriff mittels eines ein fachen Beispiels ins Zentrum des Gesprächs gerückt. Wer es genau wissen will, der muss sich halt Zeit nehmen, und die Mitschnitte zur Gänze anhören.

    Grob ging es erst um die Ausgangslage für diesen Abend (Einleitung), dann sehr lange und ausführlich, was man sich denn unter einer Theorie überhaupt vorstellen sollte, und dann abschließend zu der nicht ganz trivialen Frage, wie man eine bestehende Theorie auf Dauer konstruktiv erweitern kann.

    Als Ergebnis dieses langen konstruktiven Gesprächs wird es eine Überarbeitung des ersten kleinen Beispiels der Version V1 bis zum 5.September 2022 als Version 1.1 geben.

    Unabhängig von den Theoriebeispielen V1 und V1.1 hat Gerd mittlerweile in seinem Philosophieblog einen längeren Beitrag veröffentlicht, in dem am Beispiel einer Konferenz im INM illustriert wird, wie man eine Prozessbeschreibung als empirische Theorie erstellen kann, die nur mit normaler Sprache auskommt, und die auch durch die oksimoR Software simuliert werden kann. Vielleicht hilft dieses Beispiel wegen seiner ganz anderen Sicht auch zum Verstehen.

    VIDEOMITSCHNITT DES ABENDS

    Da der Videomitschnitt sehr lang ist, wird das Video entlang der behandelten Themen in — unterschiedlich — lange Teile aufgeteilt. Vom ursprünglichen Material wurden nur kleine Ausschnitte herausgeschnitten, die technisch bedingte Längen beinhaltete, oder das Hinzukommen oder das sich Verabschieden einzelner Teilnehmer.

    Einleitung

    Teil 1: Einleitung zur Sitzung

    Hier stichwortartig Hinweise zum Inhalt:

    1. Begrüßung
    2. Einführung
    3. Bezugnahme auf Ankündigungsemail
    4. Viele Anwendungen – eine neue Methode zum Integrieren
    5. Raum der öffentlichen Informationen eher verwirrend
    6. Gibt es eine einzige integrierende Methode?
    7. Theoretischer Anspruch
    8. Macht der Ansatz Sinn?
    9. Dazu soll ein einfaches Beispiel einer oksimo-Theorie zur Einschätzung vorgestellt werden
    10. Offene Aussprache dazu.
    11. Beginn mit dem Betreten der oksimo.org Seite
    12. … Liste von Theorien …
    13. Aktuell eine einzige
    14. Was im Vorfeld der Theorie die Tage so diskutiert wurde
    15. Theorieentwicklung muss man als einen Prozess sehen: Anfangshypothese – Gewinnen von Fakten – Revision
    16. Jederzeit sind Änderungen und/oder Erweiterungen möglich
    17. Theorie & Praxis: Idealerweise beides zusammen

    Was ist eine Theorie?

    Teil 2: Gespräch zum Theoriebegriff am Beispiel von Version 1.

    Hier stichwortartig Hinweise zum Inhalt:

