DEMOKRATIE-LABOR – Beispiel

Letzte Änderung: 10.Dezember 2024

Autor: Gerd Doeben-Henisch

(An dieser Stelle Danke an Manfred Klimmeck für seine intensiven, kritischen und konstruktiven Kommentare seit Version 1)

Kontakt:datw@oksimo.org

KONTEXT : Dieser Text gehört zum Thema DEMOKRATIE.

DEMOKRATIE-LABOR

Im vorausgehenden Beitrag mit dem Titel „DEMOKRATIE – Beispiel einer VERÄNDERUNGSSTRATEGIE. Ein DEMOKRATIE-LABOR für eine KOMMUNE“ wurden Überlegungen vorgestellt, warum es für eine Kommune Sinn machen könnte, den normalen Ablauf der Lösungssuche durch die Gemeindevertretung (GV, Standard) durch einen optionalen Prozess der Lösungssuche zu erweitern. In diesem vorausgehenden Text wurde die ‚Grundidee‘ solch eines optionalen Lösungsprozesses skizziert, aber nicht im Detail ausgeführt.

BILD : Aus dem vorausgehenden Beitrag. Siehe Erklärungen zum Bild dort.

Eine mögliche Konkretisierung dieser Idee eines erweiterten optionalen Lösungsprozesses soll hier nun versucht werden.

WIE VORGEHEN?

Für die Frage, wie man solch einen optionalen Lösungsprozess gestalten sollte, gibt es natürlich eine ganze Palette möglicher Vorgehensweisen.

Hier eine mögliche Vorgehensweise, in die viele Untersuchungen der letzten ca. 10 Jahre einfließen.

RAHMENANFORDERUNGEN
  1. Allen Beteiligten ist bekannt, dass es sich um eine experimentelle
    Vorgehensweise handelt, die rechtlich nicht bindend ist.
  2. Das Ziel der Veranstaltung — kann aus vielen aufeinander folgenden Sitzungen bestehen — besteht darin, für konkrete Aufgaben, die sich der offiziellen Gemeindevertretung stellen, mögliche Lösungen zu finden.
  3. Der Prozess samt möglichen Lösungen soll für alle Bürger öffentlich zugänglich dokumentiert werden.
  4. Jeder Bürger kann sowohl an dem Prozess teilnehmen als auch sich schriftlich und mündlich zur Dokumentation äußern.
  5. Zu Beginn einer Veranstaltung wird kurz berichtet, was zuvor geschehen ist und welche Aufgaben man in der heutigen Veranstaltung abarbeiten möchte (alles Gesagte sollte auch auf der Webseite nachlesbar sein).
  6. Als Ausgangspunkt für einen öffentlichen Lösungsversuch sollen mindestens alle Dokumente vorliegen, die auch die normale Gemeindevertretung benutzt. Es ist den Bürgern aber freigestellt, weiteres Informationsmaterial einzubeziehen.
  7. Generell gibt es zudem die Anforderung, dass für die Suche nach einer Lösung das Konzept einer Nachhaltigen Empirischen Theorie (NET) als Leitfaden benutzen werden soll, welches in Form eines Planspiels realisiert werden kann. [1] Zusätzlich wäre es wünschenswert in einem begleitenden Prozess eine Computersimulation aufzubauen. Doch, wie setzt man dies konkret so um, dass letztlich doch jeder mitmachen kann?

[1] Das Konzept einer nachhaltigen empirischen Theorie entstand als Idee sowohl im Rahmen einer Serie von Lehrveranstaltungen der Frankfurt University of Applied Sciences wie auch in einem hessischen Forschungsprojekt 2021/22. Es wurde dann immer weiter entwickelt. Hier einige Texte dazu: https://www.oksimo.org/2022/12/14/nachhaltige-empirische-theorie-verschiedene-formate/ , https://www.oksimo.org/2023/04/11/grundbegriffe-nachhaltige-entwicklung-empirische-theorie-kommune-spielen/ , https://www.oksimo.org/theorie-2/

