Archiv der Kategorie: Allgemein

Soziales Milieu

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
03. August 2021 – 03. August 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor:
Philipp Westermeier (philipp@oksimo.org)

Kontext

Dieser Blogeintrag bildet einige wichtige Hintergrundinformationen zu Das Oksimo Paradgima und Desintegrationsprozesse ab. Er dient dazu, eine soziologische Begriffsübersicht im Oksimo-Blog herzustellen.

Stefan Hradil

Ein soziales Milieu wird als „eine sozialstrukturelle Gruppe gleichgesinnter Menschen [beschrieben], die ähnliche Werthaltungen, Lebensführungen, Beziehungen zu Mitmenschen und Mentalitäten aufweisen. Die Mitglieder eines sozialen Milieus haben oft ein gemeinsames (materielles, kulturelles, soziales) Umfeld. Sie sehen, interpretieren und gestalten es in ähnlicher Weise. Kleinere Milieus (z. B. Organisations-, Stadtviertel- oder Berufsmilieus) haben durch ein gewisses Wir-Gefühl und verstärkte Binnenkontakte einen engeren Zusammenhalt als größere“(S. 319).
In Abgrenzung zum „vor allem auf äußerlich beobachtbare Verhaltensroutinen“ bezogenen Begriff des Lebensstils, bezeichnet der Milieubegriff „psychologisch ‚tief‘ verankerte und vergleichsweise beständige Werthaltungen und Grundeinstellungen von Menschen“.
Anders als die Annahme, „dass Selbstdefinition, Denken und Verhalten“ von „Klassen- und Schichtzugehörigkeit geprägt sind“, denkt der Milieu-Begriff das „alltägliche Handeln der Menschen immer weniger vom Ressourcenbesitz als von Ressourcenverwendung geprägt“.
Die in den 1980er Jahren von „Praktikern aus Schule, Marketing und Politik“ angestoßenen Perspektivwechsel konstatieren, dass die Milieuzugehörigkeit weder determiniert, noch frei wählbar sei und „bis zu einem gewissen Grade eine Frage des Alters, des Geburtszeitraums (Kohorte), der Lebensform (Haushaltszusammensetzung, Kinderzahl), der Lebensphase, des Geschlechts und der Bildung“ sei (vgl. ebd.).
Neben diesen eher strukturellen, äußeren Umgebungsfaktoren wirkten weiterhin „ökonomische und berufliche Faktoren“. Gegenüber dem Lebensstil sei die Milieuzugehörigkeit schwieriger zu wechseln, aber in Krisen oder dem knüpfen neuer Kontakte möglich. „Soziale Milieus sind als vieldimensionale, ganzheitliche Phänomene“ zu verstehen und „lassen sich überwiegend bestimmten sozialen Schichten zuordnen. Jede soziale Schicht besteht jedoch aus mehreren sozialen Mileus“ (S. 319).

Ein weiterer Aspekt bzgl. sozialer Milieus ist ihr „historisch gewachsen“ sein. „Sie sind in vielen kulturellen Produkten verankert“, gleichzeitig „als Teilkulturen von Gesellschaften in Sozialisationsprozessen“ verstanden. Allgemein „historisch stabil“, wandelt sich jedoch eine Milieustruktur in „Gesellschaften langsam, u. a. wegen der Veränderung von Lebensbedingungen und sozialer Lagen“. Aktuell scheint es, dass „Traditionelle Milieus schrumpfen“, denn .“sie weisen Werthaltungen auf, die ein Leben in Gemeinschaft und das Befolgen verpflichtender Normen obenan stellen“, was bei Heitmeyer / Imbusch als „Werteverfall“ beschrieben wird. ‚Moderne’/’post-Moderne‘, ein „individualisiertes und selbstbezügliches Leben“ betonende Milieus dagegen wachsen, welche sich langfristig zu pluralisieren scheinen (vgl. S. 322). „Milieutypologien gelten in diesem Zusammenhang als wichtige Ergänzungen zu Schicht- bzw. Klassenmodellen“ (ebd.).

Weiterführende Literatur

Beck, U. (1986). Risikogesellschaft, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
P. Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterschiede, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Hradil, S. (1987). Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft, Opladen: Leske+Budrich.
Hradil, S. (1992). Alte Begriffe und neue Strukturen. Die Milieu-, Subkultur- und Lebensstilforschung der 80er Jahre. In: S. Hradil (Hg.): Zwischen Bewußtsein und Sein. Die Vermittlung „objektiver“ Lebensbedingungen und „subjektiver“ Lebensweisen, Opladen: Leske+Budrich (S. 15-56).
Müller, H. P. (2013). Werte, Milieus und Lebensstile. Zum Kulturwandel unserer Gesellschaft. In: S. Hradil (Hg.): Deutsche Verhältnisse. Eine Sozialkunde, Frankfurt: Campus (S. 185-207).
Otte, G. (2004). Sozialstrukturanalysen mit Lebensstilen. Eine Studie zur theoretischen und methodischen Neuorientierung der Lebensstilforschung, Wiesbaden: VS Verlag.
Schulze, G. (1992). Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt a. M.: Campus.
[Sinus-Institut: https://www.sinus-institut.de/sinus-milieus/sinus-milieus-deutschland.]
Vester, M., Oerzten, P. v., Geilling, H., Herrmann, T. & Müller, D. (2001): Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Vögele, W., Bremer, H. & Vester, M. (Hg.) (2002): Soziale Milieus und Kirche, Würzburg: Ergon.

Literatur

Hradil, Stefan (2018): Milieu, soziales, in: Kopp, Johannes/ Steinbach, Anja (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie, Wiesbaden, S. 319-322.

Soziale Schichten

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
03. August 2021 – 03. August 2021
URL: oksimo.org
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Autor:
Philipp Westermeier (philipp@oksimo.org)

Kontext

Dieser Blogeintrag bildet einige wichtige Hintergrundinformationen zu Das Oksimo Paradgima und Desintegrationsprozesse ab. Er dient dazu, eine soziologische Begriffsübersicht im Oksimo-Blog herzustellen.