    1. Die Anfangshypothese – möglichst einfach
    2. Alles benennen, was den Experten wichtig ist. (Aussagen aus Beispiel werden zitiert).
    3. Aussagen mit ausgezeichneten Worten: das sind Variablen, die später mit Zahlen belegt werden können.
    4. Im Beispiel werden echte Zahlen aus offiziellen Statistiken genommen.
    5. Man kann beliebig vieles dazu schreiben.
    6. Diese vorgestellte Auswahl bildet eine Auswahl von allen bisher genannten Punkten, um einen einfachen Einstieg zu bekommen.
    7. Zeithorizonte klären. Zeitbezug unklar?
    8. Muss im Text gesetzt werden.
    9. Direkte und abgeleitete Werte; letztere ergeben sich aus einer Rechnung.
    10. Die gewählten Fakten müssen nicht unbedingt alle voneinander abhängen; kann später erweitert werden.
    11. Wie präzise sollte man formulieren – Genauigkeit – Zeitraum
    12. Klären, welche Punkte weiter präzisiert werden müssen; die Autoren entscheiden letztlich, was sie wollen.
    13. Es werden Details von angenommenen Werten diskutiert.
    14. Start-Konfiguration ein Beginn, muss dann im Verlauf präzisiert und erweitert werden.
    15. (Hugo) Theoriebegriff, hier Beispiel ‚Wassertheorie‘.
    16. Beispiel Freud – Annahmen – Hypothesen – Thesen
    17. Wassertheorie – Welche Ausgangshypothese?
    18. Anderes Beispiel: Darwin Evolutionstheorie, Entstehung des Menschen,
    19. Theorie: Mensch kommt nicht von Gott, Adam und Eva, sondern Entwicklungsprozess
    20. Darwin: Evolutionstheorie, Formen, Veränderungen in der Zeit, Folgen von Zuständen, Veränderungen = Regeln,
    21. Hugo: Mensch nicht Produkt Gottes, es geht zurück auf einen Prozess der Veränderungen
    22. Gerd WissPhilosoph
    23. Kern einer Theorie hat immer Annahmen über das, was zutrifft + Regeln zur Veränderung, Gravitationstheorie, Fallgesetz, Veränderungen in der Zeit
    24. Bei uns Aktion = Annahmen zur Veränderung
    25. Bevölkerung, Zuwachsraten
    26. Theorie: Annahmen und Veränderungen und Folgerungsbegriff
    27. Mensch ärgere Dich nicht: Regeln und Wissen, wie die Regeln anwenden auf einen Zustand
    28. Hugo: Erhobene Fakten für ihn keine Annahmen
    29. Annahmen als Hypothesen überprüfen
    30. Manfred: gleiche Probleme
    31. Theorie kein genormter Begriff
    32. Unser Beispiel: die Einheit von allem zusammen die Theorie
    33. Theoriebegriff aus vielen Publikationen gemittelt
    34. Hugo: Fakten keine Annahmen, sondern eher Veränderungsannahmen
    35. Annahme Hugo = Veränderungsregel in oksimo
    36. Formale Theorien ohne Empirie, mit Empirie
    37. Logiker: Menge von wahren Aussagen + Regeln zur Veränderungen ergeben Schlüsse
    38. Physiker: Deutung von Aussagen zur Empirie
    39. Faktenaussagen als ‚wahr‘ sind Annahmen über Zutreffen.
    40. Gesellschaftlich akzeptierte ‚Fakten‘ …
    41. Manfred: Alles, was man sagt sollte verifizierbar/ objektivierbar sein.
    42. Annehmen, dass es zutrifft als ‚wahr‘, von jedem
    43. Alle können mitmachen, aber einigen als ‚zutreffen‘, das gilt als Annahme, dass es so ist.
    44. Einwohnerzahl = Wie kommt die Zahl zustande? Welches Verfahren?
    45. Hinter den Zahlen Bezeichnungen der Methoden der Wertgewinnung
    46. Fakten = Ergebnis eines ‚Einigungsprozesses (kann Schätzungen beinhalten)!!
    47. Verifizierte Annahmen
    48. Aktion = Veränderungsregeln
    49. Voraussetzung der Anwendung!
    50. IST Zustand <—> Bedingung für Aktion
    51. IST-Zustand von einem Zeitpunkt kann zu einem anderen Zeitpunkt verändert sein!
    52. z.B. kann der MKK mit einem anderen zusammen gelegt werden — dadurch können Bedingungen für Regeln nicht mehr zutreffen
    53. Bedingungen Math
    54. Effekt plus und minus: neue Aussagen, weniger Aussagen
    55. Möglichkeit von Variablen: Feste Werte und Zuweisung von Werten im Verlauf
    56. Effekte Math:
    57. Periodische Ereignisse
    58. Zeitgebundene Ereignisse : speziell erfassen
    59. Zeit – Perioden: selber definieren (Jahr, Spiel, Produktion )
    60. 129 Liter Durchschnittswert, eher konstant, kann regional anders sein
    61. Immer wieder neu definieren in bestimmten Zeiträumen
    62. Maßnahmen zum Wasser sparen –> Aktionen –> Absenken des Verbrauchs würde verändern
    63. Veränderungsregeln sind nicht ‚global immer‘, sondern nur unter Voraussetzungen.
    64. Wechselwirkungen zwischen Regeln (Wasserverbrauch – Maßnahmen)
    65. Kaskadenwirkung von Regeln
    66. Bewässern von Grünflächen — Verbrauch steigt, Klima wird besser
    67. Durch die Regeln eine Methode, um Prozesse sichtbar zu machen.
    68. Manfred: ZIEL. Was ist das?
    69. Gerd: Siehe Diagramm
    70. ZIEL: Zeitpunkt, Wert, Methode in der Zukunft
    71. Ja, aktuell ist die Formulierung des Ziels irreführend!
    72. SIMULATION: Kurven zeigen nur Zahlen, Protokoll zeigt auch die gesamte Situation
    73. Veränderungsregeln: Wo kommt dieses Wissen her? Erfahrung, Vermutungen, Meinungen, Experimente …

    Wie kann eine verteilte Gruppe eine Theorie erweitern?

    Teil 3: Gespräch zur Frage, wie man eine gegebene Theorie konstruktiv erweitern kann, gerade auch dann, wenn die Zahl der Mitwirkenden einmal sehr groß sein sollte.

    Hier wieder nur Stichworte aus dem Gespräch. Wer es genauer, vielfältiger, umfassender wissen will, muss sich das Video anschauen.

