BiG-WASSER Phase 2: Einführung

Letzte Änderung: 6.Febr 2024

Moderator: Gerd Doeben-Henisch

Kontakt: big-wasser@oksimo.org

–!! Bitte beachten : Aufgrund der Weiterentwicklung in der BiG-Themengruppe WASSER , dokumentiert im Workshop vom 28.Jan 2024, müssen Teile der bisherigen Einführung neu geschrieben werden !!–

KONTEXT

Dieser Text ist Teil des Themas BiG WASSER PHASE II

EINFÜHRUNG zu: WASSER WORKSHOPS, BIG PHASE II – Von den Daten zur Simulation (2023/24)

(Letzte Änderung: 24.Jan 24)

Die ursprüngliche Idee, als nächstes ein öffentliches Planspiel zu erarbeiten und durchzuführen, wurde nach der ersten Sitzung am 24.September 2023 leicht abgeändert.

Der Schwerpunkt wird jetzt darauf gelegt, erst einmal ein Simulationsmodell zu erarbeiten, das geeignet sein soll, sowohl für die Bürger direkt wie auch für die Gemeindeleitung von Schöneck hilfreiche realistische Prognosen für die Wasserversorgung der Bürger berechnen zu können (Für mögliche Planspiele später bildet solch eine Simulation die Grundlage).

Mit dieser Entscheidung ergeben sich erste Aufgaben (Ziele) für die Bürger, für die Gemeindeleitung, wie auch dann für die Ingenieure, die das Simulationsmodell entwickeln sollen.

FÜR DIE BÜRGER

Beispielsweise:

  • Gibt es einen Trend für die Wasserversorgung der Bürger im Ort X im Stadtteil Y:
  • In den nächsten 6 Monaten?
  • In den nächsten 3 Jahren?
  • In den nächsten 5 Jahren?
  • Müssen die Bürger im Versorgungsbereich ihr Verhalten ändern? Wie?
  • Man kann eine zusätzliche Erklärung anfordern.
FÜR DIE GEMEINDELEITUNG

Beispielsweise:

  • Gibt es erkennbare Trends in der Wasserversorgung für das Zeitfenster (t,t’)
  • Welche konkreten Auswirkungen werden diese für die Wasserversorgung der Gemeinde haben?
  • Welche Maßnahmen müsste die Gemeinde ergreifen, um ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge für die Bürger gerecht zu werden?
  • Man kann eine zusätzliche Erklärung anfordern.

Fragen und ihre Antworten

Um die Fragen beantworten zu können, die sich die Bürger und die Gemeindeleitungen stellen, braucht es Antworten. Wo kommen diese her?

One ausführliche Recherchen und darauf aufbauende Überlegungen wird es keine Antworten geben.

Um welche Art von Daten geht es hier?

Hier eine Skizze:

BILD : Skizze zu den notwendigen Bausteinen für Antworten.

Fangen wir von ‚hinten‘ an. Eine Frage, die die Bürger beantwortet haben wollen lautet: „Gibt es einen Trend für die Wasserversorgung der Bürger im Ort X im Stadtteil Y?“

Um diese Frage zu beantworten, muss man in der Lage sein, von einer aktuellen Situation ausgehend mögliche Folgesituationen generieren zu können, um dann zu sehen, ob sich in dieser zeitlichen Abfolge von Situationen ein Trend andeutet. Das Erzeugen solcher Situationsabfolgen wird normalerweise durch Simulationen ermöglicht.

Simulationen benötigen als Voraussetzung die Unterscheidung in mögliche Veränderungen, die bezogen auf eine gegebene Situation stattfinden können. Eine Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht aus Sachverhalten, die eine Situation charakterisieren: einzelne Daten, Beziehungsdaten, ein integrierendes Modell.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Beispiel 1: Einwohner und Darmbakterien

Einzeldaten:

Laut Aussage der Bürgermeisterin von Schöneck (Neujahrsempfang der Gemeinde am 21.Jan 2024) zählte die Gemeinde am 31.Dez 2023 12.700 (abgerundet) Einwohner.