Reinhard Pollak

Zwar fehle dem Begriff der Schicht eine „allgemein anerkannte Definition“, Reinhard Pollak jedoch beschreibt eine soziale Schicht als vertikal angeordnete „Gruppe[n] innerhalb einer Gesellschaft, deren Mitglieder jeweils bestimmte Schicht konstituierende Merkmale (oder eine Kombination davon) gemeinsam haben“. Der Begriff soziale Klasse sei „im weiteren Sinne konzeptionell“ mit dem Begriff der sozialen Klasse abgedeckt, wobei sich beide Begriffe an „sozio-ökonomischen Gegebenheiten“ orientieren, Schicht jedoch „insbesondere an Merkmalen des Berufs […] und der Bildung“ (vgl. S. 393).
Als „Gegenmodell zu einer Klasseneinteilung“ ist das Ziel des Schichtbegriffs, „ein möglichst akkurates deskriptives Bild einer (vertikal) organisierten) Gesellschaft [zu] ermöglichen“, wobei „potenzielle Erklärungen für die beschriebenen Ungleichheiten“ nicht vorkämen. Soziale Schichten „per se auch keine Interessengemeinschaft“ obwohl sie durch „gleiche Lebenslagen“ gekenzeichnet werden, aus welchen sich keine „Schichtkonflikte“ zwingend ergeben müssen. Schichtgrenzen seien durch die Feststellung „hoher Werte in einer Schichtdimension“ wie Einkommen oder Bildung ziehbar (vgl. ebd.).

Historische Bedeutung(en)

Der Schichtbegriff, als „Abgrenzung von den marxistischen Klassenansätzen bzw. Klassenanalysen“ (S. 343), ist seit Mitte des letzten Jahrhunderts ein wichtiger, soziologischer Grundbegriff. Dieser habe eine „geringe theoretische Fundierung“, welche durch die Komination eines „oft nur deskriptiven Charakters“ Ralf Dahrendorf, einen Schichttheoretiker, dazu bringt, ihm in der Soziologie eine „relativ untergeordnete Bedeutung gegenüber […] der sozialen Klasse“ einzuräumen. Theodor Geiger unterschied „insgesamt fünft ‚Hauptmassen‘, auch wenn das Leben sich in ‚tausend Zwischenformen‘ verspiel[e]“. Diese seien „die kapitalistische Schicht, der ‚alte Mittelstand‘, Tagewerker für eigene Rechnung, Lohn- und Gehaltsbezieher höherer Qualifikation sowie Lohn- und Gehaltsbezieher niedrigerer Qualifikation“. Es gibt in diesem Kontext weiterhin die „These der ’nivellierten Mittelstandsgesellschaft‘, welche „relativ einheitliche Lebensverähltnisse beschreibt und keine nennenswerten Klassen- und Schichtunterschiede mehr feststellen kann“, wobei diese „empirisch nicht haltbar“ war und bspw. durch die feinere „Bolt’sche Zwiebel“ abgelöst wurde. Ralf Dahrendorf beschreibt 1966 „die unterschiedlichen Mentalitäten“ als Ordnungsprinzip einer Bevölkerung, welche durch Geißler 2011 aktualisiert wurde.
Die Schichtungsmodelle seien Beschreibungen, deren „Kriterien für die jeweiligen Schichtzuordnungen“ von den Beschreibenden selbst kommen, wobei „heutzutage“ empirisch „subjektive Selbstzuordnungen“ verbreiteter seien (vgl. ebd).
Dies sei weiterhin interessanter, da es „ganz offensichtlich“ ein „weitverbreitetes Verständnis für gesellschaftliche Hierarchieordnungen“ in einer Bevölkerung gäbe, in welche sich „Menschen trotz unklarer Schichtränder einordnen können“ (S. 394f).
Das Problem der Selbstzuordnung in Schichtmodelle: Es ist unklar, inwieweit die Selbstzuordnung in eine Schicht bzgl. empirischer Größen wie Bildung oder Lebensstil von ebendieser abhängt und lässt die Gefahr von Zirkelschlüssen bestehen, was ihren Deskriptiven Charakter zwar bewahrt, ihren „analytischen Nutzen […] jedoch begrenzt“. (vgl. S. 395).

Weiterführende Literatur

Bolte, K. M., Kappe, D. & Neidhardt. F. (1967). Soziale Schichtung in der Bundesrepublik Deutschland. In: Bolte, K. M. (Hg.). Deutsche Gesellschaft im Wandel (S. 233-351). Opladen: Leske.
Dahrendorf, R. (1966). Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. München: Piper.
Dahrendorf, R. (2009) (zuerst 1968). Gibt es noch Klassen? Die Begriffe der sozialen Schicht und sozialen Klasse in der Sozialanalyse der Gegenwart, in H. Solga, J. Powell, & P. A. Berger (Hg.), Soziale Ungleichheit. Klassische Texte zur Sozialstrukturanalyse (S. 207-219). Frankfurt a. M.: Campus.
Geiger, Theodor (1987) (zuerst 1932): Die soziale Schichtung des deutschen Volkes. Stuttgart: Enke.
Geißler, R. (2011). Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung. 6. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag.
Schelsky, H. (1965) (zuerst 1953). Auf der Suche nach Wirklichkeit. Düsseldorf: Diederichs

Literatur

Pollak, Reinhard (2018): Schicht, soziale, in: Kopp, Johannes/ Steinbach, Anja (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie, Wiesbaden, S. 393-395.

Klasse, soziale

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
03. August 2021 – 03. August 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Philipp Westermeier (philipp@oksimo.org)

Dieser Blogeintrag bildet einige wichtige Hintergrundinformationen zu Das Oksimo Paradgima und Desintegrationsprozesse ab. Er dient dazu, eine soziologische Begriffsübersicht im Oksimo-Blog herzustellen.

Reinhard Pollak

Der Soziologe Reinhard Pollak beschreibt für den Begriffs-Sammelband „Grundlagen der Soziologie“ den Begriff der sozialen Klasse. Diesen definiert er als Beschreibung einer „Gruppierung von Menschen, die eine bestimmte Position im Wirtschaftssystem einnimmt“. Häufig damit als konstituierend in Verbindung gebracht werden „ähnliche sozio-ökonomische Verhältnisse und […] Interessen“. Weiterhin wohne „der Einteilung der Gesellschaft in verschiedene soziale Klassen implizit oder explizit eine Hierarchisierung von sozialen Klassenpositionen inne“. Pollak schickt der Beschreibung des Klassenbegriffs voraus, dass es „an einer allgemeingültigen Definition [fehle], da jeder Klassenansatz etwas andere Schwerpunkte setzt“ (vgl. S. 225).