    1. Meinungsfindung in heterogene Gruppen
    2. Wie kommt man zu Informationen?
    3. Wie gehen diese in eine Theorie ein
    4. Beispiel Wasserverordnung und Vorgärten; noch relativ neu.
    5. Wie kommen diese Informationen in eine oksimo-Theorie, dazu in Alltagssprache
    6. Jemand will seine Informationen mit einbringen
    7. Wie sollte dieser Vorgang aussehen.
    8. (i) Normalen Text schreiben, an Gerd schicken, fügt dies ein
    9. (ii) Jeder wird user und kann es selber eingeben und testen
    10. Diesen Vorgang mal live testen; noch nicht klar, wie man es eingeben müsste.
    11. Einfache Informationen eingeben; kann für später helfen (vielleicht eine Art ‚Warteliste für Ideen‘)
    12. Für manche eine neue Information.
    13. Schon bislang ganz viele Daten.
    14. Protokolle: Wust von Datenblöcken, wie Dinge ordnen, gewichten?
    15. Kenntlich machen, was schon verarbeitet wurde, von wem.
    16. Beispiel Excel – einfach nicht ausdrückbar.
    17. Mehrdimensionale Datenbank mit Datenbank-Experten – zu aufwendig
    18. Version L2: Jeder kann seine Daten mit einem anderen teilen. Diese wird dem anderen angezeigt. Basis: Jeder hat seinen Simulationsraum.
    19. Version L3: neue Form des Teamworks überlegen?
    20. Jetzt: eine zentrale Stelle, die eingibt, die anderen liefern zu
    21. Jetzt: jeder liefert etwas ab, und beim nächsten Mal gemeinsam darüber sprechen.
    22. Nach welchen Regeln soll man etwas abgeben: Bsp Manfred: Sonnenblume blüht 20 Tage im Jahr
    23. Normalerweise gibt es ein Ziel.
    24. Wer entscheidet, was wichtig ist?
    25. Frage nach der ‚Relevanz‘ für eine Theorie?
    26. Annahme Team: Haben wir als Team ein Ziel? Welche Ideen lassen sich dem Ziel zuordnen? Bsp. Wasserverbrauch: was erhöht den Verbrauch? Was vermindert den Verbrauch?
    27. Wir entscheiden selber.
    28. Gemeinsamer Datentopf – Warteschlange … Brainstorming
    29. Bsp: Bei Zielkonflikten müssen diese geklärt werden. Wie?
    30. Aktuell kaum Infos zu absoluten Grenzen, wie viel Wasser es tatsächlich gibt
    31. Sammeln von Faktoren die mindern oder vergrößern.
    32. Verknüpfen von mehreren Theorien (Zielen?)
    33. Eingaben von allen ausfiltern?
    34. Diversity: alles annehmen
    35. Beiträge nehmen und durch Simulation klären?
    36. Nach jeder Eingabe eine neue Simulation?
    37. Wenn pro Tag viele hundert oder tausend neue Informationen: wie dann auswerten?
    38. KI als Auswertungshilfe?
    39. Einstellen ja, dann aber benutzen ja oder nein. Sammeln noch wertfrei, ändert noch nichts.
    40. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kann man nicht sicher sagen, wie es sich im Gesamt auswirkt. Sinnhaftigkeit vielleicht später.
    41. Alle denkbaren Kombinationen: Rechenaufwand?
    42. … viele tausend Regeln … zu groß die Aufgabe? Für eine Cray, nicht aber für uns 🙂
    43. oksimo hat ein Ziel: ist ein Benchmark, wirkt jede Runde. (außerdem werden ja nicht alle Regeln zugleich angewendet).
    44. Rudolf … iwrm := Integrated Water Ressource Management
    45. Welche Maßnahmen gibt es? Welche Auswirkungen?
    46. Problem der Zustimmung von Maßnahmen: Wann gibt es Zustimmung?
    47. Wie quantifiziert man Zustimmung?
    48. In der Alltagspolitik kommt es vor…
    49. Im Alltag: Frage nach Beschaffenheit/ Verteilung von Eigenschaften (Gärten und ihre Beschaffenheit)
    50. Interaktive Map von Hugo für solche Sachen.
    51. Hugo musste aufhören.
    52. Hauptherausforderung: überhaupt Eingaben zu haben, dann ausprobieren.
    53. Was ist bei Konflikten?
    54. Einschätzungen der Wirkungen, auch untereinander.
    55. Wenn ganz viele gleichzeitig kommen, was dann?
    56. Kontrollierte Einführung von Erweiterungen.
    57. Release- und Revisionsmanagement
    58. Veränderungen müssen nachvollziehbar sein.
    59. Die Wirkung von Erweiterungen können auch erst langfristig wirken.

    Aufgaben für nächste Sitzung am 5.September 2022

    Jeder sendet ein paar Gedanken, die er für eine Erweiterung interessant findet. In der Sitzung gemeinsam klären, wie man diese als Erweiterungen in die bis dahin vorliegende Theorie einbaut.

    Hier geht es zur Theorie Version 1.1.

    Oksimo Meets Hobbes

    OKSIMO – UNIVERSELLE PROZESS PLANUNG
    Veröffentlicht: 04. Juli 2022 – 04. Juli 2022
    Email: info@oksimo.org

    Autor: Philipp Westermeier

    Thomas Hobbes wurde 1588 geboren und veröffentlichte in einer Zeit, in welcher das krisengebeutelte England vor einem Bürgerkrieg stand seinen berühmten Leviathan. In diesem Blog wird sich mit Hobbes vier Jahre später erschienenen Schrift „De corpore“ auseinander gesetzt. Es werden die einzelnen Abschnitte (zusammengefasst) dargestellt und Kapitelweise besprochen.

    De Corpore, 1655

    Teil 1 – Logik

    Kapitel 1 – Von der Philosophie (S. 5-13)

    1 – Eingangs beschrieb Hobbes den Zustand der Philosophie seiner Zeit, die er von der „natürliche[n] Vernunft, jedem Menschen eingeboren“ unterscheidet. Der Unterschiede bestehe darin, dass „jeder einzelne […] bis zu irgendeinem Ziele und in irgendwelchen Dingen Erwägungen an[stelle]; sobald es aber einer langen Kette von Vernunftgründen bedarf, entgleisen die meisten oder schweifen ab, weil die richtige Methode“ fehle. Zwar sei „derjenige Teil der Philosophie, der von den Größen und Figuren handelt, vortrefflich ausgebildet“, doch bei anderen Teilen der Disziplin sah er sich in der Pflicht, „die wenigen ersten Elemente der gesamten Philosophie […] zu entwickeln.

    2 – Hobbes definierte: „Philosophie ist die rationelle Erkenntnis der Wirkungen oder Erscheinungen aus ihren bekannten Ursachen oder erzeugenden Gründen und umgekehrt der möglichen erzeugenden Gründe aus den bekannten Wirkungen“. Jedoch seien (1) „Sinneswahrnemung und Gedächtnis […] [die] nicht durch rationelles Schließen erworben“ wurden und (2) „Erfahrung“, also der „praktische[] Verstand“ keine Philosophie. Rationelle Erkenntnis sei Berechnung, und gehe „auf zwei Geistesoperationen zurück: Addition und Subtraktion“.