Laut Bernhard Kegel (zitiert in Doeben-Henisch: https://www.cognitiveagent.org/2015/12/06/die-herrscher-der-welt-mikroben-besprechung-des-buches-von-b-kegel-teil-1/ ) wird der Darm eines Menschen von ca. 100 Billionen (= 1012) Bakterien besiedelt.

Beziehungsdaten:

Es gibt im Darm eines einzelnen Menschen 1 Million mal mehr Bakterien wie Einwohner in Schöneck 2023.

Ob diese Beziehung irgendeine besondere Bedeutung hat, lässt sich momentan schwer sagen. Aber die Beziehung trifft zu.

Beispiel 2: Wasserverbrauch und Brunnenkapazität

Wasserverbrauch:

Die folgende Angabe zum durchschnittlichen pro Kopf Verbrauch von Liter Trinkwasser pro Tag besagt nichts darüber, wie viel Wasser ein bestimmter Endverbraucher tatsächlich verbraucht.

Laut dem Regierungspräsidium Darmstadt ( https://rp-darmstadt.hessen.de/sites/rp-darmstadt.hessen.de/files/2023-02/wasserbilanz_rhein-main_2021.pdf ) lag der pro Kopf Verbrauch der Einwohner von Schöneck (ohne Gewerbe, ohne Industrie) 2021 bei 125 Liter/Tag. Hochgerechnet aufs Jahr ergibt dies 365 x 125 Liter, also 45.625 Liter. Bei 1000 Liter als 1 m³ (Kubikmeter), wären dies 45,6 m³ pro Jahr. Bei einer Einwohnerzahl von 12.700 in 2023 würden diese pro Jahr 45,6m³ x 12.700 Wasser verbrauchen, also 579.437 m³.

Brunnenkapazität:

Laut den Angaben der Gutachten zum Brunnen Hellerborn (ein Brunnen von Dreien in Schöneck) liefert dieser pro Jahr 88.000 m3 Wasser (siehe: https://www.oksimo.org/2023/06/29/planspiel-schoeneck-wasser-erste-schritte/ )

Beziehung:

Hätte Schöneck nur diesen einen Brunnen, dann gäbe es pro Kopf und Tag nur ca. 19 Liter Wasser statt 125 Liter.

Diese Beziehung berührt uns als Einwohner schon eher. 106 Liter Wasser pro Tag und Kopf weniger bei nur einem Brunnen, dass würde jeder massiv spüren.

Veränderungen

Eine Form von Veränderung könnte sein: Veränderung der Brunnenkapazität. Da man weiß, dass das Grundwasserangebot schwanken kann und außerdem der Brunnen als baufällig gilt, ist die Annahme von konstant 88.000 m3 pro Jahr nicht sicher.

Eine andere Form von Veränderung könnte sein: Veränderung der Einwohnerzahl. Welche Abschätzungen gibt es? Laut dem hessischen statistischen Landesamt gab es am 31.Dez 2022 11.986 Einwohner in Schöneck ( https://statistik.hessen.de/sites/statistik.hessen.de/files/2023-06/ai2_j2022_bevoelkerung_tabelle_2.xlsx ) verglichen zu 12.700 in 2023.

Integriertes Modell

Ein Integriertes Modell besteht aus allen Einzeldaten, aus allen erkannten Beziehungen, sowie aus allen bekannten Veränderungen.

Im obigen Beispiel also die Einzel-Daten zum pro Kopf Wasserverbrauch und der Brunnenkapazität pro Jahr. Als Beziehung das Verhältnis von Wasserverbrauch und Wasserangebot. Und als Veränderungen mögliche Änderungen bei der Einwohnerzahl und der Kapazität des Brunnens.

Voraussage – Simulation

Würde man nur die beiden Zahlen 11.986 (2022) und 12.700 (2023) Einwohner in Schöneck haben, dann würde dies auf eine Zunahme von 714 Einwohnern (ca. 6 %) in Schöneck innerhalb nur eines Jahres hindeuten.

Ist diese Zunahme eher zufällig, eine Ausnahme, oder zeigt sich darin der ‚Trend‘ des Anwachsens der Bevölkerung?