Die Soziale Klasse bei Karl Marx und Friedrich Engels

Das Konzept der Klasse wurde durch die Arbeiten von Karl Marx und Friedrich Engels sowohl in Wissenschaft als auch Politik als zentraler Begriff etabliert. Aufgrund des „aufblühenden Kapitalismus und der zunehmenden Proletarisierung der ehemaligen Landbevölkerung in den neuen städtischen Industriezentren“ dachten Marx und Engels „den Besitz an Produktionsmutteln als zentrales klassenbildendes Prinzip“. Die Eigentümer dieser Produktionsmittel konnten durch den Besitz des „Recht[s] auf Privatbesitz, die große Nachfrage nach Arbeit und […] enorme[n] technologischen Fortschritt […] einen Mehrwert aus ihren Produkten“ generieren. Der schließlich gezahlte Kaufwert eines Produkts war höher als die Kosten der für die Produktion aufgewendeten Arbeitsmittel. Dadurch, dass diese Differenz bei den Eigentümern der Produktionsmittel (Bourgeoisie) blieb, täte sich ein „antagonistische[r] Konflikt“ gegenüber denjenigen auf, die zwar für die Arbeitskraft entlohnt, nicht jedoch am Gewinn beteiligt wurden (Proletariat). Diese Dynamik sei „unauflöslich und führe zunächst zur Proletarisierung der noch bestehenden Mittelklassen und schließlich zur immer stärkeren Polarisierung der zwei verbleibenden gesellschaftliche Klassen“ (vlg. S. 225).
Aus dieser Perspektive ergibt sich, dass der „Klassenkonflikt zwischen Kapital und Arbeit den Motor für die weitere gesellschaftliche Entwicklung[= Differenzierung]“ sei. Das Bewusstsein dieser rekursiven strukturellen Koppelung seien sich beide Klassen nicht „zwangläufig bewusst“ und führt nicht automatisch zu „bestimmten expliziten Interessenformation[en], ein Phänomen, dass, wenn es auftritt, von ihm als „Klasse für sich“[=vgl. Luhmann; legitime Indifferenz] benannt wurde“. Außerdem führe diese faktische, strukturelle Ungleichheit zwangsläufig zu einem Klassenbewusstsein,durch welches sich vorallem die Proletarier „ihrer Lage bewusst werden“ und so “ das herrschende System des Privatbesitzes an Produktionsmitteln überwinden“. Diese Theorieperspektive auf Klasse habe daher sowohl sozaile Ungleichheit als auch sozialen Wandeln im Blick, aber sei „aufgrund ihres ideologischen Gehalts und ihres Determinismus […] bereits bei zeitgenössischen Denkern höchst umstritten“ gewesen (vgl. 226).

Die soziale Klasse bei Max Weber

Marx kritisierend formulierte Max Weber eine Theorie, in welcher er deutlich machen wollte, „dass der Besitz von Produktionsmitteln keineswegs der einzige konstituierende Faktor für Klassen ist und dass es keineswegs eine Zwangsläufigkeit in der gesellschaftlichen Entwicklung augrund spezifischer Klassenlagen gibt“.
Eine Klasse ist dort erkennbar, „wo 1. einer Mehrzahl von Menschen eine
spezifische ursächliche Komponente ihrer Lebenschancen gemeinsam ist, soweit 2. diese Komponente lediglich durch ökonomische Güterbesitz- und Erwerbsinteressen und zwar 3. unter den Bedingungen des (Güter- und Arbeits-)Markts dargestellt wird (‚Klassenlage‘)“.
Zu unterscheiden seien diese Klassen in „Besitzklassen (Besitzunterschiede bestimmen die Klassenlage), Erwerbsklassen (Chancen der
Marktverwertung von Gütern oder Leistungen bestimmen die Klassenlage) und soziale Klassen“ (hohe Fluktiation – persönlich oder innerhalb einer Generationenfolge). Durch die Unterscheidungen zwischen „Besitz- und Erwerbsklasse“, „vier sozialen Klassen“ und einer „Vielzahl von Klassenlagen“ legt das Konzept keine „Vorgabe über eine Gesamtzahl an Klassenlagen“ fest (vgl. S. 226). Allen Klassentheorien seien aufbauend auf dem Marx-Weber-Kontrasten, jesoch in in ihrer „Nuancierung der sozialen Ungleichheit unterschiedlich“ (vgl. 227).

Empirische Sozialforschung zur Klasse

John Goldthorpe und Robert Erikson entwickelten mit dem EGP-Klassenschema, basierend auf Webers „Idee der Marktchancen das Beschäftigungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als zentrales strukturierendes Element der Klassengenese“. Erik Olin Wrights auf Marx aufbauender, weniger verbreitete Ansatz sieht den „Klassen generierende[n] Mechanismus“ als Summe der Faktoren „(Nicht-Besitz) von Produktionsmitteln; die Organisationsmacht (Autonomie) und
die Qualifikation der Personen“ sowie weiterem. Als weiterer Ansatz wird die Perspektive Pierre Bourdieus genannt, welcher „Produktion und Konsumption in einem Klassenschema verbindet“.
Auf Emile Durkheim zurückgreifend konstruieren ein Team um David Grusky die „beruflichen Assoziationen“ eine Klassenposition, jedoch; “ dieser Mikro-Klassenansatz zeigt viele Merkmale sozialer Klassen (gemeinsame ökonomische Lage, Identität, kollektives Handeln, soziale Schließung), kann eine hierarchische Komponente aber nur immanent abbilden“. Alternative Ansätze zur Strukturierung bilden der Lebensstil- sowie Milieuansatz, welche, im Gegensatz zu Klassenbegriffen als theoretisch sowie empirisch gestützt angesehen werden.

Wichtige Autoren

Karl Marx
Friedich Engels
Max Weber
John Goldthorpe und Robert Erikson
David Grunsky
Rakulski & Walters
Urlich Beck
Pierre Bourdieu

Weiterführende Literatur
Beck, U. (1983). Jenseits von Stand und Klasse? Soziale Ungleichheiten, gesellschaftliche Individualisierungsprozesse und die Entstehung neuer sozialer Formationen und Identitäten. In: Kreckel, R. (Hg.), Soziale Ungleichheiten (Soziale Welt: Sonderband 2, S.35-74), Göttingen: Schwartz.
Bourdieu, P. (1983). Die feinen Unterschiede. Kritik der
gesellschaftlichen Urteilskraft. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Marx, K. & Engels, F. (2005). Das kommunistische Manifest. Hamburg: Argument-Verlag.
Marx, K. & Marcuse, H. (1965). Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Frankfurt am Main: Insel-Verlag.
Pakulski, J. & Waters, M. (1996). The death of class. London: Sage.
Solga, H., Powell, J. J. & Berger, P. A. (2009). Soziale Ungleichheit. Klassische Texte zur Sozialstrukturanalyse. Frankfurt a. M.: Campus-Verlag.
Weber, M. (1971). Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen: Mohr.
Wright, E. O. (2005). Approaches to class analysis. Cambridge: Cambridge UP

Literatur

Pollak, Reinhard (2018): Klasse, soziale, in: Kopp, Johannes/ Steinbach, Anja (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie, Wiesbaden, S. 225-228.