    3 – Hobbes beschrieb, dass sich Körper nach ihrem Erkennen nacheinander im Geist durch Operationen aus ihren darin erkannten Eigenschaften zusammensetzen und schrieb schließend:
    „Man darf also nicht meinen, daß das eigentliche Rechnen nur bei Zahlen stattfindet, als ob der Mensch von den übrigen Lebewesen (wie nach den Berichten Pythagoras angenommen hat) allein durch die Fähigkeit des Zählens unterschieden wäre; denn auch Größen, Körper, Bewegungen, Zeiten, Qualitäten, Handlungen, Begriffe, Verhältnisse, Sätze und Worte (worin jegliche Art Philosophie enthalten ist) können addiert und subtrahiert werden. Wenn wir aber hinzufügen oder wegnehmen, d.h. aufeinander beziehen, so nennen wir dies »denken«, griechisch logizesthai, das also berechnen oder rationell erkennen bedeutet.“

    4 – „Wirkungen und Erscheinungen sind Fähigkeiten oder Vermögen der Körper, durch die wir sie voneinander unterscheiden, d.h. erkennen, daß der eine dem andern gleich oder ungleich, ähnlich oder unähnlich ist; […] [d]aher ist jene Bewegungsfähigkeit, die den Lebewesen eigentümlich ist, die Eigenschaft, durch die wir ihn von anderen Körpern unterscheiden.“

    5 – Die Methode, „[w]ie die Erkenntnis der Wirkung aus der Erkenntnis des erzeugenden Grundes gewonnen werden kann“ läge darin, seine Eigenschaften zu erkennen. Am Beispiel eines Kreises zeigt er, wenn Punkt und Eigenschaften des Kreises (konstanter Radius) gegeben seien, wird aus diesem ‚automatisch‘ ein Kreis ‚zusammengesetzt‘.

    6 – „Die größte Bedeutung der Philosophie liegt nun darin, daß wir die vorausgeschauten Wirkungen zu unserm Vorteil nutzen und auf Grund unserer Erkenntnis nach Maß unserer Kräfte und unserer Tüchtigkeit absichtlich zur Förderung des menschlichen Lebens herbeiführen können. Denn die bloße Überwindung von Schwierigkeiten oder Entdeckungen verborgener Wahrheiten sind nicht so großer Mühe, wie sie für die Philosophie aufzuwenden ist, wert; und vollends brauchte niemand seine Weisheit anderen mitzuteilen, wofern er damit weiter nichts zu erreichen hofft. Wissenschaft dient nur der Macht! Die Theorie (die in der Geometrie der Weg der Forschung ist) dient nur der Konstruktion! Und alle Spekulation geht am Ende auf eine Handlung oder Leistung aus.“

    7 – Den Nutzen der Philosophie sah Hobbes vor allem in der „mögliche[n] Förderung des menschlichen Geschlechts durch sie […] und [in der] Lebensweise derer, die ihrer sich erfreuen“. Technischer Fortschitt und in dessen Konsequenz ein erhöhter Lebensstandard lassen den Nutzen der Philosophie erkennen, derjenige der „Moralphilosophie und Gesellschaftslehre läßt sich nicht sowohl aus den Vorteilen, die wir durch sie, als vielmehr aus den Nachteilen, die wir durch ihre Unkenntnis haben, abschätzen“. Den Nachteilen des Technischen Forschritts, deren „Wurzel aller Nachteile und allen Unglücks der Krieg sei, da „aus ihm […] Mord, Verwüstung und Mangel an allen Dingen“ entspränge, könnte durch „die wahren Gesetze des bürgerlichen Lebens“, deren Erkenntnis die Moralphilosophie sei, vorschub geleistet werden. Da diesen einschlägigen Philosophen jedoch „genaue und feste Angaben der Grundsätze“ jener Philosophie fehlten, sei es bis zu deren Ergründung „unnütz, in Einzelfällen zu gebieten und verbieten“.

    8 – Aus dem im zweiten Abschnitt definierten Philosophiebegriff leitete Hobbes ab: „Der Gegenstand oder die Materie der Philosophie, die sie behandelt, ist jeglicher Körper, dessen Erzeugung wir begrifflich erfassen und den wir mit Rücksicht hierauf mit andern Körpern vergleichen können; oder auch, bei dem Zusammensetzung und Auflösung statt hat; d.h. jeder Körper, von dessen Erzeugung und Eigenschaften wir Kenntnis haben.“
    Wozu die Philosophie also nichts sagen könne seien „Attribute[] Gottes, des Ewigen, Unerschaffenen, nicht zu Erfassenden, in welchem nichts zusammengesetzt, nichts geteilt und nichts von Entstehung erkannt werden kann“, schließe „all[] jene[] Dinge[] aus, die man weder für Körper noch für Affektionen von Körpern hält; weil es auch bei ihnen keine Zusammensetzung oder Teilung, ebensowenig wie ein Mehr so ein Weniger, d.h. wissenschaftliche Berechnung gibt“, „schließt weiter die Geschichte sowohl der Natur als auch der Politik aus“, da sie sich „nicht auf wissenschaftliche Berechnung […] gründet“ sowie „ferner jegliches Wissen […], das aus göttlicher Eingebung oder Offenbarung stammt“. „Sie schließt ferner nicht nur jede falsche, sondern auch jede nicht gut begründete Lehre aus; denn was durch richtiges Schließen erkannt ist, kann weder falsch noch zweifelhaft sein; daher scheiden auch die Astrologie, wie sie heutzutage im Schwange ist, und ähnliche prophetische Künste aus.“

    9 – Für Hobbes war klar: „Die Philosophie zerfällt in zwei Hauptteile[,] […] in „die Natur- und die Staatsphilosophie“. mit jeweils zwei „zwei Abteilungen“. Die Naturphilosophie umfasse „die Dinge, die, weil Werk der Natur selbst, als natürlich bezeichnet werden; die andere die Dinge, die durch menschlichen Willen, durch Abkommen und Verträge der Menschen zustande gekommen sind“ sei Aufgabe der Staatsphilosophie, gegliedert in die, „die von den Anlagen und den Sitten handelt, als Ethik, die andere, die auf Erkenntnis der bürgerlichen Pflichten geht, als Politik oder einfach als Philosophie vom Staate“.

