Wasser-Projekt: Struktur – Theorie-Elemente

(Letzte Änderung: 27.Juli 2022, 17:20)

Kontext

Dieser Text ist Teil des Wasser-Projektes

Struktur

Im Wasser-Projekt wird versucht, im Format einer Bürgerwissenschaft 2.0 eine ’nachhaltige empirische Theorie‘ zu erstellen, die es den Beteiligten möglich macht, begründete Voraussagen für eine mögliche Zukunft zu erarbeiten. Dazu kann die Software ‚oksimoR‘ benutzt werden, da diese den Prozess der Erarbeitung einer nachhaltigen empirischen Theorie direkt unterstützt.

Theorie-Elemente

Grundelemente einer nachhaltigen empirischen Theorie im Rahmen der Bürgerwissenschaft 2.0 sind:

  1. Die Beschreibung einer ‚Ausgangslage‘, die alle beteiligten Bürger als ‚zutreffend‘ ansehen.
  2. Die beteiligten Bürger meinen in dieser Ausgangslage auch ein ‚Problem‘ zu erkennen.
  3. Mit Blick auf das erkannte Problem wird ein mögliches ‚Ziel‘ formuliert, von dem die beteiligten Bürger annehmen, dass mit der Erreichung dieses Zieles das erkannte Problem mindestens ‚verringert‘ wird.
  4. Eine Auflistung von ‚Maßnahmen‘ (Handlungen, Aktionen, …), von denen die beteiligten Bürger annehmen, dass sie dazu beitragen können, die Ausgangslage so zu verändern, dass durch Ausführung dieser Maßnahmen in einer ‚überschaubaren Zeit‘ eine Situation entsteht, für die alle Beteiligten dann sagen können, dass das ‚Ziel erreicht wurde‘.

Beschreibung und Situation

Im Kontext der Bürgerwissenschaft 2.0 wird klar unterschieden zwischen der ’sprachlichen Beschreibung‘ einer Situation und der ‚Situation selbst‘. Es wird angenommen, dass zwei Bürger sich darüber einigen können, ob eine Beschreibung mit einer gegebenen Situation ‚übereinstimmt‘ (‚zutrifft‘, ‚wahr ist‘) oder nicht.

Wenn jetzt durch ein Ereignis oder durch eine Handlung eine gegebene Situation S in einigen Eigenschaften ‚abgeändert‘ wird, dann würde die Menge der Aussagen A nicht mehr stimmen, da die ‚alte‘ Situation S jetzt in eine ’neue‘ Situation S‘ übergegangen ist. Wollte man die Menge der Aussagen über die bisherige Situation S der neuen Situation S‘ anpassen, dann müsste man entweder eine Aussage aus der bisherigen Menge der Aussagen A ‚entfernen‘ oder eine Aussage ‚hinzufügen‘ oder beides, damit die neuen Eigenschaften in S‘ durch die Menge der Aussagen beschrieben würden. Es gäbe dann die Menge der Aussagen A zur alten Situation S und die Menge der Aussagen A‘ zur neuen Situation S‘.

Voraussagen machen

Im Rahmen der Nachhaltigkeit ist es notwendig, dass die beteiligten Bürger in der Lage sind, in einer gegebenen Situation erkennen zu können, durch welche Maßnahmen die aktuelle Situation in eine ‚andere‘, ’neue‘ Situation überführt werden kann, die nach bestimmten Kriterien als ‚günstiger‘ für eine Weiterleben der Bürger angesehen wird.

Wenn Bürger relativ zu einer gegebenen Situation S sagen würden, dass eine neue, noch nicht gegebene Situation S‘, eine vergleichsweise ‚bessere Situation‘ darstellen würde, dann erstellen die Bürger eine ‚Prognose‘. Soll diese Prognose als ‚begründet‘ erscheinen, dann muss für alle Beteiligten ‚transparent gemacht werden‘, wie es ‚möglich sein soll‘, von der gegebenen Situation S zu der nicht gegebenen Situation S‘ zu kommen.