Integration

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
22.Juli 2021 – 03. August 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor:
Philipp Westermeier (philipp@oksimo.org)

Dieser Blogeintrag bildet einige wichtige Hintergrundinformationen zu Das Oksimo Paradgima und Desintegrationsprozesse ab. Er dient dazu, eine soziologische Begriffsübersicht im Oksimo-Blog herzustellen.

Jens Greve

Der Soziologe Jens Greve beschreibt für den Begriffs-Sammelband „Grundlagen der Soziologie“ den Begriff der Integration. Er verschafft den Leser:innen anfangs dadurch einen Überblick, dass er auf „drei zentrale Verwendungsweisen“ (Greve, S. 195) des Begriffs hinweist. Diese seien jeweils „auf Teilbereiche/Teilsysteme der Gesellschaft“, „Wertorientierungen“* oder „Menschen in einer Gesellschaft“ bezogen. Diese „Bedeutungsvarianten“ aber „schließen einander nicht notwendig aus[,] vielmehr werden häufig Zusammenhänge zwischen ihnen vermutet“ (vgl. ebd.). Im darauffolgenden Text beschreibt er:

Herbert Spencer sieht in Integration „einen allgemeinen Prozess der Evolution“ und meint ihn in „sich abgegrenzten Formen“ erkennen zu können, wobei eine „Steigerung der Heterogenität der Formen“ gleichzeitig zu „Kohärenz [der Verbindungen] zwischen dem Heterogenen“ führt.
Emile Durkheim baut sein Konzept der Integration auf der Arbeitsteiligkeit auf und schließt (normativ) unter der Folge einer „wechselseitige[n] Abhängigkeit“, welche er als negative Solidarität betitelt, auf die Notwendigkeit des Vorhandenseins positiver Solidarität (S. 196).
Talcott Parsons, begründer des Strukturfunktionalismus (=“Handlungssysteme“ müssen „Systemerfordernisse“; Integrationsfunktion, Adaption, Zielerreichung und Aufrechterhaltung, erfüllen) nutzt den „Integrationsbegriff“ als „Notwendigkeit, die verschiedenen Funktionen aufeinander abzustimmen – und dies auf dem Wege einer über gemeinsame Wertvorstellungen abgesicherten Normenstruktur“(ebd.).
Konflikttheoretisch wird dies von David Lovewood als „einseitig“ kritisiert und unterscheidet zwischen „soziale[r] Integration“ bei der „die geordneten und konfliktgeladenen Beziehungen der Handelnden eines sozialen Systems zur Debatte stehen“ (ebd.) und „Systemintegration“, in welcher das Selbe zwischen „den Teilen eines sozialen Systems“ stattfindet. So wurde auf die „Marx’sche Betonung der Rolle der Produktionsweise (Systemintegration) hin[ge]wiesen“ (ebd.).
Daran anknüpfend Unterschied Habermas zwischen „System“ und „Lebenswelt“, wobei „Lebensweltliche Zusammenhänge […] durch eine den Handelnden bewusste Form der Vergesellschaftung gekennzeichnet“ sind, sich „systemische Zusammenhänge hingegen […] eigenständig, d. h. ohne Bezugnahme auf die Handlungsorientierungen“ strukturieren. Der Fokus wird auf sich über das Geldmedium „selbsttätig arrangieren[den]“ Märkten sowie „bürokratisches Handeln“ gelegt, welchen er von Niklas Luhmann übernimmt (ebd.).
Nach Luhmann aber „reproduzieren sich […] alle sozialen Systeme, auch die Teilsysteme der Gesellschaft, autopoietisch“. Er lehnt weiterhin die „Annahme ab, dass gesellschaftliche Integration besondere integrierende Prozesse benötigt“, da, wenn Integration als die Vermeidung von „Operationen eines Teilsystems“, welche zu „unlösbaren Problemen“ führen, definiert (S. 196f).
Wilhelm Heitmeyers Forschungsprogramm führte zu dem Verständnis, „Desintegration [sei] ein [prozesshaftes] Zusammenspiel von drei wesentlichen Aspekten […] : „verschärfter sozialer Ungleichheit, Delegitimierung von gesellschaftlichen Normen und Vereinzelung (Auflösung integrierender Milieus)“ welches zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ sowie „einem gesteigerten Gewaltpotenzial“ führt. Von besonderer Bedeutung ist dieser Formulierung dann, „wenn es um den Prozess der Integration bislang marginalisierter Gruppen geht“. Wichtige Begriffe sind dabei die „Platzierung“, „Kulturation“ und „Interaktion“ [dies wird an anderer Stelle im Blog ausführlicher behandelt] (S. 197).
Ein weiterer, wichtiger Begriff ist jener der Inklusion, welcher von Talcott Parsons geprägt wurde, „um den Prozess der Einbeziehung immer größerer Bevölkerungsteile in die Gesellschaft zu bezeichnen“, welchem „Exklusion als Gegenbegriff gegenüber stehe“[dies wird an anderer Stelle im Blog ausführlicher behandelt] (ebd.).

Integration und Oksimo – Bezug und Folgerung

Mit Oksimo lässt sich ein vorab beschriebenes, gesellschaftliches Phänomen anhand der verschiedenen Integrationsdefinitionen testen. So können die einzelnen Begriffe in Oksimo modelliert werden, und die treffendste Erklärung des vorliegenden Phänomens für die Arbeit am Fall verwendet werden.

Wenn diese Perspektive sinnvoll erscheint, sollten die Aussagen der ausgewählten Autoren bzgl. Integration oksimogerecht formalisiert werden. Dazu sollten erstmal 2-3 der genannten Autoren im Blog verarbeitet werden.

Der Text bestätigt weiterhin, dass Oksimo mit dem Thema der sozialen Desintegration sich nahe dem theoretischen Zeitgeschehen der Soziologie befindet. Dies lässt den Schluss zu, dass die Autoren Heitmeyer / Imbusch als minimal-Autoren zum Thema ausreichen, sollte sich die Arbeit eher zu einer breiteren Themenwahl statt einer tieferen Analyse einzelner Themen entwickeln. Beides wäre ein Gewinn für das Projekt.