    10 – Das Kapitel abschließend schrieb Hobbes; „daß ich hier nur die Grundlagen derjenigen Wissenschaft darbieten werde, welche aus den erzeugenden Ursachen die Wirkungen oder umgekehrt aus den erkannten Wirkungen die erzeugenden Ursachen eines Dinges erforschen will. Darum mögen diejenigen, die nach anderer Philosophie verlangen, sich mahnen lassen, sie anderswoher zu holen.“

    Was heißt das für Oksimo?

    Vieles hier dargestellte scheint erst mal nichts mit Oksimo zu tun zu haben. Jedoch trügt der Schein. Mithilfe Oksimos, wie auch mithilfe eines modernen Staats, kooperieren Menschen. In beiden Fällen ist die philosophische Methode des rationalen schließens erforderlich. In der historischen Entwicklung war es das rationale Schließen, welches Menschen überhaupt ermöglichte, gültige Verträge (Wenn-Dann) zu verfassen und einzuhalten (oder auch zu bewusst zu brechen). Diese Methode passt fast deckungsgleich auf die Funktionsweise Oksimos:
    Es werden Zustände beschrieben (‚Körper generiert‘) und dann aufgrund von ‚Eigenschaften‘ (‚Gerd ist hungrig‘-> ‚hunger‘ -> Gerd geht zur Kantine‘) Zustandsabfolgen generiert, die hinzukommen oder abgezogen werden können. Die Methode Oksimo ist das, was die Philosoph:innen bisher nur durch hartes und aufwändiges Training erreichten: stringentes Folgern.
    Oksimo ermöglicht nun, dass nicht nur Zahlen oder Variablen Bestandteil mathematischer Operationen sein können, sondern auch Aussagesätze (‚Gerd ist hungrig‘, ‚Philipp ist hungrig‘, ‚Athene ist hungrig‘ -> ‚hunger‘-> ‚Gerd, Philipp, Athene gehen zur Kantine‘). Oksimo ermöglicht es nun also, komplexe gedankliche Zusammenhänge wie Nachhaltigkeit, Klimakatastrophe oder soziale Ungleichheit wie mathematische Probleme zu behandeln.

    Quellen
    1 https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hobbes
    2 http://www.zeno.org/Philosophie/M/Hobbes,+Thomas/Grundz%C3%BCge+der+Philosophie/Lehre+vom+K%C3%B6rper/1.+Teil.+Logik/1.+Von+der+Philosophie

    OKSIMO und THEORIEBILDUNG – Einführung

    OKSIMO – UNIVERSELLE PROZESS PLANUNG
    Veröffentlicht: 8.Sept. 2021 – 9.Sept. 2021
    Email: info@oksimo.org

    Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

    KONTEXT

    Dieser Text ist Teil des Themenfeldes Oksimo und Theoriebildung des oksimo.org Blogs. In diesem Post wird das Thema anhand eines einfachen Beispiels illustriert.

    OKSIMO und THEORIEBILDUNG – Vorbemerkung

    Wie in einem anderen Post schon dargelegt wurde, entspricht jede Simulation in oksimo einer vollständigen Theorie, allerdings mit interessanten Besonderheiten.

    Das Hauptproblem des Themas ‚wissenschaftliche empirische Theorie‚ besteht darin, dass es hierzu sehr viele Stimmen gibt, aber bis heute gibt es dennoch nicht die eine klare, von allen akzeptierte Auffassung, was eine wissenschaftliche Theorie ist. Eine kleine Auswahl von Büchern aus dem Themenspektrum findet sich hier: [1]- [5], [6] – [8], [9] – [12a,b], [14], [15]. Ein wichtiges Teilthema des übergreifenden Themas ‚wissenschaftliche empirische Theorie‘ ist das Thema ‚Logik‚. Das Thema Logik umfasst eine Geschichte von mehr als 2500 Jahren. Entsprechend umfangreich ist die Literatur. [16] ist eine — von vielen — Darstellungen zur Geschichte und [17] – [19] sind drei von sehr vielen Darstellungen zu den neueren Kernkonzepten von Aussagen- und Prädikatenlogik. Durch die modernen metatheoretischen Entwicklungen zum Folgerungsbegriff gibt es mittlerweile im Prinzip nahezu unendliche viele Logiken, von denen aber nur wenige wirklich im Gebrauch sind.

    Als Wissenschaftsphilosoph und Forscher in einer Person muss man sich daher in dieser Vielfalt seine eigene Meinung bilden, die sich im Alltag bewähren muss.

    Im Denkansatz, der diesem Post zugrunde liegt, gehen daher sehr viele Strömungen ein, die eine klare Zuordnung zu einem bestimmten Ansatz nicht erlauben.

    Was in diesem Post — hoffentlich — deutlich werden wird, ist dass das oksimo Paradigma einerseits mit dem Standardkonzept von Logik radikal bricht, dass aber dann doch — durch die ‚Hintertür‘ der ’normalen Sprache‘ und der alltäglichen sprachlichen Bedeutung — die Grundkonzepte der Logik dennoch verfügbar sind. Eine vollständige Erfassung der ‚oksimo Logik‘ ist aber noch nicht geleistet. Aktuell sieht es so aus, als ob nicht nur alles möglich ist, was in den bekannten Konzepten möglich ist, sondern noch erheblich mehr.