LÖSUNGSBAUSTEINE
  1. Das Projekt benötigt eine minimale Orga– und Expertengruppe. Die Orga-Gruppe kümmert sich um die Realisierung der Veranstaltungen, und die Expertengruppe kümmert sich um die Einlösung der Anforderungen für die Konzepte NET, Planspiel und Computersimulation.
  2. In offenen Diskussionsgruppen werden Aufgaben der Gemeindevertretung offen diskutiert, analysiert und es werden mögliche Lösungen erwogen.
  3. Die Ergebnisse der offenen Diskussionsgruppen werden im Anschluss von Experten in das Format eines Planspiels übersetzt.
  4. In einer nachfolgenden Sitzung kann der Entwurf eines Planspiels von allen Bürgern real getestet werden. Die Erfahrungen mit dem Spiel werden direkt im Anschluss ausgewertet.
  5. Anhand der Auswertung kann das Planspiel möglicherweise weiter verbessert werden.
  6. Parallel zur Arbeit am Planspiel kann eine andere Gruppe eine Computersimulation ausarbeiten, die öffentlich über eine Webseite zugänglich gemacht wird.
  7. Es ist ein offener Prozess, ob und wie die Gemeindevertreter mit den Ergebnissen der Arbeit der Bürger umgehen: werden sie Ergebnisse der Bürger berücksichtigen, und wenn ja: wie? Unabhängig davon können die Bürger die Ergebnisse in der Öffentlichkeit diskutieren und dadurch die Arbeit der Gemeindevertretung kommentieren.
KONZEPTE
  1. Im Konzept einer NET wird klar unterschieden zwischen den Elementen (i) Ausgangslage, (ii) Erwünschte Ziele, (iii) Mögliche Maßnahmen zur Veränderung, (iv) Anwendungen von Maßnahmen auf eine gegebene Situation sowie (v) Bewertung einer Situation, wie weit diese schon einem Ziel entspricht.
  2. Im Konzept Planspiel gibt es aktive Akteure, die für eine gegebene Ausgangslage versuchen, vereinbarte Veränderungsmaßnahmen zur Anwendung zu bringen. Nach einer festgelegten Zeit wird das erreichte Ergebnis bewertet und die Erfahrung der Akteure während des Prozesses wird diskutiert.
  3. Im Konzept Computersimulation werden sowohl die Ausgangslage, die Ziele und die Veränderungsmaßnahmen so eingegeben, dass das Programm in Form einer Simulation vorspielen kann, was passiert, wenn man die Veränderungsmaßnahmen anwendet.
  4. Um ein Planspiel durchspielen zu können, muss es natürlich zuvor ausgearbeitet werden. Dazu kann die gesamte Erfahrung aller Beteiligten eingebracht werden. Dies geschieht am besten in Form eines oder mehrerer Workshops, bei dem das Konzept einer NET als Leitfaden im Raum steht. Die Beteiligten können ihre Ausarbeitung jederzeit unterbrechen und ausprobieren, ob und wie weit auf der Basis ihrer Ausarbeitungen ein Planspiel schon funktioniert. Falls genügend Experten vorhanden sind, kann man ein fertiges Planspiel dann auch in Form einer Computersimulation anlegen, die es jedem Bürger erlaubt, auf Knopfdruck, sich die erarbeiteten Prozesse von der Ausgangslage zu einer Lösungssituation in Form einer Simulation anzuschauen. Sollten im Laufe der Zeit mehrere Planspiele erarbeitet werden, könnten diese Computermodelle auch miteinander ‚verzahnt‘ (integriert) werden, so dass sich die Bürger immer mehr Prozesse — auch in ihrem Zusammenspiel — anschauen könnten.
  5. Sollte sich im Verlauf der Experimente heraus stellen, das bestimmte Verfahren und Methoden des Experiments geeignet erscheinen, von der realen Gemeindevertretung übernommen zu werden, dann könnte sich die Gemeindevertretung schrittweise verändern/ umbauen/ optimieren.
  6. Das Experiment ‚Demokratie-Labor‘ endet dann, wenn niemand mehr mitmacht 🙂