Wäre dies ein Trend in dem Sinne, dass die Einwohnerzahl von Schöneck Jahr für Jahr zunehmen würde und würde die Brunnenkapazität eher konstant bleiben (?) oder gar abnehmen (?), dann würde sich die Menge des verfügbaren Wassers pro Kopf und Tag langsam unter 19 Liter/Tag bewegen.

Ist uns allen dieser Sachverhalt klar?

Konzept einer Simulation

BILD : Elemente einer Simulation

Das obige Schaubild zeigt die Grundelemente einer Theorie, die neben einem Modell auch einen Simulator enthält (In der klassischen Theorie entspricht dem Simulator der sogenannte Folgerungsbegriff). Der Simulator gibt an, wie man vorhandene Veränderungsbeschreibungen (Veränderungsregeln) (V) auf eine gegebene Situation (Z) anwenden kann. Das Ergebnis solch einer Anwendung ist dann ein neuer Zustand , ein Folgezustand (Z‘). Für den Simulator wird ein Folgezustand Z‘ dann zu einem neuen aktuellen Zustand, also Z‘ wird für den Simulator wieder zu Z. Auf diese Weise kann der Simulator beliebig viele Folgezustände generieren. Alle Folgezustände zusammen bilden dann eine Simulation.

Beispiele für Simulationen
  1. Demo-Beispiel: Einwohnerentwicklung im Verlauf von Jahren (Letzte Änderung: 23.Jan 2024)

2) Demo-Beispiel: Brunnenkapazität im Verlauf von Jahren (Letzte Änderung: 23.Jan 2024)

Wenn man diese beiden einfachen Simulationen nebeneinander stellt, dann sieht man leicht, dass eine zunehmende Bevölkerung und eine abnehmende Wasserkapazität schnell zum Konflikt führen können.

Das nachfolgende Schaubild aus der Theorie T-brunnen-einw-v1 zeigt beide Kurven in einer Grafik.

Wie in den Beispielen beschrieben, sind die Annahmen aber sehr vereinfachend. Die Grundtatsache der Endlichkeit der Ressource Wasser und der tendenziellen Ausweitung der Bevölkerung sind aber prinzipiell nur schwer miteinander versöhnbar. Wir werden uns in Zukunft erheblich mehr einfallen lassen müssen als bisher.

3) Demo-Beispiel: Veränderung des Pro-Kopf Verbrauchs an Wasser durch Wechselwirkung zwischen Brunnenkapazität und Einwohnerzahl (letzte Änderung: 25.Jan 2024)

Am Ende dieses Theoriebeispiels (was auch die vorhergehenden Beispiele zusammenfasst) heißt es:

Ergebnis

Zusammenfassend kann man Folgendes festhalten:

  1. Das Zusammenspiel von Brunnenkapazität und Einwohnerzahl zeigt im Verlauf der Zeit (hier gemessen in Jahren), dass der maximale Pro-Kopf Verbrauch deutlich sinken kann.
  2. Im Beispiel wurden zwar reale Ausgangsgrößen benutzt, aber die Annahmen zu möglichen Veränderungen sind rein spekulativDies liegt daran, dass der BiG-Themengruppe WASSER bislang keine empirischen Daten vorliegen, die eine genauere Abschätzung möglich machen!
  3. Klar ist allerdings, dass die verfügbaren empirischen Daten für Grundwasserneubildung in Hessen seit 20 Jahren fallend sind. Klar ist auch, dass die Einwohnerzahl von Schöneck seit Jahren steigt. Klar ist auch, dass die Kapazität des Brunnens Hellerborn auf keinen Fall zunehmen wird. Alle wichtigen Parameter (z.B. Zustand, baufällig, gefährdet durch Einträge in den Boden, Zufluss von Grundwasser) eher in Richtung Abnahme zeigen. Insofern ist das einfache Szenario des Theoriebeispiels T-brunnen-einw-prokopf-v1 trotz mangelnder Präzision von der Grundaussage richtig. Das verfügbare Wasser aus diesem Brunnen wird abnehmen. Offen ist die Frage: wie viel und in welchem Zeitraum.