    Einfache empirische Theorie – Grundannahmen

    Trotz der Vielfalt der Anschauungen zu dem, was eine empirische Theorie ist, gibt es einige Kernkonzepte, die die meisten Anschauungen teilen, wenngleich unterschiedlich in den Details und Gewichtungen, da die Voraussetzungen unterschiedlich sind.

    In diesem Post werden die Kernkonzepte im Kontext der vorausgesetzten Annahmen angegeben, in der Hoffnung, dass dadurch der ganze begriffliche Rahmen transparenter wird.

    BILD 1: Annahmen zu impliziten Strukturen der symbolischen Kommunikation zwischen menschlichen Akteuren.

    Von den vielfältigen Erscheinungsweisen zwischenmenschlicher Kommunikation werden hier nur drei Arten berücksichtigt, die im Kontext durchgängig vorkommen: externe Bildersprachen (Diagramme, Zeichnungen, Fotos, Videos, …), externe normale Sprachen sowie externe formale Sprachen. Von diesen drei Formen wird die normale Sprache als Normalfall angesehen und die beiden anderen Formen als Erweiterungen.

    Externe Ausdrücke einer Sprache — egal ob Bild, normal oder formal — sind für sich genommen ohne jede Bedeutung. Erst durch eine aktive Korrespondenz zwischen externen Ereignissen und internen Symbolstrukturen können die externen Ausdrücke mit unterschiedlichen internen Wissensstrukturen und Wissensprozessen in Beziehung gesetzt werden. Ob dies tatsächlich geschieht und wie , dies hängt davon ab, (i) ob der betreffende Sprecher-Hörer die zugehörige Sprache gelernt hat, und wie er sie gelernt hat, und (ii) in welchem Kontext sich der Sprecher-Hörer gerade befindet. Dazu gehört fundamental eine Bedeutungsbeziehung μ, durch die eine Zuordnung zwischen Wissenselementen [C] und symbolischen Elementen [S] vorgenommen werden kann.[*] Mit S ⊆ C soll dann gelten: μ : S <—> C .

    Ferner ist davon auszugehen, dass interne Strukturen und Prozesse überwiegend (mehr als 99%) unbewusst sind.

    Einfache empirische Theorie – Intern und Extern

    Nach diesen Vorüberlegungen ist vielleicht nachvollziehbar, dass die drei ‚Erscheinungsweisen‘ (Normalsprache, Bildsprache, Formale Sprache) wissenschaftlicher Rede grundsätzlich nur funktionieren können, wenn alle Beteiligten die jeweiligen Ausdrucksmengen durch gelernte Bedeutungsbeziehungen [μ] und gelernte Zuordnungsbeziehungen [τ] in hinreichend gleicher Weise verwenden. Und bei diesen zu unterstellenden Lernprozessen wird durchgehend gefordert werden müssen — wenn es um Fachsprachen im engeren Sinne gehen soll — dass die Verwendungssituationen, in denen die Bedeutung grundlegende trainiert wird, weitgehend standardisiert sind. Dies impliziert typische Kontexte. Neben diesen äußeren Strukturmerkmalen müssen aber auch die internen kognitiven Prozesse verfügbar und aktiv sein. Andernfalls bleiben die äußeren Merkmale einer Kommunikation bedeutungslos.

    Empirische Beschreibungen

    Sind alle die geforderten Bedingungen erfüllt, dann kann eine Gruppe von Experten [**] damit beginnen, sinnliche Wahrnehmungen einer gemeinsam geteilten beobachtbaren Welt als kognitive Gegebenheiten zu strukturieren, zu benennen, in Form von Beziehungsnetzen und Gesetzmäßigkeiten zu organisieren.

    ………

    Eine empirische Theorie ist ein Text, der über einen bestimmten Ausschnitt der realen (beobachtbaren) Welt — dem Phänomenbereich — spricht. Dazu benötigt man unterschiedliche Mengen von Elementen, die in der Theorie behandelt werden sollen; eine minimale Menge von Relationen (Beziehungen) zwischen diesen Elementen; eine minimale Menge Axiomen; und letztendlich — wenngleich oft nicht explizit genannt — einen Folgerungsbegriff, der festlegt, wie man aus einer gegebenen Menge von wahren Aussagen wieder wahre Aussagen folgern/ ableiten kann. Diese gefolgerten wahren Aussage nennt man meistens Theoreme.

    Im Folgenden wird das Beispiel einer ganz einfachen Theorie vorgestellt.

    Als Phänomenbereich werden bestimmte Lebewesen untersucht, für die die Eigenschaften (1-stellige Relationen) ‚IstEinVogel()‚ und ‚KannFliegen()‚ vereinbart (durch Hinweis auf konkrete Beispiele). Die Zuordnung von Begriffen zu einer beobachtbaren Realität wird auch operationalisieren genannt: alle Beteiligten wissen dann, welche Form von beobachtbarer Realität mit den Ausdrücken gemeint ist.

    Den beobachtbaren Objekten des Phänomenbereichs kann man auch eindeutige Namen zuordnen, z.B. durch Anbringen einer ‚Marḱierung‘ wie ‚N1′, “N223‘ usw. Alle mit Namen identifizierten Objekte bilden dann die endliche Menge der empirischen Objekte des Phänomenbereichs V_emp = {N1, N2, …, N223, …}.