Weiterführende Literatur

Coser, L. A. (1972). Theorie sozialer Konflikte. Neuwied: Luchterhand. Dahrendorf, R. (1974). Pfade aus Utopia. München: Piper.
Durkheim, E. (1988). Über soziale Arbeitsteilung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Esser, H. (2000). Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 2: Die Konstruktion der Gesellschaft. Frankfurt a. M./New York: Campus.
Habermas, J. (1987). Theorie des kommunikativen Handelns. Band 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Heitmeyer, W. & Imbusch, P. (Hg.) (2012). Desintegrationsdynamiken. Integrationsmechanismen auf dem Prüfstand. Wiesbaden: Springer VS.
Kronauer, M. (2002). Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus. Frankfurt a. M.: Campus. Lockwood, D. (1971). Soziale Integration und Systemintegration, in: W. Zapf (Hg.), Theorien sozialen Wandels (S.124-137). Köln/Berlin: Kiepenheuer & Witsch.
Luhmann, N. (1982). Die Funktion der Religion. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Luhmann, N. (1988). Soziale Systeme. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Luhmann, N. (1995). Inklusion und Exklusion, in: N. Luhmann (Hg.), Soziologische Aufklärung 2 (S. 237-264). Opladen: Westdeutscher.
Parsons, T. (1975). Gesellschaften. Evolutionäre und komparative Perspektiven. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Spencer, H. (1867). First Principles. London: Williams and Norgate.
(vgl. S. 198)

Zu klärende Begriffe:
Inklusion, Exklusion (Parsons, Luhmann)
Platzierung, Kulturation, Interaktion (Heitmeyer / Imbusch)

Anmerkungen:
* Die Abgrenzung „Wertorientierungen“ wurde nicht explizit „mit einer Gesellschaft“ in Verbindung gebracht. Gibt es denn universelle Werte, oder sind diese ausschließlich das Produkt von sozialen Akteur:innen in kontextabhängigen Aushandlungs- und Konfliktprozessen?

Literatur

  • Greve, Jens (2018): Integration, in: Kopp, Johannes/ Steinbach, Anja (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie, Wiesbaden, S. 195-198.

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG – Verneinung-Negation

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
4.Juli 2021 – 4.Juli 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas die strukturellen Eigenschaften der oksimo Sprache im oksimo.org Blog.

VERNEINUNG/ NEGATION

In der Standard-Version der modernen formalen Logik ist es möglich, mit Hilfe eines definierten Folgerungsbegriffs ⊦ aus einer Menge von Ausdrücken S, die als wahr gelten, einen anderen Ausdruck A abzuleiten, der auch als wahr gilt; solch einen abgeleiteten wahren Ausdruck nennt man dann ein Theorem.

Da die Standard -Version des Folgerungsbegriffs u.a. einen Negations-Operator ‚¬‘ umfasst, kann man mit dem Standard-Folgerungsbegriff sowohl Ausdrücke ‚A‘ wie auch ‚¬A‘ benutzen und gegebenenfalls ableiten. Allerdings gibt es ein Meta-Axiom das besagt, dass eine Menge von wahren Aussagen konsistent und volltändig sein muss, damit der klassische Folgerungsbegriff funktioniert. ‚Vollständig‘ besagt, dass alle wahren Sätzen in den Annahmen und möglichen Folgerungen vorkommen können und ‚konsistent‘ besagt, dass nicht zugleich die Aussage ‚A‘ und die Verneinung der Aussage ‚A‘, also ‚¬A‘, vorkommen darf. Wäre dies der Fall, also aus einer Menge von wahren Aussagen S würde ‚A ∧ ¬A‘ gefolgert werden können, dann wäre die Menge S inkonsistent (widersprüchlich), damit wäre der klassische Folgerungsbegriff außer Kraft gesetzt. Wenn ‚S ⊦ A ∧ ¬A‘ möglich ist, dann kann aus S alles abgeleitet werden, dann ist die klassische Logik nicht mehr anwendbar.

Zu diesem Thema gibt es eine riesige Diskussion verbunden mit Vorschlägen für alternative Folgerungsbegriffe. Dies soll hier nicht weiter vertieft werden.

Im oksimo Paradigma liegen die Dinge anders. Im oksimo Paradigma gibt es auch einen Folgerungsbegriff, der durch den Simulator repräsentiert wird, dieser Simulator repräsentiert aber einen zusammengesetzten Folgerungsbegriff, dessen unterschiedlichen Folgerungs-Formate selektiv genutzt werden können, z.B.

(0) S,V ⊩ ∑ R V‘ //* Aus einer Menge von Ausdrücken S und einer Menge von Ausdrücken V kann mit Hilfe von Veränderungsregeln R eine veränderte Menge von Ausdrücken V‘ abgeleitet werden. *//

(1) S ⊩ ∑ R S‘ //* Aus einer Menge von Ausdrücken S kann mit Hilfe von Veränderungsregeln R eine veränderte Menge von Ausdrücken S‘ abgeleitet werden. *//

(2) S ⊩ ∑ V %Goal //* Aus einer Menge von Ausdrücken S kann mit Hilfe von einer Menge von Ausdrücken V der Grad des Enthaltenseins — in % — von V in S abgeleitet werden. *//

Während der klassische Folgerungsbegriff jedem einzelnen Ausdruck einen Wahrheitswert (wahr, falsch) zuordnet und damit ‚rechnet‘, betrachtet der oksimo Folgerungsbegriff immer nur Mengen von Ausdrücken ohne spezifischen Wahrheitswert, und diese Mengen von Ausdrücken können entweder in ihrer Zusammensetzung verändert werden (Ausdrücke hinzufügen oder wegnehmen) oder aber es können Mengenrelationen wie z.B. das ‚Enthaltensein‘ der Elemente einer Menge in einer anderen Menge erfasst werden. Auf diese Weise kann es im Rahmen des oksimo Folgerungsbegriffs keinen klassischen Widerspruch geben, da es keine individuelle Wahrheit oder Falschheit gibt.

Damit ist aber noch nicht alles gesagt.

Tatsächlich kann man im oksimo Paradigma sehr wohl mit Verneinungen arbeiten.

Wie kann dies gehen?

Dazu muss man verstehen, dass das oksimo Paradigma sich gegenüber der modernen formalen Logik in mindestens dreifacher Weise unterscheidet: (1) Man braucht keine spezielle formale Sprache; jede Alltagssprache (Normalsprache) L reicht aus; (2) Zum Folgern zwischen Ausdrucksmengen benötigt man keine Wahrheit; (3) Jeder Ausdruck kann für einen menschlichen Benutzer, der die gewählte Sprache L versteht, eine Bedeutung besitzen. Dies beinhaltet u.a. ‚Wahrheit/ Falschheit‘, ‚Verneinung‘ und vieles mehr.