Abgrenzung des Gegenstandsbereiches

Bevor die Arbeit am Simulator für die Wasserverfügbarkeit jetzt offiziell starten soll, ist es noch wichtig, den Gegenstandsbereich der Simulation etwas mehr abzustecken: Welche Themen, Themenfelder sollen überhaupt in die Überlegungen einbezogen werden ?

BILD : Die stark vereinfachte Struktur des Bildes soll ausdrücken, dass das lokale Wassergeschehen letztlich über das Bindeglied Niederschlag an das globale Wassergeschehen gekoppelt ist.

Das lokale Wassergeschehen, das auf die Verfügbarkeit von Wasser angewiesen ist, hängt über die Niederschläge unmittelbar am globalen Wassergeschehen. Denn nur über die Prozesse der globalen Wassermaschine entsteht überhaupt Wasser auf dem Festland, das ausschließlich über die Wasserverdunstung der Ozeane entsteht. Vegetation auf dem Festland kann dazu beitragen, dass das Wasser von den Ozeanen irgendwie gespeichert oder recycled wird, aber das Festland als solches kann kein eigenes Wasser produzieren.

Es ist ein erklärtes Ziel dieses Wasserprojektes, diese Dynamik des Ineinanders von lokaler und globaler Wassermaschine so sichtbar zu machen, dass die zweite Aufgabenstellung des Wasser-Projektes, die Voraussage von Wasserverfügbarkeit, eingelöst werden kann.

Aufgabe für die Ingenieure

Damit die soeben geschilderte Aufgabenstellung in die Realität umgesetzt werden kann, ist Ingenieursarbeit notwendig, hier ergänzt durch Aktivitäten von Bürgern. Jeder Bürger soll eine Chance haben, dieses Projekt zu verstehen und auf Wunsch auch mitwirken zu können. Hier geht es nicht um irgendein Geheimwissen, sondern um genau jenes Wissen, das wir alle zum gemeinsamen Überleben auf diesem Planeten brauchen. Daraus ergibt sich, dass alle Texte für jeden verstehbar sein müssen und dass der Einsatz von Software diese Verstehbarkeit nicht einschränken darf.

Vereinfacht stellen sich dem Ingenieur und den mitwirkenden Bürgern folgende Aufgaben:

  • Bereitstellung aller notwendigen Daten.
  • Bereitstellung eines geeigneten Modells, um die Daten zu integrieren.
  • Konstruktion einer Simulation, um das Verhalten des Modells für mögliche zukünftige Zustände sichtbar zu machen.
  • Geeignete Testläufe, um zu prüfen, wieweit die Simulationen tatsächliche Verläufe voraussagen können.
  • Einbeziehung der Bürger so, dass sie durchgängig mitwirken können.

Üblicherweise haben Ingenieure eine bestimmte Strategie, wie sie bei der Lösung ihrer Aufgaben vorgehen. Im Bereich der Informatik spricht man gerne von sogenannten Vorgehensmodellen. Hier eine Skizze zu dem Vorgehensmodell, nach dem das BiG-Team WASSER vorgehen wird:

Vorgehensmodell für die Erarbeitung einer Simulation für die Voraussage der Wasserversorgung von Schöneck

BILD : Entwurf eines Vorgehens-Modells für die Themengruppe WASSER bis Juni 2024. Änderungen sind nach Bedarf jederzeit möglich.

BÜRGERBETEILIGUNG

Jeder interessierte Bürger kann an der Entwicklung des Simulators teilnehmen, auch ohne Vorkenntnisse. Es besteht der Anspruch, dass die Entwürfe zu dem Simulationsmodell für jeden verständlich sein sollen. Jeder soll genau verstehen können, was in der Simulation passiert.

Falls jemand etwas nicht versteht, können dazu Fragen gestellt oder Kommentare geschrieben werden. Falls gewünscht, werden diese auch öffentlich dokumentiert.

Im Sommer 2024 werden wir dann sehen, wo wir stehen: Macht das ganze Sinn oder war es ein Flop. Dazu gibt es natürlich eine öffentliche Sitzung, zu der möglichst viele Bürger eingeladen sind. Eine möglichst enge Kommunikation mit den verschiedenen politischen Fraktionen, dem Ortsvorstand, wichtigen Vertretern der Verwaltung und natürlich den Wasserwerken wird angestrebt.