    Es wird hier angenommen, dass die Forscher für alle ihre benannten Objekte aus V_emp feststellen, dass bei ihnen die Eigenschaften ‚IstEinVogel()‚ und ‚KannFliegen()‚ durchgängig korrelieren, d.h. für jedes Objekt des Phänomenbereichs, für das gilt, dass es die eigenschaft hat, ein Vogel zu sein, gilt auch die Eigenschaft, dass es auch fliegen kann. Entsprechend der klassischen Logik könnte man dann Aussagen formulieren wie:

    Wenn IstEinVogel(N1), dann KannFliegen(N1)

    Aufgrund dieser Sachlage wird eine Arbeitshypothese gebildet der Art:

    (A:x in V_emp)(Wenn IstEinVogel(x), dann KannFliegen(x))

    In dieser Formel werden die konkreten Namen ersetzt durch eine Variable ‚x‘, die durch jeden konkreten Namen aus V_emp ersetzt werden kann, es gilt also: x ∈ V_emp

    Wenn die Forscher mutig sind, dann wagen sie die Annahme, dass der bekannte Phänomenbereich V_emp nur ein Ausschnitt aus einem noch größeren Bereich ist, es also gilt:

    V_emp ⊆ V

    wobei die Elemente in V, die nicht in V_emp sind bislang noch nicht direkt beobachtet worden sind. Man nimmt aber an, dass es solche Objekte gibt und dass auf diese die beiden Eigenschaften IstEinVogel(x) und KannFliegen(x) zutreffen und dass auch für diese bislang noch nicht beobachteten Objekte der allgemeine Grundsatz gilt:

    (A:x in V_emp)(Wenn IstEinVogel(x), dann KannFliegen(x))

    Angenommen, man sieht eines Tages ein bislang noch nicht beobachtetes Objekt Nneu, auf das die Eigenschaft IstEinVogel(Nneu) zutrifft, und man erweitert die Menge V_emp um dieses neue Objekt, dann könnte man aus dem allgemeinen Grundsatz mittels der Ersetzungstabelle x ∈ V_emp die Aussage ableiten:

    (x/Nneu) Wenn IstEinVogel(Nneu), dann KannFliegen(Nneu)

    Da ja das Objekt mit Namen ‚Nneu‘ beobachtet wurde gilt die Aussage IstEinVogel(Nneu) als ‚wahr‘. Da mit folgt die andere Aussage KannFliegen(Nneu) auch als wahre Aussage.

    Sofern man dann irgendwann beobachten kann, dass das als ‚Vogel‘ klassifizierte Objekt Nneu tatsächlich fliegen kann, ist der allgemeine Grundsatz für das neue Objekt bestätigt. Kommt man nach einiger Zeit aber zum gegenteiligen Eindruck, dass die Behauptung, dass Nneu fliegen könne, falsch sei, dann lässt sich die Behauptung nicht bestätigen; möglicherweise klassifiziert man das Objekt sogar als ¬KannFliegen(Nneu). Rein formal hat man dann einen logischen Widerspruch der Art

    ¬KannFliegen(Nneu) & KannFliegen(Nneu)

    Damit wäre dann die allgemeine Annahme, dass alle Objekte aus dem Phänomenbereich V_emp, die die Eigenschaft haben, ein Vogel zu sein, auch fliegen können, widerlegt.

    In der Realität gibt es ja Beispiele von Vögel (z.B. Vogel Strauß), die nicht fliegen können.

    Die Methode, den empirischen Phänomenbereich V_emp nur über explizite Markierungen zu definieren, ist allerdings sehr aufwendig (wenngleich zuverlässig). Tatsächlich ist solch eine explizite Benennung ja nur möglich, weil alle beteiligten Forscher sich darauf einigen können, dass eine zuvor operationalisierte Eigenschaft IstEinVogel() erkennbar und entscheidbar ist. Denkbar wäre z.B. als Klassifikationskriterium dafür, dass man von einem Objekt sagt, dass es ein Vogel ist, wenn dieses Objekt zwei Flügel besitzt (HatZweiFlügel()). Dann könnte man einfacher sagen:

    1. Es gibt ein Objekt a, das zwei Flügel hat
    2. HatZweiFlügel(a)
    3. Ein Objekt, das zwei Flügel hat, ist ein Vogel
    4. (A:x)(Wenn HatZweiFlügel(x), dann IstEinVogel(x))
    5. Wenn HatZweiFlügel(a), dann IstEinVogel(a)
    6. IstEinVogel(a)

    Dann könnte man für beliebige Objekte, für die man entscheiden kann, dass sie zwei Flügel haben, folgern, dass sie ein Vogel sind.

    Einfache empirische Theorie mit oksimo

    Nehmen wir nochmals das einfache Beispiel vom vorausgehenden Abschnitt:

    <V, IstEinVogel(), KannFliegen(), „Alle Vögel können fliegen“, >

    Die Frage stellt sich, wie man dieses mittels oksimo realisieren kann.

    Klar ist, dass man in oksimo mit folgender Grundstruktur arbeitet:

    < Ausgangslage [S0], Ziel [V0], Regeln [R], Simulator [Σ]>

    Wir wissen, dass in oksimo der Simulator Veränderungsregeln R auf eine gegebene Situation S so anwenden kann, dass daraus eine Nachfolge-Situation S‘ gefolgert werden kann. Veränderungsregeln in oksimo haben das Format WENN C, DANN Änderung, genauer:

    WENN Bedingung C erfüllt, DANN soll Eplus und Eminus gelten.

    Dies kann bedeuten:

    WENN Hans ist ein Vogel, DANN Hans kann fliegen

    D.h. wenn in einem aktuellen Zustand S der Ausdruck ‚Hans ist ein Vogel‘ vorkommt, dann kann der Ausdruck ‚Hans kann fliegen‘ zu S hinzugefügt werden , also

    S ={Hans ist ein Vogel}

    S‘ = {Hans ist ein Vogel, Hans kann fliegen}

    In dem vorausgehenden Beispiel einer einfachen klassischen empirischen Theorie wird mit Variablen gearbeitet, als z.B. ‚x‘. Diese Variablen stehen für alle möglichen Elemente der allgemeinen Menge V. Sofern definiert, kann man die Variablen durch Konstanten ersetzen, wie im Beispiel durch die Menge der Konstanten V_emp := {Hans, Peter, Emil, N2, M34, …}

    Es stellt sich die Frage, ob und wie man in oksimo mit Variablen und Konstanten umgehen kann.