Wenn wir also eine Ausdrucksmenge S = {Gerd ist hungrig} haben (nur einen Ausdruck!), dann kann man innerhalb des oksimo Paradigmas mit der Veränderungsregel R = <Gerd ist hungrig},1.0,Eplus={Gerd ist nicht hungrig}, Eminus={Gerd ist hungrig}> den Nachfolgezustand S‘ = {Gerd ist nicht hungrig} ableiten. Ob dieser Nachfolgezustand S‘ relativ zum Vorgängerzustand S ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ ist oder irgendeine Bedeutung besitzt, entscheidet der Benutzer des Systems. Ein Beobachter von Gerd kann ja gesehen haben, dass Gerd inzwischen etwas gegessen hat und deshalb jetzt nicht mehr hungrig ist. Falls jemand neugierig ist und wissen will, wie es dazu kam, dass Gerd nicht mehr hungrig ist, kann man im oksimo Paradigma eine ganze Geschichte erzählen (Siehe das ausführlichere Beispiel hier).

MIT OKSIMO PROZESSE BESCHREIBEN – Paradigmenwechsel

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
23.Juni 2021 – 23.Juni2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

KONTEXT

Dieser Text ist eine Ergänzung zum Roadmap-Überblickstextes des oksimo.org Blogs.

PARADIGMENWECHSEL

Mit Oksimo Prozesse beschreiben

Die meisten (fast alle :-)), die zum ersten Mal mit oksimo konfrontiert werden, denken als erstes an eine Programmiersprache. Damit ist man aber sofort in einer denkerischen Sackgasse.

Einen beliebigen Prozess — mit Anfang, Zielzustand, Zwischenstationen — mit oksimo zu beschreiben ist nichts anderes, als über einen solchen Prozess mit den Mitteln der normalen Sprache (Alltagssprache) nachzudenken.

Man beschreibt mit seiner Alltagssprache eine Ausgangslage, so, wie man sie einem anderen erzählen würde; entsprechend beschreibt man das Ziel, das man erreichen will. Schließlich — und das kann aufwendig werden –muss man die verschiedenen Zwischenschritte beschreiben, Teilziele, jene Situationen, die man durchlaufen muss, um dann am Ende zum Zielzustand zu kommen. Alles mit seiner Alltagssprache.

Dies könnte genau so schon die Beschreibung eines Prozesses mit oksimo sein.

Aber wozu dann noch oksimo, kann man fragen, wenn schon ein normaler Text ausreicht?

Der kleine, aber feine Unterschied zwischen einem normalen Text ohne oksimo und einem normalen Text mit oksimo ist das, was man auf den ersten Blick nicht sehen kann, nur beim informierten Hinschauen.

Im oksimo Paradigma wird unterschieden zwischen einem Text, der einen aktuellen Zustand (Situation, Szene) S beschreibt, und einem Zustand, der einen gewünschten, aber noch nicht realen Zustand (den Zielzustand, das Ziel, eine Vision) V beschreibt. Alle Zustandsbeschreibungen zwischen Start (Anfang) und Ziel sind Zwischenzustände S*: diese sind im Moment des Beschreibens nicht real gegeben, aber werden so verstanden, als ob sie real werden können und damit einen Schritt zum Ziel darstellen.

Alle beschriebenen Zustände zusammen (vom Anfang über Zwischenzustände bis zum Zielzustand) werden im oksimo Paradigma als Drehbuch (’story board‘) bezeichnet. Dabei ist es sehr wohl möglich, dass es in einem oksimo Drehbuch Verzweigungen der Geschichte geben kann, die mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten eintreten. Diese Verzweigungen können exklusiv sein (zur gleichen Zeit kann nur eine der Möglichkeiten aktiviert werden) oder nicht-exklusiv: im Prinzip könnten alle Möglichkeiten gleichzeitig auftreten, wenn es die Wahrscheinlichkeit so will.

Wenn man ein Drehbuch hingeschrieben hat (man kann ganz einfach anfangen), dann extrahiert oksimo aus der Beschreibung einer aktuellen Situation und der Beschreibung einer nachfolgenden Situation (es können mehrere Nachfolger sein, siehe ‚Verzweigungen‘ oben) alle Ausdrücke, die im Nachfolger entweder nicht mehr vorkommen oder im Nachfolger neu vorkommen. Aus diesen Daten generiert oksimo die Form einer Veränderungsregel R. Solche Veränderungsregeln werden für jedes Zustandspaar errechnet. Wenn man will, kann man Sie zusätzlich editieren.[1]

Liegen für alle Zustands-Paare eines Drehbuchs solche Veränderungsregeln R vor, dann kann der oksimo Simulator ausgehend von dem Anfangszustand S nur mit den Veränderungs-Regeln R alle anderen nachfolgenden Zustände berechnen und dadurch eine Abfolge (Simulation) aller Zustände erzeugen. Bei gleicher Ausgangslage S und bei gleichen Regeln R können sich Simulationen im Ablauf unterscheiden, falls im Ablauf Verzweigungen möglich sind, die mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auftreten könne.

Mit Hilfe des Zielzustands kann zusätzlich in jeder Runde der Simulation errechnet werden, wie viel Prozent [%] des gewünschten Zielzustands in einer aktuellen Situation schon erreicht sind.

ANMERKUNGEN

[1] In der Basis-Version bis 23.Juli 2021 + x Tage ist die automatische Erstellung der Regeln noch nicht verfügbar. In diesem Fall muss man selbst aus dem Vergleich von zwei Texten manuell eine Veränderungsregel editieren.

OKSIMO EINFACHE BEISPIELE – Bsp.: Schlafmöglichkeiten, Verzweigung

OKSIMO – Universelle Prozessplanung

E-Mail: info@oksimo.org

Autorin: Athene Sorokowski, E-Mail: athene@oksimo.org

Veröffentlicht: 04.06.2021

KONTEXT

Dieses Fallbeispiel gehört zur Sektion Einfache Beispiele des Blogs oksimo.org.

Fallbeispiel Beschreibung:

Im Folgenden sind die Zustände, Regeln und die Vision eines Fallbeispiels der oksimo-Software dokumentiert, welches sich darauf fokussiert, sogenannte „Verzweigungen“ zu realisieren. Um die Vision im Beispiel zu erreichen, wurden verschiedene Veränderungsregeln erstellt, denen wiederum verschiedene Wahrscheinlichkeiten zugeordnet wurden. Die unterschiedlichen Zweige teilen sich auf in „Gruppenraum“ und „Nachhause“. Die Akteurin im Beispiel, Francesca, hat die Wahl, ob sie sich im Gruppenraum ihrer Universität oder bei sich Zuhause schlafen legen will. Erstere Möglichkeit beträgt dabei eine Wahrscheinlichkeit von 0,6, letztere eine Wahrscheinlichkeit von 0,4. Das Ziel ihrer Entscheidungen, bzw. das der Veränderungsregeln, ist, dass sie nicht müde ist.

Fallbeispiel „Verzweigungen“

Wie funktionieren Verzweigungen?