In der Logik nennt man solche Beziehungen zwischen Aussagen über eine gegebene Situation S und Aussagen über eine nicht gegebene Situation S‘ eine ‚Ableitung‘ oder eine ‚Folgerung‘ oder ein ‚Schluss‘. Dies funktioniert aber nur, wenn man ‚Folgerungsregeln‘ angeben kann, die sagen, wie ich aus den gegebenen Aussagen A über eine Situation S jene Aussagen A‘ erzeugen kann, die über eine nicht gegebene Situation S‘ sprechen.

In der klassischen Logik (etwa ab Aristoteles) und in der modernen formalen Logik (etwa ab Frege) sind ‚Folgerungsregeln‘ Ausdrücke, die beschreiben, wann man gegebene Ausdrücke A in neue Ausdrücke A‘ umformt. Der sogenannte ‚Folgerungsbegriff‘ — oft geschrieben ‚‚ — gibt zusätzlich an, wie eine solche Umformung mittels Folgerungsregeln ganz praktisch funktioniert. Einen Ausdruck wie

(1) A X A‘

könnte man dann lesen: die Menge der Ausdrücke A können auf Basis der Folgerungsregeln X mit dem Folgerungsbegriff in die Menge der Ausdrücke A‘ überführt werden.

Im Kontext der Logik würde man hier nicht von einer Prognose sprechen, sondern einfach nur von einer Folgerung. Wenn aber die Ausdrucksmengen A bzw. A‘ zu einer empirischen Theorie T gehören, in der die Ausdrücke über geeignete ‚Interpretationsregeln‘ I mit einer gegebenen Situation S oder mit einer als ‚empirisch für möglich gehaltenen Situation‘ S‘ verknüpft sind, dann könnte man die Formulierung (1) auch so lesen: die Annahmen X der Theorie T angewendet auf die als zutreffend geltenden Aussagen A, erlauben mittels des Folgerungsbegriffs die Konstruktion der Aussagen A‘, die sich mittels der Interpretation I auf eine Situation S‘ beziehen, die in der Zukunft eintreten könnte.

Einfaches Beispiel:

Die angenommene Situation ist eine Ampel, die gerade ‚rot‘ zeigt. Eine Mutter mit Kind bleibt stehen und sagt: A = ‚Die Ampel ist rot‘. Aufgrund ihrer Erfahrung weiß die Mutter, dass die Ampel nach einer gewissen Zeit auf ‚orange‘ schaltet, dann auf ‚grün‘. Sie könnte also die Folgerungsregel formulieren: Wenn es eine Situation S gibt, in der gilt A = ‚Die Ampel zeigt rot‘, dann kann man voraussagen: Entferne die Aussage A = ‚Die Ampel ist rot‘, und füge neu hinzu A‘ = ‚Die Ampel ist orange‘. Der Folgerungsbegriff ‚‚ würde dann erklären, wie die Folgerungsregel im Fall der Situation S angewendet werden kann. Man könnte schreiben:

(2) ‚Die Ampel ist rot‘. {Wenn es eine Situation S gibt, in der gilt A = ‚Die Ampel zeigt rot‘, dann kann man voraussagen: Entferne die Aussage A = ‚Die Ampel ist rot‘, und füge neu hinzu A‘ = ‚Die Ampel ist orange‘} A‘ ‚Die Ampel ist orange‘

Mit der Interpretation I lassen sich die Aussagen auf konkrete Situationen beziehen, wobei I(‚Die Ampel ist rot‘) auf eine real gegebene Situation zielt und I(‚Die Ampel ist orange‘) auf eine Situation, die noch nicht gegeben ist, von der aber ‚erwartet‘ wird, dass sie eintreten wird. In diesem Fall würde man nicht bloß von einer ‚Folgerung‘ sprechen, sondern von einer ‚Prognose‘.

Theorie – Software – Anwendungsformate