Der Wald im Spiegel von uns selbst?

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Email: big-wald@oksimo.org

Letzte Änderung: 2.Juli 2024

KONTEXT

Diese Seite ist Teil der Ersten Wald-Umfrage-Aktion des BiG-Teams WALD.

Der Wald, Wir, und mögliche Maßnahmen

Wie wir schon in der Einladung zur ersten BiG-Waldbefragung geschrieben hatten, haben wir als BiG-Team WALD das Ziel vor Augen, bis zur nächsten großen Forsteinrichtung 2026 dazu beizutragen, dass unser gemeinsames Bild vom Wald möglichst viele der ‚wichtigen‘ Bedürfnisse sowohl des Waldes selbst wie auch von uns Bürgern sichtbar macht. Dies ist als Hilfestellung gedacht, damit bei der finalen Entscheidungsfindung unsere gewählten Vertreter eine möglichst ‚optimale‘ Lösung finden können.

Ob und wieweit es dann gelingen wird, in den festgelegten formalen Verfahren das zuvor gemeinsam erarbeitete Wissen wirkungsvoll umzusetzen, das können wir von heute aus nicht wissen. Wir können von heute aus aber zumindest konkrete Schritte unternehmen, um ein entsprechendes Wissen für möglichst viele Bürger verfügbar zu machen.

Zu diesem Zweck hat das BiG-Team WALD seit Januar 2024 einen Plan überlegt, was wir tun könnten, um das Ziel zu erreichen. Im folgenden Schaubild ist die Grundidee festgehalten:

Im Spannungsfeld ‚Wald‘ und ‚Menschen‘ gilt es schon immer die ‚Lebensinteressen‘ sowohl des Waldes wie auch der Menschen angemessen zu berücksichtigen. Dabei haben sich im Laufe der Geschichte die ‚Bilder‘, welche wir Menschen uns vom Wald gemacht hatten, beständig verändert. Einmal, weil sich die realen Verhältnisse immer wieder verschoben haben (z.B. durch Klimaveränderungen), zum anderen, weil sich die Interessen der Menschen immer wieder auch geändert haben. Dazu kommt, dass sich unser Wissen über den Wald als ein ‚System des Lebens‘ in den letzten Jahrzehnten geradezu dramatisch erweitert hat.

Der Wald im Spiegel von uns selbst?

Wer nun glaubt, das Reden von den ‚Bildern‘, die wir Menschen uns ‚vom Wald‘ machen, sei irgendetwas Abstraktes, Unwirkliches, dem empfehlen wir, sich in Ruhe mal die Antworten von uns Bürgern im Rahmen der ersten BiG-Waldumfrage anzuschauen (https://www.oksimo.org/2024/06/17/erste-wald-umfrage/ ).

Dort sind die Antworten zu Frage 6 ein schönes Beispiel dafür, dass die ‚Bilder in unserm Kopf‘ sehr real sind und unser Verstehen und Handeln sehr stark beeinflussen können (siehe Anhang 1 und Anhang 2).

Repräsentatitiv sind die 44 ausgefüllten Fragebogen natürlich nicht. Bei 12.141 Einwohner in Schöneck Ende Dezember 2023 laut dem hessischen Landesamt für Statistik bilden die 44 Fragebogen nur 0.36% der Einwohner ab.

Interessant sind die Antworten dennoch.

Man kann leicht erkennen, dass es bei der Frage 6: Wie empfinden Sie den Zustand unseres “Kilianstädter Waldes“ drei große Perspektiven gibt: Einer sagt, er kann es nicht beurteilen (Er ist neutral); 16 andere meinen, der Wald befinde sich grundsätzlich in einem guten Zustand, wenn es auch Dinge gibt, die man kritisieren könnte; weitere 26 sehen den Wald sehr wohl in einer kritischen Verfassung und führen viele konkrete Punkte an.

Wenn jetzt einer aus der kritischen Gruppe sagt, er erlebe den Wald deutlich verwüstet, und einer aus der positiven Gruppe sagt, der Wald sei eigentlich gut, dann stellt sich schon die Frage: Wie kann dies sein? Sprechen beide vom gleichen Wald?

Bei näherer Betrachtung kann man sehen, das die Antworten aus der kritischen Perspektive viele konkrete Beispiele aufzählen, die sich als Hinweise für einen schlechten Zustand werten (Abholzung, Auflichtungen, zerfurchte Wege, Trockenheit, …), während die Beiträge aus der positiven Perspektive eine positive Grundeinstellung ausdrücken, innerhalb deren konkrete Umstände (Abholzung, Trockenheit, Bewirtschaftung, …) nicht so stark ins Gewicht fallen.

Es ist also offensichtlich so, dass unterschiedlichen Mensche den gleichen Wald ganz unterschiedlich sehen könnn, weil sich im Laufe des Lebens bei jedem ganz unterschiedliche Aspekte im eigenen Kopf‘ ansammeln bzw. aktiv werden können, die weniger mit dem Wald selbst als vielmehr mit unserer Eigenart des Wahrnehmens, des Erinnerns, des Lernens und des Bewertens zu tun hat. Von daher darf man erwarten, dass es auch bei 430 oder 4300 ausgefüllten Fragebogen zu einer großen Vielfalt kommen kann, einer Vielfalt, die in Details ganz gegensätzlich erscheinen mag, weil wir als Menchen eben die Dinge der Welt sehr unterschiedlich auffassen können.

Anhänge 1 und 2

Anhang 1 : Die Zusammenstellung aller Antworten zu Frage 6:

Anhang 2 : Eine erste einfache Auswertung dieser Antworten (i) gruppiert nach Inhalten und (ii) ergänzt um kleine Statistiken.

Wer spricht für den Wald?

Mit diesem Befund, dass wir Menschen durch die Art und Weise, wie wir die Welt — den Wald — ganz unterschiedlich auffassen können, stellt sich die spannende Frage, wodurch wir überhaupt sicher sein können, den Wald so zu sehen und zu verstehen, wie er ’seiner Natur nach‘ verstanden werden sollte, und nicht — vielleicht durch viele Zufälle verschuldet — auf eine Weise, die wir zwar so sehen (‚In einem guten Zustand‘), die aber möglicherweise den ‚wahren Zustand des Waldes‘ nicht angemessen wiedergibt (‚So schlecht wie nie‘).

Das gleiche gilt natürlich auch für die Art und Weise, wie wir Menschen unsere Bedürfnisse dem Wald gegenüber sehen: sollen wir ihn wirklich nur als Freizeitpark‘ sehen oder als ‚Holzlieferant‘ oder …. ?

Wie können wir uns verbessern?

Der gemeinsame Weg zu einem ‚angemessenen Bild‘ vom Wald ist also möglicherweise kein ‚Selbstläufer‘, ist nicht automatisch ‚der richtige Weg‘.

Wir werden uns also möglicherweise gemeinsam viele Gdanken machen müssen, was ‚angemessen‘ ist bzw. was für das Gelingen einer guten Gemeinschaft zwischen Wald und Menschen in einer nachhaltigen Zukunft das ‚Richtige‘ ist.

Dazu soll das große Waldprojekt 2024-2026 (GWP24-26) beitragen. Man solle nicht überrascht sein, wenn das Projekt sehr spannend wird.