Verzweigungen sind im oksimo Paradigma ausdrückbar durch das zur Verfügung stellen von mehr als einer Veränderungsregel. Ist die Wahrscheinlichkeit im Einzelfall <=1, dann wird für jeden Wahrscheinlichkeitswert ‚ausgewürfelt‚, was geschieht. Einfach gesprochen: bei einer Wahrscheinlichkeit von π=0.6 würde bei 100 Durchläufen ungefähr +/- 60 mal diese Option gewählt werden, entsprechend bei π= 0.4 ungefähr +/- 40 mal.

DAS OKSIMO PARADIGMA und Kultur

UNIVERSELLE PROZESSPLANUNG
24.Mai 2021 – 25.Mai 2021
URL: oksimo.org
Email: info@oksimo.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@oksimo.org)

Letzte Änderungen (Korrekturen): 26.Mai 2021

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themenfeldes BEGRIFFLICHER RAHMEN ZUM OKSIMO PARADIGMA innerhalb des oksimo.org Blogs.

IDEE

In der praktischen Anwendung des oksimo Paradigmas wird ein komplexer begrifflicher Rahmen vorausgesetzt. Ein Aspekt dieses begrifflichen Rahmens ist der Begriff der Kultur. Hier sollen einige grundlegenden Aspekte dieses Begriffs erläutert werden, soweit sie für ds Verständnis des oksimo Pradigmas relevant sind. Diese Überlegungen zum Begriff der Kultur ersetzen keine umfassende, systematische Abhandlung zu diesem Begriff.

Kultur?

Kurz zu sagen, was Kultur ist, ist schwierig, da jeder, der sich hierzu äußern möchte, zu diesem Zeitpunkt Teil einer Kultur ist. Was er immer ER=(er/sie/x) sagen möchte, ER wird dies tun geprägt von dieser Kultur, weil ER garnicht anders kann.

Die einzige Möglichkeit, solche kulturelle Vorprägungen in ihren — möglicherweise einseitigen und möglicherweise schädlichen — Wirkungen zu neutralisieren, besteht darin, diese Vorprägungen als persönliche Voraussetzungen methodisch soweit transparent zu machen, als es einem persönlich gelingt. Meistens braucht man dazu andere Personen, die eine andere kulturelle Prägung besitzen (deswegen ist Diversität von grundlegender Bedeutung), so dass im aktiven Miteinander möglicherweise Unterschiede sichtbar werden, anhand deren man indirekt auf die eigene Besonderheit aufmerksam werden kann. Man selbst ist ohne solche Differenzerfahrung meistens ‚blind‘, weil man an sich selbst so ‚gewöhnt‘ ist, dass einem die eigenen Besonderheiten einfach nicht mehr auffallen, auch wenn man will.

Wenn im Folgenden also von ‚Kultur‘ gesprochen wird, dann notgedrungen aus der Sicht des Autors dieses Textes. Sollte ein Leser das Gefühl haben, dass hier eine Sicht zutage tritt, die von der eigenen Position abweichend ist, dann wäre eine entsprechende Mitteilung an den Autor willkommen. Denn, wie festgestellt, nur in der Erfahrung einer Differenz kann individuelles Erkennen seinen eigenen Standpunkt indirekt, ansatzweise erkennen, um daraus — möglicherweise — Schlüsse zu ziehen, die die eigene Position verändern können.

Kultur heisst ‚Viele‘

Kultur wird hier angenommen als eine Sache, die aus dem ‚Miteinander‚ von Menschen resultiert und die sich in solch einem Miteinander ‚realisiert‘. Eine Ansammlung von Menschen, die weder kooperieren noch kommunizieren ist von daher kultufrei, kulturneutral. Menschen ohne Kultur sind aber eine reine Fiktion. Das schlichte Überleben war schon immer nur möglich in einem Minimum von Miteinander; wer sich diesem Miteinander ‚entzog‘ bzw. dazu ‚unfähig‘ war, war eine unmittelbare Bedrohung für den Rest. Sobald die Anzahl der Mitglieder menschlicher Gruppen zunahm und die Techniken des Überlebens leistungsfähiger wurden, veränderte sich die Wahrnehmung von dem, was Lebensnotwendig ist; veränderten sich die Einschätzungen; veränderten sich die Praktiken bis dahin, dass es in modernen technologischen Gesellschaften mit ‚unübersehbar vielen‘ Mitgliedern schwer bis unmöglich wird, einen ‚Sinn für das Lebensnotwendige‘ zu erhalten. Zu jedem Zeitpunkt gibt es mehr, als der einzelne zum Überleben im engeren Sinne benötigt, und auch die Zuordnung von vorhandenen Produkten und Dienstleistungen zu ihren Urhebern, zu ihren Möglichkeitsbedingungen verschwimmt in vielen Fällen bis zur Unkenntlichkeit. Übrig bleibt das Eingebettetsein in eine Vielheit, mit der der einzelne sprachlich und handlungsmäßig in Verbindung steht.

Kultur ist ’subjektiv verankert‘

Kultur ist von daher — ganz ähnlich der Alltagssprache — kein Gegenstand an sich, sondern eine Vielzahl von Ereignissen und Artefakten, die von Menschen ausgehen und auf Menschen zurückwirken können. Der objekthafte Aspekt von Ereignissen und Artefakten ist im Kontext von Kultur — ähnlich den Lauten oder Schriftzeichen einer Alltagssprache — ‚für sich gesehen‘ unedfiniert, aber im Bewusstsein, im Wissen, in der Erfahrung, in der Praxis von Menschen sind diese objekthaften Aspekte eingebettet in eine Vielzahl von internen Beziehungen — z.T. bewusst, meistens aber, aktuell oder strukturell — unbewusst, durch die sie ihre kulturelle Bedeutung bekommen. Etwas, was wie ein ’normaler Stein‘ aussieht kann im Kontext der Kultur einer Gruppe von Menschen nahezu alles bedeuten. So kann eine bestimmte Form der Verwendung des Steines möglicherweise mit dem Tod bestraft werden, weil dies in dieser Kultur so gesehen wird.