    Regel R1: Wenn ‚X ist ein Vogel‘, dann ‚Hans ist ein Vogel‘

    Regel R2: WENN ‚Hans ist ein Vogel‘, DANN ‚Hans kann fliegen‘

    S ={X ist ein Vogel}

    Mit R1:

    S‘ ={X ist ein Vogel, Hans ist ein Vogel}

    Mit R2:

    S“ = {X ist ein Vogel, Hans ist ein Vogel, Hans kann fliegen}

    Erweiterungen in oksimo:

    Wenn ich eine Ersetzungsanweisung habe der Art:

    X = {Hans, Peter, Emil, N2, M34}

    Dann könnte ein Ausdruck wie

    S ={X ist ein Vogel}

    übersetzt werden in einen Ausdruck, wo das ‚X‘ durch ein Element aus der Ersetzungstabelle ersetzt wurde, also z.B.:

    S‘ ={Hans ist ein Vogel, Peter ist ein Vogel, … }

    ANMERKUNGEN

    [*] Da interne symbolische Elemente letztlich auch Wissenselemente sind, können interne symbolische Elemente auch ‚mit sich selbst‘ korrelieren.

    [**] In diesem Text wird angenommen, dass jeder Mensch ein Experte ist.

    [1] Philosophy of Science, Wikipedia [EN]: https://en.wikipedia.org/wiki/Philosophy_of_science (9.Sept.2021)

    [2] Lohse, Simon und Reydon, Thomas (Hg) (2017), Grundriss Wissenschaftsphilosophie. Die Philosophien der ‚Einzelwissenschaften.Felix Meiner Verlag, Hamburg.

    [3] Jürgen Mittelstraß (Ed.), Enzylopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Bd.1-4, Publisher J.Metzler, Stuttgart – Weimar (Germany), 1995 – 1996

    [4] Hans Jörg Sandkühler (Ed.), Enzylopädie Philosophie, Bd. 1-3, Publisher Felix Meiner Verlag, Hamburg (Germany), 2010. Stichworte ‘Wissenschaftsphilosophie‘ und ‘Wissenschaftstheorie‘ in Bd.3

    [5] F. Suppe, editor. The Structure of Scientific Theories. University of
    Illinois Press, Urbana, 2 edition, 1979.

    [6] John Dewey, Logic. The Theory Of Inquiry, New York, Henry Holt and Company, 1938  (see: https://archive.org/details/JohnDeweyLogicTheTheoryOfInquiry with several formats; I am using the kindle (= mobi) format: https://archive.org/download/JohnDeweyLogicTheTheoryOfInquiry/%5BJohn_Dewey%5D_Logic_-_The_Theory_of_Inquiry.mobi . This is for the direct work with a text very convenient.  Additionally I am using a free reader ‘foliate’ under ubuntu 20.04: https://github.com/johnfactotum/foliate/releases/). The page numbers in the text of the review — like (p.13) — are the page numbers of the ebook as indicated in the ebook-reader foliate.(There exists no kindle-version for linux (although amazon couldn’t work without linux servers!))

    [7] Karl Popper, The Logic of Scientific Discovery, First published 1935 in German as Logik der Forschung, then 1959 in English by  Basic Books, New York (more editions have been published  later; I am using the eBook version of Routledge (2002))

    [8] Jules Henri Poincaré (1854 – 1912),https://en.wikipedia.org/wiki/Henri_Poincar%C3%A9,  La science et l’hypothèse, Paris 1902, English: Science and Hypothesis, New York 1905, publisher The Walter Scott Publishing CO., LTD (See wikisource: https://en.wikisource.org/wiki/Science_and_Hypothesis )

    [9] Balzer, Wolfgang und Moulines, C.Ulises und Sneed, Joseph D. (Hg), (1987), AN ARCHITECTONIC FOR SCIENCE. The Sturcturalist Program. D.Reidel Publishing Company, Dordrecht et.al.

    [10] Balzer, Wolfgang (1982), Empirische Theorien: Modelle, Strukturen, Beispiele. Friedrich Viehweg & Sohn, Braunschweig – Wiesbaden

    [11] Ludwig, G. (1978). Die Grundstrukturen einer physikalischen Theorie. Springer-Verlag, Berlin – Heidelberg – New York.

    [12a] Bourbaki, N. (1970) ÉLÉMENTS DE MATHÉMATIQUE. Théorie des Ensembles. Verlag Hermann, Paris

    [12b] Bourbaki, N. (1968) Theory od Sets. Hermann & Addison-Wesley, Paris

    [13] Scheibe, Erhard (1997) Die Reduktion physikalischer Theorien. Ein Beitrag zur Einheit der Physik. Springer-VerlagBerlin Heidelberg GmbH

    [14] Thomas S.Kuhn (1962), „The Structure of Scientific Revolution“, University of Chicago Press

    [15] Kenneth Craik. The Nature of Explanation. Cambridge University Press, Cambridge (UK), 1 edition, 1943

    [16] Kneale, William und Martha (1962, repr. mit Korrekturen 1986), The Development of Logic. Clraendon >Prsess, Oxford

    [17] Hinst, Peter (1974), Logische Propädeutik. Wilhelm Fink Verlag, München

    [18] Hilbert, D. und Ackermann, W. (1972, 6.Aufl.) Grundzüge der theoretischen Logik. Springer-Verlag, Berlin – Heidelberg – New York

    [19] Quine, Willard van Orman (DE 1969m EN 1964), Grundzüge der Logik.Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main