Kultur und Sprache

Auch wenn Kultur mehr ist als Sprache, gibt es keine Kultur ohne Sprache. Sprache ist das primäre Medium, indem sich ein ‚Miteinander‘ ‚aufbauen‘ kann, das zu einem gemeinsamen ‚Verständnis‚ und zu gemeinsamen ‚Handeln‚ führen kann. Da Sprache kein festes Objekt ist, das man vorzeigen kann, sondern aus einer Vielzahl von Sprachmanifestationen besteht, die von einzelnen Menschen ausgehen, die in unterschiedlichen Kontexten stattfinden, ist das ‚Erlernen‚ von Sprache ein kontinuierlicher Prozess der Aneignung, der grundlegend hypothetisch ist: Wenn jemand einen ‚Ausdruck‘ X benutzt, ist es immer eine Frage, ob damit die ‚Sache‚ Y gemeint ist, die in der aktuellen Wahrnehmung ‚verfügbar‚ ist oder ob es nur um ein gedanklich Mögliches geht, das aus Erinnerungen erwächst oder aus gedanklichen Operationen. Diese prinzipielle Unsicherheit resultiert aus dem inneren Charakter jeglicher Bedeutungszuordnung, die durch reale Kontexte zwar abgemildert, aber nie vollständig aufgehoben werden kann.

Manifeste Regeln

Das Verhalten (inklusive der sprachlichen Kommunikation) von Menschen ist grundsätzlich regelhaft. Zwar ist der Mensch grundlegend frei unterschiedliche Verhaltensweisen zu wählen, im Miteinander aber ist es wichtig, dass man sich auf Dauer und in wichtigen Abläufen so verhält, dass der andere eine Erwartung ausbilden kann, was man in bestimmten Situationen tun wird. Solche verläßlichen Verhaltensweisen ermöglichen letztlich jede Art von Planung. Die Übernahme von Regeln stellt per se keine Aufhebung von Freiheit dar, da man sich ja mit dem anderen verabreden kann, bestimmte Verhaltensweisen wieder zu ändern. Dass solche Veränderungen Konflikte hervorrufen können, stellt die grundsätzliche Freiheit nicht in Frage. Sie macht allerdings deutlich, dass vereinbarte Regeln nicht neutral sind, sondern Teil eines umfassenderen Kontextes, der mit einer Vielfalt von Interessen, Emotionen, Werten usw. verknüpft sein kann. Ein Recht auf Wassernutzung z.B. das von großen Konzernen gegen den Willen der Bewohner eines Gebietes einseitig beansprucht wird, ist eines von vielen Beispielen.

Regeln, Rollen, Verfahren …

Im Alltag verfolgen wir nicht eine Regel alleine, sondern ganz viele. Und diese Regeln sind nicht unstrukturiert, sondern auf vielfache Weise gruppiert. Nahezu jede Situation, in der Menschen etwas miteinander tun (sich treffen, einkaufen, Behörden, Lernen, Sport, …), ist mit Regeln verknüpft. Dazu kommt z.B. dass es typische Rollen gibt, die Personen einnehmen; das Befolgen von für diese Rollen typische Regeln (Schaffner, Polizist, Arzt, Notar, …) wird erwartet und ist meistens sogar durch entsprechende Texte fixiert. Weiterhin haben Menschen tendenziell mehr als eine Rolle: {Bürgerin, Frau, Mutter, soziale Netze, Verein, Unternehmerin, ….}, {Bürger, Mann, Freund, Schachclub Vorsitzender, Lehrer, Parteimitglied, …}. Diese Rollen koexistieren miteinander und ergeben ein gewisses kulturelles Erscheinungsbild eines Menschen. Zugleich prägen diese Rollen das Selbstverständnis eines Menschen, stecken Erfahrungsräume ab, usw. Man kann solche Rollen auch als Protokolle verstehen, die komplexe Verhaltensweisen definieren. Auf einer nächsten Stufe finden sich Institutionen, in denen viele Menschen nach einem Protokoll der Institution ihre Rollen definieren und sowohl einzeln wie auch als Mitglieder der Institution praktizieren.

Kultur als ‚Betriebssystem‘ einer Gesellschaft?

Macht man sich bewusst, dass Menschen als einzelne wie auch als spezifische Gruppe in einer Gesellschaft eine Vielzahl von Regeln, Rollen und übergeordneten Verfahren befolgen, dann kann man schon die Frage stellen, ob nicht die Gesamtheit dieser Regeln nicht nur das charakterisieren, was wir Kultur nennen, sondern dass dann auch die Kultur letztlich das Betriebssystem repräsentiert, durch das festgelegt wird, wie eine Gesellschaft funktioniert.

Kultur ermöglicht somit ein Erwartungsmanagement, das in geordnete Abläufe (Prozesse) münden kann, Kultur bietet aber auch in ihrer manifesten Realität einen Referenzpunkt, um neue Erfahrungen, neue Überlegungen im Vergleich zum Bekannten zu reflektieren, zu bewerten, abzuschätzen und eventuell dann kontrolliert auszuprobieren. Ohne einen klaren Referenzpunkt ist es schwer bis unmöglich, Neues zu identifizieren, um es gezielt auszuprobieren. Um Überleben zu können, braucht aber jede Gesellschaft eine Kultur (ein Betriebssystem), das an seinen Rändern kontrollierte Experimente ermöglicht! Ein solches Verhalten, aus kontrollierten Experimenten neue — hoffentlich brauchbare — Erkenntnisse zu gewinnen, nennt man auch Lernen.

OKSIMO BEFEHLE – Beispiele

OKSIMO – UNIVERSELLE PROZESS PLANUNG
Veröffentlicht: 30.April 2021 – 23.Juli 2021
Email: info@oksimo.org

KONTEXT

In oksimo.org werden in loser Folge Fallbeispiele von Planungsprozessen dokumentiert und kommentiert. Unter der Adresse oksimo.com kann man diese Beispiele live testen und nach Belieben verändern. Ergänzend wird es auch grundsätzliche Themen geben.

Hier folgt eine Liste von Beispielen mit den einzelnen Befehlen aus dem oksimo Basis-Menü:

Welcome to Oksimo v0.11.4b88

MAIN MENU
1 is NEW VISION
2 is MANAGE VISIONS
3 is VISION COLLECTIONS
4 is NEW STATE
5 is MANAGE STATES
6 is STATE COLLECTIONS
7 is NEW RULE
8 is MANAGE RULES
9 is RULE DOCUMENT
10 is NEW SIMULATION
11 is MANAGE SIMULATIONS
12 is LOAD SIMULATION
13 is COMBINE SIMULATIONS
14 is SHARE
15 is EXIT SIMULATOR
Enter a Number [1-15] for Menu Option

Welcome to Oksimo v0.11.77dea

MAIN MENU

1 is NEW VISION

2 is MANAGE VISIONS

3 is NEW STATE

4 is MANAGE STATES

5 is NEW RULE

6 is MANAGE RULES

7 is RULE DOCUMENT

8 is NEW SIMULATION

9 is MANAGE SIMULATIONS

10 is LOAD SIMULATION

11 is COMBINE SIMULATIONS

12 is SHARE (letzte Änderung: 1.Juni 2021

13 is EXIT SIMULATOR

Enter a Number [1-13] for Menu Option

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